Normen
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs4;
VStG §24;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §21;
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs4;
VStG §24;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §21;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, türkische Staatsangehörige, sind miteinander verheiratet. Der Erstbeschwerdeführer reiste im Jahr 2002 in das Bundesgebiet ein. Später folgte ihm die Zweitbeschwerdeführerin nach. Sie beantragten beide in Österreich erfolglos die Gewährung von Asyl bzw. von internationalem Schutz. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Sicherheitsdirektion Wien, jeweils vom 18. Jänner 2010, wurden sie gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 27. April 2010 ab. Nach Abtretung dieser Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde der im Oktober 2010 ergänzten Beschwerde mit Beschluss vom 28. Oktober 2010 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Mit den hier gegenständlichen, jeweils als Ladungsbescheid bezeichneten Erledigungen vom 30. Juni 2010 forderte die Bundespolizeidirektion Wien (die belangte Behörde) die Beschwerdeführer auf, am 8. Juli 2010 um 15.00 Uhr zu ihr zu kommen, um in der Angelegenheit "Klärung der Identität, Interviewtermin bei dem türkischen Konsulat" als Parteien mitzuwirken. Angeführt war die Adresse des Generalkonsulats der Republik Türkei in Wien. Ein persönliches Erscheinen sei erforderlich. Es seien ein amtlicher Lichtbildausweis und die Identitätsdokumente ihrer Kinder mitzubringen. Für den Fall, dass die Beschwerdeführer der Ladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten, wurde ihnen angedroht, dass gemäß § 77 Abs. 4 FPG die Schubhaft angeordnet werde. Als weitere Rechtsgrundlage für die Ladungsbescheide wurde § 19 AVG angeführt.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2010, B 935, 936/10-7, ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom 31. Jänner 2011 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Ladung grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist. Voraussetzung dafür ist, dass im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind, etwa dass diese einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel - nämlich den Titel für die Vollstreckung einer Zwangsstrafe oder der zwangsweisen Vorführung -
bildet. Die Vollstreckung der zwangsweisen Vorführung oder einer Zwangsstrafe ist gemäß § 19 Abs. 3 AVG nur zulässig, wenn sie in der Vorladung angedroht war (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Jänner 1999, Zl. 98/19/0293, mwN).
Im vorliegenden Fall wurde in den Ladungen keine der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Rechtsfolgen, sondern ausschließlich die Anordnung der Schubhaft gemäß § 77 Abs. 4 FPG angedroht. Nach dieser Bestimmung ist gegen einen Fremden u.a. dann, wenn er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung der Behörde, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge leistet, die Schubhaft anzuordnen. Die Schubhaft selbst knüpft aber nicht unmittelbar - also ohne dass es eines weiteren Bescheides bedürfte - an die Nichtbefolgung der Ladung an, sondern es bedarf hiefür jedenfalls der Erlassung eines Schubhaftbescheides. Da die hier angefochtenen Ladungen somit im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zögen, für deren Vollstreckung schon die Ladungen selbst rechtskräftige Titel bildeten, können sie nur als einfache Ladungen angesehen werden, denen Bescheidcharakter nicht zukommt (vgl. dazu etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 19 Rz 5 und 22 mwN).
Daran vermag weder die Überschrift "Ladungsbescheid", noch die in den Erledigungen enthaltene Androhung einer Verhängung der Schubhaft oder der Hinweis auf die Möglichkeit, gegen "den Bescheid" Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, etwas zu ändern. Voraussetzung der Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist nämlich die Existenz eines anfechtbaren Bescheides. Da ein solcher nach dem Gesagten nicht vorliegt, war es - ungeachtet des in der Erledigung enthaltenen anders lautenden Hinweises - auch nicht möglich, dagegen zulässigerweise Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu führen.
Die dennoch erhobene Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Eine Entscheidung über den Aufwandersatz hatte gemäß § 59 Abs. 1 VwGG mangels Antragstellung durch die belangte Behörde zu unterbleiben. Anzumerken ist allerdings, dass trotz Zurückweisung der Beschwerde in einem Fall wie dem vorliegenden Aufwandersatz auch nicht gebührt (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 24. Februar 2011, Zl. 2010/21/0422, mwN).
Wien, am 19. Mai 2011
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