Normen
B-VG Art15a;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG Stmk 2010 Art13 Abs1;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG Stmk 2010 Art13 Abs3;
MSG Stmk 2011 §10 Abs1;
MSG Stmk 2011 §10 Abs5;
MSG Stmk 2011 §10 Abs6;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z1;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z2;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z3;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2;
MSGDV Stmk 2011 §1 Abs1;
MSGDV Stmk 2011 §1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WFG Stmk 1993 §31;
B-VG Art15a;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG Stmk 2010 Art13 Abs1;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG Stmk 2010 Art13 Abs3;
MSG Stmk 2011 §10 Abs1;
MSG Stmk 2011 §10 Abs5;
MSG Stmk 2011 §10 Abs6;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z1;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z2;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2 Z3;
MSG Stmk 2011 §6 Abs2;
MSGDV Stmk 2011 §1 Abs1;
MSGDV Stmk 2011 §1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WFG Stmk 1993 §31;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 24. August 2011 wurde der Beschwerdeführerin ab 1. April 2011 eine Mindestsicherungsleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in der Höhe von monatlich EUR 161,50 zuerkannt.
Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die allein lebende Beschwerdeführerin von ihrem geschiedenen Gatten einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von EUR 472,30 erhalte. Ihre Mietkosten beliefen sich auf EUR 356,94. Sie beziehe eine Wohnbeihilfe in der Höhe von monatlich EUR 182,--.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 des Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 14/2011 (StMSG), betrage der für die Beschwerdeführerin maßgebliche Mindeststandard für Alleinstehende EUR 752,93. Bei der Berechnung der Mindestsicherungsleistung sei von diesem Mindeststandard das Einkommen der Beschwerdeführerin (Unterhaltsleistung des Gatten und Wohnbeihilfe) in Abzug zu bringen. Damit gelange man zu einer Grundleistung von EUR 98,63.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei die Wohnbeihilfe gemäß § 6 Abs. 2 StMSG als Einkommen zu werten, weil sie in der taxativen Aufzählung der Ausnahmen nicht enthalten sei. Daneben gebühre der Beschwerdeführerin eine zusätzliche Leistung zur Deckung des Wohnbedarfs. Bei der Bemessung dieser Leistung sei zu berücksichtigen, dass der Mindeststandard bereits einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % enthalte. Diese 25 % seien jedoch nicht vom Mindeststandard in der gesetzlichen Höhe von EUR 752,93 zu berechnen. Diesfalls würde nämlich die Wohnbeihilfe in verfassungswidriger Weise doppelt berücksichtigt werden. Der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs betrage daher 25 % des tatsächlichen Mindestsicherungsanspruches, im konkreten Fall daher 25 % von EUR 98,63, das seien EUR 24,65. Vom höchstzulässigen Wohnungsaufwand für einen Einpersonenhaushalt im Bezirk Voitsberg gemäß § 2 der Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz-Durchführungsverordnung, LGBl. Nr. 19/2011 (StMSG-DVO), seien somit EUR 24,65 und die Wohnbeihilfe von EUR 182,-- in Abzug zu bringen. Somit verbleibe eine der Beschwerdeführerin gebührende zusätzliche Leistung zur Deckung des Wohnbedarfs von monatlich EUR 62,87. Insgesamt gebühre der Beschwerdeführerin somit ab April 2011 eine Mindestsicherungsleistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs von EUR 161,50.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, der höchstzulässige Wohnungsaufwand gemäß der StMSG-DVO sei nicht nachvollziehbar, sei auf die Erläuterungen zu dieser Verordnung verwiesen, wonach der höchstzulässige Wohnungsaufwand unter Bedachtnahme auf die durchschnittlichen regionalen statistischen Daten für Wohnungen festgelegt worden sei. Für die Berechnung sei vom Mietpreisspiegel 2010 der Wirtschaftskammer samt Erhöhung entsprechend dem Verbraucherpreisindex ausgegangen worden. Der sich daraus ergebende Quadratmeterpreis für Mietwohnungen je Bezirk sei inklusive durchschnittlicher Betriebskosten mit den Quadratmetergrößen für die entsprechende Personenzahl multipliziert worden.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 14/2011 (StMSG), in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 9/2012, haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"§ 3
Erfasste Bedarfsbereiche
(1) Die Mindestsicherung wird durch pauschalierte Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes, jeweils außerhalb von stationären Einrichtungen, sowie durch die bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen erbracht.
…
(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.
…
§ 5 …
(2) Leistungen nach diesem Gesetz sind überdies nur so weit zu erbringen, als der jeweilige Bedarf (§ 3) nicht durch den Einsatz der eigenen Mittel, den Einsatz der Arbeitskraft oder durch Geld oder Sachleistungen Dritter gedeckt ist.
…
§ 6
Einsatz der eigenen Mittel
(1) Bei der Bemessung von Leistungen der Mindestsicherung sind das Einkommen und das verwertbare Vermögen der Hilfe suchenden Person nach Maßgabe der folgenden Absätze zu berücksichtigen.
(2) Als Einkommen gelten alle Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person tatsächlich zufließen, außer:
1. Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich;
- 2. Kinderabsetzbeträge;
- 3. Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften und andere pflegebezogene Geldleistungen.
…
§ 10
Mindeststandards
(1) Zur Deckung des Lebensunterhaltes werden folgende monatliche pauschalierte Geldleistungen (Mindeststandards) gewährt:
1. für alleinstehende Personen und Alleinerzieherinnen/ Alleinerzieher
752,93 Euro;
…
(5) Die Mindeststandards nach Abs. 1 beinhalten einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25 %. Soweit der Wohnbedarf damit sowie durch Leistungen der Wohnbeihilfe nicht gedeckt ist, sind zusätzliche Geldleistungen (Sachleistungen gemäß § 9 Abs. 2) zu erbringen. Diese sind nach den Erfordernissen des Einzelfalles zu bemessen und dürfen den höchstzulässigen Wohnungsaufwand gemäß Abs. 6 nicht überschreiten.
(6) Der höchstzulässige Wohnungsaufwand ist von der Landesregierung unter Bedachtnahme auf die durchschnittlichen regionalen statistischen Daten für Wohnungen durch Verordnung festzulegen.
…"
Gemäß § 1 Abs. 1 der Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz-Durchführungsverordnung, LGBl. Nr. 19/2011 (StMSG-DVO), ist Bezieherinnen/Beziehern von Mindestsicherung, die ihren tatsächlichen Wohnungsaufwand durch den gemäß § 10 StMSG gewährten Grundbetrag und durch die ihnen gewährte Wohnbeihilfe nicht decken können, eine ergänzende Hilfeleistung in Höhe der Differenz zu dem für ihren Wohnungsaufwand gemäß § 2 festgelegten Höchstbetrag zu gewähren.
Nach § 2 der zitierten Verordnung beträgt der höchstzulässige Wohnungsaufwand für einen Einpersonenhaushalt im Bezirk Voitsberg EUR 269,52.
Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Berücksichtigung der Wohnbeihilfe als Einkommen und führt dazu zusammengefasst ins Treffen, dass es sich hiebei um eine Beihilfe handle und dass etwa nach dem Kärntner Mindestsicherungsgesetz die Wohnbeihilfe nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei.
Dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2012, Zl. 2011/10/0134, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof unter Eingehen auf die auch in der vorliegenden Beschwerde vorgetragenen Argumente ausgeführt hat, dass es sich bei der Wohnbeihilfe um ein Einkommen im Sinn des StMSG handelt.
Die belangte Behörde hat unter Verweis auf die Materialien zur StMSG-DVO ausgeführt, dass der in dieser Verordnung festgelegte höchstzulässige Wohnungsaufwand unter Bedachtnahme auf die statistisch erhobenen durchschnittlichen Wohnkosten in der Region, erhöht entsprechend dem Verbraucherpreisindex, festgelegt worden sei. Mit dem nicht weiter konkretisierten Vorbringen, der höchstzulässige Wohnungsaufwand für den Bezirk Voitsberg sei zu niedrig, nicht nachvollziehbar und damit willkürlich festgelegt worden, vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die Richtigkeit der von der belangten Behörde ihrer Berechnung zugrunde gelegten ziffermäßigen Ansätze nicht, wendet sich aber gegen die Berechnungsweise der belangten Behörde, insbesondere gegen die Vorgangsweise, den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % nicht auf Basis des Mindeststandards gemäß § 10 Abs. 1 StMSG zu berechnen, sondern auf Basis der sich nach Abzug des Einkommens ergebenden Mindestsicherungsleistung.
Zur Berechnung der Mindestsicherungsleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in einem ähnlich gelagerten Fall hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 3. Juli 2011, Zl. 2011/10/0133, mit näherer Begründung ausgeführt, dass der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % auf Basis des - ungekürzten - Mindeststandards gemäß § 10 Abs. 1 StMSG zu berechnen ist und dass die Wohnbeihilfe den Mindestsicherungsanspruch nur insoweit schmälert, als sie die Differenz zwischen dem gemäß § 10 Abs. 5 StMSG als Grundbetrag für den Wohnbedarf dienenden 25 %igen Anteil des Mindeststandards und dem tatsächlichen Wohnbedarf (bis zur Grenze des höchstzulässigen Wohnungsaufwandes) übersteigt. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall folgende Berechnung:
Der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % des Mindeststandards von EUR 752,93 beträgt EUR 188,23. Durch diesen Betrag wird der hier maßgebliche höchstzulässige Wohnungsaufwand von EUR 269,52 nur zum Teil abgedeckt. Der verbleibende Teil des höchstzulässigen Wohnungsaufwandes in der Höhe von EUR 81,29 ist aus der Wohnbeihilfe zu decken. Die restliche Wohnbeihilfe in der Höhe von EUR 100,71 (EUR 182,-- minus EUR 81,29) ist als Einkommen der Beschwerdeführerin auf den Mindeststandard anzurechnen. Vom Mindeststandard in der Höhe von EUR 752,93 ist daher der Betrag von EUR 100,71 in Abzug zu bringen. Unter weiterem Abzug der Unterhaltsleistung des Gatten in der Höhe von EUR 472,30 ergibt sich eine monatliche Mindestsicherungsleistung für die Beschwerdeführerin in der Höhe von EUR 179,92.
Diese Berechnung entspricht nach ihrem Ergebnis der Berechnung der Behörde erster Instanz, zeigt jedoch auf, dass dieses Ergebnis mit § 10 Abs. 5 StMSG, wonach die Wohnbeihilfe primär zur Deckung des Wohnbedarfs heranzuziehen ist, im Einklang steht und dass es für dieses Ergebnis nicht geboten ist, der Beschwerdeführerin eine - auf Grund der Höhe des Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs und der Wohnbeihilfe von § 10 Abs. 5 leg. cit. nicht gedeckte - zusätzliche Leistung für den Wohnbedarf zuzuerkennen.
Da die belangte Behörde der Beschwerdeführerin somit auf Grund der auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhenden Berechnungsweise eine zu geringe Mindestsicherungsleistung zuerkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 20. September 2012
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