VwGH 2011/09/0177

VwGH2011/09/017728.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des KL, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 19. Jänner 2011, Zl. 70/8-DOK/10, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 1977;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2008/I/147;
BDG 1979 §93 idF 2008/I/147;
StGB §32;
StGB §33;
VwRallg;
BDG 1979 1977;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2008/I/147;
BDG 1979 §93 idF 2008/I/147;
StGB §32;
StGB §33;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Entlassung als Gruppeninspektor und Kriminalbeamter im Bereich des Landespolizeikommandos Tirol in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 15. September 2010 wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt für schuldig erkannt (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der Beschwerdeführer ist schuldig

er hat

1. in der Zeit vom 11.01.2010 bis 15.02.2010 von

seinem privaten Computer in seiner Wohnung in … mit dem 13- jähringen TR über die Internetplattform 'skype' Kontakt aufgenommen, vor laufender Webkamera onaniert und den Burschen, weil er zuschauen wollte, aufgefordert, ebenfalls zu onanieren und dadurch gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, verstoßen

2. in der Zeit vom 22.01.2010 bis zum 16.03.2010 auf

dem dienstlichen Computer der PI K (BAKS Gerät), auf dem Standcomputer in seiner Wohnung und auf seinem Notebook auf eindeutige kinderpornographische Darstellungen mündiger und unmündiger minderjähriger Personen zugegriffen, die auf einschlägigen Internetseiten ausgewählten Bild- und Videodateien heruntergeladen, dadurch gemäß rechtskräftiger Verurteilung durch das LG Innsbruck vom 09.07.2010, 24 Hv 117/10k, den Tatbestand des § 207 a Abs. 3 StGB begangen und somit gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen

3. durch die private und während seiner Plandienstzeit

durchgeführte Nutzung des BAKS am 22.09.2008, 17.02.2009, 18.02.2009 und 16.03.2010 in der Krim-Kanzlei der PI K zu den unter Faktum 1 und 2 angeführten Zwecken gegen § 44 BDG 1979 verstoßen, nämlich seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen zu befolgen, in Verbindung mit dem Erlass GZ BMI-OA1000/0010-II/1/d/2008 vom 18.02.2008, verlautbart mit LPK-Grundsatzbefehl GZ 7610/14989/2008-STA vom 11.03.2008, in dem in Punkt II angeordnet wird, dass die Nutzung des BAKS zu außerdienstlichen und/oder privaten Zwecken ausdrücklich untersagt und insbesondere jedes private Verwenden von Dokumenten/Dateien mit sexuellen Inhalten verboten wird und § 48 Abs. 1 BDG 1979, die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten,

und in allen Fällen schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung nach § 91 BDG 1979 begangen.

Gegen den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. Die bereits gemäß § 112 Abs. 3 BDG verfügte Suspendierung bleibt bis zur Rechtskraft dieses Disziplinarerkenntnisses aufrecht."

Der Beschwerdeführer habe sich unter einem Nickname auf einer Internetplattform als 15-jähriger registriert, dort das Bild eines 15-jährigen Burschen ins Internet eingestellt, und angegeben, "echt für alles zu haben" zu sein. Der Beschwerdeführer habe die angeführten Internetkontakte sowohl von seinem privaten PC, als auch von PCs von seinem Arbeitsplatz aus geführt. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Innsbruck sei das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer hinsichtlich § 208 StGB eingestellt worden, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehen würde, es sei nicht nachweisbar gewesen, dass der Beschwerdeführer erkennen hätte müssen, dass der Jugendliche unter 16 Jahre alt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 9. Juli 2010 wegen des Vergehens der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 3a StGB, weil er im Internet wissentlich auf pornografische Darstellungen mündiger und unmündiger minderjähriger Personen zugegriffen habe, indem er zumindest über drei verschiedene Computer wiederholt direkt und über Links einschlägige Internetseiten aktiv angewählt und die angebotenen Bild- und Videodateien heruntergeladen habe, ohne diese abzuspeichern, nach dem zweiten Strafsatz des § 207a Abs. 3 StGB zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen sowie zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt worden. Gemäß § 43a Abs. 1 StGB sei der Vollzug der Hälfte der Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt ausgesprochen worden. Als Strafzumessungsgründe seien mildernd das Geständnis und erschwerend die relativ große Zahl an inkriminierten Dateien gewertet worden. Das Urteil sei in der Zwischenzeit in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer habe sich vor der Disziplinarkommission in allen Punkten für schuldig bekannt. Der Beschwerdeführer sei auf seine eigene Bitte nach Bekanntwerden des Vorwurfes zu Punkt 1. sofort von seiner Dienststelle versetzt worden, er könne nach Meinung der Dienstbehörde nicht mehr im Außendienst verwendet werden. Die Dienstbehörde habe das Ergebnis der Disziplinarverhandlung abgewartet und für den Fall, dass er weiter im Dienst belassen werde, sei beabsichtigt gewesen, ihn "in der OEA" zu beschäftigen. Die Behörde erster Instanz habe geprüft, ob es tatsächlich unbedingt notwendig sei, die schwerste Disziplinarstrafe zu verhängen, oder ob eine positive Zukunftsprognose allenfalls zu einer geringeren Strafe führen könne. Jedoch sei die schwerste Disziplinarstrafe unbedingt notwendig. Einerseits stellten bereits die Tathandlungen an sich einen nicht wiederherstellbaren Vertrauensverlust zwischen dem Beschwerdeführer und dem Dienstgeber bzw. der Öffentlichkeit dar, der für sich allein schon zwingend zur Entlassung führen müsse und anderseits komme noch hinzu, dass bei einer allfälligen Belassung im Dienst die Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Auch durch die in der Zwischenzeit erfolgte Versetzung zur OEA (Innendienst) des LPK I könne nicht erreicht werden, dass dem Beschwerdeführer in Zukunft seine bisherigen Vorlieben nicht mehr möglich seien. Es könne ihm auch kein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werden, der die Begehung solcher Taten mit Sicherheit ausschließe. Auch habe der Beschwerdeführer zwei Wochen vor der Disziplinarverhandlung der Behörde erster Instanz versucht, mit einem jetzt 18-jährigen Burschen, den er zwei Jahre zuvor als Täter eines Einbruchs überführt und mit dem er in der Folgezeit vereinbart hatte, sich mit ihm zu Kaffee und Kuchen zu treffen, Kontakt aufgenommen. Die gegenständliche Anrufe seitens des Beschwerdeführers seien in der Nacht um 3.29 Uhr, 3.52 Uhr und 5.05 Uhr erfolgt. Als Polizeibeamter übe der Beschwerdeführer einen Beruf im wichtigsten Bereich der staatlichen Verwaltung, nämlich der öffentlichen Sicherheit, aus. Eine Belassung im Dienst sei auch im Hinblick darauf nicht denkbar, als es gerade dem Beschwerdeführer in seinem Dienst obliege, Menschen vor Gewalttaten oder Jugendliche vor sexuellen Übergriffen zu schützen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen dieses Disziplinarerkenntnis Berufung, in welcher er beantragte, es derart abzuändern, dass die Disziplinarstrafe der Entlassung aufgehoben und eine mildere Strafe verhängt wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 abgewiesen und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt. In der Begründung führte die belangte Behörde wie folgt aus (Schreibfehler im Original):

"Vorab ist festzustellen, dass sich die Berufung des Beschuldigten ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis hinsichtlich der Feststellungen zum Sachverhalt, zur subjektiven Tatseite und zur Frage der Schuld bzw. dem Grad des Verschuldens nicht angefochten wurde. Gegenstand der Berufungsentscheidung ist daher lediglich die Frage der Strafbemessung. Hinsichtlich der übrigen Spruchteile ist hingegen Teilrechtskraft eingetreten (VwGH 18.10.1989, 86/09/0138).

Dem Beschuldigten ist vorweg zuzubilligen, dass die oa. Vorfälle aus den Jahren 2000 und 2003 bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen sind. Diese Vorfälle, denen nicht mehr Stellenwert als einem Gerücht zukommt, sind auch bei der dem Beschuldigten zuzubilligenden Zukunftsprognose außer acht zu lassen. Der VU mit Personenschaden aus dem Jahre 2005 liegt mehr als drei Jahre zurück und war daher bei der Strafbemessung ebenfalls nicht zu berücksichtigen, überdies handelt es sich hierbei um kein Vergehen, dass einer ähnlich gelagerten schädlichen Neigung entsprungen ist. Diese disziplinäre Vorstrafe kann daher, nicht als erschwerend bei der Strafbemessung herangezogen werden und lediglich den Strafmilderungsgrund der disziplinären Unbescholtenheit ausschließen. Dies gilt auch für das oa. Telefonat des Beschuldigten vom 31.8.2010, das ebenfalls keine nachvollziehbaren Rückschlüsse ermöglicht.

Im Ergebnis ist für den Beschuldigten hierdurch nichts gewonnen.

Der Erstinstanz ist zunächst beizupflichten, dass die gegenständliche Dienstpflichtverletzungen des Beschuldigten äußerst gravierend sind; die zur objektiven Schwere dieses (überwiegend) außerdienstlichen Verhaltens in der Begründung des in Berufung gezogenen Disziplinarerkenntnisses enthaltenen Ausführungen teilt der erkennende Senat der DOK vollinhaltlich. Im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann durchaus auch von einer massiven Gefährlichkeit des Beschuldigten ausgegangen werden und die spezialpräventive Erforderlichkeit der schwersten Disziplinarstrafe in Ansehung ungeachtet des langjährigen guten Vorlebens des Beschuldigten, mit der für eine Entlassung nötigen Wahrscheinlichkeit nachvollzogen werden, da sich schon im Hinblick auf den oa. Sachverhalt die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf eine mildere Strafe - bloß in einer vagen Hoffnung erschöpfen. Der Beschuldigte, der sich in einem einschlägigen Internetforum als fünfzehnjähriger ausgegeben und damit die Nähe minderjähriger zu sexuellen Handlungen gesucht hat stellt ein unkalkulierbares Gefahrenpotential dar, eine gute Zukunftsprognose kann ihm in Anbetracht der hierdurch zum Ausdruck gebrachten triebhaften Neigung nicht erstellt werden. Daran vermag auch seine im Berufungsvorbringen glaubhaft dargestellte Bereitschaft, sich einer Therapie zu unterziehen, nichts zu verändern, da bei Triebtätern, die die tatsächliche Nähe zu minderjährigen suchen (und sich nicht etwa bloß auf den ebenfalls höchst verwerflichen Konsum einschlägiger und nach § 207a StGB strafbarer Darstellungen, in Form von Bildern und Videos, durch Besuchen einschlägiger Web-Seiten beschränken), ein Maß an Gefährlichkeit erreicht wird, dass sich von ähnlich gelagerten Sachverhalten (hierzu etwa VwGH 16.10.2008, 2007/09/0136) maßgeblich unterscheidet. Hierbei ist auch auf die hohe Rückfallsquote derartiger Täter (die die Nähe zu Jugendlichen bewusst oder unbewusst suchen und deren Gefährlichkeit sich nicht bloß auf den Tatbestand des § 207a StGB reduziert) Rücksicht zu nehmen, sodass eine positive Zukunftsprognose für den Beschuldigten auszuschließen war. Zutreffend hat die erstinstanzliche Disziplinarkommission daher das dem Beschuldigten zu Spruchpunkt 1. angelastete Fehlverhalten als iSd § 93 StGB schwerste Dienstpflichtverletzung erachtet, die die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung jedenfalls rechtfertigt.

Erschwerend waren bei der Strafbemessung weiters die weiteren Dienstpflichtverletzungen zu den oa. Spruchpunkten 2. und 3. zu werten, überdies die Mehrzahl an heruntergeladenen Bildern und Videos (die auch durch die entsprechende Verlinkung der Webseiten nicht aus der Welt geschafft werden kann) sowie die wiederholte Tatbegehung über einen längeren Tatzeitztaum. Als strafmildernd waren hingegen die herausragend gute Dienstverrichtung des Beschuldigten, seine gute Dienstbeschreibung, sein Geständnis, seine Schuldeinsicht sowie seine Bereitschaft, sich einer Therapie zu unterziehen, zu werten. In Anbetracht des Umstandes aber, dass auch die erschwerend zu wertenden weiteren Dienstpflichtverletzungen des Beschuldigten zu Spruchpunkt 2. für sich gesehen in Anbetracht von deren objektiver Schwere (auch hierzu VwGH 16.10.200, 2007/09/0136) geeignet sind , im Falle einer negativen Zukunftsprognose die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung zu rechtfertigen, ist von einem deutlichen Überwiegen der Erschwerungsgründe über die Strafmilderungsgründe auszugehen, sodass auch hierbei für den Beschuldigten nichts gewonnen ist. Auch Vergehen nach § 207a StGB sind jedenfalls bei einem Angehörigen der Exekutive nicht zu bagatellisieren. Das Fehlverhalten des Beschuldigten war daher insgesamt durchaus geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Dienstverrichtung unwiederbringlich zu erschüttern, wobei dem konkreten Bekanntwerden der gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Sinne einer klaren Absage an jede Form von Medienjustiz (sinngemäß dazu VwGH 15.12.1999, 98/09/0212) keine Bedeutung beizumessen ist.

Insgesamt also wird durch die objektive Schwere und Vielzahl der dem Beschuldigten angelasteten Straftaten eine so hohe Gefährlichkeit des Täters dargetan, dass nur mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung das Auslangen gefunden werden kann. Auch in Anbetracht der Vielzahl von Vergehen kann bei einer auf einer Wahrscheinlichkeitsannahme fußenden Durchschnittsbetrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beschuldigte in Zukunft wohl verhalten wird, eine positive Zukunftsprognose ist bei ihm zu verneinen; daher ist die Entlassung des Beschuldigten auch aus spezialpräventiven Gründen erforderlich. Insgesamt haben seine schweren Vergehen, wie bereits erwähnt, das Vertrauen in seine Dienstverrichtung in unwiederherstellbarer Weise zerstört, weswegen die DOK keine Möglichkeit sah, das Strafausmaß herabzusetzen.

Auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Schutz der sexuellen Integrität Minderjähriger vor sexuell motivierter Kontaktaufnahme sowie Verstößen gemäß § 207a StGB ein überaus hoher Stellenwert zukommt und Verstöße gegen die letztgenannte Norm auch zur höchsten Disziplinarstrafe führen können , womit anderen Disziplinarrechtsunterworfenen deutlich gemacht wird, dass ein derartiges straf- und dienstrechtswidriges Verhalten mit erheblichen Konsequenzen verbunden ist. Hinsichtlich der generalpräventiven Erwägungen ist auf die zum Zeitpunkt der Tatbegehung geltende Rechtslage abzustellen:

Soweit der Beschuldigte die Möglichkeit einer Versetzung an eine andere Dienststelle ins Treffen führt, ist damit für ihn nichts gewonnen, da sein Fehlverhalten überwiegend außer Dienst gesetzt wurde und daher der Zuordnung zu einer konkreten Dienststelle keinerlei Bedeutung beizumessen ist. Überdies kann, soweit der Beschuldigte seine Vergehen zu Spruchpunkt 3. an einem dienstlich ihm überlassenen Computer gesetzt hat, nicht davon ausgegangen werden, dass ein entsprechendes Fehlverhalten an einer anderen Dienststelle unterbleibt, da der Einsatz der EDV in allen Bereichen der Verwaltung, und nicht bloß der inneren Sicherheit, unerlässlich ist. Auch die Stellung des Beschuldigten unter den mit ihm Dienst versehenden Kollegen, unter denen er nach wie vor ungebrochenes Ansehen genießt, ist dabei unerheblich. Soweit der Beschuldigte die wirtschaftliche Härte der gegen ihn verhängten Disziplinarstrafe der Entlassung geltend macht, wird darauf hingewiesen, dass dieser in Anbetracht der Schwere der ihm angelasteten Verfehlungen keine entscheidungswesentliche Bedeutung beizumessen ist."

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Ablehnung und Abtretung der Beschwerde durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 20. September 2011, B 897/11-4, und nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der §§ 93 und 95 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 147/2008, lauten:

"Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

...

Zusammentreffen von strafbaren Handlungen mit Dienstpflichtverletzungen

§ 95. (1) Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, ist von der disziplinären Verfolgung des Beamten abzusehen. Erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung nicht in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes (disziplinärer Überhang), ist nach § 93 vorzugehen.

(2) Die Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat."

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil im vorliegenden Fall bei entsprechender Wahrnehmung der tatsächlichen Schuldkomponenten, deren Gewichtung und des sich daraus ergebenden Verhältnisses zwischen konkreter Schuld und tatsächlicher krimineller Energie davon auszugehen gewesen wäre, dass aus der subjektiven Tatseite zwar ein für einen Dienstgeber unerwünschtes, aber kein Verhalten vorliege, dass einen unüberbrückbaren Vertrauensbruch oder die Untragbarkeit des Beamten für eine funktionierende Verwaltung darstelle.

Der Beschwerdeführer legte einen fachärztlichen Befundbericht vom 16. Februar 2011 vor, wonach er ein tiefgreifendes Unrechtsbewusstsein zeige und auf Grund seiner guten Reflexions- und Introspektionsfähigkeit die Prognose als günstig eingeschätzt werden könne und eine Rückfallsgefahr nicht gegeben sei. Auch habe die belangte Behörde kein Beweisverfahren durchgeführt und die maßgebenden Strafzumessungsgründe nicht konkretisiert. Eine vollständige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses liege nicht vor. Es sei durchaus eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit beim LPK T OEA festzustellen gewesen. Auch sei das inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers auf eine krankheitswertige, ICD 10, klassifizierte psychische Störung zurückzuführen.

Soweit der Beschwerdeführer den von der Behörde erster Instanz ausgesprochenen Schuldspruch hinsichtlich dreier Fakten für rechtswidrig hält, ist ihm zu entgegnen, dass er die Schuldsprüche durch das Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz mit Berufung nicht bekämpft hat und die belangte Behörde daher zutreffend davon ausgegangen ist, dass seine Berufung bloß gegen das Strafausmaß gerichtet war.

Auch in Hinsicht auf das Strafausmaß zeigt der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Soweit er auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinweist, ist klarzustellen, dass in seinem Fall die oben angeführten Gesetzesbestimmungen in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2008 anzuwenden waren. Zu dieser hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/09/0105, Folgendes ausgeführt:

"Zu der nunmehr anzuwendenden Rechtslage ist zu bemerken, dass der erste Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nicht verändert worden ist. Nach wie vor gilt als 'Maß für die Höhe der Strafe' die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes und für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend als auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR 14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2008, Zl. 2007/09/0320, und vom 29. April 2011, Zl. 2009/09/0132, mwN).

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). Daran hat sich auch durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nichts geändert.

Unverändert ist durch die Dienstrechts-Novelle 2008 auch § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 geblieben, wonach bei der Strafbemessung die nach dem Strafgesetzbuch maßgebenden Gründe dem Sinne nach zu berücksichtigen sind und daher hinsichtlich des Grades des Verschuldens nach dem gemäß zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen ist, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Ferner sind weiterhin die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, eine Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis.

Durch die Dienstrechts-Novelle 2008 wurde jedoch im zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG die Zielsetzung 'der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken', als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. Dementsprechend enthalten die oben wiedergegebenen Gesetzeserläuterungen die Aussage, es solle nach der Novelle möglich sein, dass 'bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen' sein werde.

Aus der Einführung von generalpräventiven Strafbemessungsgründen geht auch die in den wiedergegebenen Gesetzeserläuterungen hervorgehobene Konsequenz hervor, dass dann, wenn aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung erforderlich ist, zur Vermeidung einer Entlassung nicht mehr geprüft werden muss, ob es für den Beamten eine Verwendungsmöglichkeit gibt, in welcher er nicht in Gefahr geraten würde, weitere Dienstpflichtverletzungen zu begehen."

Die belangte Behörde hat in diesem Sinne zutreffend im gegenständlichen Fall aus den eingangs wiedergegebenen Gründen die Schwere der mehrfachen Taten als so hoch bewertet, dass selbst angesichts der zu bejahenden Existenz von Milderungsgründen, die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht rechtswidrig ist.

Dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall gerade jene Rechtsgüter verletzt hat, deren Schutz ihm als Kriminalbeamter im öffentlichen Dienst zur besonderen Aufgabe gemacht war, durfte von der belangten Behörde durchaus als gravierend gewertet werden. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass die vom Beschwerdeführer unbestritten bewusst in Kauf genommene sittliche Gefährdung jedenfalls eines jugendlichen Menschen eine derart schwerwiegende Dienstpflichtverletzung bedeutet, dass hier die Disziplinarstrafe der Entlassung angesichts der im Gesetz vorgesehenen Zielsetzung, der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, zu Recht verhängt werden durfte. Ebenso durfte der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht davor zurückschreckte, Dienstcomputer während des Dienstes für die von ihm gesetzten strafgesetzwidrigen Dienstpflichtverletzungen zu verwenden, in dieser Hinsicht als schwerwiegend gewertet werden.

Soweit der Beschwerdeführer ein Gutachten und eine Bestätigung eines Facharztes zu seiner Schuldfähigkeit bzw. einer günstigen Zukunftsprognose ins Treffen führt, ist ihm zu entgegnen, dass diese Beweismittel zu einem nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegenden Zeitpunkt vorgelegt wurden, dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot unterliegen und schon aus diesem Grunde die Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erscheinen lassen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 28. Februar 2012

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