VwGH 2011/05/0132

VwGH2011/05/01326.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der FIges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 6. Juli 2011, Zl. BOB-213/11, betreffend Erteilung eines Bauauftrags (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauO Wr §60 Abs1 lite;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauO Wr §60 Abs1 lite;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid vom 24. März 2011 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, der Beschwerdeführerin als Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (im Folgenden kurz: BO) nachstehende Aufträge:

"Binnen vier Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides ist

1.) das ohne Bewilligung beleuchtete, flach an der Wand montierte Werbeschild im Ausmaß von ca. 6,00 m Länge und einer Höhe von ca. 0,60 m über dem Eingangsbereich des Geschäftslokales Top Nr. II an der Gassenfassade im Erdgeschoss und die vier darüberliegenden Scheinwerfer entfernen zu lassen und sind

2.) die zwei ohne Bewilligung hergestellten, beleuchteten Schaukästen links und rechts von der Eingangstüre und das beleuchtete, flach an der Wand montierte Werbeschild im Ausmaß von ca. 1,10 m Länge und einer Höhe von ca. 0,35 m über der Eingangstüre des Geschäftslokales Top Nr. II an der Gassenfassade im Erdgeschoss entfernen zu lassen und sind

3.) die zwei ohne Bewilligung hergestellten Markisen von je 1,20 m Länge und einem Vorsprung von 0,50 m über dem linken und rechten Fenster neben der Eingangstüre des Geschäftslokales Top Nr. II an der Gassenfassade im Erdgeschoss entfernen zu lassen und ist

4.) das ohne Bewilligung beleuchtete, flach an der Wand montierte Werbeschild im Ausmaß von ca. 6,50 m Länge und einer Höhe von ca. 0,60 m über dem Fenster des Geschäftslokales Top Nr. I an der Gassenfassade im Erdgeschoss entfernen zu lassen und ist

5.) der ohne Bewilligung hergestellte, beleuchtete Schaukasten rechts vom Fenster des Geschäftslokales Top Nr. I an der Gassenfassade im Erdgeschoss zur rechten Grundgrenze der Liegenschaft (…) entfernen zu lassen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die ausschließlich gegen die Spruchpunkte 4.) und 5.) erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid insoweit bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich der am 16. März 2011 an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung sei von einem sachverständigen Organ der Baubehörde erster Instanz unter anderem festgestellt worden, dass das Werbeschild sowie der Schaukasten ohne Bewilligung an der Gassenfassade des gegenständlichen Gebäudes errichtet worden seien. Nach Wiedergabe der Berufung und der Bezug habenden Rechtsvorschriften hielt die belangte Behörde fest, dass nach den Festsetzungen des maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes für die gegenständliche Liegenschaft eine Schutzzone ausgewiesen sei. Durch das Anbringen des Werbeschildes und des Schaukastens an der Gassenfassade des gegenständlichen Gebäudes werde das äußere Ansehen dieses Gebäudes beeinflusst, weshalb die Errichtung dieser Baulichkeiten jedenfalls der Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO unterliege. Die Bestimmung des § 62a Abs. 1 Z 30 BO sei im vorliegenden Fall schon deshalb nicht anzuwenden, weil sich die gegenständliche Liegenschaft in einer Schutzzone befinde. Architektonische Gesichtspunkte und Aspekte des örtlichen Stadtbildes seien im gegenständlichen Beseitigungsverfahren nicht zu prüfen, weshalb die von der Beschwerdeführerin geforderte Stellungnahme des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 19 für dieses Verfahren nicht von Relevanz sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung LGBl. Nr. 46/2010 (BO), anzuwenden.

Gemäß § 129 Abs. 10 erster und zweiter Satz BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen.

Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt. (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2002, Zl. 2002/05/1423, mwN).

Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO sind u.a. Änderungen von Bauwerken bewilligungspflichtig, wenn durch sie das äußere Ansehen geändert wird.

Nach § 60 Abs. 1 lit. e BO sind Änderungen an Gebäuden in Schutzzonen, die die äußere Gestalt, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussen, bewilligungspflichtig.

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, nach § 85 Abs. 4 BO müssten Geschäfts- und Firmenschilder so beschaffen sein, dass dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt werde, weshalb die belangte Behörde eine "Überprüfung des Stadtbildes" vornehmen hätte müssen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin müsse eine gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO "bewilligungsmäßige Maßnahme" Gegenstand einer baulichen Maßnahme bilden. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Schutzzone, womit "nur durch Beiziehung eines Sachverständigen der Sachverhalt zur rechtlichen Beurteilung im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO überprüft" hätte werden können. Das Flächenausmaß des Schaukastens betrage weniger als 3,00 m2, weshalb nach § 62a Abs. 1 Z 30 BO weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich sei. Für den Fall der Heranziehung des § 60 Abs. 1 lit. d BO wäre die Beiziehung eines Sachverständigen geboten gewesen. Aus § 60 Abs. 1 lit. c und e BO in Zusammenhalt mit § 85 Abs. 4 BO ergebe sich, dass ein Sachverständiger beizuziehen gewesen wäre, um beurteilen zu können, ob die äußere Gestaltung, der Charakter oder der Stil des Gebäudes negativ beeinflusst werde und ob aus diesem Grund eine baubehördliche Bewilligung erforderlich sei. Die belangte Behörde habe jedenfalls keine Feststellungen "über die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil des Gebäudes, resultierend aus der Anbringung des Werbeschildes und des Schaukastens getroffen."

Unbestritten ist, dass die gegenständliche Liegenschaft in einer Schutzzone liegt und die Beschwerdeführerin die in den Punkten 4.) und 5.) des erstinstanzlichen Bescheides näher beschriebenen Veränderungen (Anbringung eines Werbeschildes und Errichtung eines Schaukastens) vorgenommen hat. Dass durch diese Maßnahmen das äußere Ansehen des Gebäudes geändert wird, ist evident, weshalb es hiezu nicht der Einholung eines Gutachtens bedurfte. Mit ihrem Vorbringen zu § 85 Abs. 4 BO verkennt die Beschwerdeführerin, dass die Frage der Bewilligungsfähigkeit in einem Auftragsverfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/05/0269, mwN), weshalb auch insofern die Beiziehung eines Sachverständigen nicht geboten war. Weiters gehen die zu § 62a Abs. 1 Z 30 BO erstatteten Beschwerdeausführungen schon deshalb ins Leere, weil diese Bestimmung lediglich Regelungen für die Anbringung von Werbeschildern an Gebäuden außerhalb von Schutzzonen enthält.

Entscheidend ist im Beschwerdefall, dass die Ausführung weder bewilligungsfrei ist, noch eine Bewilligung vorliegt, sodass der Auftrag zur Beseitigung dieser Einrichtungen auf Grundlage des § 129 Abs. 10 BO zu Recht erging. Ob, wie die belangte Behörde meint, die Bewilligungspflicht im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO gegeben ist, oder eine Bewilligung nach § 60 Abs. 1 lit e BO erforderlich gewesen wäre, kann im Beschwerdefall dahin stehen.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 6. September 2011

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