VwGH 2011/03/0185

VwGH2011/03/018527.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des E S in N, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter, Dr. Friedrich Trappel und Mag. Klaus Ainedter, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 24a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion (nunmehr: Landespolizeidirektion) für das Bundesland Burgenland vom 7. Juli 2011, Zl E1/4234/1/11, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §25;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs5;
WaffG 1996 §8 Abs6;
WaffG 1996 §8;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §25;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs5;
WaffG 1996 §8 Abs6;
WaffG 1996 §8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ausgehend von den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich folgendes Geschehen:

Da der BH Neusiedl am See (iF: BH) im Oktober 2008 zur Kenntnis gelangt war, dass dem Beschwerdeführer für die Zeiträume 28. November 2000 bis 28. Februar 2001 und vom 15. März 2003 bis 15. Jänner 2004, jeweils wegen Alkoholdelikten, die Lenkberechtigung entzogen worden war, leitete sie ein Ermittlungsverfahren zur Überprüfung der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers gemäß § 25 WaffG ein und beauftragte den amtsärztlichen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens, ob der Beschwerdeführer im Sinne des § 8 WaffG verlässlich sei.

Weiters wurde die Polizeiinspektion N mit der Durchführung von Ermittlungen beauftragt. Diese beantwortete die an sie gestellten Fragen betreffend den Beschwerdeführer wie folgt:

"Bericht der Polizeiinspektion über den umseits angeführten Besitzers einer waffenrechtliche Urkunde:

1. Sind Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass der (die) Gen. durch missbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährdet?

NEIN

2. Besteht Grund zur Annahme, dass der (die) Gen. die Waffe(n) missbräuchlich oder leichtfertig verwendet oder mit dieser(n) unvorsichtig umgeht?

NEIN

3. Liegen Verlässlichkeitsmängel vor, die in der Person oder im Umfeld dieser Person liegen und die noch keinen Niederschlag in sicherheits-, verwaltungs-, oder kriminalpolizeilicher Hinsicht gefunden haben.

NEIN

4. Bestehen Bedenken, dass der (die) Gen.

a) alkohol oder suchtkrank, psychisch krank oder geistesschwach sein könnte?

b) durch ein körperliches Gebrechen unfähig sein könnte, mit Waffen sachgemäß umzugehen?

NEIN

5. Sind alle umseits angeführten genehmigungspflichtigen Schußwaffen vorhanden?

JA

6. Ist die Gewähr dafür gegeben, dass der (die) Gen. die Waffe(n) sorgfältig verwahrt?

JA

7. Welche Einrichtungen für eine sorgfältige Verwahrung sind vorhanden?

WAFFENSCHRANK

8. Sind Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass der (die) Gen. die Waffe(n) an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind?

NEIN"

Mit Bescheid der BH vom 20. Dezember 2010 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 25 Abs 3, 8 Abs 6 und 48 WaffG die Waffenbesitzkarte entzogen, weil die BH davon ausging, dass der Beschwerdeführer der im Zuge der Verlässlichkeitsprüfung durch den Amtssachverständigen gestellten Aufforderung, einen Blutbefund vorzulegen, nicht nachgekommen sei, und es deshalb durch das Verhalten des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen sei, seine Verlässlichkeit zu prüfen.

Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung, in der er geltend machte, den geforderten Blutbefund bereits im November 2008 abgegeben zu haben (dieser wurde in Kopie vorgelegt), wurde mit Berufungsvorentscheidung der BH vom 31. Jänner 2011 der Bescheid vom 20. Dezember 2010 gemäß § 64a Abs 1 AVG behoben.

Das daraufhin von der BH an den amtsärztlichen Sachverständigen der Erstbehörde neuerlich gestellte Ersuchen um Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers beantwortete der Amtsarzt dahin, dass aus seiner Sicht die neuerliche Vorlage von blutchemischen Befunden (GGT, MCV, CDT) für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlich sei. Im Befund des Beschwerdeführers vom 24. November 2008 sei "die GGT mit 34 U/l und das MCV mit 92 fl im Normbereich" gewesen, der "sensitivste Parameter CDT" mit "2,2 % im kontrollpflichtigen Bereich (Normbereich bis 1,75 %, der Bereich von 1,75 bis 2,5 % muss auf Grund des aktuellen Kenntnisstandes als kontrollpflichtig eingestuft werden)". Auf Grund dieser Tatsachen sei "ein zeitweiliger Alkoholmissbrauch nicht ausgeschlossen und die neuerliche Vorlage der blutchemischen Befunde erforderlich".

Der Beschwerdeführer habe sich prinzipiell damit einverstanden erklärt, aber nur, wenn die BH die Kosten übernehme, weil er selbst sich die Kosten auf Grund seiner geringen Pension nicht leisten könne.

Die im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgte Ankündigung der BH vom 15. März 2011, es sei beabsichtigt, dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 WaffG die Waffenbesitzkarte zu entziehen, weil mangels neuerlicher Vorlage von Befunden über Blutwerte die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhalts nicht möglich sei, beantwortete der - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 12. April 2011 im Wesentlichen damit, dass seiner Auffassung nach die neuerliche Vorlage eines Blutbefundes auf eigene Kosten des Beschwerdeführers nicht erforderlich sei. Zum seinerzeitigen erhöhten CDT-Wert von 2,2 % beim Befund vom 24. November 2008 sei es gekommen, weil der Beschwerdeführer am 8. November seinen 55. Geburtstag gefeiert habe und damit im Zusammenhang auch alkoholische Getränke konsumiert habe, was zu diesem Ergebnis geführt habe. Aktuelle Bedenken an der Verlässlichkeit des Beschwerdeführers könne dieser Umstand, ebenso wenig wie die Jahre zuvor erfolgten Entziehungen der Lenkberechtigung, aber nicht begründen.

Mit Bescheid der BH vom 7. Juni 2011 wurde dem Beschwerdeführer - neuerlich - gemäß § 25 Abs 3, 8 Abs 6 und 48 WaffG die Waffenbesitzkarte entzogen. Begründend führte die BH im Wesentlichen aus, auf Grund der Weigerung des Beschwerdeführers, eine neuerliche Blutuntersuchung vornehmen zu lassen, sei die Feststellung seiner Verlässlichkeit auf Grund mangelnder Mitwirkung nicht möglich gewesen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 2011 wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen den Erstbescheid als unbegründet ab.

In der Begründung stellte die belangte Behörde zunächst den Verfahrensgang fest und folgerte, "der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den Akten". Im Weiteren legte die belangte Behörde Bestimmungen des Waffengesetzes und der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung sowie - ohne erkennbaren Zusammenhang zum Beschwerdefall - Judikatur zur Einzelfragen der Verlässlichkeit dar. Der Beschwerdeführer sei, so die belangte Behörde weiter, wegen der erhöhten CDT-Werte (gemeint: im Befund vom 24. November 2008), die vom Amtssachverständigen dahin qualifiziert worden seien, dass "in eventu (beim Beschwerdeführer) ein zeitweiliger Alkoholmissbrauch vorliegen könne", von der BH am 15. März 2011 aufgefordert worden, im Rahmen einer Kontrolluntersuchung Befunde über seine Blutwerte vorzulegen. In seiner Stellungnahme vom 12. April 2011 habe der Beschwerdeführer die seinerzeit erhöhten Werte mit Alkoholgenuss anlässlich einer Feier zu seinem 55. Geburtstag zu erklären versucht. Er habe damit aber "nur Mutmaßungen zu (seinem) erhöhten CDT-Wert" angestellt und sei dem amtsärztlichen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Daran knüpfte die belangte Behörde folgende Erwägungen:

"Die Verweigerung einer Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes, insbesondere sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ist nur dann berechtigt, wenn hiefür ausreichende Gründe vorliegen oder dem Antragsteller der Nachweis gelingt, dass die Untersuchung unbegründet angeordnet ist. In Ihrem Fall ist Ihnen das nicht gelungen, zumal Sie das amtsärztliche Gutachten nicht entkräften konnten. Die Untersuchung ist auch schon deshalb nicht unbegründet, da wie schon erwähnt das amtsärztliche Gutachten einen blutchemischen Befund als erforderlich ansieht. Auch Ihre Begründung, dass Sie nicht die notwendigen Barmittel für einen Blutbefund haben, geht ins Leere. Das Gesetz normiert gewisse Voraussetzungen, die Sie zu erfüllen haben, soweit Sie Ihre waffenrechtliche Urkunde behalten wollen. Sollten Sie dafür nicht die notwendigen Barmittel aufbringen können, so steht es in Ihnen frei, Ihre Waffenbesitzkarte freiwillig abzugeben. Mit dem Ausstellen einer waffenrechtlichen Urkunde haben Sie nicht nur Rechte sondern auch Pflichten. Dass diese Pflichten mitunter mit einem gewissen entgeltlichen Aufwand verbunden sind, entspricht der Logik und der allgemeinen Lebenserfahrung.

Wirkt die Partei in einem solchen Fall bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes nicht mit, dann steht es der Behörde frei, aus diesem Verhalten gemäß § 45 Abs 2 AVG im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung ihre für den Antrag des Antragstellers eventuell auch negative Schlüsse zu ziehen. (VwGH 12.12.1978, 1246/77, Slg 972/A; 14.5.1986, 86/03/0044; 15.3.1995, 93/01/0980; 21.11.1996, 96/20/0112; 15.5.1997, 97/20/0070). Die (BH) hat als zuständige Behörde eben diese Schlüsse gezogen.

Gem § 8 Abs. 6 Waffengesetz 1996 gilt ein Mensch als nicht verlässlich, wenn aus Gründen die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhalts nicht möglich war. Auf Grund des von Ihnen nicht beigebrachten blutchemischen Befundes, war es der Behörde nicht möglich den maßgeblichen Sachverhalt für Ihre Verlässlichkeit festzustellen. Im waffenrechtlichen Sinn verlässlich zu sein, ist die Grundvoraussetzung für die Ausstellung, aber auch für den weiteren Besitz jeder waffenrechtlicher Urkunde; nicht mehr verlässlich zu sein, zieht nach sich, waffenrechtliche Berechtigungen zu verlieren.

Da Sie dieser Aufforderung nicht nachgekommen sind und den Nachweis nicht erbracht haben, sind die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 6 Waffengesetz 1996 eingetreten und musste Ihnen die Behörde gemäß § 25 Abs. 3 Waffengesetz 1996 Ihre waffenrechtliche Urkunden entziehen."

Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Die maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1997 (WaffG) lauten - auszugsweise - wie folgt:

"Verläßlichkeit

§ 8. (1) Ein Mensch ist verläßlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß er

  1. 1. Waffen mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
  2. 2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;

    3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

(2) Ein Mensch ist keinesfalls verläßlich, wenn er

1. alkohol- oder suchtkrank ist oder

(5) Weiters gilt ein Mensch als nicht verläßlich, der öfter als zweimal wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen schwerwiegenden Verwaltungsübertretung bestraft worden ist, sofern keine dieser Bestrafungen getilgt ist.

(6) Schließlich gilt ein Mensch als nicht verläßlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verläßlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anläßlich der Überprüfung seiner Verläßlichkeit weigert, der Behörde

1. Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen;

2. die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, daß er die Waffen sicher verwahrt.

Überprüfung der Verläßlichkeit

§ 25. (1) Die Behörde hat die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen, wenn seit der Ausstellung der Urkunde oder der letzten Überprüfung fünf Jahre vergangen sind.

(2) Die Behörde hat außerdem die Verläßlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Berechtigte nicht mehr verläßlich ist. …

(3) Ergibt sich, daß der Berechtigte nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen.

…"

2. Der angefochtene Bescheid stützt die Annahme des Fehlens der waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf § 8 Abs 6 erster Satz WaffG, weil der Beschwerdeführer entgegen der Aufforderung der Erstbehörde nicht neuerlich einen Blutbefund vorgelegt habe.

§ 8 Abs 6 WaffG erlegt dem Betroffenen eine Mitwirkungsverpflichtung bei der Feststellung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf. Ist die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes aus Gründen des von der Überprüfung Betroffenen nicht möglich, so folgt aus § 8 Abs 6 erster Satz WaffG die unwiderlegliche Rechtsvermutung der waffenrechtlichen Unverlässlichkeit. Mit dieser Bestimmung wird die Mitwirkungsverpflichtung bei der Feststellung der Verlässlichkeit jedoch nicht uneingeschränkt, sondern "nur in dem von der Sache her notwendigen Maße" auferlegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Rechtslage ausgesprochen, die Verweigerung einer Mitwirkung an der Feststellung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit sei als berechtigt anzusehen, wenn hiefür ausreichende Gründe vorliegen oder dem Betroffenen der Nachweis gelingt, dass die Anordnung der Mitwirkung den Bestimmungen des § 39 Abs 2 AVG widerstreitet, also unbegründet erfolgt (vgl VwGH 8.6.2005, 2005/20/0014, mwN).

3. Die belangte Behörde hat die Auffassung vertreten, die geforderte Untersuchung sei deshalb notwendig, weil das "amtsärztliche Gutachten" die Beibringung eines Blutbefundes als erforderlich angesehen habe. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, "das amtsärztliche Gutachten zu entkräften".

Dazu ist zunächst festzustellen, dass entgegen der Auffassung der belangten Behörde im Beschwerdefall vom Amtsarzt gar kein Gutachten erstattet wurde:

Nach der zunächst (30. Juli 2009) erfolgten - irrigen - Mitteilung des Amtsarztes, der Beschwerdeführer sei der Aufforderung, einen Blutbefund vorzulegen, nicht nachgekommen, teilte der Amtsarzt der Erstbehörde am 24. Februar 2011 Folgendes mit:

"Auf Grund des Ersuchens vom 9.2.2011 ergeht folgende amtsärztliche Stellungnahme. Aus meiner Sicht ist die neuerliche Vorlage von blutchemischen Befunden (GGT, MCV, CDT) für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlich. Die ursprüngliche Anfrage an mich vom 20.10.2008 erging insbesondere an mich, weil (der Beschwerdeführer) in den Jahren 2000 bis 2003 einen Führerscheinentzug hatte (-0,6 - 0,8 mg/l AAK). Ich interpretiere diese Zuweisung derart, dass von der Waffenbehörde Alkoholmissbrauch bei (dem Beschwerdeführer) vermutet oder nicht ausgeschlossen wurde.

Ich habe deshalb damals blutchemische Befunde von (dem Beschwerdeführer) verlangt.

Im Befund vom 24.11.2008 war die GGT mit 34 U/l und das MCV mit 92 fl im Normbereich. Der sensitivste Parameter CDT war mit 2,2 % im kontrollpflichtigen Bereich (Normbereich bis 1,75 %, der Bereich von 1,75 - 2,5 % muss aufgrund des aktuellen Kenntnisstandes als kontrollpflichtig eingestuft werden).

Auf Grund dieser Tatsachen ist ein zeitweiliger Alkoholmissbrauch nicht ausgeschlossen und die neuerliche Vorlage der blutchemischen Befunde erforderlich.

(Der Beschwerdeführer) erklärte sich prinzipiell damit einverstanden, aber nur wenn die BH die Kosten übernimmt. Er könne sich die Kosten von 70,- Euro nicht leisten, weil er nur eine Pension von 770,- Euro habe."

Der Amtsarzt war also offenbar der Meinung, für die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens noch weitere Unterlagen, nämlich insbesondere blutchemische Befunde, zu benötigen; mangels deren Vorlage wurde (noch) kein Gutachten erstattet.

4. Entgegen dieser Auffassung des Amtsarztes, der sich offenbar auch die BH und die belangte Behörde angeschlossen haben, rechtfertigt der Umstand allein, dass "ein zeitweiliger Alkoholmissbrauch nicht ausgeschlossen" ist, aber nicht den Auftrag zur Vorlage - alkoholspezifischer - Blutbefunde:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann - abgesehen von den Fällen nach § 8 Abs 2 Z 1 und Abs 5 WaffG - Alkoholkonsum nur dann die Annahme fehlender Verlässlichkeit gemäß § 8 Abs 1 WaffG rechtfertigen, wenn ein "waffenrechtlicher Bezug", wie etwa im Falle des Mitführens von Schusswaffen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, gegeben ist (vgl VwGH vom 1. Juli 2005, 2005/03/0024, und vom 29. Jänner 2009, 2006/03/0013, jeweils mwN).

Dass ein solcher waffenrechtlicher Bezug vorliegt, wird von der belangten Behörde nicht einmal behauptet. Die Aktenlage bietet dafür auch keinerlei Grundlage.

5. War die Aufforderung zur Vorlage der in Rede stehenden Befunde - wie im Beschwerdefall - ungerechtfertigt, durfte der Betroffene die Beibringung verweigern, ohne dass dies im Grunde des § 8 Abs 6 WaffG die Vermutung der waffenrechtlichen Unverlässlichkeit begründet hätte.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Er war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 27. November 2012

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