VwGH 96/20/0112

VwGH96/20/011221.11.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des Mag. Dr. L, Bundesbeamter i.R., in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. September 1995, Zl. Wa-106/93, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. September 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 25. Oktober 1993, mit dem dem Beschwerdeführer die von dieser Behörde am 14. Mai 1973 ausgestellte Waffenbesitzkarte entzogen wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, sie habe bereits mit Bescheid vom 6. August 1993 rechtskräftig ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verläßlichkeit nicht zukomme. Es sei davon auszugehen, daß seither keine wesentliche Änderung im Sachverhalt eingetreten sei. Bereits im seinerzeitigen Verfahren sei der Beschwerdeführer aufgrund von konkreten Bedenken bezüglich des Vorliegens der waffenrechtlichen Verläßlichkeit sowohl von der belangten Behörde als auch von der Behörde erster Instanz aufgefordert worden, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Dem sei der Beschwerdeführer jedoch nicht nachgekommen. Auch im vorliegenden Verfahren sei der Beschwerdeführer neuerlich über Auftrag der belangten Behörde zu einer amtsärztlichen Untersuchung vorgeladen worden, dieser habe sich einer solchen jedoch nicht unterzogen.

Es sei daher anzunehmen, daß der Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verläßlichkeit nicht besitze, weshalb ihm seine Waffenbesitzkarte Nr. 063958 gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 des Waffengesetzes 1986 zu entziehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, dem Verwaltungsgerichtshof vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1995, B 3167/95-4, abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Da sich sowohl die belangte Behörde als auch der Beschwerdeführer selbst auf das mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. August 1993 abgeschlossene Verfahren betreffend die Versagung der beantragten Ausstellung eines Waffenpasses beziehen, welches Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgerichtshof unter der Zl. 93/01/0980 anhängig war, ist zunächst darauf einzugehen: Die belangte Behörde hatte damals aus den sehr ausführlichen Eingaben des Beschwerdeführers geschlossen, daß er wegen eines Garagenbaues an der Grundstücksgrenze durch seinen Nachbarn mit diesem seit Jahren in Streit lebe. Aufgrund dieses baurechtlichen Verfahrens und der widerrechtlichen Errichtung der Garage durch seinen Nachbarn sowie der angeblichen Untätigkeit der Behörden hinsichtlich der Abtragung dieser Garage sehe sich der Beschwerdeführer einem "Machtkartell" gegenüber, daß er als "N-Machtkartell" bezeichne. Von diesem "Machtkartell" fühle sich der Beschwerdeführer verfolgt und gehe davon aus, daß es auch in den Verwaltungsverfahren Interventionen bzw. "Weisungen" gegeben habe, weiters sei der Beschwerdeführer der Auffassung, daß ihm nachgestellt werde und er ermordet werden solle. Sowohl die Art als auch der Inhalt der Ausführungen des Beschwerdeführers ließen nach Auffassung der belangten Behörde den Schluß zu, daß die Annahme nicht mehr gerechtfertigt sei, daß der Beschwerdeführer Waffen in Hinkunft auf jeden Fall nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden werde.

Der damals beigezogene medizinische Amtssachverständige hat aufgrund des Akteninhaltes ausgesprochen, daß Anhaltspunkte dafür bestünden, der Beschwerdeführer leide unter einer wahnhaften Verarbeitung vorgefallener Streitigkeiten. Es bestünden daher Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer möglicherweise die waffenrechtliche Verläßlichkeit u.a. aus medizinischen Gründen nicht mehr besitze. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die Berufungsbehörde hatten im Verfahren die Erstellung eines medizinischen Gutachtens angeordnet. Die Erstattung eines solchen Gutachtens war aber nicht möglich, weil sich der Beschwerdeführer geweigert hatte, sich einer Untersuchung zu unterziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat der gegen den vorerwähnten Bescheid vom 6. August 1993 erhobenen Beschwerde keine Folge gegeben und in seinem Erkenntnis vom 15. März 1995 ausgesprochen, daß dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiere, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Wirke der Beschwerdeführer in einem solchen Fall bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes nicht mit, dann stehe es der Behörde frei, aus diesem Verhalten gemäß § 45 Abs. 2 AVG im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung ihre für den Antrag des Antragstellers eventuell auch negativen Schlüsse zu ziehen. Die Verweigerung einer solchen Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes, insbesondere sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sei nur dann berechtigt, wenn hiefür ausreichende Gründe vorliegen oder dem Antragsteller der Nachweis gelingt, daß die Anordnung dieser Untersuchung den Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG widerstreitet, also daß sie unbegründet angeordnet worden ist. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren keine ausreichenden Gründe dargetan bzw. sei ihm nicht der Nachweis gelungen, daß die Anordnung einer medizinischen Untersuchung zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht erforderlich gewesen wäre. Es könne daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis gekommen sei, daß die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 15. März 1995).

Soweit sich der Beschwerdeführer in der nunmehr vorliegenden Beschwerde gegen die Richtigkeit dieses Erkenntnisses vom 15. März 1995 wendet, ist ihm zu erwidern, daß seinen diesbezüglichen Bedenken der Umstand entgegensteht, daß gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes kein Rechtsmittel mehr besteht. Aufgrund der im Vorverfahren gewonnenen Beweisergebnisse durfte die belangte Behörde - soweit keine Änderung des seinerzeit festgestellten Sachverhaltes eingetreten ist - durchaus Bedenken gegen das Vorliegen der waffenrechtlichen Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im Sinn des § 6 Abs. 1 WaffG haben. Diese Umstände wollte die belangte Behörde unbestritten im vorliegenden Fall dadurch nochmals einer Überprüfung zuführen, daß sie dem Beschwerdeführer neuerlich die Gelegenheit zu einer ärztlichen Untersuchung bot. Diese hat der Beschwerdeführer nicht genützt. Der Beschwerdeführer übersieht in seinen Ausführungen, daß gerade eine derartige ärztliche Untersuchung ihm die Gelegenheit böte, darzulegen, daß die Bedenken der belangten Behörde an seiner waffenrechtlichen Verläßlichkeit unbegründet sind.

In der vorliegenden Beschwerde werden keinerlei (gegenüber dem dem Vorverfahren zugrundegelegten Sachverhalt) neue Umstände vorgetragen, insbesondere keine ausreichenden Gründe dargetan, daß die Anordnung einer medizinischen Untersuchung zur Ermittlung des maßgeblichen Sacherhaltes im nunmehrigen Verwaltungsverfahren nicht erforderlich gewesen wäre. Das Beschwerdevorbringen unterstreicht vielmehr die Notwendigkeit der medizinischen Überprüfung der waffenrechtlichen Verläßlichkeit.

Es kann der belangten Behörde somit auch im vorliegenden Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Rahmen ihrer Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG im Hinblick auf die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben ist.

Ergänzend ist noch auszuführen, daß die belangte Behörde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für die Vollziehung des Waffengesetzes zuständig war und sich dabei zutreffend auf die §§ 20 Abs. 1, 6 Abs. 1 WaffG gestützt hat.

Da die behauptete Rechtsverletzung somit nicht vorliegt, was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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