Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
MRK Art8;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 idF 2009/I/029;
MRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (die belangte Behörde) den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 9. September 2003 auf der Grundlage eines von der Österreichischen Botschaft Ankara ausgestellten Visums C ("Touristenvisums"), gültig bis 15. September 2003, in das Bundesgebiet eingereist sei und am 12. September 2003 einen Asylantrag gestellt habe, der mit 6. Juni 2009 rechtskräftig abgewiesen worden sei.
Der Beschwerdeführer lebe seit seiner Einreise in I, sei volljährig, ledig und für niemanden sorgepflichtig. Er habe zwei Geschwister im Bundesgebiet, die jeweils eine eigene Familie hätten, lebe mit diesen aber nicht im gemeinsamen Haushalt. Er habe intensiven Kontakt zu Verwandten sowie "Bekannten/Freunden" im Bundesgebiet und spreche gut Deutsch. Der Beschwerdeführer habe Bindungen zu seinem Heimatstaat Türkei insofern, als dort seine Eltern und drei Geschwister lebten. Er sei von der Türkei auch noch nicht so lange weg, dass er sich mit den Gegebenheiten dort (Sprache und Kultur) nicht mehr zurechtfinden könnte.
Der Beschwerdeführer, der strafrechtlich unbescholten sei, sei - der Art und Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet entsprechend - gut integriert, allerdings nicht am Arbeitsmarkt. Er sei derzeit nicht selbsterhaltungsfähig; eine Schule im Bundesgebiet habe er nicht besucht, eine Berufsausbildung nicht genossen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich der Beschwerdeführer seit dem rechtskräftigen negativen Abschluss seines Asylverfahrens im Juni 2009 rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte, sodass ihn die Bundespolizeidirektion I (die Erstbehörde) gemäß § 53 Abs. 1 FPG ausgewiesen habe.
Durch die Ausweisung erfolge ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers, der die Ausweisung aber nicht im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG unzulässig mache. Dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet verlasse, sei zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zieles des Schutzes der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremden- und Einwanderungswesens) dringend geboten. Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet wögen nicht so schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung der Ausweisung, weshalb diese auch im Grunde des § 66 Abs. 2 FPG zulässig sei. Zum Nachteil des Beschwerdeführers falle auch ins Gewicht, dass dessen Integration bzw. Bindungen in Österreich während eines Zeitraumes - nämlich während des Asylverfahrens und des daran anschließenden rechtswidrigen Aufenthaltes - entstanden seien, in dem sich der Beschwerdeführer und alle Beteiligten seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen seien oder jedenfalls hätten bewusst sein müssen. Die durch die Ausweisung entstehenden Unannehmlichkeiten für den Beschwerdeführer und seine "Verwandten/Bekannten/Freunde" müssten im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremden- und Einwanderungswesen, das einen großen öffentlichen Stellenwert habe, in Kauf genommen werden.
In Hinblick darauf, dass keine nicht bereits bei der Interessenabwägung berücksichtigten Umstände vorlägen, könne von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des von der Behörde zu übenden Ermessens gemäß § 53 Abs. 1 FPG Abstand genommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er sich seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages im Juni 2009 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und somit der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt ist.
Die Beschwerde bekämpft allerdings das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung.
§ 66 Abs. 1 und 2 FPG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 lautet wie folgt:
"(1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
- 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
- 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
- 4. der Grad der Integration;
- 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
- 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
- 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren."
Die in der Beschwerde in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Umstände, dass der Beschwerdeführer seit 2003 in Österreich lebe, hier eine Schwester und einen Bruder habe, gut Deutsch spreche, (strafgerichtlich) unbescholten sei und über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis verfüge, wurde von der belangten Behörde in der von ihr vorgenommenen Interessenabwägung berücksichtigt, weshalb die Behörde auch zu Recht einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen hat.
Zutreffend hat die belangte Behörde allerdings auf das große öffentliche Interesse an der Einhaltung eines geordneten Fremdenwesens verwiesen, das dadurch verletzt wird, dass Fremde nach rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet verbleiben.
Diesem großen öffentlichem Interesse an der Erlassung der Ausweisung steht zwar ein längerer inländischer Aufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber, dessen (überwiegende) Rechtmäßigkeit aber nur auf einem letztlich als unbegründet abgewiesenen Asylantrag beruhte. Ins Gewicht fällt dabei auch, dass der Beschwerdeführer nicht über eine eigene Kernfamilie im Bundesgebiet verfügt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2010, 2009/22/0340).
Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Türkei wegen der sozialen Ächtung seines Cousins, dem vor etwa fünf Jahren in Österreich Asyl gewährt worden sei, keinerlei Unterstützung zu erwarten habe; dem ist entgegenzuhalten, dass - auch wenn der Wiederaufbau eines sozialen Netzes in der Heimat für den Beschwerdeführer allenfalls nicht ohne Schwierigkeiten stattfinden wird - die Wiedereingliederung in die türkische Gesellschaft doch möglich sein wird, weil dort - unbestritten - noch Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers leben.
Auch die nur Spekulationen darstellenden Überlegungen der Beschwerde, dass der Beschwerdeführer wegen der - im Vergleich zum Asylgerichtshof - höheren "Heberquote" des Unabhängigen Bundesasylsenates mit der Zuerkennung der Rechtsstellung eines anerkannten Flüchtlings rechnen habe können, verhelfen dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg, weil sie das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich nicht verstärken (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2010).
Die geltend gemachten Umstände reichen daher - auch unter Einbeziehung der Beschwerdeausführungen, dass der Beschwerdeführer zum Großteil in Familiengemeinschaft mit seiner Schwester und seinem Bruder gelebt habe, unter den Geschwistern eine sehr enge Beziehung bestehe und der Beschwerdeführer über eine Einstellungszusage eines Gastronomiebetriebes verfüge - nicht dafür aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK oder des Ermessens von einer Ausweisung hätte Abstand genommen und akzeptiert werden müssen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten (Stellen eines von Anfang an unberechtigten Asylantrages und unrechtmäßiger Verbleib im Bundesgebiet nach negativer Beendigung des Asylverfahrens) versucht hat, vollendete Tatsachen zu schaffen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, 2009/22/0223, mwN).
Somit liegen auch die in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel nicht vor.
Die Beurteilung der belangten Behörde, die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet seien nicht derart gewichtig, dass sie die Erlassung der Ausweisung unzulässig machen würden, ist somit nicht zu beanstanden.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 18. März 2010
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