Normen
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z4;
VVG §1 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §21;
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z4;
VVG §1 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §21;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte im August 2008 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Asylgerichtshof hat diesen Antrag im April 2009 rechtskräftig abgewiesen und die Entscheidung mit der Ausweisung des Beschwerdeführers verbunden.
Mit der hier gegenständlichen, als Ladungsbescheid bezeichneten Erledigung der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 23. Juli 2010 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am 6. August 2010, 11:45 Uhr, unter Mitnahme des Ladungsbescheides, eines amtlichen Lichtbildausweiseses und eines Reisepasses persönlich in näher bezeichnete Räumlichkeiten der belangten Behörde zu kommen, um an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken. Wenn der Beschwerdeführer den Ladungsbescheid ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, zum Beispiel Krankheit, nicht befolge, müsse er damit rechnen, dass ein Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs. 2 Z. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen werde. Als Rechtsgrundlagen wurden außerdem § 19 AVG und § 77 Abs. 4 FPG angeführt.
Aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass die Erledigung vom 23. Juli 2010 dem Vertreter des Beschwerdeführers nicht zu eigenen Handen zugestellt wurde, sondern die Zustellung mit einem Rückscheinbrief "RSb", sohin unter Zulassung einer Ersatzzustellung, vorgenommen wurde. Den Eintragungen im RSb-Rückschein zufolge wurde die gegenständliche Postsendung am 28. Juli 2010 einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe ausgehändigt. Den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde Gelegenheit gegeben, sich zu diesem Sachverhalt und zu der Frage, ob und weshalb angesichts des Fehlens einer Zustellung zu eigenen Handen dennoch eine als (Ladungs-)Bescheid zu qualifizierende Erledigung vorliege, zu äußern; es sind jedoch keine Stellungnahmen der Parteien eingelangt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Ladung grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist. Voraussetzung dafür ist, dass im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind, etwa dass diese einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel - nämlich den Titel für die Vollstreckung einer Zwangsstrafe oder der zwangsweisen Vorführung -
bildet. Die Vollstreckung der zwangsweisen Vorführung oder einer Zwangsstrafe ist gemäß § 19 Abs. 3 AVG nur zulässig, wenn sie in der Vorladung angedroht und die Zustellung der Ladung zu eigenen Handen erfolgt war (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Jänner 1999, Zl. 98/19/0293, mwN).
Im vorliegenden Fall wurde in der Ladung keine der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Rechtsfolgen, sondern die Erlassung eines Festnahmeauftrages gemäß § 74 Abs. 2 Z. 4 FPG angedroht. Nach dieser Bestimmung kann gegen einen Fremden ein Festnahmeauftrag erlassen werden, "wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung, einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates seitens ausländischer Behörden, nicht Folge geleistet hat". Die Erlassung des Festnahmeauftrages setzt demnach
- ebenso wie die Vollstreckung der Zwangsfolgen gemäß § 19 Abs. 3 AVG - voraus, dass die Ladung zu eigenen Handen zugestellt wurde.
Da die hier angefochtene Ladung im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zöge, weil sie zwar einen Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs. 2 Z. 4 FPG angedroht hat, aber entgegen dieser Bestimmung nicht zu eigenen Handen zugestellt wurde, kann sie nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt. Daran vermag weder die Überschrift "Ladungsbescheid" noch die in der Erledigung enthaltene Androhung einer Zwangsfolge noch der Hinweis auf die Möglichkeit, gegen "diesen Bescheid" Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, etwas zu ändern.
Voraussetzung der Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist die Existenz eines anfechtbaren Bescheides. Da ein solcher nach dem Gesagten nicht vorliegt, war es - ungeachtet des in der Erledigung enthaltenen anders lautenden Hinweises - auch nicht möglich, dagegen zulässigerweise Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu führen. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Trotz Zurückweisung der Beschwerde war der belangten Behörde allerdings in einem Fall wie dem vorliegenden Aufwandersatz nicht zuzusprechen (vgl. den hg. Beschluss vom 26. August 2010, Zl. 2010/21/0116, mit Hinweis auf den hg. Beschluss vom 28. April 2008, Zl. 2007/12/0168, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird).
Wien, am 24. Februar 2011
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