VwGH 2010/21/0402

VwGH2010/21/040219.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde 1. der S und 2. der N, beide in L und beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich je vom 31. August 2010, Zl. E1/2889/2010 (ad 1.) und Zl. E1/2888/2010 (ad 2.), jeweils betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs3;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs3;
MRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1979 geborene Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der im Juli 1997 geborenen Zweitbeschwerdeführerin. Beide sind georgische Staatsangehörige und reisten am 18. Dezember 2003 nach Österreich ein, wo sie noch am selben Tag einen Asylantrag (Erstbeschwerdeführerin) bzw. einen Asylerstreckungsantrag (Zweitbeschwerdeführerin) stellten.

Mit Bescheiden vom 6. August 2004 wies das Bundesasylamt die erwähnten Anträge ab. Bezüglich der Erstbeschwerdeführerin wurde außerdem festgestellt, dass ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien zulässig sei, und es erging eine Ausweisung.

Den gegen die Bescheide des Bundesasylamtes erhobenen Berufungen gab der Asylgerichtshof mit Erkenntnissen je vom 8. September 2009 nur insoweit Folge, als er die gegen die Erstbeschwerdeführerin ergangene Ausweisung - im Hinblick darauf, dass gegen die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Asylerstreckungsverfahren keine Ausweisung verhängt worden war - ersatzlos behob; im Übrigen wies er die Berufungen aber als unbegründet ab. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2009 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidungen des Asylgerichtshofes erhobenen Beschwerde ab.

Mittlerweile war gegen die Erstbeschwerdeführerin mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. September 2007 ein fünfjähriges Rückkehrverbot erlassen worden. Dem lag zugrunde, dass die Erstbeschwerdeführerin zwischen 2004 und 2007 mehrmals versuchte Ladendiebstähle begangen hatte, weswegen sie dreimal nach den §§ 15, 127 StGB - zunächst zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe, dann zweimal zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen - verurteilt worden war. Weitere rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen wegen §§ 15, 127 StGB erfolgten am 17. Juni 2008 und am 11. November 2008, zuletzt zu einer zehnwöchigen Freiheitsstrafe. Der letzte versuchte Diebstahl datiert vom 30. Juli 2008.

Mit Bescheiden der Bundespolizeidirektion Linz vom 13. Jänner 2010 wurden die Beschwerdeführerinnen gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 und 1a sowie § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Den dagegen erhobenen Berufungen, in denen u.a. vorgebracht worden war, dass die Erstbeschwerdeführerin eine Beziehung mit einem österreichischen Staatsbürger habe, der für die Zweitbeschwerdeführerin "wie ein Vater" sei, und dass man "endlich in eine gemeinsame Wohnung zusammenziehen" wolle, gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden je vom 31. August 2010 keine Folge.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass sich die Beschwerdeführerinnen seit rechtskräftiger Erledigung ihrer Asylanträge im September 2009 rechtswidrig im Bundesgebiet aufhielten. Angesichts ihres ca. sechs Jahre und neun Monate währenden Aufenthalts im Bundesgebiet, der in den Berufungen angesprochenen "Beziehung" zu einem österreichischen Staatsbürger sowie angesichts der Tatsache, dass die Beschwerdeführerinnen in einem Flüchtlingswohnheim der Volkshilfe im gemeinsamen Haushalt lebten, gute Deutschkenntnisse und ihren Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich hätten sowie "am sozialen, religiösen und kulturellen Leben in Österreich" teilnehmen würden - die Erstbeschwerdeführerin habe sich auch um eine Erwerbstätigkeit bemüht, die Zweitbeschwerdeführerin besuche seit ca. sechs Jahren die Schule -, sei ihnen eine "diesen Umständen entsprechende Integration" zuzugestehen. Es werde daher (gemeint: mit ihrer Ausweisung) "in erheblicher Weise" in ihr "Privat- und Familienleben" eingegriffen.

Dem sei jedoch gegenüberzustellen, dass das Gewicht der aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren Integration maßgebend dadurch gemindert werde, als der Aufenthalt während des Asylverfahrens nur auf Grund eines Antrages, der sich "letztendlich" als unberechtigt erwiesen habe, temporär berechtigt gewesen sei. Den Beschwerdeführerinnen sei bewusst gewesen, dass sie ein "Privat- und Familienleben" während eines Zeitraumes geschaffen hätten, in dem sie einen unsicheren Aufenthaltsstatus gehabt hätten. Die Beschwerdeführerinnen hätten nicht von vornherein damit rechnen dürfen, nach einem allfällig negativen Ausgang der Asylverfahren weiterhin in Österreich bleiben zu dürfen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Asylbegehren erstinstanzlich bereits am 6. August 2004 "negativ entschieden" worden seien, was ein eindeutiges Indiz dafür dargestellt habe, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen in Österreich temporär begrenzt sein könne. Die Möglichkeit einer günstigen Berufungsentscheidung im Asylverfahren ändere daran nichts. Auch wenn die Erstbeschwerdeführerin - so die belangte Behörde weiter - ausgeführt habe, sie hätte sich immer um eine Erwerbstätigkeit bemüht, stelle es eine "unbestreitbare Tatsache" dar, dass sie über keine berufliche Integration in Österreich verfüge. Die Beschwerdeführerinnen seien demgegenüber seit 1. Mai 2004 durch die Grundversorgung des Landes Oberösterreich unterstützt worden, was als Minderung ihrer inländischen Integration anzusehen sei.

Was die "Beziehung" zu einem österreichischen Staatsbürger anlange, so könne insoweit von keinem gemeinsamen Familienleben ausgegangen werden, weil weder ein gemeinsamer Wohnsitz noch ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Damit werde mit den gegenständlichen, gegen beide Beschwerdeführerinnen ergangenen Ausweisungen nicht in ihr Familienleben, sondern nur in ihr Privatleben eingegriffen. In Bezug auf das persönliche Interesse an einem Verbleib in Österreich lägen aber trotz der langen Aufenthaltsdauer und der mittlerweile erlangten Integration keine derart außergewöhnlichen Umstände vor, dass den Beschwerdeführerinnen ein direkt aus Art. 8 EMRK ableitbares Aufenthaltsrecht zugestanden werden müsste. Daran könnten auch die "Beziehung" bzw. die Bindung zum angesprochenen "Lebenspartner" der Erstbeschwerdeführerin nichts ändern, weil diese Bindungen während unsicheren Aufenthaltsstatus aufgebaut worden seien.

Bezüglich der Erstbeschwerdeführerin falle zu deren Nachteil weiter das Rückkehrverbot aus dem Jahr 2007 ins Gewicht. Auch diese fremdenpolizeiliche Maßnahme habe sie nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten, wobei die belangte Behörde auf die oben erwähnten Verurteilungen vom 17. Juni 2008 und vom 11. November 2008 verwies. Das stelle ein besonders starkes Indiz dafür dar, dass der Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde, zumal das strafbare Verhalten noch nicht so lange zurückliege, dass von einem Wegfall oder auch nur einer wesentlichen Minderung der von der Erstbeschwerdeführerin ausgehenden Gefahr ausgegangen werden könnte.

Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin räumte die belangte Behörde ein, dass diese im Alter von sechs Jahren nach Österreich eingereist sei und somit "mehr als die Hälfte ihres bisherigen Lebens" hier verbracht habe; außerdem verwies die belangte Behörde auf den Schulbesuch. Die Zweitbeschwerdeführerin habe sich aber dessen ungeachtet "im gewissen Maße" mit den Lebensumständen in Georgien vertraut machen können und spreche Russisch und Kurdisch. Von daher könne ihr - ebenso wie ihrer erst im Alter von beinahe 25 Jahren nach Österreich eingereisten Mutter - eine Bindung zu ihrem Heimatland "nicht abgesprochen werden bzw. erscheint eine Reintegration als zumutbar"; dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der Familienverband zur Erstbeschwerdeführerin (Mutter) aufrecht bleibe. Die bei einem wirtschaftlichen Neubeginn in Georgien zu besorgenden Schwierigkeiten - so die belangte Behörde wieder unter Bezugnahme auf beide Beschwerdeführerinnen - seien im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die in erheblichem Ausmaß zu relativierenden persönlichen Interessen der Beschwerdeführerinnen an einem weiteren Verbleib in Österreich einer Gesamtbetrachtung unterzogen und gegen das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes abgewogen worden seien. Sie hielten sich seit beinahe einem Jahr illegal in Österreich auf. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde (aber) die öffentliche Ordnung in hohem Maße, weshalb ihre Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei. Lt. ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das gelte auch dann, wenn Fremde nach Auslaufen einer Aufenthaltsberechtigung bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund sei auch das Ermessen nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerinnen zu üben, insbesondere weil das ihnen vorwerfbare (Fehl-)Verhalten (Verbleib im Bundesgebiet nach Abschluss der Asylverfahren und - bezüglich der Erstbeschwerdeführerin - neuerliche Straffälligkeit trotz bestehenden Rückkehrverbotes) im Verhältnis zu der geltend gemachten - und zu relativierenden - Integration überwiege. Es seien auch sonst keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine andere Ermessensübung begründen könnten.

Über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die angefochtenen Bescheide vom Verwaltungsgerichtshof auf Basis der Sach- und Rechtslage bei ihrer Erlassung zu überprüfen sind. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide im September 2010 geltende Fassung (vor dem FrÄG 2011). Demnach kann vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht auf danach eingetretene Sachverhaltsänderungen, insbesondere auf die mittlerweile längere Aufenthaltsdauer und eine fortgeschrittene Integration der Beschwerdeführerinnen, Bedacht genommen werden.

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei dieser Beurteilung ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 66 Abs. 2 FPG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 66 Abs. 3 FPG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Bei einer Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt (siehe unter vielen zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2012, Zlen. 2010/21/0471 bis 0475).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass sich die Beschwerdeführerinnen unrechtmäßig in Österreich aufhalten und dass daher der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt ist. Schon unter dem Gesichtspunkt der nach § 66 FPG vorzunehmenden Interessenabwägung ist aber darauf hinzuweisen, dass sich die Erstbeschwerdeführerin wesentlich länger unrechtmäßig in Österreich befindet, als von der belangten Behörde angenommen. Das gegen sie erlassene Rückkehrverbot vom September 2007 hatte nämlich gemäß § 62 Abs. 1 vorletzter Satz FPG den Entzug des Aufenthaltsrechtes zur Folge; der Erstbeschwerdeführerin kam daher seither - bis zur Beendigung ihres Asylverfahrens - lediglich faktischer Abschiebeschutz zu.

Auch davon abgesehen ist das Rückkehrverbot von maßgeblicher Bedeutung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 2008, Zl. 2007/21/0491). Bei seiner Erlassung war nämlich eine Beurteilung nach § 66 FPG vorzunehmen, die zu Lasten der Erstbeschwerdeführerin ausgefallen ist. Dass diese Beurteilung anders auszufallen gehabt hätte, behauptet sie gar nicht. Aber auch eine seither eingetretene Veränderung in ihren privaten oder familiären Verhältnissen, die nunmehr zu einem anderen Ergebnis führen hätte müssen, vermag sie nicht aufzuzeigen.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere festzuhalten, dass die "Beziehung" mit einem österreichischen Staatsbürger schon bei Erlassung des Rückkehrverbotes bestanden hatte. Im Übrigen ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie - ausgehend von der Existenz getrennter Haushalte - davon ausging, dass mit der Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin, unter Bedachtnahme auf die gleichzeitige Ausweisung der Zweitbeschwerdeführerin, kein Eingriff in ihr Familienleben einhergehe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2010, Zl. 2010/21/0181). Das gilt, ungeachtet der geltend gemachten Bindungen, auch für die Zweitbeschwerdeführerin, auf deren Situation im Übrigen unten näher einzugehen sein wird. Das nunmehrige Beschwerdevorbringen, es habe nur eine "formelle" Trennung der Wohnsitze gegeben, steht mit dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen der Beschwerdeführerinnen (siehe oben die auszugsweise Wiedergabe ihrer Berufungen) in Widerspruch und stellt insofern eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Auch aus ihrer bisherigen Aufenthaltsdauer und aus dem Umstand, dass das asylrechtliche Berufungsverfahren lange dauerte, lässt sich für die Erstbeschwerdeführerin nichts gewinnen, und zwar schon deshalb, weil das 2007 ausgesprochene Rückkehrverbot für eine Dauer von fünf Jahren verhängt worden ist. Aber auch der Umstand, dass das letzte strafrechtliche Fehlverhalten der Erstbeschwerdeführerin vom 30. Juli 2008 datiert - rund ein Jahr nach Erlassung des Rückkehrverbotes -, fällt nicht zu Gunsten der Erstbeschwerdeführerin ins Gewicht.

Nach dem Gesagten kann den in der Beschwerde gegen eine Ausweisung der Beschwerdeführerinnen ins Treffen geführten Umständen im Ergebnis von vornherein nur bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin (soweit sie diese Umstände betreffen) Beachtung zukommen. Wäre demnach eine Ausweisung der Zweitbeschwerdeführerin unzulässig, so müsste das freilich auch auf die Erstbeschwerdeführerin durchschlagen, weil in Anbetracht des Alters der Zweitbeschwerdeführerin - sie hatte bei Bescheiderlassung gerade das 13. Lebensjahr vollendet - eine Trennung von ihrer Mutter in einer Konstellation wie der gegenständlichen nicht in Erwägung zu ziehen ist. Ausgehend von der Unzumutbarkeit einer derartigen Trennung erlangen bis zu einem gewissen Grad aber umgekehrt auch die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung ihrer Mutter für die Zweitbeschwerdeführerin Relevanz.

Die mit sechseinhalb Jahren nach Österreich gelangte Zweitbeschwerdeführerin kann sich auf einen knapp siebenjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet berufen, währenddessen sie hier die Schule besuchte. Es ist weiter einzuräumen, dass ihr Asylerstreckungsverfahren mehr als fünfeinhalb Jahre dauerte und dass die allein schon durch den Schulbesuch bewirkte Integration der Zweitbeschwerdeführerin insofern auch auf einer behördlichen Verzögerung beruht. Auf der anderen Seite war der aufenthaltsrechtliche Status der Zweitbeschwerdeführerin, die nur einen Asylerstreckungsantrag gestellt hatte, von Anfang an nur an das asylrechtliche Schicksal der Erstbeschwerdeführerin geknüpft. Vor allem befindet sie sich aber - bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung - noch in einem Alter, in dem bei einer Rückkehr nach Georgien eine Anpassung an neue Lebensverhältnisse - ungeachtet des bisherigen Schulbesuchs in Österreich - im Verbund mit der Mutter als möglich erscheint. Dass sie noch über Kenntnisse der seinerzeit im Heimatland erlernten Sprachen verfügt, hat die belangte Behörde unbestritten festgestellt. Von daher kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie im Ergebnis eine gemeinsame Rückkehr der Zweitbeschwerdeführerin mit ihrer Mutter, der Erstbeschwerdeführerin, für zumutbar erachtete (zu einem Kind in ähnlichem Alter vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. August 2011, Zlen. 2010/21/0361 bis 0363, die dort zu 2. lit. a angeführte Beschwerdeführerin betreffend). Die behauptete, von der belangten Behörde nicht in Frage gestellte innige Bindung zum "Freund" der Erstbeschwerdeführerin vermag daran in Anbetracht der zweifellos engeren Beziehung zu der Mutter nichts zu ändern. Was eine Einvernahme des "Freundes" der Mutter konkret erbracht hätte, tut die Beschwerde im Übrigen nicht dar. Dem aus dem Unterbleiben einer solchen Einvernahme abgeleiteten Verfahrensmangel fehlt daher jedenfalls die Relevanz.

Dass auch an der Aufenthaltsbeendigung der Zweitbeschwerdeführerin - aus den oben wiedergegebenen, im Wesentlichen zutreffenden Überlegungen der belangten Behörde und im Hinblick auf ihre Verbindung zur Erstbeschwerdeführerin - ein großes öffentliches Interesse besteht, wird von der Beschwerde im Ergebnis zugestanden. Vor diesem Hintergrund musste die belangte Behörde aber auch unter dem Blickwinkel der Zweitbeschwerdeführerin nicht zu der Auffassung gelangen, die gegenständlichen Ausweisungen seien im Hinblick auf Art. 8 EMRK unzulässig. Auch die in der Beschwerde noch angesprochenen existentiellen Probleme der beiden Beschwerdeführerinnen, die sie bei einer Rückkehr in ihre Heimat zu erwarten hätten, können nicht zu diesem Ergebnis führen. Schwierigkeiten bei der Reintegration in Georgien müssen im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in Kauf genommen werden (vgl. in diesem Sinn etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 2012, Zlen. 2010/21/0310 bis 0314).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 19. April 2012

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