Normen
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §63;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §86;
FrPolG 2005 §87;
MRK Art8;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §63;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §86;
FrPolG 2005 §87;
MRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen Thailands, gemäß den §§ 87, 86 Abs. 1 sowie 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Begründend führte sie aus, der 1966 geborene Beschwerdeführer habe - über Vermittlung seiner in Österreich lebenden Nichte T.A. -
am 15. Oktober 2007 die 1951 geborene Pensionistin E., eine österreichische Staatsbürgerin, die von ihrem gemeinschaftsrechtlich begründeten Freizügigkeitsrecht nicht Gebrauch gemacht habe, geheiratet. Hiefür habe er E. ein Entgelt von EUR 5.000,-- versprochen und tatsächlich ausbezahlt. Gestützt auf die Eheschließung sei dem Beschwerdeführer am 13. Oktober 2008 eine (auf ein Jahr befristete) "Niederlassungsbewilligung" erteilt worden, er sei seit dem 10. November 2008 laufend als Arbeiter bei einer näher bezeichneten Textilservice GmbH beschäftigt. Tatsächlich sei jedoch ein gemeinsames Ehe- und Familienleben mit E. weder beabsichtigt gewesen noch geführt worden, es hätte nicht einmal ein gemeinsamer Wohnsitz bestanden. Dies ergebe sich aus den letztlich geständigen Verantwortungen der E. sowie der T.A. (Nichte des Beschwerdeführers), welche diese auch in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Graz-Ost vom 18. März 2010 in einem gegen sie geführten (durch Diversion beendeten) Strafverfahren wiederholt hätten. Die gegenteiligen Ausführungen des Beschwerdeführers, der insbesondere die (von ihm zugestandene) Zahlung von EUR 5.000,-- als Mitgift bezeichnet habe, seien dadurch widerlegt.
Rechtlich stelle das festgestellte Eingehen einer Scheinbzw. Aufenthaltsehe zur Umgehung der für Drittstaatsangehörige geltenden Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen auch nach gemeinschaftsrechtlichen Maßstäben ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar. Es begründe somit iSd § 86 Abs. 1 zweiter Satz FPG eine tatsächliche und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Die Bejahung des Vorliegens einer Scheinehe setze nicht deren Nichtigerklärung voraus; es sei ohne Relevanz, aus welchen Gründen von der Erhebung einer Ehenichtigkeitsklage nach § 23 EheG Abstand genommen worden sei.
Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei auch nach § 66 FPG zulässig. Der Beschwerdeführer befinde sich erst seit "1 1/2" Jahren im Bundesgebiet, sodass trotz seiner Berufstätigkeit und des Erwerbs von Kenntnissen der deutschen Sprache noch keine umfassende Integration vorliege. Außer zu seiner Nichte (T.A.) und deren Tochter habe der Beschwerdeführer - von der dargestellten Scheinehe abgesehen - keine nahen Familienangehörigen in Österreich. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erst durch das Berufen auf die zum Schein abgeschlossene Ehe mit der Pensionistin E. möglich geworden sei. Das Zusammenleben mit T.A. und deren Tochter in einem gemeinsamen Haushalt sei in der Bedeutung durch die Volljährigkeit des Beschwerdeführers gemindert. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stünde vor allem gegenüber, dass er durch das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Scheinehe und die Berufung darauf in seinem Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung" maßgebende öffentliche Interessen iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK erheblich beeinträchtigt habe. Eine Gewichtung der widerstreitenden Interessen zeige ein klares Überwiegen der öffentlichen Interessen. Für eine Übung des der Behörde eingeräumten Ermessens zu Gunsten des Beschwerdeführers fehlten ausreichend ins Gewicht fallende Umstände.
Die fünfjährige Befristung des Aufenthaltsverbotes ergebe sich aus § 63 FPG. In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens könne - auch unter Bedachtnahme auf die private Situation des Beschwerdeführers - ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer war im Hinblick auf die (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 27. Juli 2010 aufrechte) Ehe mit E. Familienangehöriger (§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG) einer Österreicherin. Für diese Personengruppe gelten jedenfalls - und zwar gemäß § 87 zweiter Satz FPG in der hier maßgeblichen Fassung vor dem FrÄG 2011 auch dann, wenn der österreichische Angehörige sein (unionsrechtlich begründetes) Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen hat - die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach § 86 FPG. Nach § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass diese Voraussetzungen gegeben sind, wenn der Fremde - iSd Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG - eine so genannte Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK nicht geführt und sich trotzdem für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung auf diese Ehe berufen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2010, Zl. 2007/21/0416, mwN).
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die in diesem Sinn vorgenommene rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, sondern in erster Linie gegen ihre Beweiswürdigung. Er wirft der belangten Behörde vor, eine ausführliche Befragung der Zeugin T.A. sowie weitere Ermittlungen unterlassen zu haben. Jedenfalls wäre seiner glaubhaften Aussage, ihm habe der Vorsatz gefehlt, eine Scheinehe begründen zu wollen, zu folgen gewesen.
Dem ist zu entgegnen, dass die Zeugin T.A. am 23. Dezember 2009 detailliert durch die Polizeibehörde befragt wurde. Welche ergänzenden Feststellungen ihre nochmalige Einvernahme, die Aussagen weiterer Zeugen oder sonstige ergänzende Beweisaufnahmen konkret ermöglicht hätten, wird in der vorliegenden Beschwerde nicht dargestellt, sodass insoweit keine Relevanz der der belangten Behörde vorgeworfenen Verfahrensfehler ersichtlich ist.
Die Zeugin E., die davor über die Strafbarkeit ihres Verhaltens belehrt worden war, hat nach anfänglichem Ableugnen (bei einer Einvernahme vom 16. Jänner 2008) am 24. November 2009 eingeräumt, den Beschwerdeführer über Vermittlung seiner Nichte T.A. gegen Zahlung eines Entgelts von EUR 5.000,--, das sie zum Begleichen bestehender Schulden (nicht - wie vom Beschwerdeführer dargestellt - zum Erwerb einer größeren Wohnung) verwendet habe, geheiratet zu haben. Ein gemeinsames Wohnen oder ein Familienleben sei weder beabsichtigt gewesen noch tatsächlich erfolgt. Diese Angaben (Zahlung von EUR 5.000,-- und Fehlen eines Zusammenlebens) wurden von der Zeugin T.A. bestätigt. In einem hierauf eingeleiteten Strafverfahren blieben beide in der am 18. März 2010 abgeführten Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Graz-Ost bei ihren (die Tatbestandsvoraussetzungen einräumenden) Aussagen, sodass die Strafverfahren durch Diversion beendet wurden. Es ist im vorliegenden Verfahren kein Umstand zu Tage getreten, aus dem geschlossen werden könnte, E. und T.A. hätten Grund dazu gehabt, den Beschwerdeführer wahrheitswidrig des Eingehens einer Aufenthaltsehe zu bezichtigen. Dazu kommt, dass selbst der Beschwerdeführer lediglich seinen eigenen Vorsatz, mit E. eine Scheinehe zu begründen, in Abrede stellt und ihren weiteren Ausführungen, die Ehe sei nie vollzogen worden, nicht einmal ausdrücklich entgegentritt. Der Beschwerde gelingt es daher insgesamt nicht, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen.
Es ist aber auch die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung nicht zu beanstanden. Bei dieser - ausreichend nachvollziehbar vorgenommenen - Interessenabwägung wurde ohnehin auf die bisherige Dauer des Aufenthalts, das Wohnen mit der Nichte T.A. und ihrem Kind, den Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache sowie die durchgehende unselbständige Beschäftigung des Beschwerdeführers Bedacht genommen. Dabei durfte die belangte Behörde jedoch zutreffend davon ausgehen, dass die vom Beschwerdeführer erlangten Aspekte einer Integration dadurch relativiert werden, dass sie im Wesentlichen auf eine verpönte Aufenthaltsehe zurückzuführen waren. Angesichts dessen ist es nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich kein höheres Gewicht beimaß als dem von ihm erheblich beeinträchtigten öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Daran kann weder die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers etwas ändern, noch das von ihm hervorgehobene Fehlen jedes Kontaktes zu Verwandten in Thailand, insbesondere zu seinen beiden dort (laut Aussage vom 26. März 2010) verbliebenen Kindern.
Auch unter Berücksichtigung der von der belangten Behörde unter Anlegung der Gesichtspunkte des § 63 FPG ausgemittelten Dauer des Aufenthaltsverbotes und aus Aspekten der Ermessensübung ist keine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen.
Schließlich verweist der Beschwerdeführer darauf, dass die Ehe mit E. am 31. August 2010 rechtskräftig geschieden worden sei. "Zwischenzeitig" sei er eine Liebesbeziehung mit der in Österreich ordnungsgemäß aufhältigen thailändischen Staatsbürgerin N.M. eingegangen, die durch das Aufenthaltsverbot beeinträchtigt würde. In einer Ergänzung der Beschwerde vom 7. Februar 2011 brachte er vor, "nunmehr seit Monaten in einer Beziehung, welche einer Lebensgemeinschaft gleichkomme", mit der über eine Niederlassungsbewilligung verfügenden Thailänderin K.S. zu stehen, die er schon als Jugendlicher in Thailand gekannt und mit der er eine Beziehung unterhalten habe.
Dabei handelt es sich jedoch (unter Berücksichtigung der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits am 27. Juli 2010) um unzulässige Neuerungen, auf die im vorliegenden Zusammenhang daher nicht inhaltlich einzugehen war.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Umfang des begehrten Betrages - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 5. Juli 2011
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