VwGH 2010/18/0262

VwGH2010/18/026215.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des B A in W, geboren am 1. Jänner 1975, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. März 2010, Zl. SD 984/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

EheG §23;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
EheG §23;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. März 2010 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesch, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein für die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 23. Juli 2001 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der zunächst erstinstanzlich abgewiesen worden sei. Während des diesbezüglichen Berufungsverfahrens, nämlich am 24. Juni 2004, habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, die im Asylverfahren erhobene Berufung zurückgezogen und die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt.

Auf Grund polizeilicher Erhebungen habe sich der schwerwiegende Verdacht der Scheinehe ergeben. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 29. Juni 2006 sei die Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Das Gericht sei zur Überzeugung gelangt, dass die Ehe lediglich dazu geschlossen worden sei, um dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitsbewilligung zu verschaffen.

Solcherart könne kein Zweifel daran bestehen, dass der in § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG normierte Tatbestand verwirklicht sei. Die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes seien - vorbehaltlich der §§ 61 und 66 leg. cit. - im Grunde des § 60 Abs. 1 leg. cit. gegeben.

Der Beschwerdeführer sei - wie dargestellt - ledig und habe keine Sorgepflichten. Sonstige familiäre Bindungen im Bundesgebiet seien nicht aktenkundig. Zwar sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen -

hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und zur Verhinderung von Scheinehen - dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses hohe öffentliche Interesse verstoße gravierend, wer zwecks Erlangung eines Aufenthaltstitels und Zuganges zum heimischen Arbeitsmarkt eine Scheinehe schließe. Die solcherart vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung wiege daher schwer. Dieser könne auf keine schwerwiegende Integration verweisen. Er sei unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sei rechtskräftig abgewiesen worden. Den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt wie einen Teil seines Aufenthaltes habe er durch die Scheinehe erwirkt. Er könne auf keine familiären Bindungen verweisen. Das dem Beschwerdeführer solcherart insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet sei daher keinesfalls derart ausgeprägt, dass demgegenüber das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu treten hätte. Dass und allenfalls aus welchen Gründen ihm ein Verlassen des Bundesgebietes bzw. die Heimreise nicht möglich sein sollte, sei nicht aktenkundig. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen erwachsenen Mann im arbeitsfähigen Alter, weshalb nicht einzusehen sei, dass er sich nicht in seiner Heimat reintegrieren könnte. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe für die belangte Behörde keine Veranlassung bestanden, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Im Hinblick auf das dargelegte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers könne vor Ablauf der festgesetzten Gültigkeitsdauer unter Bedachtnahme auf dessen aktenkundige Lebenssituation nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen betreffend die Nichtigerklärung der Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 23 Ehegesetz begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

1.2. Das Eingehen einer Ehe zu dem Zweck, fremdenrechtlich bedeutsame Berechtigungen zu erlangen, stellt eine gravierende Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 13. April 2010, Zl. 2007/18/0836, mwN).

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die Eheschließung bereits sechs Jahre zurückliege, so ist dieses Vorbringen nicht zielführend und spricht der seit dem Eingehen der Scheinehe (bzw. der Nichtigerklärung dieser Ehe) verstrichene Zeitraum nicht gegen die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme (vgl. in diesem Zusammenhang aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 26. November 2009, Zl. 2009/18/0464, mwN). Auch mit dem Hinweis darauf, dass das Berufungsverfahren nahezu vier Jahre gedauert habe, ist für den Beschwerdestandpunkt nichts gewonnen.

2. Bei der Interessenabwägung nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 FPG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit dem Jahr 2001 und dessen Beschäftigung am heimischen Arbeitsmarkt berücksichtigt sowie zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in dessen persönliche Interessen angenommen. Das Gewicht dieser Interessen wird jedoch dadurch entscheidend relativiert, dass sein inländischer Aufenthalt zuerst nur auf Grund eines Asylantrages, der sich als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt und sodann nur auf Grund der mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe, bei der es sich um eine Scheinehe gehandelt hat, ermöglicht war. Auch seiner Beschäftigung durfte er nur auf Grund seiner durch die Eheschließung bevorzugten Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nachgehen. Ferner weist der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen im Bundesgebiet auf. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang vorbringt, dass die Feststellung, dem Beschwerdeführer fehlten familiäre Bindungen zu Österreich, offensichtlich unrichtig sei, weil dieser am 26. März 2010 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" eingebracht habe, so ist dieses Vorbringen bereits deshalb nicht zielführend, weil sie nicht darlegt, dass und zutreffendenfalls welche Angehörige der Beschwerdeführer in Österreich habe. Im Übrigen führt die Anhängigkeit eines Verfahrens über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt steht das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Abwägung dieser gegenläufigen Interessen ist die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei und das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet keinesfalls derart ausgeprägt sei, dass demgegenüber das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu treten hätte, sodass die Erlassung dieser Maßnahme auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, nicht zu beanstanden.

3. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, zeigt die Beschwerde doch keine besonderen Umstände auf, die zu einer Ermessensübung nach § 60 Abs. 1 FPG zu Gunsten des Beschwerdeführers hätten führen müssen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte