VwGH 2010/15/0056

VwGH2010/15/005630.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, in der Beschwerdesache des Vereines N in S, vertreten durch Mag. Hans-Rainer Rienmüller, Rechtsanwalt in 1014 Wien, Kohlmarkt 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 8. Februar 2010, Zl. RV/0912-W/06, betreffend Umsatzsteuer 2003 bis 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

62000CJ0184 Office des produits wallons VORAB;
BAO §21;
BAO §35;
BAO §41;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §4 Abs1;
UStG 1994 §4;
62000CJ0184 Office des produits wallons VORAB;
BAO §21;
BAO §35;
BAO §41;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §4 Abs1;
UStG 1994 §4;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde wird betreffend Umsatzsteuer 2005 als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren insoweit eingestellt.

  1. 2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
  2. 3. Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde im Instanzenzug Umsatzsteuer für die Jahre 2003 bis 2005 fest.

Gegen diesen Bescheid erhob der beschwerdeführende Verein die am 30. März 2010 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde.

Mit Nachtrag zur Gegenschrift teilte die belangte Behörde am 9. November 2010 dem Verwaltungsgerichtshof durch Übersendung des entsprechenden Bescheides mit, dass das Finanzamt mit Bescheid vom 23. August 2010 das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2005 wieder aufgenommen hat und mit weiterem Bescheid vom 23. August 2010 die Umsatzsteuer für das Jahr 2005 neu festgesetzt hat. Der beschwerdeführende Verein hat gegen den Umsatzsteuerbescheid 2005 am 20. September 2010 Berufung erhoben.

Nach § 307 Abs. 1 BAO wird mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid der frühere Bescheid, also der Bescheid, gegen den ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zulässig ist (§ 303 Abs. 1 BAO) aufgehoben. Mit der Wiederaufnahme des Verfahrens durch den Bescheid des Finanzamtes wurde sohin der Bescheid der belangten Behörde, soweit dieser Umsatzsteuer 2005 betrifft, aufgehoben. Ein verwaltungsgerichtliches Verfahren ist für gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen, wenn nach Einbringung der Beschwerde das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers, das ihn zur Beschwerdeerhebung berechtigt hat, wegfällt. Dies trifft - betreffend Umsatzsteuer 2005 - auf den Beschwerdefall zu, weil im Hinblick auf die Wiederaufnahme eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den angefochtenen Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2005 nicht mehr gegeben ist.

2. Gemäß § 33a VwGG idF BGBl. I Nr. 51/2012 (iVm § 79 Abs. 11 VwGG) kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates, des unabhängigen Finanzsenates oder einer Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere dem Erkenntnis vom 2. September 2009, 2005/15/0024, welches (u.a.) Umsatzsteuer 1997 bis 2002 des beschwerdeführenden Vereins behandelte, abgewichen.

In der Beschwerde wird - in Wiederholung des Berufungsvorbringens - geltend gemacht, der beschwerdeführende Verein sei als gemeinnützig iSd §§ 34 ff BAO zu beurteilen. Diesem Vorbringen ist - wie bereits im Vorerkenntnis - entgegenzuhalten, dass in der Förderung beruflicher Interessen bestimmter Stände, Personengruppen oder Wirtschaftszweige kein gemeinnütziger Zweck erblickt werden kann. Leistungen des beschwerdeführenden Vereines, die im Interesse des "Baugewerbes" oder der "Baumeister" erbracht werden, können nicht als gemeinnützig iSd § 35 BAO eingestuft werden. Überdies lag - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls im hier zu beurteilenden Zeitraum (Satzungsänderungen kommt keine Rückwirkung zu; vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juli 2013, 2010/15/0082) in der Satzung des beschwerdeführenden Vereins keine Regelung über die Verwendung des Vermögens für den Fall der Änderung des Vereinszweckes vor. Auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 BAO kommt es hiebei nicht an; § 41 Abs. 2 BAO verlangt ausdrücklich eine genaue Bestimmung in der Satzung zur Vermögensverwendung auch für den Fall des Wegfalles des bisherigen Zweckes.

Die Beschwerde macht weiter geltend, der beschwerdeführende Verein erbringe im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit der Baumeisterinnung Leistungen im Sinne seiner Mitglieder; parallel hiezu erhalte er Subventionen, mit denen er Teile seiner Betriebskosten abdecke. Es handle sich dabei nicht um Leistung und Gegenleistung.

Mit diesem Vorbringen kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt werden. Wenn sich eine mit der Interessenvertretung betraute Einrichtung (wie die Baumeisterinnung) zum Zwecke der Erbringung von Werbeleistungen und Pressearbeit für die von ihr zu vertretenden Interessen einer anderen juristischen Person bedient und hiefür Entgelt leistet, liegt darin ein Leistungsaustausch (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 2. September 2009). Ein Sachverhalt, wie er dem in der Beschwerde angeführten Urteil des EuGH vom 22. November 2001, C-184/00 , Office des produits wallons ASBL, zu Grunde lag (Artikel 11 Teil A der Sechsten Richtlinie betrifft jeweils nur Fälle mit drei Beteiligten, nicht jene Fälle, in denen - wie hier -

Umsätze zugunsten der Stelle bewirkt werden, die die Subvention gewährt hat; vgl. Randnr. 10 des genannten Urteiles des EuGH), liegt sohin hier nicht vor.

Schließlich macht die Beschwerde geltend, bei der Ausbildungsumlage handle es sich um eine Umlage auf kollektivvertraglicher Basis, welche dem beschwerdeführenden Verein zukomme. Dies erfolge unabhängig von der Anzahl der unterrichteten Lehrlinge (Leistungsempfänger) sowie davon, ob und welches Entgelt der Leistungsempfänger oder ein Dritter bezahle. Zwischen der Umlage und der Leistung bestehe kein Konnex.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die unterrichteten Lehrlinge die Leistungsempfänger der vom beschwerdeführenden Verein durchgeführten Lehrlings(zusatz)ausbildung sind; die hiefür an den Verein fließenden Anteile an den Ausbildungsumlagen stellten Entgelt von dritter Seite für die vom Verein an die Lehrlinge erbrachten Leistungen dar. Die Leistungen - bzw. die damit verbundenen Gegenleistungen (die an den beschwerdeführenden Verein fließenden Anteile der Ausbildungsumlagen) - seien daher steuerbar. Der Zufluss von Anteilen der Ausbildungsumlagen an den Verein setze voraus, dass der Verein die Lehrlings(zusatz)ausbildung durchführe; ohne Durchführung dieser Ausbildung wäre das Zufließen von Anteilen der Ausbildungsumlagen an den beschwerdeführenden Verein widmungswidrig und daher unzulässig gewesen.

Unstrittig handelt es sich um eine "Umlage auf kollektivvertraglicher Basis". Im Zusatzkollektivvertrag vom 11. Mai 1982 (Anhang VII zum Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe) wird die Entsendung und Ausbildung von Lehrlingen in zwischenbetrieblichen Ausbildungsstätten (Lehrbauhöfen) geregelt. Nach § 2 Abs. 1 des Kollektivvertrages sind Ausbildungsmaßnahmen in den von den Arbeitgeberverbänden betriebenen Lehrbauhöfen von den Lehrberechtigten in Erfüllung der Verpflichtung aus dem § 9 Abs. 1 und § 12 Abs. 3 Z 6 lit. b Berufsausbildungsgesetz (BAG) und den Lehrlingen aus der Verpflichtung zur Erlernung des Lehrberufes (§ 10 Abs. 1 BAG) zwingend in Anspruch zu nehmen. Dem Lehrling gebührt nach § 4 des Kollektivvertrages für die Dauer der Ausbildung im Lehrbauhof die in der jeweils geltenden Lohnordnung des Kollektivvertrages festgesetzte Lehrlingsentschädigung. Nach § 5 wird der Lehrling während der Dauer dieser Ausbildung vom Lehrbauhof auf Kosten des Arbeitgebers verpflegt. Weiter sind Ansprüche auf Unterkunft bzw. Fahrtkostenvergütung und Heimfahrt geregelt.

Im Zusammenhang mit den Lehrbauhöfen findet sich auch eine Regelung im Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG). Nach § 125 Abs. 1 WKG können von den Landeskammern, den Fachgruppen, der Bundeskammer und den Fachverbänden Gebühren für Sonderleistungen, die von diesen Körperschaften oder von einem paritätischen Ausschuss erbracht werden, festgesetzt und eingehoben werden. Sonderleistungen sind Leistungen, die über die allgemeine Interessenvertretung hinausgehen und einzelnen Personen oder Berufsgruppen unmittelbar oder mittelbar zugute kommen. Gebühren für Sonderleistungen sind insbesondere die Gebühren für Sonderleistungen der Bundesinnung der Baugewerbe und des Fachverbandes der Bauindustrie zur Förderung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere von Ausbildungen im Rahmen eines Ausbildungsverbundes (Lehrbauhöfe), Bauhandwerker- und Werkmeisterschulen sowie Fachhochschul-Studiengänge (§ 125 Abs. 2 Z 6 WKG).

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass im Verfahren nicht die Umsatzsteuerpflicht der Ausbildungsumlage selbst strittig ist; die belangte Behörde geht insoweit von einer unechten Steuerbefreiung aus (§ 6 Abs. 1 Z 11 UStG 1994). Dies wird in der Beschwerde zu Recht nicht mehr bestritten, handelt es sich bei diesen Leistungen doch um die Vermittlung von Kenntnissen berufsbildender Art. Damit ist schon eine Beschwer des beschwerdeführenden Vereines durch Berücksichtigung der Ausbildungsumlagen als steuerbare, aber steuerfreie Leistung nicht ersichtlich. Im Übrigen handelt es sich aber bei der Ausbildungsumlage um einen Zuschuss, der geleistet wird, damit oder weil der beschwerdeführende Verein die Ausbildung erbringt (vgl. - mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung - Ruppe/Achatz, UStG4, § 4 Tz 117). Der Zuschuss kann auch pauschal festgelegt sein (vgl. neuerlich das Urteil des EuGH vom 22. November 2001, Randnr. 17); ein Einzelzusammenhang zwischen dem Zuschuss und einer bestimmten Leistung ist demnach nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2000, 97/13/0101).

Im Hinblick auf den Umstand, dass es sich um eine unechte Steuerbefreiung handelt, steht dem beschwerdeführenden Verein für die entsprechenden Vorleistungen kein Vorsteuerabzug zu (§ 12 Abs. 3 UStG 1994). Die Aufteilung der Umsätze in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuerbeträge (§ 12 Abs. 4 und 5 UStG 1994) wird in der Beschwerde nicht konkret bestritten.

In der vorliegenden Beschwerde werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde abzulehnen.

3. Gemäß § 58 Abs. 1 VwGG hat - da die §§ 47 bis 56 leg. cit. für den Fall der Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde gemäß § 33a leg. cit. nicht anderes bestimmen - jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen. Hinsichtlich Umsatzsteuer 2005 liegt eine formelle Klaglosstellung mit den Kostenfolgen des § 56 VwGG nicht vor. Ein Kostenersatzanspruch nach § 58 Abs. 2 VwGG besteht insoweit nicht, da auch betreffend Umsatzsteuer 2005 mit einer Ablehnung der Behandlung der Beschwerde vorzugehen gewesen wäre. Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet daher nicht statt.

Wien, am 30. Jänner 2014

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