VwGH 2010/06/0030

VwGH2010/06/003018.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des F M in T, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OG in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 7. Dezember 2009, Zl. EU-02-04-97-4, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. P K in T, 2. Gemeinde T), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21;
BauO Bgld 1969 §6 Abs3 Z1;
BauO Bgld 1969 §6;
BauRallg;
BauV Bgld 1998 §2 Abs12 Z1;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 litb;
RPG Bgld 1969 §14;
RPG Bgld 1969 §22 Abs1 litf;
RPG Bgld 1969 §25a Abs3 litc;
RPG Bgld 1969 §25a;
VwRallg;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21;
BauO Bgld 1969 §6 Abs3 Z1;
BauO Bgld 1969 §6;
BauRallg;
BauV Bgld 1998 §2 Abs12 Z1;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 litb;
RPG Bgld 1969 §14;
RPG Bgld 1969 §22 Abs1 litf;
RPG Bgld 1969 §25a Abs3 litc;
RPG Bgld 1969 §25a;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 29. September 2008, die am selben Tag eingebracht wurde, kam der Erstmitbeteiligte (in der Folge kurz: Bauwerber) um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Zu- und Umbaues bei einem bestehenden Wohnhaus auf seiner Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein.

Der Bauplatz ist gemäß dem am 13. Dezember 1973 beschlossenen Flächenwidmungsplan (der in diesem Bereich seither nicht verändert wurde) als "Dorfgebiet" gewidmet. Der Gemeinderat hat mit Verordnung vom 28. Jänner 2002 Bebauungsrichtlinien erlassen (die Verordnung wurde durch Anschlag am 16. Mai 2002 kundgemacht, der Anschlag wurde am 31. Mai 2002 abgenommen). Der Bauplatz befindet sich demnach im Gebiet des Baublockes 8. Soweit für den Beschwerdefall erheblich, gibt es zur Bebauungshöhe (Bauklasse) folgende Festsetzungen: maximal I+, maximal 4,8 m; maximal II, maximal 7,5 m; nach der Anlage A zur Verordnung bedeutet I+ ein oberirdisches Geschoß (Erdgeschoß) mit ausgebautem Dachgeschoß, II bedeutet zwei oberirdische Geschoße (Erdgeschoß und Obergeschoß). Die Angabe der maximalen Gebäudehöhe in Metern bezieht sich gemäß der Anlage auf die Distanz vom Schnittpunkt Gebäude/Gelände zum Schnittpunkt Gebäude/Dachfläche entsprechend bezogener Skizzen. Die Firsthöhe ist mit maximal 9,5 m bei eingeschossigen und maximal 11,5 m bei zweigeschossigen Gebäuden festgesetzt, die Dachneigung mit 30 Grad - 45 Grad bei eingeschossigen und 30 Grad - 45 Grad bei zweigeschossigen Gebäuden, die Dachform mit wahlweise Satteldach oder Walmdach.

Nach § 3 der Verordnung ("Allgemeine Bestimmungen über die äußere Gestaltung der Gebäude") können gemäß seiner lit. a in jenen Bereichen, in denen Sattel- oder Walmdächer festgelegt sind, auch Flachdächer, als begehbare Terrasse ausgebildet, errichtet werden, wenn diese von der öffentlichen Verkehrsfläche aus nicht einsehbar sind.

Geplant ist im Wesentlichen eine Aufstockung mit einer neuen Dachkonstruktion. Das projektierte Obergeschoß ist im oberen Bereich dreiseits 45 Grad ig abgeschrägt und insofern von einem pyramidenstumpfartigen "Walmdach" eingefasst, das nach oben bis zur Oberkante der das Flachdach umgebenden Brüstung verlängert ist, nach den Plänen demnach zwischen den Höhenkoten +4,436 m und +7,335 m, wobei der Erdgeschoßfußboden das 0-Niveau darstellt. Auf der vierten Seite sind Terrassenkonstruktionen vorgesehen.

Die Decke des Obergeschoßes ist als Flachdach ausgebildet. Hervorzuheben ist, dass das Flachdach durch eine Wendeltreppe begehbar sein soll, die oben eingehaust ist (die Einhausung misst nach den Plänen außen 3,40 m x 2,30 m, die Einhausung ist rund 2,75 m hoch - die Oberkante der Einhausung ist mit +9,00 m kotiert).

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines im Osten an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes. Von seinem Grundstück aus gesehen zeigt sich eine Seitenfront des Gebäudes mit dieser walmdachartigen Dachkonstruktion. Das Gelände ist in diesem seitlichen Bereich abfallend; links (südlich) liegt es nach den Bauplänen nur knapp unter dem Niveau des Erdgeschoßfußbodens (kotiert mit -0,050 m), rechts (nördlich) tritt das Kellergeschoß offensichtlich in voller Höhe zu Tage, das Niveau ist in diesem Bereich auf den Plänen mit -3,80 m angegeben.

Der Bürgermeister beraumte mit Ladung vom 16. Dezember 2008 die Bauverhandlung für den 30. Dezember 2008 an. In dieser Erledigung heißt es, im Sinne des § 42 AVG 1991 fänden Einwendungen der Parteien, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung beim Gemeindeamt oder während der Verhandlung vorgebracht würden, keine Berücksichtigung. Es werde angenommen, dass die Parteien dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilde, zustimmten.

Diese Ladung wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt (Beginn der Abholfrist am 18. Dezember 2008).

In der Niederschrift über die Bauverhandlung vom 30. Dezember 2008 heißt es eingangs der Sachverhaltsdarstellung, zum Grundstück des Beschwerdeführers sei eine Rampe mit Brüstung in einer Höhe von 1 m bereits errichtet worden. Diese werde ausschließlich als Kinderrutsche für den privaten Gebrauch verwendet.

Im Rahmen der Stellungnahme des Beschwerdeführers ist ua. vermerkt, die für den Stiegenaufgang (auf dem Flachdach) vorgesehene Glaskonstruktion rage 2,75 m über die letzte Geschoßdecke und sei laut Bemerkung des Sachverständigen von der F-Straße aus nicht zu sehen und sei wieder demontiert worden.

Der Beschwerdeführer erhob Einwendungen gegen das Vorhaben:

Der Bau sei weder ortsüblich noch ortsbildgerecht. Die Bebauungsrichtlinien seien erlassen worden, um eine gewisse Einheitlichkeit zu erzielen. Bei diesem Bauvorhaben handle es sich laienhaft ausgedrückt um einen Aussichtsturm, den es in der Gemeinde noch nicht gebe. Es handle sich hiebei um das höchste Einfamilienhaus in der Gemeinde. Der Bau entspreche nicht den Bebauungsrichtlinien. Beim bestehenden Bau handle es sich um ein zweigeschossiges Objekt, es sei daher nur ein neues Dach zulässig. Die Dachausführung entspreche nicht den Bebauungsbestimmungen, wonach nur Walm- oder Satteldächer erlaubt seien. Unabhängig davon sei das geplante Dach als Flachdach ausgewiesen, die Dachterrasse sei sehr wohl von der öffentlichen Verkehrsfläche aus einsehbar. Wenn schon ein Flachdach zulässig sein sollte, dann sei dies nur als begehbares Flachdach zuzulassen und dies planlich auch so zu bezeichnen und es dürfe lediglich zu Reinigungszwecken oder Rauchfangkehrerarbeiten benutzt werden, jedoch nicht als Terrasse. Er spreche sich gegen eine Terrassennutzung aus, weil er sich dadurch in seiner Privatsphäre verletzt sehe, man sehe quasi von oben auf ihn herab. Durch die Nutzung der Terrasse mit dem Stiegenhausaufbau werde auch die zulässige Gesamthöhe überschritten. Als problematisch werde weiters angesehen, dass die Terrasse von der öffentlichen Verkehrsfläche nicht eingesehen werden dürfe, vom Nachbarn aus aber schon (es folgt ein Vorbringen zur Kinderrutsche). Angesichts der geplanten Terrassenausbildung erleide sein Grundstück auch eine Wertminderung.

Da die Verhandlung so kurzfristig und nicht rechtzeitig im Sinne des § 41 Abs. 2 AVG anberaumt worden sei, sodass er sich als Laie nicht entsprechend habe vorbereiten können, behalte er sich weitere Einwendungen vor.

Der Bürgermeister erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 30. Jänner 2009 die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen, darunter (Punkt 1.), dass die Oberflächenwässer auf eigenem Grund und Boden zu verrieseln seien. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden teils abgewiesen und teils auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 Berufung. Er rügte die unangemessen kurze Frist bei der Anberaumung der Verhandlung, er habe die Ladung erst am Freitag, dem 19. Dezember 2008, (nach Dienstschluss) beheben können. Im Hinblick auf das Wochenende und die darauf folgenden Weihnachtsfeiertage habe er sich nicht ausreichend vorbereiten können. Der Bescheid sei mangelhaft begründet, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seinen Einwendungen sei nicht erfolgt. Das Gebäude sei als zweigeschossiges Gebäude klassifiziert worden, durch die geplante Errichtung eines zusätzlichen Geschoßes werde es dreigeschossig und widerspreche somit den Bebauungsbestimmungen. Die maximal zulässige Gebäudehöhe von 7,5 m werde um ca. 0,7 m überschritten, davon ausgehend stehe auch die geplante Dachkonstruktion im Widerspruch zu den Bebauungsrichtlinien, das Stiegenhaus mit einer Höhe von ca. 12,7 m (Oberkante) rage über die nach den Bebauungsbestimmungen zulässige First- und Gebäudehöhe von 11,5 m hinaus (Hinweis auf eine vom Beschwerdeführer angeschlossene Skizze). Die Dachterrasse sei sowohl von seinem Grundstück als auch von öffentlichen Verkehrsflächen einsehbar. Auch das widerspreche den Bebauungsrichtlinien. Auch sei ein Flachdach, wie in den Bebauungsbestimmungen genannt, nicht mit einer Dachterrasse gleichzusetzen. Er werde durch die Kinderrutsche beeinträchtigt, wobei das dort befindliche natürliche Areal (starke Hanglage) derart aufgeschüttet worden sei, dass das Baugrundstück sein Grundstück teilweise um 1 m und mehr höhenmäßig überrage. Nach einem weiteren Vorbringen zur Einsehbarkeit seines Grundstückes von der Dachterrasse aus und zu der von ihm angenommenen übermäßigen Höhe des Vorhabens heißt es weiter, gemäß dem erstinstanzlichen Bescheid sei dem Bauwerber aufgetragen worden, die Oberflächenwässer auf eigenem Grund und Boden verrieseln zu lassen. Nachdem der gesamte zu seinem Grundstück angrenzende Bereich des Bauwerbers, abgesehen von einem ca. 30 cm breiten Streifen, der unmittelbar neben seiner Einfriedungsmauer verlaufe, befestigt bzw. zubetoniert sei, sei davon auszugehen, dass die Verrieselung auf diesem 30 cm breiten Streifen erfolge, wodurch in Bezug auf seine Mauer bzw. sein Grundstück Nachteile zu erwarten seien (Hinweis auf Nässe und Unterspülung der Fundamente). Das Vorhaben stehe auch im Widerspruch zur Flächenwidmung Dorfgebiet, wonach sich Gebäude, die nicht für land- und forstwirtschaftliche Betriebe bestimmt seien, dem Charakter eines Dorfes anzupassen hätten. Das treffe auf das Vorhaben nicht zu. Das bestehende Objekt sei in den 70er Jahren, also vor Erlassung der derzeitigen Bebauungsbestimmungen aus dem Jahr 2002, errichtet worden. Es zähle schon jetzt zu den höchsten und wuchtigsten Gebäuden der Gemeinde und sei schon vor dem geplanten Umbau nicht ortsbildgerecht. Dessen ungeachtet solle es noch vergrößert werden.

Mit Bescheid des Gemeinderates vom 30. März 2009 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet "zurückgewiesen" und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Juni 2009 wurde der Vorstellung Folge gegeben, der Berufungsbescheid vom 30. März 2009 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Tragender Aufhebungsgrund war unter anderem, es sei aus den Einreichunterlagen zu entnehmen, dass die Entsorgung des Regenwassers in einen Regenwasserkanal erfolgen solle. Im Gutachten des Bausachverständigen werde auf diesen Punkt nicht eingegangen, andere Gutachten seien im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht eingeholt worden. Auch im erstinstanzlichen Bescheid werde auf diese Frage nicht eingegangen. Im Berufungsbescheid vom 30. März 2009 werde festgehalten, dass bislang keine Beeinträchtigung erfolgt sei, lediglich Umbauarbeiten durchgeführt würden und nicht mehr Oberflächenwässer als bisher anfallen würden. Die Oberflächenwässer im Bereich des S-Weges würden in einen Sickerschacht eingeleitet. Diese Argumentation sei aber nicht schlüssig. Durch den Umbau des Daches komme es jedenfalls zu einer Änderung des Abflusses der Dachwässer, worüber ein Sachverständigengutachten einzuholen und das sodann von der Behörde rechtlich zu beurteilen sei.

Im fortgesetzten Verfahren auf Gemeindeebene teilte die Planverfasserin dem Bürgermeister in einem Schreiben von 7. Oktober 2009 mit, die Dachwässer an der Ostseite und an der Nordseite und von einem Teil der Westseite würden in den bestehenden Kanal und in die bestehende Kanalisation zur F-Straße hin abgeleitet. Die Dachflächenabwässer von der Dachterrasse und vom Dach, soweit dieses nach Süden orientiert sei, würden in einen Sickerschacht zur Versickerung gebracht. Dieser solle an der westlichen Seite des Grundstückes im Vorgarten situiert werden. Dies deshalb, "da im Einreichplan die o.g. Abwässer der südl. und teilw. westl. Dachflächen und der Terrassen an einen geplanten Kanal noch nicht angeschlossen werden können. Diese Vorgangsweise wurde bei der Bauverhandlung vereinbart".

Darauf wurde mit dem Bescheid des Gemeinderates vom 29. Oktober 2009 die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abermals als unbegründet "zurückgewiesen" (gemeint: abgewiesen) und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es zusammengefasst, den Projektunterlagen sei zu entnehmen, dass das Gebäude in einer Hanglage errichtet werde. Der Niveaupunkt für die in den Bebauungsrichtlinien festgesetzte Gebäude- bzw. Firsthöhe sei vom verglichenen natürlichen Gelände genommen worden. Aus der planlichen Darstellung sei ersichtlich, dass die Gebäudehöhe 6,43 m und die Firsthöhe 9,25 m betrage und somit den gültigen Bebauungsbestimmungen entspreche, wo eine zulässige Gebäudehöhe von 7,5 m und eine maximale Firsthöhe von 11,5 m bei zweigeschossigen Gebäuden festgelegt worden sei.

Beim gegenständlichen Objekt werde "die vorherrschende Dachform als Walmdach" ausgeführt, was den Bebauungsrichtlinien entspreche. Nach den Bebauungsrichtlinien seien auch Flachdächer zulässig, die als begehbare Terrassen ausgebildet werden könnten, wenn diese von der öffentlichen Verkehrsfläche aus nicht einsehbar seien. Hiezu sei im Zuge des Berufungsverfahrens ein Schnitt und eine Ansicht vom geplanten Objekt vorgelegt worden, woraus ersichtlich sei, dass die als Flachdach ausgeführte begehbare Terrasse vom S-Weg aus nicht einsehbar sei. Damit stehe die geplante Dachform mit den Bebauungsbestimmungen im Einklang.

Weder in den Einreichunterlagen noch in den erlassenen Bescheiden gebe es einen Hinweis darauf, dass eine Rutsche Gegenstand des Genehmigungsverfahrens sei. Damit sei diese auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Zur Frage der Beeinträchtigung durch eine geänderte Oberflächenentwässerung sei von der Planerin ausgeführt worden, den Einreichunterlagen sei zu entnehmen, dass die Dachwässer an der Ostseite und an der Nordseite und von einem Teil der Westseite in den bestehenden Kanal und in die bestehende Kanalisation zur F-Straße hin abgeleitet würden. Die Dachflächenabwässer von der Dachterrasse und vom Dach, soweit dieses nach Süden orientiert sei, würden in einen Sickerschacht, wie planlich dargestellt, zur Versickerung gebracht. Dieser Sickerschacht solle an der westlichen Seite des Grundstückes im Vorgarten situiert werden. Somit gehe aus den Ausführungen der Planerin schlüssig hervor, dass es durch den Umbau des Daches zu keiner Änderung des Abflusses der Dachwässer komme, wodurch eine Benachteiligung oder Beschädigung des Nachbargrundstückes zu erwarten sein könnte.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer abermals Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Zur Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, der Beschwerdeführer habe entgegen seiner Auffassung ausreichend Zeit gehabt, sich auf die Verhandlung vorzubereiten. Gemäß der Verhandlungsschrift habe er keinen Antrag auf Vertagung gestellt, sodass (auch deshalb) kein Verfahrensmangel vorliege.

Die zitierten Bebauungsrichtlinien seien korrekt ausgelegt worden. Das Objekt sei nicht als dreigeschossig, sondern als zweigeschossig anzusehen. Der Niveaupunkt sei korrekt festgelegt. Von diesem Punkt aus seien die maßgeblichen Höhen zu berechnen, die sich innerhalb der in den Bebauungsrichtlinien festgelegten Werten befänden. Zu einem anderen Ergebnis käme man nur, wenn man das Kellergeschoß oder das Stiegenhaus (gemeint: die Einhausung) als oberirdische Geschoße im Sinne der Bebauungsrichtlinien wertete. Das auf die Dachebene führende Stiegenhaus (gemeint: die Einhausung) sei weder als weiteres Geschoß noch als Teil des Daches anzusehen, sondern ein Aufbau auf einem Flachdach. Ebensowenig sei das Kellergeschoß ein Geschoß im Sinne der Bebauungsrichtlinien. Wie der Beschwerdeführer selbst ausführe, sei das Gelände, wenn überhaupt, bereits Monate vor Einbringung des Bauantrages verändert worden. Gegenstand des Verfahrens sei daher das Gelände, wie es sich zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung darstelle. Die Ausführung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Anzahl der Geschoße sei schon deshalb nicht zielführend, weil das Gebäude schon bisher aus einem Kellergeschoß, einem Erdgeschoß und einem Obergeschoß bestanden habe.

Ebenso sei der Berufungsbehörde bei der Qualifikation des Daches als Flachdach im Sinne der Bebauungsrichtlinien zuzustimmen: Ein begehbares Flachdach im Sinne der Bebauungsrichtlinien müsse Teile enthalten, die das Erreichen dieses Daches ermöglichte, sowie Absturzsicherungen, die die Sicherheit gewährleisteten. Dies ergebe sich beim Begriff "begehbare Terrasse" schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Es sei nachvollziehbar, dass das Dach (gemeint: die Dachterrasse) von keiner öffentlichen Verkehrsfläche aus einsehbar sei.

Hinsichtlich der Oberflächenwässer sei dem Berufungsbescheid vom 29. Oktober 2009 zu entnehmen, dass ein entsprechendes Gutachten eingeholt worden sei, aus dem sich ergebe, dass es durch den Umbau des Daches zu keiner Änderung des Abflusses der Dachwässer komme. Die Entsorgung der Abwässer sei somit gewährleistet.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist das Burgenländische Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (Bgld. BauG), idF LGBl. Nr. 53/2008 anzuwenden.

§ 21 Bgld. BauG lautet auszugsweise:

"(2) Ein Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), so hat die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten und im Bescheid darauf hinzuweisen; kommt keine Einigung zustande, sind die streitenden Parteien hinsichtlich dieser Einwendung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies ist unter Anführung der Einwendung in der Verhandlungsschrift und im Bescheid ausdrücklich anzuführen.

(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (zB Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.

(5) Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen."

Das Bgld. BauG enthält weder eine taxative noch eine beispielhafte Aufzählung jener Vorschriften, auf die öffentlichrechtliche Einwendungen der Nachbarn gestützt werden können. Es ist daher jeweils zu prüfen, ob es sich bei den Einwendungen der Anrainer um solche im Sinne des § 21 Abs. 4 leg. cit. handelt (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2001, Zl. 2000/05/0063, Slg. 15637/A, oder aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 23. November 2009, Zl. 2008/05/0080).

§ 14 Abs. 3 lit. b des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969 (kurz: RPlG), lautete in der Stammfassung:

"b) Als Dorfgebiete sind solche Flächen vorzusehen, die vornehmlich für Gebäude land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, im übrigen aber für Gebäude bestimmt sind, die den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Dorfgebietes dienen (Wohngebäude, Gebäude für gewerbliche Kleinbetriebe, Gebäude für den Fremdenverkehr, öffentliche Gebäude usw.) und sich dem Charakter eines Dorfes anpassen."

Mit der Novelle LGBl. Nr. 64/2000 wurde das Wort "und" nach

dem Wort "sozialen" durch das Wort "oder" ersetzt.

§ 25a RPlG lautet (idF LGBl. Nr. 64/2000):

"§ 25a

Bebauungsrichtlinien.

(1) Sofern kein Bebauungsplan oder Teilbebauungsplan vorliegt, hat der Gemeinderat die Grundsätze der Bebauung mit Verordnung durch Bebauungsrichtlinien festzulegen.

(2) Die Bebauungsrichtlinien dürfen dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen und haben überdies dem Charakter der jeweiligen Widmung zu entsprechen. Bei der Erlassung der Bebauungsrichtlinien ist darauf zu achten, dass Beeinträchtigungen der Nachbarn vermieden werden.

(3) Die Bebauungsrichtlinien haben zu beinhalten:

  1. a) die Bebauungsweise,
  2. b) die Baulinie,
  3. c) die maximalen Gebäudehöhen (Geschoßanzahl),
  4. d) allgemeine Bestimmungen über die äußere Gestaltung der Gebäude.

(4) ...

(6) Die Bebauungsrichtlinien haben die Wirkung, dass Baubewilligungen nach dem Burgenländischen Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998, in der jeweils geltenden Fassung, nur zulässig sind, wenn sie den Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen."

§ 6 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 (kurz: BO), lautete in der Fassung gemäß LGBl. Nr. 11/1994 (Bauordnungsnovelle 1993) auszugsweise:

"(3) Die Gebäudehöhe ist wie folgt zu ermitteln:

1. bei einer Dachneigung bis einschließlich 45 Grad ist die Gebäudehöhe von der Schnittlinie der jeweiligen Gebäudefront mit dem verglichenen Gelände bis zur Schnittlinie der Außenwand mit der Dachhaut zu messen; das Gelände darf nur bis zu einem Höhenunterschied von 3 m verglichen werden. Der von außen sichtbare höchste Punkt der Außenwand ist als Bezugspunkt anzunehmen, wenn sich daraus eine größere Höhe ergibt. Die der Dachform entsprechende Giebelflächen bleiben außer Betracht, wenn die betreffende Gebäudefront an der Schnittlinie mit dem verglichenen Gelände nicht länger als 10 m ist,

2. bei einer Dachneigung über 45 Grad ist die Gebäudehöhe so zu ermitteln, dass die Differenz der sich aus dieser Dachneigung ergebenden Firsthöhe zu einer sich aus einer Dachneigung von 45 Grad ergebenden Firsthöhe der Gebäudehöhe nach Z 1 hinzuzurechnen ist,

3. zurückgesetzte Geschoße sind nicht auf die Gebäudehöhe anzurechnen, wenn sich alle Bauteile innerhalb eines Neigungswinkels von 45 Grad , gemessen von der Schnittlinie der Außenwand mit der Dachhaut bzw. von dem von außen sichtbaren höchsten Punkt der Außenwand, der gemäß Z 1 als Bezugspunkt angenommen wurde, befinden.

(4) Die Höhe eines Bauwerkes ist von seinem Schnitt mit dem verglichenen Gelände bis zu seinem höchsten Punkt zu messen.

(5) ...

(6) Soweit die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert worden ist, ist von jener Höhenlage auszugehen, die vor dieser Veränderung bestanden hat."

§ 2 Abs. 12 der Burgenländischen Bauverordnung vom 2. Feber 1998, LGBl. Nr. 11, lautete (dieser Absatz angefügt durch die Novelle LGBl. Nr. 68/2003):

"(12) Ermittlung der Gebäudehöhe:

1. Bei einer Dachneigung bis einschließlich 45 Grad ist die Gebäudehöhe von der Schnittlinie der jeweiligen Gebäudefront mit dem verglichenen Gelände bis zur Schnittlinie der Außenwand mit der Dachhaut zu messen; das Gelände darf nur bis zu einem Höhenunterschied von 3 m verglichen werden. Der von außen sichtbare höchste Punkt der Außenwand ist als Bezugspunkt anzunehmen, wenn sich daraus eine größere Höhe ergibt. Die der Dachform entsprechende Giebelflächen bleiben außer Betracht.

2. Bei einer Dachneigung über 45 Grad ist die Gebäudehöhe so zu ermitteln, dass die Differenz der sich aus dieser Dachneigung ergebenden Firsthöhe zu einer sich aus einer Dachneigung von 45 Grad ergebenden Firsthöhe der Gebäudehöhe nach Z 1 hinzuzurechnen ist.

3. Zurückgesetzte Geschoße sind nicht auf die Gebäudehöhe anzurechnen, wenn sich alle Bauteile innerhalb eines Neigungswinkels von 45 Grad , gemessen von der Schnittlinie der Außenwand mit der Dachhaut bzw. von dem von außen sichtbaren höchsten Punkt der Außenwand, der gemäß Z 1 als Bezugspunkt angenommen wurde, befinden."

Der Beschwerdeführer verweist, wie schon im Verwaltungsverfahren, darauf, dass die Vorbereitungsfrist für die Bauverhandlung am 30. Dezember 2008 zu kurz gewesen sei. Er sei dabei auch nicht angeleitet worden, einen Vertagungsantrag zu stellen, obwohl in der Niederschrift festgehalten worden sei, dass er sich das Recht auf weitere Einwendungen vorbehalte.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufzeigt, weil er nicht vorträgt, was er ohne diesen behaupteten Verfahrensmangel vorgebracht hätte. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer ohnedies nicht gehindert war, weitere Einwendungen nachzutragen, weil Präklusion (Teilpräklusion) ihm gegenüber nicht eingetreten ist. Ein (auch teilweiser) Verlust der Parteistellung gemäß § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 setzt nämlich eine gehörige Ladung zur bzw. eine gehörige Kundmachung der Bauverhandlung voraus, was nur dann der Fall ist, wenn in dieser Ladung auf die im § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird. Diesem Erfordernis wurde im Beschwerdefall nicht entsprochen, weil in der Ladung nicht auf die im § 42 AVG in der geltenden Fassung, sondern auf die im § 42 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird (siehe dazu die bei Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht2, in E 96 zu § 21 Bgld. BauG angeführte hg. Judikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt darauf verwiesen, dass den tragenden Gründen einer aufhebenden Vorstellungsentscheidung Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren zukommt (ständige Judikatur; siehe beispielsweise bei Pallitsch/Pallitsch, aaO, die in E 97ff zu § 30 Bgld. BauG angeführte hg. Judikatur). Zutreffend macht der Beschwerdeführer geltend, dass diese Bindungswirkung des aufhebenden Vorstellungsbescheides vom 8. Juni 2009 im fortgesetzten Verfahren nicht beachtet wurde: Ein tragender Aufhebungsgrund war, dass es zur Beeinträchtigung des Beschwerdeführers durch eine geänderte Oberflächenentwässerung der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfe, das sodann von der Baubehörde zu beurteilen sei. Auf Grund der Bindungswirkung der Vorstellungsentscheidung war daher die Einholung eines solchen Gutachtens jedenfalls erforderlich. Dies wurde aber unterlassen, eingeholt wurde lediglich eine ergänzende Auskunft der Planverfasserin. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid ist dem Berufungsbescheid vom 29. Oktober 2009 auch nicht zu entnehmen, dass ein Gutachten eingeholt worden wäre (diese Annahme im angefochtenen Bescheid ist aktenwidrig). Das Verfahren auf Gemeindeebene blieb daher mangelhaft (soweit die Berufungsbehörde anführte, in den Plänen sei der betreffende Sickerschacht ersichtlich, ist unklar, wo er sich gemäß den genehmigten Plänen befinden soll). Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der Beschwerdeführer macht weiterhin geltend, das projektierte Gebäude überschreite die in den Bebauungsrichtlinien normierten Maximalhöhen, auch sei es entgegen den Richtlinien drei- und nicht zweigeschossig. Nicht minder stehe die Dachkonstruktion im Widerspruch zu diesen Richtlinien. Das Vorhaben passe sich auf Grund seiner vielfältigen Abweichungen zu den rundum bestehenden Objekten und nicht zuletzt auf Grund der Widersprüche zu den Bebauungsrichtlinien nicht dem Charakter eines Dorfes an und stehe damit im Widerspruch zur Flächenwidmung "Dorfgebiet".

Dazu ist Folgendes auszuführen: Dem Beschwerdeführer kommt als Nachbarn ein Recht auf Einhaltung der nach den Bebauungsrichtlinien zulässigen Gebäudehöhe zu, sowohl was die darin normierten Maximalwerte anlangt als auch die Geschoßanzahl. Ein davon losgelöstes, gleichsam selbständiges Nachbarrecht auf Wahrung schönheitlicher Aspekte wie auch auf Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Ortsbild besteht aber nicht (vgl. die in Pallitsch/Pallitsch, aaO, bei E 156 zu E 161 zu § 21 Bgld. BauG angeführte hg. Judikatur). Es kommt dem Beschwerdeführer daher auch weder ein Mitspracherecht zur Frage zu, ob sich das Vorhaben aus dem von ihm thematisierten Blickwinkel dem Charakter eines Dorfes anpasst (§ 14 Abs. 3 lit. b RPlG), noch, ob die Art der projektierten Dachkonstruktion den Bebauungsrichtlinien entspricht oder nicht. Bei dem in den Bebauungsrichtlinien genannten Kriterium für die Zulässigkeit von Flachdächern, die auch als begehbare Terrasse ausgebildet werden können, nämlich, dass sie von der öffentlichen Verkehrsfläche aus nicht eingesehen werden können, handelt es sich nach dem Regelungszusammenhang um einen schönheitlichen Aspekt bzw. um einen solchen des Ortsbildes, zu dem dem Beschwerdeführer kein Mitspracherecht zukommt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf verwiesen, dass der Inhalt einer in einem Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung grundsätzlich nach den maßgeblichen Normen im Zeitpunkt der Beschlussfassung zu beurteilen ist, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen Abweichendes anordnen (vgl. hiezu beispielsweise Hauer, Der Nachbar im Baurecht6, Seite 331, und die bei Pallitsch/Pallitsch, aaO, in E 30 zu § 14 RPlG angeführte hg. Judikatur). Dieser Grundsatz hat auch für die Auslegung der Bestimmungen in den hier maßgeblichen Bebauungsrichtlinien zu gelten, die am 28. Jänner 2002 beschlossen wurden.

Diese Richtlinien enthalten unter anderem, entsprechend der Anordnung des § 25a Abs. 3 lit. c RPlG, für die erfassten Grundstücke Bestimmungen über die maximalen Gebäudehöhen und die Geschoßanzahl. Eine nähere Definition der Begriffe Gebäudehöhe wie auch Geschoß enthielt das RPlG aber nicht, auch nicht das Bgld. BauG (zum Begriff "Geschoß" siehe das hg. Erkenntnis vom 27. April 1999, Zl. 98/05/0246, Slg. Nr. 15136/A; vgl. auch die Erläuternden Bemerkungen (EB), wiedergegeben in Pallitsch/Pallitsch, aaO, S 733, zu dem mit der Novelle LGBl. Nr. 68/2003 angefügten § 2 Abs. 12 der Bgld. Bauverordnung, wonach es an einer näheren Regelung über die Ermittlung der Höhe eines Gebäudes mangle). Eine Regelung zur Ermittlung der Gebäudehöhe wurde zwar sodann dadurch geschaffen, dass mit der Novelle LGBl. Nr. 68/2003 dem § 2 der Bgld. Bauverordnung ein Abs. 12 über die Ermittlung der Gebäudehöhe angefügt wurde. Daraus ist aber für den Beschwerdefall insofern nichts zu gewinnen, weil die hier maßgeblichen Bebauungsrichtlinien älter sind.

Allerdings war schon in der Stammfassung des RPlG (LGBl. Nr. 18/1969) als Inhalt von Bebauungsplänen oder Teilbebauungsplänen die Festlegung der maximalen Gebäudehöhen (Geschoßanzahl) vorgesehen (§ 22 Abs. 1 lit. f RPlG). Diese Begriffe wurden daher als bekannt vorausgesetzt und sind demnach so zu verstehen wie in den korrespondierenden baurechtlichen Vorschriften, damals der Bgld. Bauordnung vom 15. Dezember 1969, LGBl. Nr. 13/1970. Der damalige § 6 BO traf nähere Bestimmung zur Gebäudehöhe und galt zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 11/1994, wie bereits auszugsweise wiedergegeben.

Die Bgld. Bauordnung ist mit dem Inkrafttreten des Bgld. Baugesetzes 1997 außer Kraft getreten, das, wie gesagt, keine näheren Bestimmungen zur Gebäudehöhe und zu ihrer Ermittlung enthält. Es ist aber davon auszugehen, dass - mangels abweichender Regelungen - der Begriff "Gebäudehöhe" (samt der Frage, wie diese zu ermitteln ist) dann, wenn - wie hier - in den Bebauungsrichtlinien nichts Abweichendes bestimmt ist, weiterhin im Sinne der zuletzt geltenden Bestimmung des § 6 BO auszulegen ist. (Zur Auslegung des Begriffes "Geschoß" im Sinne der BO siehe das bereits genannte hg. Erkenntnis Slg. Nr. 15136/A.)

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall, dass die Gebäudehöhe - im Sinne der Wandhöhe - gesondert für jede Front des Gebäudes zu ermitteln und dabei das verglichene Gelände (also das arithmetische Mittel aus dem höchsten und aus dem tiefsten Punkt - vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/06/0056) im Sinne des § 6 Abs. 3 Z 1 BO maßgeblich ist (vgl. auch die später eingeführte Bestimmung des § 2 Abs. 12 Z 1 der Bgld. Bauverordnung). Im Beschwerdefall ist maßgeblich, ob die Höhe der zum Grundstück des Beschwerdeführers gerichteten Gebäudefront den Bebauungsrichtlinien entspricht oder nicht; dazu, ob die Gebäudehöhen an anderen Fronten den Richtlinien entsprechen oder nicht, kommt ihm kein Mitspracherecht zu.

Aus den Skizzen in der Beilage zu den Bebauungsrichtlinien ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts Abweichendes zu gewinnen: Daraus ergibt sich zwar, im Einklang mit den aus § 6 Abs. 3 Z 1 BO abzuleitenden Grundsätzen, dass auch bei einem geneigten Gelände die gesamte Wandhöhe maßgeblich ist, nicht aber, wie vom Beschwerdeführer gewünscht, dass für alle Fronten des Gebäudes einzig und allein auf die größte Wandhöhe abzustellen wäre (hier: an der Front talseits), und auch nicht, dass keineswegs von einem verglichenen Gelände ausgegangen werden dürfe.

Damit ist allerdings die Frage noch nicht beantwortet, welcher Geländeverlauf im Beschwerdefall maßgeblich ist. Anknüpfend an die zuvor dargelegten Überlegungen, dass es für die Auslegung der Höhenfestlegungen in den hier maßgeblichen Bebauungsrichtlinien auf die Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung ankommt, hat hiefür auch zu gelten, dass das damalige Niveau für die Höhenermittlung maßgeblich ist, weil es ansonsten Bauwerber in den Hand hätten, die Festlegungen der Verordnung zu den Gebäudehöhen durch Geländeveränderungen gleichsam zu manipulieren und gegebenenfalls zu unterlaufen. Diese Frage blieb aber in Verkennung der Rechtslage unaufgeklärt. Sie ist deshalb relevant, weil der Beschwerdeführer Geländeveränderungen (von bis zu mehr als 1m) behauptet hat, die auch von der belangten Behörde für möglich gehalten werden.

Zur Ermittlung des Geländes zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (28. Jänner 2002) könnten die Akten des früheren Bauverfahrens hilfreich sein, allenfalls die Aussagen informierter Personen, es mag aber auch der Geländeverlauf am angrenzenden Grundstück des Beschwerdeführers Rückschlüsse ermöglichen. Notwendig ist in diesem Zusammenhang die Feststellung des damaligen Geländeverlaufes insoweit, um das maßgebliche verglichene Gelände ermitteln zu können, wobei zu beachten ist, dass (im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 1 BO) nur Niveauunterschiede bis zu einem Höchstausmaß von drei Meter verglichen werden können, das übersteigende Ausmaß ist voll anzurechnen.

Hinsichtlich des Aufbaues auf dem Flachdach (Einhausung des Stiegenaufganges) gilt Folgendes: Für den hier maßgeblichen Bereich ist grundsätzlich die Errichtung von Sattel- oder Walmdächern festgelegt. Als Ausnahme hievon bestimmt § 3 Abs. 1 der Richtlinien, dass in diesen Bereichen auch Flachdächer, als begehbare Terrasse ausgebildet, errichtet werden können, wenn diese von der öffentlichen Verkehrsfläche aus nicht einsehbar sind. Überdies ist eine Firsthöhe festgelegt, die naturgemäß auf Dächer abzielt, die einen First haben. Die hier projektierte Dachkonstruktion ist nur im eingeschränkten Maße eine Art "verkümmertes" Walmdach (mehr aus optischen Gründen und zwecks Einhaltung der zulässigen Wandhöhe), im Wesentlichen aber ein Flachdach, das nach den Richtlinien ausnahmsweise zulässig ist. Ausnahmebestimmungen sind aber grundsätzlich restriktiv zu interpretieren. Die hier strittige Einhausung des Stiegenaufganges ist jedenfalls kein Bauteil, der sich typischerweise auf Sattel- oder Walmdächern befindet (wie eine Gaupe oder Schornsteine). Der Beschwerdeführer als Nachbar wäre durch diesen Bauteil in seinen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten aber dann nicht verletzt, wenn sich dieser Bauteil in einem konstruierten, fiktiven Dachumriss, beginnen mit der Oberkante dieses "quasi-Walmdaches" und mit der zulässigen Firsthöhe (in der Art eines Mansarddaches) hielte (zur Ermittlung des Bezugspunktes siehe die früheren Darlegungen).

Der Beschwerdeführer rügt auch, dass das Gebäude entgegen den Richtlinien mehr als zwei Geschoße aufweise. Damit ist er nach der gegebenen Verfahrenslage nicht im Recht. Unstrittig (und vom Beschwerdeführer selbst hervorgehoben) ist die ausgeprägte Hanglage (auch ohne Anschüttungen); damit ist davon auszugehen, dass das Kellergeschoß soweit in den Hang hineingebaut ist, dass es kein Geschoß im hier maßgeblichen Sinn darstellt (siehe dazu abermals das hg. Erkenntnis Slg. 15136/A). Die Einhausung auf dem Flachdach hingegen kann aufgrund ihrer Dimensionierung und projektgemäßen Beschaffenheit auch nicht als Geschoß qualifiziert werden. Damit weist das Vorhaben nur zwei Geschoße im Sinne der Richtlinien auf, was zulässig ist.

Da aber die belangte Behörde die aufgezeigten Umstände (Gutachten betreffend die Entwässerung: Ermittlung der Gebäudehöhe) verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. Mai 2010

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