Normen
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §3 Z5;
BauG Bgld 1997 §3;
BauRallg;
BauV Bgld 1998 §15;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §3 Z5;
BauG Bgld 1997 §3;
BauRallg;
BauV Bgld 1998 §15;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 3. Februar 1999 beantragten die Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses "mit Geschäftslokal, Nebengebäude und Einfriedung" auf dem im Bauland-Wohngebiet liegenden Grundstück Nr. 132, KG Zemendorf. Im Erdgeschoss des Hauses sind plangemäß ein über 70 m2 großer "Verkaufsraum" sowie zwei Räume mit der Bezeichnung "Büro" (über 21 m2 und 31 m2) vorgesehen; der Verwendungszweck für das rd. 18 m lange und 7 m breite Nebengebäude ist mit "Lager f. Weißware" angegeben. Im nördlichen Teil des Grundstückes vor dem Eingang zum geplanten Haus sind unmittelbar neben der öffentlichen Verkehrsfläche drei PKW-Abstellplätze vorgesehen.
Der Zweitmitbeteiligte ist Eigentümer der im Süden und Osten unmittelbar an das Grundstück der Beschwerdeführer angrenzenden Grundstücke Nr. 3487 und 3488, je KG Zemendorf.
In der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 1999 zum geplanten Betrieb der Beschwerdeführer wurde festgehalten:
"Das ggst. Vorhaben -‚Elektrohandel'- beinhaltet im Wesentlichen den Verkauf von Elektrogeräten für den Haushalt sowie Kleingeräte (Bügeleisen, Radio, Fernseher, Glühbirnen, Trockenbatterien, 'Handys' u. dgl.) und Ersatzteile und können daher in der dzt. hochtechnologisierten Gesellschaft diese Geräte zu Recht dem tgl. Bedarf zugerechnet werden. Weiter ist das Vorhaben derart situiert, dass es an die Wulkagasse anschließt und in weiterer Folge in einer Ecke an die Hauptstraße angrenzt."
Bezüglich der Beurteilung über das örtlich zumutbare Maß von Gefährdungen oder Belästigungen für Nachbarn oder einer übermäßigen Belastung des Straßenverkehrs wird Folgendes festgestellt:
"Die ggst. Anlage umfasst lediglich Lagerflächen im Ausmaß von insgesamt ca. 170 m2 für sämtliche Waren und einen Verkaufsraum im Ausmaß von ca. 70 m2 sowie drei PKW-Stellplätze für Kunden, die direkt vom öffentlichen Grund erreichbar sind, auf Privatgrund. Die Manipulation der Waren erfolgt ausschließlich händisch, d. h. es sind keine motorisch betriebenen Hilfsmittel, wie Stapler u. dgl., vorgesehen. Die Objektgröße insgesamt entspricht im Wesentlichen der Größe des Einfamilienwohnhauses. Weitere Anlagen oder maschinentechnische Einrichtungen, die Emissionen verursachen, sind nicht vorgesehen. Auf Grund dieser vorgenannten Dimensionen, der geringen Anzahl von Kundenstellplätzen und der Beschäftigung der Arbeitnehmer auch im Bürobetrieb ist allein schon von der Konfiguration eine übermäßige Belastung auszuschließen.
...
...dass bei bestimmungsgem. Benützung eine Gefährdung oder
das Ortsmaß übersteigende Beeinträchtigung der Nachbarn nicht
erwartet werden kann. ...
..."
Der zur mündlichen Bauverhandlung unter Hinweis auf die Folgen des § 42 AVG persönlich geladene zweitmitbeteiligte Nachbar (Anrainer) erhob laut Verhandlungsschrift "Einwendungen, die bereits dem Verfahren vom 24. 06. 1999 beigegeben wurden, und zwar im wesentlichen Inhalt der Widmungskonformität, der im Sinne des § 14 des Bgld. Raumplanungsgesetzes befürchteten Immissionen". Auf die Anlage "A" der Niederschrift wurde hingewiesen. In dieser Anlage wurden die Einwendungen des Zweitmitbeteiligten wie folgt formuliert:
"...
Bei dieser Widmung ist nach meiner Meinung der Bau einer
Elektrohandlung nicht möglich. Das geplante Nebengebäude ... weist
eher darauf hin, dass Weißwaren und Installationsmaterial für einen weit über das Ausmaß der täglichen Versorgung hinausgehenden Bedarf gelagert werden sollen. Da (der Erstbeschwerdeführer) bereits in einem begehrten Umwidmungsverfahren auf die Beschäftigung von mehreren Arbeitnehmern hingewiesen hat, befürchte ich, dass er in den geplanten Gebäuden auch sein Elektrounternehmen betreiben möchte. Bei Genehmigung des Bauvorhabens in der geplanten Form wäre meiner Meinung nach die Flächenwidmung nicht eingehalten. Ich verweise diesbezüglich auch auf den bisherigen Schriftverkehr mit dem Amt der Burgenländischen Landesregierung.
Im § 14/3/a sind als Nebenanlagen beispielhaft Garagen und Gartenhäuschen für Wohngebiete angeführt. Ein Lagerraum im Ausmaß von zwei Drittel des Hauptgebäudes ist darunter kaum zu verstehen.
Im Übrigen verweise ich auf den § 3 Zif. 5 des Bgld. Baugesetzes hin (Immissionsschutz) und bin der Meinung, dass das Ansuchen auf Grund der Aktenlage gem. § 18/4 des zitierten Gesetzes abzuweisen ist."
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 17. November 1999 wurde die beantragte Baubewilligung erteilt, die Einwendungen des Zweitmitbeteiligten wurden als unbegründet abgewiesen.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Zweitmitbeteiligte aus, seiner Meinung nach handle es sich bei den im Geschäftslokal angebotenen Waren keinesfalls um Waren, die der täglichen Versorgung dienen, sondern vielmehr um langlebige Wirtschaftsgüter. Er verweise auf seine Einwendungen. Lagerflächen im Ausmaß von ca. 170 m2 sähen eine Geschäftstätigkeit vor, die weit über die tägliche Versorgung hinausginge. Das Vorhaben entspräche auch nicht den - jedoch noch nicht rechtsgültig verordneten - Bebauungsrichtlinien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des zweitmitbeteiligten Nachbarn gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 18 Abs. 4 Bgld. Baugesetz "infolge Widerspruchs des Bauvorhabens zum Flächenwidmungsplan der Gemeinde Zemendorf Folge gegeben und der vorgenannte Bescheid ersatzlos behoben". Entscheidungswesentlich, ob eine Übereinstimmung des Bauvorhabens mit § 14 Abs. 3 lit. a Burgenländisches Raumplanungsgesetz (RPlG) gegeben sei, sei das Ergebnis der Überprüfung, ob die in den Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführer vertriebenen Güter dem Begriff "Waren des täglichen Bedarfs" zu subsumieren seien. Darunter fielen Waren der so genannten "ersten Versorgungsstufe", welche folgende Bereiche umfassten: Lebensmittelvollsortiment, Reinigungsmittel, Haushaltsartikel, Tabak/Zeitungen, häufig gebrauchte Non-food-Artikel wie Kurzwaren, Schulartikel und Convenience-Artikel (Sicherungen, Glühbirnen, etc.). Elektrogeräte für den Haushalt sowie Kleingeräte, wie z. B. Bügeleisen, Radio, Fernseher, Handys und Ersatzteile könnten daher nicht zu den "Waren des täglichen Bedarfs" gezählt werden. Die Beschwerdeführer wollten langlebige Wirtschaftsgüter und nicht Güter, die der täglichen Versorgung dienen, vertreiben. Bei der Beurteilung, ob eine Ware eine solche des täglichen Bedarfes sei, müsse auch berücksichtigt werden, ob diese Ware täglich nachgefragt (und damit täglich oder zumindest kurzfristig angekauft) werde, und nicht, ob diese Ware nach dem Kauf täglich gebraucht oder verwendet werde. Das gegenständliche Bauvorhaben diene im Übrigen nicht der Befriedigung der täglichen Versorgung der Bevölkerung der Gemeinde allein, sondern unter dem Blickwinkel des Warenangebotes (Elektrogeräte für den Haushalt, Bügeleisen, Radio, Fernseher, Handys etc., Ersatzteile) und der Größe der Geschäftsräumlichkeiten sei anzunehmen, dass ein größerer Kundenkreis angesprochen werden soll.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich ihrem Vorbringen zufolge in dem Recht auf Erteilung der beantragten Baubewilligung verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Liegt dem erstinstanzlichen Bescheid ein Parteienantrag zugrunde, so hat die Berufungsbehörde in Handhabung des § 66 Abs. 4 AVG grundsätzlich über diesen Antrag eine Sachentscheidung zu treffen. Die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides allein wird diesem Erfordernis in aller Regel nicht gerecht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 87/04/0098). Die ersatzlose Behebung eines unterinstanzlichen Bescheides unter Berufung auf § 66 Abs. 4 AVG kann dazu führen, dass die Unterbehörde über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf. Aus der Begründung des eine ersatzlose Behebung gemäß § 66 Abs. 4 AVG aussprechenden Berufungsbescheides kann sich jedoch auch eine Situation ergeben, wonach ein der Entscheidung zu Grunde liegender Antrag wieder unerledigt, aber neuerlich von der Unterinstanz meritorisch zu erledigen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. April 2000, Zl. 99/07/0202, m. w. N.). Fehlen die rechtlichen Voraussetzungen für eine ersatzlose Behebung der erstinstanzlichen Erledigung und wäre daher ein Abspruch über den dem Bescheid zu Grunde liegenden Sachantrag des Beschwerdeführers zu tätigen gewesen, wird der Bescheid der Berufungsbehörde in der Regel mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet sein. Die Berufungsbehörde hat, wenn der meritorischen Entscheidung der Vorinstanz (auch) ein Antrag der Partei zu Grunde lag - vom Fall des § 66 Abs. 2 AVG abgesehen - über diesen Antrag abzusprechen. Eine bloße - nicht auf § 66 Abs. 2 AVG gegründete - Behebung vorinstanzlicher Bescheide hätte nämlich zur Folge, dass die Unterbehörde über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf und dass somit der auf die Entscheidung der Vorinstanz bezughabende Parteienantrag unerledigt bliebe (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1994, Zl. 92/06/0168, u. a.). Auch im vorliegenden Fall bestand kein Grund für die Berufungsbehörde, den - einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt darstellenden - Baubewilligungsbescheid der Behörde erster Instanz auf Grund der Berufung des mitbeteiligten Nachbarn (Anrainers) im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos zu beheben. Ausgehend von ihrer im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht hätte die belangte Behörde vielmehr den Baubewilligungsantrag gemäß § 66 Abs. 4 AVG abweisen müssen. Schon durch die Verweigerung der Sachentscheidung belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2001/05/0086).
Der angefochtene Bescheid leidet aber aus folgenden Gründen an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes:
Der Zweitmitbeteiligte ist Eigentümer zweier an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und daher Anrainer gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 Burgenländisches Baugesetz (Bgld. BauG).
Gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit. kann ein Anrainer gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.
Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (z. B. Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen (öffentlichrechtliche Einwendungen), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen. Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen (§ 21 Abs. 4 und 5 Bgld. BauG).
Die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren wie im Verwaltungsverfahren im Allgemeinen ist das Mittel zur prozessualen Durchsetzung materieller Rechte. Sie reicht demnach nicht weiter als die Rechte, zu deren Durchsetzung sie dient. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, die die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, dass der Gesetzgeber die Parteistellung ausdrücklich bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich macht. Es kann demnach die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden; auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechtes muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschrift beurteilt werden. Die Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" gewinnen erst durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift einen konkreten Inhalt, wonach allein die Frage der Parteistellung beantwortet werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 97/05/0262, und die dort zitierte weitere Rechtsprechung des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes).
In den Erläuternden Bemerkungen zu § 21 des Bgld. BauG wird in Übereinstimmung mit der oben wiedergegeben Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ebenfalls festgehalten, dass die Schaffung von subjektiven Rechten, die die Parteistellung begründen, eine Angelegenheit des materiellen Rechts ist und durch den zur Regelung der Sachmaterie zuständigen Gesetzgeber zu erfolgen hat. Während § 94 Abs. 3 der Burgenländischen Bauordnung 1969 noch eine beispielhafte Aufzählung der Vorschriften enthalten hat, auf welche öffentlichrechtliche Einwendungen der Anrainer (Nachbarn) gestützt werden können, fehlt im Bgld. BauG eine solche Aufzählung der Nachbarrechte. Es ist daher vorweg zu prüfen, ob es sich bei den Einwendungen der Anrainer um öffentlichrechtliche Einwendungen im Sinne des § 21 Abs. 4 Bgld. BauG handelt, insbesondere ob die behauptete Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil dem Anrainer im Hinblick auf seine im § 21 Abs. 4 Bgld. BauG normierte beschränkte Parteistellung nur ein Mitspracherecht hinsichtlich derjenigen materiellen Rechte zukommt, bezüglich deren öffentlichrechtliche Einwendungen erhoben werden können, und er diese Parteistellung gemäß § 42 AVG verliert, soweit er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung solche Einwendungen erhebt (das Vorliegen der übrigen im § 42 Abs. 1 AVG genannten Voraussetzungen wird unterstellt). Zum Verlust der Parteistellung kommt es auch, wenn nur unzulässige Einwendungen erhoben werden (vgl. hiezu die Erläuternden Bemerkungen zur AVG-Novelle 1998 1167 der BlgNR XX. GP S 30), worunter vor allem solche Einwendungen zu verstehen sind, mit welchen Rechte geltend gemacht werden, für welche der Partei (hier dem Anrainer) kein Nachbarrecht im Sinne obiger Ausführungen zuerkannt worden ist.
Gegenstand öffentlichrechtlicher Einwendungen können weiters nur jene im § 21 Abs. 4 Bgld. BauG aufgezählten Vorschriften sein, die auch dem öffentlichen Interesse dienen (arg. "...nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen..."). Das sind die von den Baubehörden im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens zu beachtenden, im § 3 Bgld. BauG aufgezählten baupolizeilichen Interessen.
Der mitbeteiligte Anrainer wendete im Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz ein, das Vorhaben verstoße gegen den Flächenwidmungsplan; er wies auch allgemein auf die Immissionsschutzbestimmung des § 3 Z. 5 Bgld. BauG hin.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 Bgld. BauG haben folgenden Wortlaut:
"§ 3
Zulässigkeit von Bauvorhaben
(Baupolizeiliche Interessen)
Bauvorhaben sind nur auf für die Bebauung geeigneten
Grundstücken zulässig, wenn sie
1. dem Flächenwidmungsplan ... nicht widersprechen,
....
5. durch ihre bestimmungsgemäße Benützung eine Gefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn nicht erwarten lassen ..."
Gemäß § 4 Bgld. BauG hat die Bgld. Landesregierung nach Maßgabe der im § 3 Z. 3 bis 6 festgelegten Kriterien mit Verordnung vom 2. Februar 1998, LGBl. Nr. 11, die Bauverordnung - BauVO erlassen, mit welcher die näheren Vorschriften über die Zulässigkeit von Bauvorhaben geregelt werden. Ein Bauvorhaben ist gemäß § 3 Z. 2 Bgld. BauG von der Behörde auch dahingehend zu prüfen, ob das Bauvorhaben den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
Gemäß § 15 Abs. 1 BauVO sind Bauten so zu planen, zu errichten und zu benützen, dass keine Gefährdungen oder das örtlich zumutbare Maß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub und sonstige Einwirkungen verursacht werden.
(Zum Verhältnis zwischen § 3 Z. 5 Bgld. BauG und § 15 Abs. 1 BauVO wird auf das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0162 verwiesen.)
Das zu bebauende Grundstück der Beschwerdeführer liegt nach dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde im Bauland-Wohngebiet.
Im § 14 Abs. 3 lit. a) Burgenländisches Raumplanungsgesetz (RPlG) wird das Wohngebiet wie folgt umschrieben:
"Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude samt den dazugehörigen Nebenanlagen (wie z. B. Garagen, Gartenhäuschen) bestimmt sind. Darüberhinaus ist die Errichtung von Einrichtungen und Betrieben zulässig, die der täglichen Versorgung und den wesentlichen sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dienen (wie z. B. Bauten des Einzelhandels und Dienstleistungsgewerbes, Kindergärten, Kirchen, Schulen) und keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn oder übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachen."
Das beschwerdegegenständliche, nach dem Baurecht bewilligungspflichtige Vorhaben war von den Baubehörden im Hinblick auf § 3 Bgld. BauG am Kriterium der Widmungskonformität zu messen. Zu prüfen war jedoch weiters, ob dieses baupolizeiliche Interesse auch dem Interesse des Anrainers (hier: Mitbeteiligten) dient. Dies ist im Beschwerdefall deshalb von besonderer Bedeutung, weil die - auch von der Baubehörde erster Instanz geprüfte - Widmungskonformität erst über Berufung des mitbeteiligten Anrainers von der belangten Behörde verneint worden ist.
Im hg. Erkenntnis vom 20. November 1972, Slg. Nr. 8317/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass eine nach dem Flächenwidmungsplan festgesetzte Widmung bewirkt, dass nur für solche Vorhaben eine baubehördliche Bewilligung erteilt werden darf, die in der bestimmten Widmungskategorie zulässig sind. Aus der Anordnung der Widmungskategorien in Flächenwidmungsplänen erfließen grundsätzlich Nachbarrechte auf Beachtung derselben insoweit, als die in diesen generellen Normen enthaltenen Regelungen unter Gesichtspunkten getroffen worden sind, die nicht nur öffentliche Interessen, sondern auch Interessen der Nachbarn in sich schließen. Widmungskategorien kommen als eine subjektivöffentliche Nachbarrechte gewährleistende Norm somit jedenfalls insoweit in Betracht, als durch die bestimmte Widmungskategorie ein Immissionsschutz gewährleistet wird. Auf die Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes besitzt daher der Anrainer - auch nach der daran anschließenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes- nicht schlechthin ein subjektiv-öffentliches Recht, ein solches wird aber grundsätzlich in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angenommen, wenn die bestimmte Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleistet (siehe hiezu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, Seiten 260 ff.).
Im Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/05/0163, hat der Verwaltungsgerichtshof im Geltungsbereich des § 94 Abs. 3 Burgenländische Bauordnung zur hier maßgeblichen Widmung Wohngebiet nach § 14 Abs. 3 lit. a RPlG bereits ausgeführt, dass diese Widmung, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist, dem Nachbarn ein subjektives Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung gibt. An dieser Aussage hält der Verwaltungsgerichtshof auch für den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 4 Bgld. BauG fest. Die Widmung Wohngebiet des § 14 Abs. 3 lit. a RPlG dient insofern auch dem Interesse des Anrainers, als damit die Errichtung von Einrichtungen und Betrieben für zulässig erklärt wird, die keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn oder übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/05/0220). Ob hingegen ein Bauvorhaben der täglichen Versorgung oder den wesentlichen sozialen oder kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dient, betrifft zwar öffentliche (baupolizeiliche) - von den Baubehörden jedenfalls zu prüfende - Interessen gemäß § 3 Bgld. BauG, nicht aber auch das Interesse des Anrainers. Dieses Ergebnis erklärt sich u. a. auch daraus, dass andere Baulandwidmungen wie z. B. Dorfgebiet (§ 14 Abs. 3 lit. b RPlG) ähnliche Tatbestandsmerkmale
enthalten ("... die den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Bedürfnissen der Bevölkerung des Dorfgebietes dienen ..."), jedoch keinen Immissionsschutz einräumen; mangels Immissionsschutz kommt dem Anrainer ein Recht auf Einhaltung dieser Widmungen schlechthin aber nicht zu (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 94/05/0213). Hätte der Gesetzgeber die widmungsmäßige Verwendung des Baugrundstückes schlechthin als öffentlichrechtliche Einwendung zulassen wollen, hätte er - wie dies im § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung vorgesehen war und im § 23 Abs. 3 lit. a Kärntner Bauordnung als geltendes Recht festgeschrieben ist - eine entsprechende gesetzliche Anordnung treffen müssen. Dem Bgld. BauG und den Erläuterungen hiezu lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass mit der Neuregelung der Parteistellung der Nachbarn (Anrainer) eine Ausweitung der diesen bisher im Baubewiligungsverfahren gewährten subjektiven-öffentlichen Rechte verbunden sein sollte. Wohl hat die Baubehörde das baupolizeiliche Interesse des § 3 Z. 5 Bgld. BauG zu beachten (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0162).
Ausgehend von dieser Rechtslage folgt daraus im Beschwerdefall:
Der mitbeteiligte Anrainer hat in der mündlichen Bauverhandlung eingewendet, das Bauvorhaben widerspreche der Widmung Wohngebiet, weil Material für einen weit "über das Ausmaß der täglichen Versorgung hinausgehenden Bedarf" gelagert werden soll. Damit hat aber der mitbeteiligte Anrainer nicht eine Verletzung der Widmungskonformität des Bauvorhabens wegen Verletzung des durch die Widmung Wohngebiet dem Anrainer gewährleisteten Immissionsschutzes geltend gemacht, sondern sich nur auf Vorschriften des Flächenwidmungsplanes berufen, welche im Sinne obiger Ausführungen ausschließlich dem öffentlichen Interesse dienen. Demnach handelt es sich um eine unzulässige Einwendung, welche zum Verlust der Parteistellung gemäß § 42 Abs. 1 AVG geführt hat. Damit kann der mitbeteiligte Anrainer keine Parteirechte mehr geltend machen (siehe hiezu Ph. Pallitsch, Die Präklusion im Verwaltungsverfahren, Seite 70, m. w. N.). Eine trotz Verlust der Parteistellung gemäß § 42 Abs. 1 AVG erhobene Berufung ist zurückzuweisen.
Auch der Hinweis des mitbeteiligten Anrainers auf den "Immissionsschutz" gemäß § 3 Z. 5 Bgld. BauG vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern, weil damit einerseits nicht auf die mangelnde Widmungskonformität des Bauvorhabens verwiesen und andererseits keine Einwendung im Rechtssinne erhoben worden ist. Dem betreffenden Vorbringen muss - um als Einwendung qualifiziert werden zu können - entnommen werden können, dass die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend gemacht wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. D. h. im gegebenen Zusammenhang, das Vorbringen muss auf einen oder mehrere der im § 15 BauVO erwähnten Emissionstatbestände (Lärm, Geruch, Rauch, Staub oder sonstige Einwirkungen) abgestellt sein. Der mitbeteiligte Anrainer hat aber nicht konkret dargetan, welche das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigungen und/oder Gefährdungen aus der Realisierung des in Rede stehenden Bauvorhabens für ihn entstehen könnten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0173, m. w. N.). Die Berufung, in welcher im Übrigen jeglicher Hinweis auf eine unzulässige Immissionsbelastung fehlt, wäre - nach der Aktenlage - daher mangels Erhebung öffentlichrechtlicher Einwendungen durch den mitbeteiligten Anrainer und des damit verbundenen Verlustes seiner Parteistellung zurückzuweisen gewesen.
Eine Sachentscheidung hätte die belangte Behörde nur dann treffen dürfen, wenn die Präklusionswirkungen des § 42 Abs. 1 AVG mangels Vorliegens der übrigen Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle nicht eintreten hätten können. Die vorliegenden Verwaltungsakten bieten hiefür keinen Anhaltspunkt. Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - ohne zu beachten, dass sie über eine Berufung eines Anrainers, der infolge Präklusion seine Parteistellung verloren hat - von zulässigen Einwendungen des mitbeteiligten Anrainers ausgegangen ist und deshalb in der Sache entschieden hat, hat sie sich mit den übrigen im § 42 Abs. 1 AVG genannten Voraussetzungen bisher nicht auseinander gesetzt. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die Frage der Präklusion des mitbeteiligten Anrainers mit den Parteien, insbesondere auch dem mitbeteiligten Anrainer zu erörtern und sodann darüber zu entscheiden haben. Erst wenn sich im fortgesetzten Verfahren ergeben sollte, dass dem mitbeteiligten Anrainer noch (beschränkte) Parteistellung zukommt, könnte über dessen Berufung in der Sache entschieden werden.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 3. Juli 2001
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