VwGH 2010/05/0218

VwGH2010/05/021813.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der E H in Wien, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marxergasse 29/11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. Juli 2010, Zl. MA 64-185/2010, betreffend Ersatzvornahme nach dem VVG, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
VVG §1 Abs1;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
VVG §1 Abs1;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines auf dem Los 11 einer Kleingartenanlage im 10. Bezirk in Wien befindlichen Hauses, das abweichend von der ihr erteilten Baubewilligung errichtet wurde.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. Dezember 2002 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Baulichkeit auf der obengenannten Liegenschaft der Auftrag erteilt, das nicht plangemäß errichtete Kleingartenwohnhaus im Ausmaß von 11,04 m × 6,11 m (Keller) mit einer Gebäudehöhe von 6,39 m (an der höchsten Stelle) und 6,02 m (an der niedrigsten Stelle) binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides beseitigen zu lassen. Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0066, auf das hinsichtlich des Titelverfahrens verwiesen wird, als unbegründet abgewiesen.

Mit Verfahrensanordnung des Magistrates der Stadt Wien, MA 25, vom 14. September 2004, wurde der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme angedroht und eine Nachfrist von 24 Wochen zur Beseitigung des Gebäudes eingeräumt (siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zlen. 2005/05/0121 und 0123). Mit weiterer Anordnung vom 24. Juni 2008 wurde der Beschwerdeführerin als verpflichteter Haus- und Grundeigentümerin zur Erfüllung der genannten Verpflichtung eine weitere Partitionsfrist von 4 Wochen eingeräumt.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2008 teilte die MA 37, Baupolizei, der MA 25 mit, dass die Beschwerdeführerin an diesem Tag eine mit Bauplänen versehene "Einreichung" vorgenommen habe.

Am 10. November 2009 ersuchte die MA 37 auf Grund des Ergebnisses einer Erhebung am 3. November 2009 um die Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens.

Mit Vollstreckungsverfügung vom 4. Dezember 2009 wurde die zwangsweise Durchführung des behördlichen Auftrages vom 4. Dezember 2002 durch Ersatzvornahme angeordnet.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass eine Planänderung vorgenommen worden sei und das entsprechende (geänderte) Bauvorhaben mit rechtskräftigem Bescheid vom 22. Dezember 2008 gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) bewilligt worden sei. Das Haus werde derzeit entsprechend dem neuen bewilligten Plan umgebaut. Da für das nunmehr errichtete Haus eine nachträgliche Bewilligung erwirkt worden sei, seien sowohl der Bauauftrag aus dem Jahre 2002, ergänzt durch die Entscheidung der Baubehörde vom 4. Dezember 2002, als auch die Vollstreckungsverfügung vom 4. Dezember 2009 gegenstandslos; eine Ersatzvornahme und ein Abbruch seien nicht erforderlich und auch rechtswidrig. Weiters machte die Beschwerdeführerin geltend, dass die im bekämpften Bescheid angegebenen Maße des planwidrig errichteten Kleingartenwohnhauses fehlerhaft seien und sich nicht mit jenen der Erhebungen der Baubehörde vom 15. Mai 2002 deckten. Die angefochtene Vollstreckungsverfügung beziehe sich sohin auf ein Bauwerk, welches so gar nicht errichtet worden sei. Der Berufung war unter anderem der Einreichplan vom 11. Juli 2008 (Kleingartenwohnhaus im Ausmaß von 8,66 m × 5,77 m mit einer Gebäudehöhe von 5 m) samt Bewilligungsvermerk vom 22. Dezember 2008 (auf dem Einreichplan) beigefügt.

In einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 1. Februar 2010 ist festgehalten, ein bestimmter Mitarbeiter der MA 37, Baupolizei, Bezirksstelle für den 10. Bezirk, habe telefonisch mitgeteilt, dass der Neubau eines Kleingartenwohnhaues auf diesem Grundstück im Ausmaß von 8,66 m × 5,77 m mit einer Gebäudehöhe von 5,20 m über verglichenem Gelände (an der höchsten Stelle) gemäß dem § 8 Wiener Kleingartengesetz 1996 (KlGG) für die in § 8 Abs. 3 KlGG festgelegten Dauer als bewilligt gelte. Das vorhandene Objekt könne so umgebaut werden, dass die Ausführung nach Fertigstellung dem bewilligten Projekt entspreche. Die Gebäudehöhe müsse niedriger und Veränderungen in Länge und Breite könnten durch Innenarbeiten erledigt werden. Eine Baubeginnsanzeige gemäß § 8 KlGG sei nicht erstattet worden. In der vorigen Woche habe der Mitarbeiter nur einen weiteren Zubau, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei, aber nicht Bauarbeiten feststellen können.

Mit Erledigung der belangten Behörde vom 5. Februar 2010 wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass verfahrensgegenständlich nur die Beseitigung des nicht planmäßig errichteten Kleingartenhauses sei, sich die mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 als erteilt geltende baubehördliche Bewilligung eines Neubaus eines Kleingartenhauses auf eine anderes Projekt beziehe, und daher keine nachträgliche Baubewilligung des ohne Bewilligung errichteten Objektes darstelle. Diese neue baubehördliche Bewilligung habe grundsätzlich keinen Einfluss auf das Vollstreckungsverfahren. Die Fertigstellung dieses baubehördlich bewilligten Projektes würde jedoch einen der Bauordnung gemäßen Zustand herbeiführen. Zudem habe der bautechnische Sachverständige der MA 37 am 1. Februar 2010, entgegen den Ausführungen in der Berufung, telefonisch mitgeteilt, dass bei einem Lokalaugenschein keine Bauarbeiten erkennbar gewesen seien und bis dato auch noch keine Baubeginnsanzeige bei der Baupolizei eingelangt sei.

Mit E-Mail vom 23. Februar 2010 ersuchte die Vertreterin der Beschwerdeführerin um Fristerstreckung für die Stellungnahme bis 20. März 2010. Mit E-Mail vom 19. März 2010 bat die Vertreterin der Beschwerdeführerin, die Frist zur Stellungnahme und Vorlage der Baubeginnsanzeige bis 30. April 2010 zu erstrecken, weil witterungsbedingt keine Maßnahmen hätten gesetzt werden können.

Auf Anfrage der belangten Behörde vom 23. März 2010 erstattete die MA 37 eine Stellungnahme vom 6. April 2010, in der sie ausführte, dass bis zum Zeitpunkt ihrer Erhebung am 31. März 2010 dem Bauauftrag nicht entsprochen und für das am 22. Dezember 2008 bewilligte Bauvorhaben noch kein Baubeginn angezeigt worden sei. Wenn das genannte Bauvorhaben plangemäß durchgeführt werden sollte, dann wäre der gegenständliche Bauauftrag (Abtragungsauftrag) nicht mehr zu vollstrecken. Im Zuge der Erhebung vom 31. März 2010 hätten keine Tätigkeiten bzw. zielführende Umbaumaßnahmen festgestellt werden können, die dazu führen würden, dass das gegenständliche Gebäude den Bestimmungen des KlGG entsprechen würde. Abschließend wurden die noch zu treffenden Maßnahmen genannt.

Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zunächst per E-Mail vom 8. April 2010 und anschließend mit Schreiben vom 27. April 2010 zur Kenntnis gebracht, worauf deren Vertreterin per E-Mail vom 30. April 2010 um Fristerstreckung zu Stellungnahme und Vorlage der Baubeginnsanzeige bis 30. Mai 2010 und mit E-Mail vom 21. Mai 2010 um Fristerstreckung zur Stellungnahme bis 11. Juni 2010 ersuchte. Mit Schreiben vom 11. Juni 2010 wurde diesbezüglich um eine weitere Fristerstreckung bis 18. Juni 2010 gebeten.

Am 8. Juni 2010 überreichte die Beschwerdeführerin persönlich die Baubeginnsanzeige betreffend das am 22. Dezember 2008 bewilligte (als bewilligt geltende) Bauvorhaben.

Mit E-Mail vom 18. Juni 2010 erbat die Vertreterin der Beschwerdeführerin abermals eine Erstreckung der Frist zur Vorlage von Unterlagen bis 10. Juli 2010. Der Beschwerdeführerin sei von einem Organwalter der MA 37 der 18. November 2010 als Frist für die Fertigstellung der Umbauarbeiten genannt und es seien bereits Arbeiten durchgeführt worden. Zudem werde die Durchführung eines Lokalaugenscheins unter Anwesenheit der Beschwerdeführerin und ihrer Vertreterin beantragt.

In einem Aktenvermerk vom 28. Juni 2010 hielt die belangte Behörde fest, ein Mitarbeiter der MA 37 habe nach Besichtigung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft am 23. Juni 2010 telefonisch erklärt, dass die Beschwerdeführerin am alten nicht konsensgemäßen Haus weiterbaue, ohne die erforderlichen Arbeiten durchführen zu lassen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Juli 2010 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des Sachverhalts und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen insbesondere folgendes aus:

"Der verfahrensgegenständliche Bauauftrag ist - nach Bestätigung durch die Bauoberbehörde Wien (mit geringfügigen Adaptierungen) und den Verwaltungsgerichtshof rechtskräftig.

Zum Vorbringen der Berufungswerberin, dass die in der Vollstreckungsverfügung zur Beschreibung des abzubrechenden Gebäudes enthaltenen Maße nicht stimmen, wird darauf hingewiesen, dass die in der Vollstreckungsverfügung angegebenen Maße mit den im rechtskräftig erlassenen Bauauftrag enthaltenen Maßen übereinstimmen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof schon im zum Bauauftrag ergangenen Erkenntnis vom 27.04.2004, Zl. 2003/05/0066-7, festgestellt, dass die Maße des Gebäudes im Bauauftrag nur zur Verdeutlichung des Auftrages dienten. Dass sie ganz exakt seien, sei für die erforderliche Bestimmbarkeit des Auftrags nicht erforderlich.

Das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien - MA 37, Bezirksstelle für den 10. Bezirk vom 22.12.2008, Zahl: (…), wonach die im Bezug habenden Einreichplan dargestellten Umbaumaßnahmen am verfahrensgegenständlichen Haus gemäß § 8 WKlGG und § 79 BO als bewilligt gelten, stellt zweifellos eine neue Baubewilligung dar, die nicht die von der Berufungswerberin bauordnungswidrig und ohne Baubewilligung vorgenommenen Baumaßnahmen zur Errichtung des gegenständlichen Hauses, sondern ein 'aliud' zum Gegenstand hat.

Während die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Fall kennt, dass bewilligungsfähige Baumaßnahmen ohne Baubewilligung durchgeführt wurden und der nachfolgende Beseitigungsauftrag durch eine nachträgliche Baubewilligung obsolet wurde, ist das Haus der Berufungswerberin in seinem gegenwärtigen Umfang nicht bewilligungsfähig, da es den Bauvorschriften in mehrfacher Hinsicht widerspricht. Die gemäß Schreiben des Magistrates der Stadt Wien - MA 37, Bezirksstelle für den 10. Bezirk vom 22.12.2008, Zahl: (…), als bewilligt geltenden Baumaßnahmen hätten bei vollständiger Umsetzung das Gebäude in einen den Bauvorschriften entsprechenden Zustand versetzt, dieses Schreiben stellt jedoch, wie oben dargestellt, keine nachträgliche Baubewilligung für die diesem Vollstreckungsverfahren zu Grunde liegenden Baumaßnahmen dar."

Die weiteren Ausführungen lassen sich dahin zusammenfassen, dass ein zügiger Baufortschritt zur Umsetzung der neuen Bewilligung nicht feststellbar gewesen sei und daher ein weiteres Zuwarten mit der Ersatzvornahme zu unterbleiben habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf "Unterbleiben der Anordnung der Ersatzvornahme", auf "Vorschreibung gelinderer Mittel" sowie auf "Parteiengehör" verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass - entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Vollstreckungsverfahren einzustellen sei, wenn eine nachträgliche Baubewilligung erwirkt werde - mit Bescheid der MA 37 vom 22. Dezember 2008 das bestehende Gebäude den gesetzlichen Vorschriften angepasst worden sei und diese als nachträglich bewilligt geltende Baumaßnahme nicht als ein "Aliud" oder "Neubaubewilligung" beurteilt werden könne. § 129 Abs. 10 BO müsse nämlich so verstanden werden, dass die Verpflichtung zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Baus dann nicht bestehe, wenn eine nachträgliche Bewilligung erwirkt worden sei, die dazu führe, dass der vorhandene Bau den gesetzlichen Bestimmungen angepasst werde. Im Rahmen des laufenden Umbaus würden nur die Änderungen der Pläne umgesetzt, die für die Anpassung an die bestehenden Bauvorschriften unbedingt notwendig seien. Die belangte Behörde hätte sohin feststellen müssen, dass eine Vollstreckung des Abtragungsauftrages durch die Bewilligung vom 22. Dezember 2002 unzulässig sei, zumal die Frist für die Bauführung und Fertigstellung gemäß § 8 Abs. 13 KlGG nicht abgelaufen sei.

Der im gegenständliche Fall maßgebliche zweite Satz des § 129 Abs. 10 BO schreibt vor, dass ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6 BO) erstattet wurde, zu beseitigen ist.

Demzufolge hindert ein nachträgliches Baubewilligungsgesuch zwar nicht die Erlassung eines Abtragungsauftrages, wohl aber kann ein solcher Auftrag nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes während der Anhängigkeit eines entsprechenden Ansuchens um nachträgliche Bewilligung und nach Erteilung einer nachträglichen Bewilligung nicht (mehr) vollstreckt werden (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 2005, Zl. 2004/05/0279 und vom 25. März 2010, Zl. 2007/05/0026).

Um die Vollstreckung des Abtragungsauftrages zu hindern, muss die nachträgliche Bewilligung - nach dem Wortlaut des Gesetzes (vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt worden ist) und entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - jedoch jenes Bauwerk zum Gegenstand haben, dessen Vorschriftswidrigkeit im Titelverfahren festgestellt wurde.

Im Titelbescheid vom 4. Dezember 2002 wurde die Beseitigung eines Kleingartenwohnhauses im Ausmaß von 11,04 m × 6,11 m (Keller) mit einer Gebäudehöhe von 6,39 m (an der höchsten Stelle) bzw. 6,02 m (an der niedrigsten Stelle) angeordnet. Zutreffend hat die belangte Behörde daher erkannt, dass die Erledigung vom 22. Dezember 2008, wonach die Errichtung eines Kleingartenwohnhauses im Umfang von 8,66 m × 5,77 m mit einer Gebäudehöhe von 5 m als bewilligt gilt, keine nachträgliche Baubewilligung betreffend das "alte" Gebäude, sondern, auf Grund der unterschiedlichen Maße eine Baubewilligung für ein anderes Bauvorhaben darstellt. Ein der Vollstreckung entgegenstehendes Hindernis wurde von der belangten Behörde sohin zu Recht verneint. Demnach war auch die Frist für die Bauführung und Fertigstellung gemäß § 8 Abs. 13 KlGG für das am 22. Dezember 2008 bewilligte neue Bauvorhaben im gegenständlichen Vollstreckungsverfahren nicht zu beachten.

Ausgehend davon, dass eine die zwangsweise Durchsetzung des Titelbescheides hindernde nachträgliche Bewilligung des auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin stehenden Baus nicht vorliegt, muss auch der Vorwurf fehlschlagen, angesichts dieser Bewilligung hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob ein Beseitigungsauftrag und eine Ersatzvornahme für das gesamte Gebäude oder nur für die erfolgte Abweichung zu erteilen sei, wobei im Zuge der Ersatzvornahme dann lediglich "alternativ" aufzutragen gewesen wäre, die entsprechenden Anpassungen am Haus vorzunehmen. Im Vollstreckungsverfahren ist nämlich der im Leistungsbefehl aufgetragene Zustand herzustellen und die Vollstreckungsbehörde ist an die sich aus dem Titelbescheid ergebende Leistungspflicht gebunden. Für eine Anordnung im Vollstreckungsverfahren, auf Grund der Bewilligung vom 22. Dezember 2008 lediglich Anpassungen vorzunehmen, fehlt es, bedingt durch die Akzessorietät gegenüber dem Titelbescheid, deshalb schon an einer Deckung im rechtskräftigen Bauauftrag vom 4. Dezember 2002.

Soweit die Beschwerdeführerin unter Verweis auf § 2 VVG moniert, die belangte Behörde hätte im Rahmen der Ersatzvornahme als gelindestes Mittel statt des Beseitigungsauftrages lediglich einen Abänderungsauftrag zu erteilen gehabt, ist ihr zum Einen abermals zu erwidern, dass eine bloße Änderung des Bauwerks, wie dargelegt, dem Leistungsbefehl im Titelbescheid widerspricht und das Schonungsprinzip nicht dazu herangezogen werden darf, von der Vollstreckung des Titelbescheids, nämlich der Beseitigung des vorschriftswidrigen Baus, überhaupt abzusehen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. Jänner 1997, Zl. 96/07/0231, und vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/06/0224). Zum anderen normiert der angesprochene § 2 Abs. 1 VVG, dass die Vollstreckungsbehörden bei der Handhabung der im VVG geregelten Zwangsbefugnisse jeweils das gelindeste "noch zum Ziel führende", sprich den Titelbescheid durchsetzende Zwangsmittel zu wählen ist. Im gegenständlichen Fall kommt - zur zwangsweisen Durchsetzung einer vertretbaren Leistung -

als "Zwangsmittel" ausschließlich die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG in Betracht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 2007, Zl. 2006/05/0058, und vom 15. März 2011, Zl. 2011/05/0036), und das, wie bereits dargelegt, betreffend das gesamte "alte" Gebäude.

Es kommt auch im gegebenen Zusammenhang nicht darauf an, ob die Abtragung des Hauses im Zuge der Vollstreckung für die Beschwerdeführerin das "wirtschaftliche und finanzielle Ende" wäre, zumal dem Vollstreckungsrecht eine allgemeine Härteklausel unbekannt ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/11/0323, und vom 15. März 2011, Zl. 2011/05/0036).

Die Beschwerdeführerin führt weiters ins Treffen, dass ihr die mit Verfahrensanordnung vom 24. Juni 2008 gesetzte Frist zur Ersatzvornahme zu kurz bemessen worden sei; die Beschwerdeführerin übergeht aber, dass ihr bereits zuvor eine Nachfrist von 24 Wochen erteilt worden war. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen wäre, die ihr auferlegte Leistung zu erbringen. Dass die MA 25 als Behörde erster Instanz in ihrer Vollstreckungsverfügung, im Widerspruch zur Paritionsfrist, in der Androhung der Ersatzvornahme eine Frist von sechs Monaten bestimmt hätte, trifft nicht zu. Lediglich im Rahmen der Wiedergabe des Titelbescheids vom 4. Dezember 2002 wird die im Titelbescheid eingeräumte sechsmonatige Frist zur Erfüllung des Bauauftrages erwähnt.

Schließlich führt das Vorbringen, es seien ohne Kenntnis der Beschwerdeführerin Lokalaugenscheine durch einen befangenen Mitarbeiter der MA 37 durchgeführt worden, die Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg, weil im Lichte des zuvor Gesagten (wonach der Umstand, dass die Errichtung eines anderen Hauses als bewilligt gilt, die Vollstreckung des Titelbescheides nicht hindert) die Relevanz dieses behaupteten Mangels nicht dargetan wird. Gleiches gilt zur behaupteten Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör.

Hinsichtlich der bereits in der Berufung enthaltenen und nun wiederholten Rüge, die in der Vollstreckungsverfügung zur Beschreibung des verfahrensgegenständlichen Bauwerks angegeben Maße stimmten nicht, ist auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu verweisen, wonach die Maße in der Vollstreckungsverfügung mit jenen im Titelbescheid übereinstimmten und schon im vorgenannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2004 festgestellt wurde, dass die Maße des Gebäudes im Bauauftrag nur zu Verdeutlichung des Auftrages dienen und deren Exaktheit für die Bestimmbarkeit des Auftrages nicht erforderlich ist.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Erwägungen kann im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde kein Mangel erkannt werden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 13. November 2012

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