VwGH 2010/01/0003

VwGH2010/01/000326.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des H S in W, vertreten durch Mag. A. Konstantino Huber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Herrengasse 8/1/39, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 28. Februar 2008, Zl. MA 35/IV - S 478/2007, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §11a Abs1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §12 Z1 litb idF 2006/I/037;
StbG 1985 §15 Abs1 Z3 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 2008 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines chinesischen Staatsangehörigen, vom 6. Juni 2007 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 Abs. 1 Z. 1, 11a Abs. 1, 12 Z. 1 lit. b iVm 15 Abs. 1 Z. 3 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006 (im Folgenden: StbG), ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei chinesischer Staatsangehöriger und seit 14. September 1988 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er halte sich seit 25. April 1989 im Bundesgebiet auf. Er verfüge über gute Deutschkenntnisse, einen unbefristeten Aufenthaltstitel sowie freien Zugang zum Arbeitsmarkt und sei beruflich sehr gut integriert. Der Beschwerdeführer habe sich seinen Angaben zufolge aus beruflichen Gründen seit Februar 2004 in näher genannten Zeiträumen in China aufgehalten, in den dazwischen liegenden Zeiträumen sei er nach Wien zurückgekehrt. Zusammengerechnet sei er damit (seit 15. Februar 2004) insgesamt

1.142 Tage, umgerechnet also drei Jahre und eineinhalb Monate, im Ausland gewesen. Auch unter Abzug jeweils der An- und Abreisetage ergebe sich (seit 15. Februar 2004) zusammengerechnet ein Auslandsaufenthalt von über drei Jahren.

Der Beschwerdeführer habe sich damit länger als die zulässigen 20 v.H. der in den §§ 10 Abs. 1 Z. 1, 11a Abs. 1 und 12 Z. 1 lit. b StbG normierten Fristen im Ausland aufgehalten. Er habe somit die Fristen des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes im Bundesgebiet gemäß §§ 10 Abs. 1 Z. 1, 11a Abs. 1 und 12 Z. 1 lit. b StbG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 30. November 2009, B 827/08-8, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer ergänzte die Beschwerde mit Schriftsatz vom 16. Februar 2010. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.

Gemäß § 11a Abs. 4 StbG ist einem Fremden nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn 1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und bei fünfjähriger aufrechter Ehe im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt;

2. die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden und 3. er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist.

Gemäß § 12 Z. 1 lit. b StbG ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er seit mindestens 15 Jahren seinen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet hat und seine nachhaltige persönliche und berufliche Integration nachweist.

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG wird die Frist des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts nach diesem Bundesgesetz unterbrochen, wenn sich der Fremde innerhalb dieser Frist insgesamt länger als 20 v.H. der Zeitspanne außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat; in diesen Fällen beginnt die Frist ab der letzten rechtmäßigen Einreise neuerlich zu laufen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass nach dem klaren Wortlaut der genannten Bestimmungen ("rechtmäßig und ununterbrochen") Verleihungsvoraussetzung ist, dass der Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen - unter Berücksichtigung der Unterbrechungstatbestände des § 15 Abs. 1 StbG - durchgehenden (eben "ununterbrochenen") legalen Aufenthalt im Bundesgebiet vorweisen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. November 2011, Zl. 2009/01/0020, mwH).

Der Beschwerdeführer bestätigt in seiner ergänzten Beschwerde die von der belangten Behörde angenommenen Zeiträume, in denen er sich (seit Februar 2004) im Ausland aufgehalten hat. Eine konkrete Bestreitung der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe sich ab Februar 2004 insgesamt mehr als drei Jahre nicht im Bundesgebiet aufgehalten, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Davon ausgehend kann der belangten Behörde aber nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer sich länger als die zulässigen 20 v.H. der in den §§ 10 Abs. 1 Z. 1, 11a Abs. 1 und 12 Z. 1 lit. b StbG normierten Fristen außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat.

Soweit die Beschwerde auf den Begriff des Hauptwohnsitzes verweist und damit argumentiert, der Beschwerdeführer habe seinen in Österreich begründeten Wohnsitz niemals aufgegeben, ist ihr zu entgegnen, dass es nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG ("rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten") sowie des § 11a Abs. 1 StbG ("nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von") und des § 12 Z. 1 lit. b StbG ("seinen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt") in der hier maßgeblichen Fassung nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht mehr auf den Hauptwohnsitz, sondern auf den durchgehenden rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet in der erforderlichen Mindestdauer, zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde, ankommt. Aus § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG ergibt sich, dass eine tatsächliche Anwesenheit des Fremden im Bundesgebiet im Umfang von mindestens vier Fünftel des Zeitraumes erforderlich ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 17. November 2011, Zl. 2009/01/0020, mwH).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Jänner 2012

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