VwGH 2009/22/0150

VwGH2009/22/015019.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des SN in S, geboren am 28. März 1961, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 9. April 2009, Zl. Fr-4250a-126/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §1 Abs2 litm idF 2005/I/101;
AuslBG §2;
AuslBG §3 Abs8 idF 2005/I/101;
AVG §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AuslBG §1 Abs2 litm idF 2005/I/101;
AuslBG §2;
AuslBG §3 Abs8 idF 2005/I/101;
AVG §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 8, §§ 63, 66, 86 und 87 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Dieses stützte sie tragend darauf, dass der Beschwerdeführer am 12. April 2006 bei einer Beschäftigung (Reinigungsarbeiten) betreten worden sei, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht hätte ausüben dürfen. Am 30. September 2008 sei er neuerlich bei einer Arbeit (als Hilfskraft für Be- und Entladetätigkeiten von Schrott) betreten worden, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen.

Der Beschwerdeführer sei Familienangehöriger einer "nicht freizügigkeitsberechtigten" (richtig: ihr unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht nicht in Anspruch genommen habenden) österreichischen Staatsbürgerin, weshalb das Aufenthaltsverbot gemäß § 87 FPG unter den Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 FPG verhängt werden könne.

In der weiteren Begründung erachtete die belangte Behörde den als Orientierungsmaßstab heranzuziehenden Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG als erfüllt und die Voraussetzung des § 86 Abs. 1 FPG als gegeben, zumal der Beschwerdeführer mehrfach verwaltungsbehördlich habe bestraft werden müssen.

Der Beschwerdeführer sei im August 2005 wieder nach Österreich gezogen und habe am 14. Dezember 2005 die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger nach § 49 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 beantragt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 5. April 2006 sei dieser Antrag abgewiesen worden. Mit zweitinstanzlichem Bescheid vom 16. Jänner 2008 sei der Berufung mit der Begründung keine Folge gegeben worden, dass § 21 Abs. 1 NAG (das Erfordernis der Auslandsantragstellung) der Bewilligung des Antrages entgegenstehe.

In der Folge nahm die belangte Behörde eine Interessenabwägung nach § 66 FPG zu Lasten des Beschwerdeführers mit der wesentlichen Begründung vor, dass dieser zweimal eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt habe, sein Aufenthalt rechtswidrig sei und er diverse Verwaltungsübertretungen begangen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer ist Ehemann einer österreichischen Staatsbürgerin. § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG ordnet zwar an, dass drittstaatsangehörige Ehepartner österreichischer Staatsbürger vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen sind, sofern sie zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt sind. Eine Ausnahme vom Geltungsbereich des AuslBG gemäß dessen § 1 Abs. 2 lit. m kann allerdings nur unter der Voraussetzung angenommen werden, dass dem drittstaatsangehörigen Ehepartner ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt wurde, der zur Niederlassung im Bundesgebiet und zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt; der Erteilung eines Aufenthaltstitels kommt - außerhalb der Freizügigkeitssachverhalte - konstitutive Wirkung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2011, 2009/09/0010). Ein solcher Aufenthaltstitel ist dem Beschwerdeführer nicht erteilt worden.

Dennoch ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. Die belangte Behörde stützte das Aufenthaltsverbot im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer zweimal unerlaubt eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Zum zweiten Vorfall gab die belangte Behörde die Aussage des Beschwerdeführers wieder, dass als Entlohnung für die Tätigkeit am 30. September 2008 50 Prozent des Umsatzes ausgemacht gewesen seien. Im Verwaltungsakt ist im Strafantrag vom 23. Februar 2009 die Aussage des Beschwerdeführers wiedergegeben, dass er sich den Gewinn "mit seinem Beschäftiger zu gleichen Teilen" teile.

Die wesentlichen Merkmale eines Arbeitsverhältnisses bestehen darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung enthält (vgl. etwa Bichl/Schmid/Szymanski, Das neue Recht der Arbeitsmigration, Kommentar 2006, § 2 AuslBG K5). Die Wiedergabe der Aussage, dass der Beschwerdeführer "50 % des Umsatzes" erhalte, reicht nicht aus, um ein Arbeitsverhältnis oder ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis im Sinn des AuslBG bejahen zu können. Dazu hätte es näherer Feststellungen zu den Vereinbarungen, die dieser Tätigkeit zu Grunde lagen, bedurft. Das Teilen des "Umsatzes" aus einer bestimmten Tätigkeit im Verhältnis 1:1 indiziert keineswegs ein bloßes (untergeordnetes) Arbeitsverhältnis.

Es ist somit nicht auszuschließen, dass zweckentsprechende Feststellungen die Bejahung eines dem AuslBG unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses verwehren. Es ist weiters nicht auszuschließen, dass - wurde der Beschwerdeführer im zweiten Fall nicht bei einer Beschäftigung betreten, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen - das Aufenthaltsverbot nicht vorwiegend auf die länger zurückliegende Betretung am 12. April 2006 hätte gestützt werden können, zumal die belangte Behörde diesbezüglich keine Feststellungen getroffen hat, ob der Beschwerdeführer damals im guten Glauben auf die Bestätigung des Arbeitsmarktservice der Beschäftigung nachgegangen ist. Letztlich wird anhand des gesamten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zu prüfen sein, ob dieser überhaupt eine Gefährdung nach dem Maßstab des § 86 Abs. 1 FPG, nunmehr § 67 Abs. 1 FPG, begründen kann.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 19. Jänner 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte