Normen
BAO §20;
BAO §212 Abs1;
BAO §212;
FinStrG §172 Abs1;
VwRallg;
BAO §20;
BAO §212 Abs1;
BAO §212;
FinStrG §172 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erledigung vom 19. Juli 2007 forderte das Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer auf, die mit Berufungsentscheidung vom 27. April 2006 verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Wochen ab 16. August 2007 anzutreten, weil die mit der genannten Entscheidung verhängte Geldstrafe von EUR 35.000,-- (wegen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a und b FinStrG sowie Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG) nicht einbringlich sei.
Der Beschwerdeführer stellte mit (einem an die in der genannten Erledigung angeführten Sachbearbeiterin gerichteten) Schreiben vom 16. August 2007 ("Betr.: Gewährung eines Strafaufschubes lt. § 177/1 FStg") den Antrag auf Gewährung einer Ratenzahlung in der Höhe von monatlich EUR 500,--. Er beziehe aus unselbstständiger Tätigkeit ein Bruttogehalt von EUR 1.000,--. Da seine derzeitige Arbeitgeberin die Gebäudereinigung MW ohne seine Spezialkenntnisse im Bereich der Naturstein- und Aluminiumfassadenpflege nicht in der Lage wäre, den neu gegründeten Betrieb weiterzuführen, gefährde die Verweigerung der Ratenzahlung seine Existenz.
Der Beschwerdeführer legte diesem Antrag ein Schreiben der MW vom 16. August 2007 bei, in welchem diese ausführte, sie habe Anfang Juni ein Fassadenreinigungsunternehmen gegründet und beschäftige den Beschwerdeführer um EUR 1.000,-- brutto pro Monat. Spätere Lohnerhöhungen seien nicht ausgeschlossen. Ein gleichwertiger Spezialist sei derzeit nicht zu bekommen. Um für das Unternehmen eine wirtschaftliche Katastrophe zu vermeiden, ersuche sie, dem Beschwerdeführer die Ratenzahlung von EUR 500,-- zu bewilligen.
Beigelegt waren weiters Gehaltsabrechnungen der Gebäudereinigung MW betreffend den Beschwerdeführer, welche für den Juni 2007 einen Nettobezug von EUR 710,68 und für den Juli 2007 einen solchen von EUR 820,-- auswiesen.
Mit Bescheid vom 27. August 2007 wies das Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag auf Bewilligung einer Zahlungserleichterung ab und forderte den Beschwerdeführer auf, den Betrag von EUR 37.213,-- unverzüglich zu entrichten. Begründend führte das Finanzamt aus, die vom Beschwerdeführer angebotenen Raten von EUR 500,-- seien im Verhältnis zur Rückstandshöhe zu niedrig. Dadurch erscheine die Einbringlichkeit gefährdet.
In der dagegen erhobenen "Berufung" brachte der Beschwerdeführer vor, dass die volle und sofortige Abgabenentrichtung für ihn mit erheblichen Härten verbunden sei. Eine Ratenzahlung würde die Einbringlichkeit des geschuldeten Geldbetrages keinesfalls gefährden. Hingegen gefährde deren Verweigerung seine Existenz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das als Beschwerde gewertete Rechtsmittel des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, dass noch die gesamte Geldstrafe in Höhe von EUR 35.000,-- (aus der Berufungsentscheidung vom 27. April 2006) als unentrichtet aushafte. Daneben seien auch Nebengebühren (Säumniszuschlag und Stundungszinsen in Höhe von EUR 1.936,37), Verfahrenskosten in Höhe von EUR 363,-- sowie Stundungszinsen aus einem früheren Finanzstrafverfahren in Höhe von EUR 435,62 ausständig.
Voraussetzung der Bewilligung einer Zahlungserleichterung sei die Einbringlichkeit des Geldbetrages und das Vorliegen einer mit der sofortigen völligen Entrichtung der Strafe verbundenen erheblichen Härte für den Antragsteller.
Durch den Zeitablauf seit dem Fälligkeitszeitpunkt 27. Mai 2006 habe das vom Gesetzgeber beabsichtigte spürbare Sanktionsübel ohnehin eine nicht unwesentliche Einschränkung erfahren. Im Hinblick auf die schlechten finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei in der sofortigen vollen Entrichtung des Betrages eine erhebliche, den gesetzlichen Zweck übersteigende Härte zu erblicken. Berücksichtige man allerdings, dass der Beschwerdeführer bisher keinerlei Zahlungsbereitschaft etwa durch Zahlung eines Geldbetrages gezeigt habe und zwanzig Monate nach gesetzlicher Fälligkeit der Geldstrafe diese noch zur Gänze unentrichtet sei, so könne eine erhebliche Härte nur dann angenommen werden, wenn jedenfalls eine vierjährige Zahlungsfrist (ab der gesetzlichen Fälligkeit), das ergebe einen restlichen Abstattungszeitraum von 26 Monaten bzw. von monatlichen Teilzahlungen von annähernd EUR 1.300,--, eingehalten würde.
Zweck des § 172 Abs. 1 FinStrG sei es, unter Aufrechterhaltung der mit dem Strafausspruch verbundenen sachgerechten Strafzwecke, bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen den wirtschaftlichen Ruin des Bestraften nach Möglichkeit hintanzuhalten. Sei ein Bestrafter ob seiner finanziellen Mittel gar nicht in der Lage, die ihm zuzugestehenden Teilzahlungsbedingungen einzuhalten, so fehle es von vornherein an einer für die positive Ermessensentscheidung sprechenden Grundlage. In einem solchen Fall stünden Zweckmäßigkeitserwägungen der Bewilligung eines letztlich unrealistischen weiteren Zahlungsaufschubs entgegen. Die Berufung sei daher als unbegründet abzuweisen.
Der Beschwerdeführer erhob zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 10. Juni 2008, B 544/08-4, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seiner vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf fehlerfreie Handhabung des beim Ansuchen um Zahlungserleichterung im Finanzstrafverfahren auszuübenden Ermessens sowie in seinem Recht "auf Gewährung des Strafaufschubes gemäß § 177 FinStrG" verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung der Geldstrafen und Wertersätze sowie der Zwangs- und Ordnungsstrafen und die Geltendmachung der Haftung den Finanzstrafbehörden erster Instanz. Hiebei gelten, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß.
Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz richtet sich damit nach § 212 BAO (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, Zl. 2003/13/0084).
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Zahlungserleichterungen nach § 212 Abs. 1 BAO ist somit sowohl die Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages, als auch das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabenpflichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2004, 2001/16/0371, mwN).
Sind alle Voraussetzungen für Zahlungserleichterungen gegeben, so liegt die Bewilligung im Ermessen der Behörde (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 14 zu § 212, genannte hg. Rechtsprechung).
Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 8 zu § 20, genannte hg. Rechtsprechung).
Maßgebend für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung einer Geldstrafe ist die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Dieser besteht in einem dem Bestraften zugefügten Übel, das ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten soll. Dass die Gewährung solcher Zahlungserleichterungen, welche dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand ermöglichen soll, dem Strafzweck zuwider liefe, liegt auf der Hand. Aber auch im Ruin der wirtschaftlichen Existenz eines Bestraften kann keine sinnvolle Erreichung des mit der Bestrafung verfolgten Zwecks erblickt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, Zl. 2003/13/0084).
Die belangte Behörde hat im Ergebnis das Vorliegen der Voraussetzungen der Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages und das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabenpflichtigen bejaht und ihre Ermessensentscheidung getroffen, indem sie den unbestrittenen Umstand, dass das Abgabenkonto des Beschwerdeführers auch aushaftende Stundungszinsen aus einer anderen Bestrafung nach dem FinStrG aufgewiesen hat und dass fast zwanzig Monate nach dem Fälligkeitszeitpunkt die gegenständliche Geldstrafe zur Gänze unberichtigt ausgehaftet ist, zu Grunde gelegt hat.
Die Beschwerde rügt zunächst, die belangte Behörde habe in ihre Entscheidung auch andere offene Forderungen am Abgabenkonto des Beschwerdeführers einbezogen.
Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass bei Bewilligung einer Zahlungserleichterung ohne Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages die Behörde - von den zusammengefasst verbuchten Abgaben abgesehen - eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen hätte (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 1 zu § 212, genannte hg. Rechtsprechung). Im Beschwerdefall gibt es jedoch keine Anzeichen dafür, dass dies geschehen ist. Der Umstand, dass die belangte Behörde in ihrer Begründung neben der gegenständlichen Geldstrafe noch aushaftende Stundungszinsen aus einem früheren Finanzstrafverfahren angeführt hat, hatte noch nicht zur Folge, dass diese vom Ausspruch über das Ratenansuchen erfasst worden wären. Die belangte Behörde durfte in ihrer Ermessensentscheidung auch berücksichtigen, ob der Beschwerdeführer bislang seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Abgabenbehörden nachgekommen ist.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass über seinen Antrag auf Strafaufschub nicht abgesprochen worden sei, "weshalb der angefochtene Bescheid und das vorangegangene Verfahren mit Verfahrensmängeln behaftet" seien.
Es kann im Beschwerdefall jedoch dahingestellt bleiben, ob das Schreiben des Beschwerdeführers vom 16. August 2007 auch als Antrag auf Strafaufschub gewertet werden kann. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nämlich ausschließlich das vom Beschwerdeführer in diesem Schreiben jedenfalls gestellte Ansuchen um Gewährung von Ratenzahlung.
Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, dass er "bislang unbescholten" sei und damit offenbar rügt, dass dies nicht bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt worden sei, so ist ihm - abgesehen vom Neuerungsverbot - die von ihm nicht bestrittene Feststellung im angefochtenen Bescheid entgegenzuhalten, wonach über ihn bereits in einem anderen Finanzstrafverfahren eine Strafe verhängt worden sei.
Der Beschwerdeführer rügt auch, die belangte Behörde hätte nicht berücksichtigt, dass ihm die Zahlung von monatlich EUR 500,--
nur unter Anspannung all seiner Kräfte gerade noch möglich sein würde, sodass der mit der Bestrafung verbundene Zweck auch ohne seinen wirtschaftlichen Ruin bewirkt würde. Hingegen würde er bei Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe seinen Arbeitsplatz verlieren. Mit nunmehr 60 Jahren wäre er am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar und würde nur mehr eine - nicht pfändbare - Mindestpension beziehen.
Mit diesem - im Wesentlichen bereits bei Antragstellung erstatteten - Vorbringen hat sich die belangte Behörde in ihrer Ermessenentscheidung nicht auseinander gesetzt. Dem Beschwerdeführer ist dahingehend zuzustimmen, dass bei einem monatlichen Einkommen von EUR 1.000,-- bei einer monatlichen Rate von EUR 500,-- von einer "bequemen" Ratenzahlung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, Zl. 2003/13/0084) nicht mehr die Rede sein kann. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang insbesondere nicht begründet, warum eine Ratenzahlung in dieser Höhe nicht geeignet wäre, den Beschwerdeführer von weiteren Straftaten abzuhalten, ohne dabei seine wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Bei einer Laufzeit von rund sechs Jahren (vgl. wieder das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003) kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zahlungserleichterung in einer Art gewährt würde, dass der Zahlungsanspruch niemals erfüllt werden könne und letztlich auf eine Sanktionslosigkeit hinausliefe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2004, 2001/16/0371, in welchem eine Laufzeit einer Ratenzahlung von mehr als 60 Jahren im Ergebnis als Uneinbringlichkeit beurteilt wurde).
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass es sich beim nunmehrigen Arbeitgeber des Beschwerdeführers um das Einzelunternehmen der langjährigen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers handle, so ist sie darauf hinzuweisen, dass selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift die fehlenden Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, 2005/17/0275). Dasselbe gilt auch für die von der belangten Behörde erst in ihrer Gegenschrift getroffenen Feststellungen zu den Abgabenhinterziehungen, für welche der Beschwerdeführer bereits bestraft worden sei und welche "zum überwiegenden Großteil als Rückfallstaten iSd § 41 Abs. 1 FinStrG zu qualifizieren" seien.
Auf Grund dieses Begründungsmangels belastete daher die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Damit erübrigt sich die Entscheidung der Berichterin über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 25. November 2010
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