VwGH 2009/10/0212

VwGH2009/10/021224.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerden der J R in Wien, 1. vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. Mai 2009, Zl. UVS-SOZ/48/9303/2008-22, 2. vertreten durch Dr. Michael Nocker, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 2/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Dezember 2009, Zl. UVS-SOZ/35/7525/2009-4, jeweils betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL Art14 Abs4 litb;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art24 Abs1;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art24 Abs2;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art6 Abs1;
B-VG Art 7;
BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung 1973;
EURallg;
EMRK Art14;
SHG Wr 1973 §7a Abs1 litd;
SHG Wr 1973 §7a Abs1 lite;
SHG Wr 1973 §7a Abs2 litd;
SHG Wr 1973 §7a Abs2 lite;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art14 Abs4 litb;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art24 Abs1;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art24 Abs2;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art6 Abs1;
B-VG Art 7;
BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung 1973;
EURallg;
EMRK Art14;
SHG Wr 1973 §7a Abs1 litd;
SHG Wr 1973 §7a Abs1 lite;
SHG Wr 1973 §7a Abs2 litd;
SHG Wr 1973 §7a Abs2 lite;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 57,40 (insgesamt EUR 114,80) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zu Zl. 2009/10/0212 erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. Oktober 2008 auf Zuerkennung einer Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 7a Abs. 1 und 2 Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei als Staatsbürgerin der Bundesrepublik Deutschland vor Jahren nach Österreich eingereist und habe niemals die Absicht gehabt, in Österreich einer Arbeit nachzugehen. Da die Beschwerdeführerin als deutsche Staatsbürgerin einerseits unter gemeinschaftsrechtlich begünstigende Vorschriften falle und andererseits zwischen Österreich und Deutschland ein u.a. die Sozialhilfeleistungen an Staatsangehörige des jeweils anderen Vertragsstaates regelndes Abkommen bestehe, seien im gegebenen Fall die Voraussetzungen des § 7a Abs. 2 lit. a WSHG (Gleichstellung durch Staatsverträge) sowie lit. d leg. cit. (Gleichstellung im Rahmen des EWR-Abkommens) zu prüfen. Die in § 7a Abs. 2 lit. d WSHG normierte Begünstigung sei durch die 4. Novelle zum WSHG in der Form im Gesetz normiert worden, dass der Personenkreis der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Begünstigten in die genannte litera aufgenommen worden sei. Den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle sei zu entnehmen, dass für die Prüfung der sozialrechtlichen Gleichstellung mit Inländern nach § 7a WSHG die Wanderarbeitnehmer-Verordnung 1408/71 ausscheide. Gemäß Art. 7 Abs. 1 und 2 der Freizügigkeits-Verordnung 1612/68 seien sowohl die noch in Beschäftigung stehenden als auch die in der Folge arbeitslos gewordenen Arbeitnehmer betreffend Sozialhilfe anspruchsberechtigt. Weder das WSHG in der Fassung der 4. Novelle noch die durch § 7a rezipierte Freizügigkeits-Verordnung träfen jedoch Aussagen über Fristen über den Erwerb, Erhalt oder Verlust des so definierten Begünstigtenstatus. Diese Rechtsfrage (sowie eine zwischenzeitig erfolgte allfällige Erweiterung des Kreises der gemeinschaftsrechtlich Anspruchsberechtigten) sei anhand der Unionsbürgerrichtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 in Verbindung mit der sie umsetzenden Novelle LGBl. für Wien Nr. 58/2006 zum WSHG zu prüfen. Die Erläuternden Bemerkungen zu § 7a Abs. 2 lit. d und e WSHG lauteten:

'Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 sollen Unionsbürger das Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten haben, ohne weitere Bedingungen als den Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses erfüllen zu müssen.

Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie normiert, dass der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet ist, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt (Art. 7 Abs. 3), und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthaltes oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraumes nach Art. 14 Abs. 4 lit. b (bei Einreise zur Arbeitssuche) einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren.'

Nach Anführung der Personen, denen gemäß Art. 7 Abs. 3 die Erwerbstätigeneigenschaft erhalten bleibt, wird der weitere Inhalt der Erläuternden Bemerkungen wie folgt teilweise wiedergegeben:

'Derzeit stehen gemäß § 7a Abs. 2 lit. d WSHG Sozialhilfeleistungen den durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Begünstigten, die sich erlaubt im Inland aufhalten, zu. Es ist keine Mindestfrist für den (erlaubten) Aufenthalt im Inland vorgesehen.

Es wird daher eine Anpassung des Wiener Sozialhilfegesetzes an die Richtlinie vorgenommen. Durch den EWR begünstigte Arbeitnehmer, Selbständige, Personen, denen dieser Status nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen sind ab der Einreise nach Österreich Inländern gleichgestellt (§ 7a Abs. 2 lit. d). Eine Gleichstellung der übrigen durch den EWR Begünstigten ist für einen Zeitraum von drei Monaten ab Einreise bzw. bei Einreise zur Arbeitssuche für die Zeit der Arbeitssuche ausgeschlossen (§ 7a Abs. 2 lit. e).'

Unstrittig sei vorliegendenfalls, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihres Antrages bei der Erstbehörde arbeitslos gewesen sei und somit keinen Status als Erwerbstätige gehabt habe. Eine solche Eigenschaft habe damit auch nicht erhalten bleiben können, auch nicht aus dem Status der Beschwerdeführerin in Deutschland, weil sie erwerbslos eingereist sei.

Die Beschwerdeführerin falle daher in die unter Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie angeführte Gruppe der "anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt (Art. 7 Abs. 3), und ihren Familienangehörigen". Für diese Gruppe könne auf Grund der Ermächtigung durch Art. 24 der genannten Richtlinie durch nationale Rechtsvorschriften während der ersten drei Monate des Aufenthaltes oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraumes nach Art. 24 Abs. 4 lit. b (bei Einreise zur Arbeitssuche) ein Anspruch auf Sozialhilfe ausgeschlossen werden. Da § 7a Abs. 2 lit. e WSHG in Ausschöpfung dieser Möglichkeit einen derartigen Ausschluss enthalte, schieden jedenfalls die genannten Bestimmungen der Freizügigkeits-Verordnung in Verbindung mit den sie rezipierenden Bestimmungen des WSHG als Anspruchsgrundlage aus.

Es könne auch bei Prüfung, ob die Beschwerdeführerin allenfalls durch sonstiges im Anwendungsvorrang stehendes Gemeinschaftsrecht begünstigt werde, aus der Unionsbürgerrichtlinie nichts gewonnen werden. Dies folge aus Art. 7 Abs. 2 dieser Richtlinie, wonach Unionsbürger und ihre Familienangehörigen ein Recht auf Aufenthalt von mehr als drei Monaten in einem anderen Mitgliedstaat insbesondere dann haben, wenn sie - bei fehlender Eigenschaft als Arbeitnehmer oder selbständig Erwerbstätige - für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügten, sodass sie während ihres Aufenthaltes keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaates in Anspruch nehmen müssten und sie und ihre Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügten. Abgesehen davon, dass diese Umstände bei der Beschwerdeführerin nicht vorlägen, könnte aus dieser Gleichstellung sozialhilferechtlich wenig gewonnen werden, weil sie ja gerade die fehlende Hilfsbedürftigkeit voraussetzt und einem Import von Sozialhilfeansprüchen vorbeugt. In einer Gesamtbetrachtung ergebe sich daher aus gemeinschaftsrechtlichen Normen keine Gleichstellung der Beschwerdeführerin mit Inländern.

Auch die Beurteilung nach dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege führe zu keinem für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis. Lit. A Z. 1, erster Satz, des Schlussprotokolls zum gegenständlichen Abkommen sehe Folgendes vor:

'A. Bei Unterzeichnung des Abkommens über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege stellen die Bevollmächtigten der beiden Vertragsparteien übereinstimmend folgendes fest:

1. Vergünstigungen aus diesem Abkommen sollen Personen nicht zugute kommen, die das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei aufsuchen, um diese Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen.'

Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführerin bewusst sein müssen, dass sie an einen mit zahlreichen Unwägbarkeiten verbundenen Stellenmarkt zugezogen sei. Sie habe in diesem Zusammenhang nicht einmal vorweg Erkundigungen eingeholt. Noch weitergehend habe die Beschwerdeführerin darüber hinaus in Kauf genommen, sich in Österreich nur zwecks Inanspruchnahme der Vergünstigungen dieses Abkommens niederzulassen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2009/10/0212 protokollierte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, zu Zl. 2010/10/0119 zweitangefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 2009 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass die Anträge der Beschwerdeführerin vom 30. Mai 2009 und 10. Juni 2009 "auf Zuweisung zum Projekt h/k/e" gemäß § 7a Abs. 1 und 2 WSHG abgewiesen wurden.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit dem erstinstanzlichen Bescheid seien die genannten Anträge der Beschwerdeführerin zurückgewiesen worden, weil sie sich auf keinen subjektiven Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin stützten und sie daher auch keinen Anspruch auf meritorische Entscheidung habe. Nach Wiedergabe des Inhaltes der Berufung der Beschwerdeführerin, des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde unter Bezugnahme auf den erstangefochtenen Bescheid vom 26. Mai 2009 aus, die Beschwerdeführerin habe ihre Anträge vom 30. Mai 2009 und 10. Juni 2009 "auf Zuweisung zum Projekt h/k/e" als Anträge auf Hilfe zur Erwerbsbefähigung im Sinne des § 18 Abs. 2 WSHG verstanden. Bereits mit dem rechtskräftigen erstangefochtenen Bescheid sei rechtskräftig ausgesprochen worden, dass die Beschwerdeführerin nicht zu dem in § 7a Abs. 2 WSHG normierten Personenkreis gehöre und weil hinsichtlich dieser "Vorfrage" auf Grund der unveränderten Rechtslage entschiedene Sache vorliege, seien die vorliegenden Anträge auf Hilfe zur Erwerbsbefähigung mangels der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zum anspruchsberechtigten Personenkreis des § 7a WSHG abzuweisen gewesen. Abgesehen davon, dass die Bestimmung des § 20 Abs. 3 WSHG im vorliegenden Fall ohnehin nicht zur Anwendung gelangt sei, vermöge der Unabhängige Verwaltungssenat Wien auch die diesbezüglich in der Berufung geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zu teilen, sondern erachte die Gewährung bestimmter Hilfen durch den Sozialhilfeträger als Träger von Privatrechten als verfassungsrechtlich unbedenklich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2010/10/0119 erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

§ 7a Abs. 1 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG), LGBl. Nr. 11/1973, in der Fassung LGBl. Nr. 58/2006, lautet:

"§ 7a

Personenkreis

(1) Leistungen nach diesem Gesetz stehen grundsätzlich nur Staatsbürgern zu.

(2) Den Staatsbürgern sind folgende Personen gleichgestellt, wenn sie sich erlaubterweise im Inland aufhalten und die Einreise nicht zum Zweck des Sozialhilfebezuges erfolgt ist:

a) Fremde, insoweit sich eine Gleichstellung aus Staatsverträgen ergibt, oder

b) Fremde, wenn mit ihrem Heimatstaat auf Grund tatsächlicher Übung Gegenseitigkeit besteht, insoweit sie dadurch nicht besser gestellt sind als Staatsbürger in dem betreffenden Staat, oder

c) Fremde, denen nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, oder

d) durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum begünstigte Arbeitnehmer, Selbstständige, Personen, denen dieser Status gemäß Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. Nr. L 158 vom 30.4.2004, S. 77 in der Fassung ABl. Nr. L 229 vom 29.6.2004, S. 35, erhalten bleibt, und ihre Familienangehörigen oder

e) nicht unter lit. d fallende durch den Europäischen Wirtschaftsraum Begünstigte nach Ablauf von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Einreise oder gegebenenfalls nach dem längeren Zeitraum der Arbeitssuche, wenn die Einreise zur Arbeitssuche erfolgte, oder

f) Fremde, denen nach § 45 oder § 48 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 31/2006, der Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt EG' bzw. 'Daueraufenthalt Familienangehöriger' erteilt wurde oder deren vor In-Kraft-Treten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen als solche gemäß § 81 Abs. 2 NAG in Verbindung mit der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung NAG-DV), BGBl. II Nr. 451/2005 weiter gelten, oder

g) Fremde, die einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt EG' eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen und denen eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 49 NAG erteilt wurde."

Die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ist gemäß ihrem Art. 41 am 30. April 2004 in Kraft getreten. Sie lautet auszugsweise wie folgt:

"Artikel 1

Gegenstand

Diese Richtlinie regelt

a) die Bedingungen, unter denen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt innerhalb des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten genießen;

b) das Recht auf Daueraufenthalt der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten;

c) die Beschränkungen der in den Buchstaben a und b genannten Rechte aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. 'Unionsbürger' jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt;

Aufenthaltsrecht

Artikel 6

Recht auf Aufenthalt bis zu drei Monaten

(1) Ein Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, wobei er lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen braucht.

Artikel 7

Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate

(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder

b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder

c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und

- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder

(3) Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe a bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft dem Unionsbürger, der seine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger nicht mehr ausübt, in folgenden Fällen erhalten:

a) er ist wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig;

b) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung;

c) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten aufrechterhalten;

d) er beginnt eine Berufsausbildung; die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft setzt voraus, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

Artikel 14

Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts

(1) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach Artikel 6 zu, solange sie die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen.

(2) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach den Artikeln 7, 12 und 13 zu, solange sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. In bestimmten Fällen, in denen begründete Zweifel bestehen, ob der Unionsbürger oder seine Familienangehörigen die Voraussetzungen der Artikel 7, 12 und 13 erfüllen, können die Mitgliedstaaten prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Prüfung wird nicht systematisch durchgeführt.

(3) Die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen durch einen Unionsbürger oder einen seiner Familienangehörigen im Aufnahmemitgliedstaat darf nicht automatisch zu einer Ausweisung führen.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 und unbeschadet der Bestimmungen des Kapitels VI darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden, wenn

  1. a) die Unionsbürger Arbeitnehmer oder Selbstständige sind oder
  2. b) die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden.

    Artikel 24

    Gleichbehandlung

(1) Vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich auch auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt genießen.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist der Aufnahmemitgliedstaat jedoch nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens, zu gewähren."

Die gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobene, zu Zl. 2009/10/0212 protokollierte Beschwerde bringt zusammengefasst vor, die bisherigen "Nichterwerbstätigen-Richtlinien" hätten Sozialleistungsansprüche nicht unmittelbar behandelt. Sie hätten sich diesem Themenkreis aber indirekt aufenthaltsrechtlich genähert, indem sie das Aufenthaltsrecht Nichterwerbstätiger für die gesamte Aufenthaltszeit an das Vorhandensein hinreichender Existenzmittel geknüpft hätten. Die Unionsbürgerrichtlinie (RL) unternehme nun für diesen Bereich einen begrenzten Regelungsversuch. Sie normiere in Art. 24 ein sekundärrechtliches Diskriminierungsverbot, das die primärrechtlichen Diskriminierungsverbote bei einzelnen Grundfreiheiten und des Art. 12 EGV näher ausforme und dabei vor allem für die Nichterwerbstätigen rechtliche Wirkung entfalte. Nach Wiedergabe des Art. 24 wird weiters ausgeführt, das Sekundärrecht enthalte so erstmals auch für die Gruppe der Nichterwerbstätigen einen Gleichbehandlungsanspruch. Die Ausnahmeregelung in Art. 24 Abs. 2 RL mache dabei deutlich, dass die Inländerbehandlung nach Art. 24 Abs. 1 RL grundsätzlich auch die Sozialhilfe erfasse. Die Mitgliedstaaten könnten in den ersten drei Monaten noch selbst entscheiden, ob der Nichterwerbstätige Sozialhilfe erhalte oder nicht. Das bedeute aber im Umkehrschluss, dass es den Mitgliedstaaten nach dreimonatigem Aufenthalt nicht länger frei stehe, einem nichterwerbstätigen Unionsbürger die Sozialhilfe zu verweigern. Die Kommission habe in ihrem ersten Entwurf der Richtlinie hingegen noch vorgesehen gehabt, einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Inländerbehandlung bei der Sozialhilfe erst mit Erwerb des Daueraufenthaltsrechts entstehen zu lassen. Für Österreich bedeute das, ebenso wie für Deutschland, dass nichterwerbstätige Unionsbürger nach einem dreimonatigen Aufenthalt einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Inländerbehandlung bei der Sozialhilfe hätten.

Weiters wird geltend gemacht, die belangte Behörde nehme aktenwidriger Weise eine Berufsfähigkeit der Beschwerdeführerin an und stelle sie offensichtlich als Simulantin hin. Ohne eigene Fachkenntnisse setze sich der Organwalter der belangten Behörde über zwei Gutachten hinweg, aus denen die Berufsunfähigkeit hervorgehe, wie auch über sämtliche vorgelegten ärztlichen Atteste. Durch die Befassung des befangenen Organwalters sei eine "Mangelhaftigkeit des Verfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens" verwirklicht.

Abgesehen von der Verletzung von Art. 8 EMRK gebe es keinen legitimen Grund im Sinne des Art. 14 EMRK, der Beschwerdeführerin die Sozialhilfe zu versagen. Obendrein werde ihr als krankem Menschen, der von einem befangenen Organwalter unsachlicher Weise der Simulation geziehen werde, auf Grund dieser ihrer persönlichen Eigenschaft das Recht auf ein Familienleben mit ihrem Partner abgesprochen. Dies sei eine gröbliche Verletzung des Art. 14 EMRK und des Art. 7 B-VG und obendrein eine gröbliche Verletzung des Bundesverfassungsgesetzes zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung "(Letzteres als deutsche Staatsangehörige)".

Die gegen den zweitangefochtenen Bescheid zu Zl. 2010/10/0119 protokollierte Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Frage, ob die Beschwerdeführerin zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehöre, auf Grund der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides eine entschiedene Rechtssache vorliege. Weiters sei nicht geprüft worden, ob sich eine Anspruchsberechtigung auf die beantragte Sozialhilfeleistung nach lit. e des § 7a Abs. 2 WSHG ergebe. Tatsächlich stehe der Beschwerdeführerin auf Grund dieser Bestimmung ein Anspruch zu. Dort sei klar geregelt, dass Personen, die - und zwar aus welchen Gründen auch immer - nicht zu den Begünstigten gemäß lit. d gehörten, eben nach lit. e den Staatsangehörigen gleichgestellt seien, allerdings mit der Einschränkung, dass sie Anspruch auf Sozialhilfeleistungen nicht sofort, sondern erst "nach Ablauf von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Einreise" oder "nach dem längeren Zeitraum der Arbeitssuche, wenn die Einreise zur Arbeitssuche erfolgte" hätten.

Wie die belangte Behörde in ihrer Entscheidung vom 26. Mai 2009 festgestellt habe, gehöre die Beschwerdeführerin nicht zum Kreis der nach lit. d Begünstigten, das heiße, dass sie gemäß lit. e des § 7a Abs. 2 WSHG Leistungen frühestens drei Monate nach ihrer Einreise beanspruchen könne. In Österreich eingereist und ordnungsgemäß gemeldet sei sie seit 28. Juni 2005. Seit ihrer Einreise seien bis zum Zeitpunkt der Antragstellung mehr als drei Monate vergangen, auf Grund ihrer Krankheit sei sie auch nicht arbeitsfähig gewesen, weshalb die Arbeitssuche bisher auch nicht erfolgreich gewesen sei. Die Voraussetzungen für eine Gleichstellung gemäß § 7a Abs. 2 lit. e WSHG lägen daher vor.

Mit dem in den beiden Beschwerden erstatteten Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht aufgezeigt.

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Sozialhilfe auf Grund Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie habe, die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid stützt den Anspruch auf Sozialhilfe auf den die genannte Richtlinienbestimmung umsetzenden § 7a Abs. 2 lit. e WSHG.

Dabei wird übersehen, dass Art. 24 Abs. 1 der Unionsbürgerrichtlinie nach seinem Wortlaut ein Recht auf Gleichbehandlung nur jenen Unionsbürgern gewährt, die sich auf Grund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet aufhalten. Der Gleichbehandlungsanspruch nach Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie setzt somit tatbestandlich entweder ein Aufenthaltsrecht im engeren Sinn (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. August 2010, Zl. 2008/10/0139) oder ein Recht, aus dem Aufnahmemitgliedstaat nicht ausgewiesen zu werden (vgl. Art. 14 Abs. 4 lit. b), nach dieser Richtlinie voraus.

Da Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie lediglich für bestimmt bezeichnete Personen (Arbeitnehmer, Selbstständige und Personen, denen dieser Status erhalten bleibt) eine vollständige Gleichbehandlung anordnet, abweichend von Art. 24 Abs. 1 aber für andere - von Abs. 1 umfasste - Personen die Möglichkeit der Normierung einer Ausnahme ua bezüglich Sozialhilfe für bestimmte Zeiträume durch die Mitgliedstaaten enthält, vermag diese Bestimmung Personen, die sich nicht auf Grund von Regelungen der Richtlinie im Aufnahmestaat aufhalten, keine Rechte zu vermitteln. Betreffend Sozialhilfe kann ein Mitgliedstaat nach Art. 24 Abs. 2 Personen, die über ein Aufenthaltsrecht gemäß Art. 6 Abs. 1 von bis zu drei Monaten verfügen, für diese ersten drei Monate nach der Einreise und Personen, die im Sinne des Art. 14 Abs. 4 lit. b zur Arbeitssuche eingereist sind und nicht ausgewiesen werden dürfen, für diesen Zeitraum der Arbeitssuche die Gleichbehandlung verweigern, ist also nicht verpflichtet, den genannten Personen in diesen Zeiträumen Sozialhilfe zu gewähren.

Der Beschwerdeführerin steht nach der Unionsbürgerrichtlinie kein Aufenthaltsrecht in Österreich zu:

Art. 6 Abs. 1 gewährt ein Recht auf Aufenthalt von bis zu drei Monaten bei Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses. Da die Beschwerdeführerin sich bei Stellung ihrer Anträge auf Sozialhilfe bereits weit mehr als drei Monate in Österreich aufhielt, steht ihr nach dieser Bestimmung für die zu beurteilenden Zeiträume kein Aufenthaltsrecht zu. Auch ein Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten im Sinne des Art. 7 der Richtlinie kommt der Beschwerdeführerin unbestritten nicht zu, weil sie keine Arbeitnehmerin oder Selbständige im Sinne des Abs. 1 lit. a ist, nicht über ausreichende Existenzmittel im Sinne des Abs. 1 lit. b verfügt und auch keine (Berufs)Ausbildung im Sinne der lit. c in Österreich absolviert. Da sie auch niemals erwerbstätig war, kann ihr auch nicht die Erwerbstätigeneigenschaft im Sinne des Art 7 Abs. 3 der Richtlinie erhalten bleiben.

Offenbar möchte die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei auf Grund ihrer Krankheit nicht arbeitsfähig gewesen, weshalb ihre Arbeitssuche bisher nicht erfolgreich gewesen sei, ein Recht auf Sozialhilfe aus dem Status der Arbeitssuchenden ableiten. Wie bereits ausgeführt, können die Mitgliedstaaten jedoch gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie Personen, die zur Arbeitssuche in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist sind, Sozialhilfe für den Zeitraum der Arbeitssuche verweigern.

Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber Gebrauch gemacht und in § 7a Abs. 2 lit. e WSHG angeordnet, dass nicht unter lit. d leg. cit. fallende durch den Europäischen Wirtschaftsraum Begünstigte, wenn die Einreise zur Arbeitssuche erfolgte, erst nach dem Zeitraum der Arbeitssuche österreichischen Staatsbürgern beim Bezug von Leistungen nach dem WSHG gleichgestellt sind. Es muss daher nicht geprüft werden, ob die Beschwerdeführerin überhaupt als Arbeitssuchende im Sinne der Richtlinie bzw. des § 7a Abs. 2 lit. e WSHG anzusehen ist, weil ihr auch in diesem Fall ein Anspruch auf Sozialhilfe (nach richtlinienkonformem österreichischen Recht) nicht zukäme.

Die Beschwerdeführerin kann daher einen Sozialhilfeanspruch weder aus Art. 24 der Unionsbürgerrichtlinie noch aus § 7a Abs. 2 lit. e WSHG ableiten.

Soweit in der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid ausgeführt wird, die belangte Behörde hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass hinsichtlich der Frage der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zum anspruchsberechtigten Personenkreis eine entschiedene Rechtssache vorliege, ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde ohnehin mit spruchmäßiger Abweisung der Beschwerde vorgegangen ist, weil die Beschwerdeführerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gemäß § 7a Abs. 2 lit. e WSHG gehöre.

Soweit in der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid - wenngleich ohne taugliche Begründung - die Befangenheit des den Bescheid erlassenden Organwalters auf Grund der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin behauptet wird, ist darauf hinzuweisen, dass auch bei Zugrundelegung des von der Beschwerdeführerin behaupteten Sachverhaltes (Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit) davon auszugehen wäre, dass sie keinen Anspruch auf Sozialhilfe hat (s.o.).

Auch aus Art. 14 EMRK und Art. 7 B-VG oder dem Bundesverfassungsgesetz zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung kann ein Anspruch auf Sozialhilfe der Beschwerdeführerin als deutsche Staatsbürgerin zur Ermöglichung eines Familienlebens mit ihrem österreichischen Freund nicht abgeleitet werden. Aus Art. 8 EMRK ergibt sich auch kein Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin in Österreich.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde daher der Beschwerdeführerin zu Recht keine Sozialhilfe gewährt. Die vorliegenden Beschwerden erweisen sich daher als unbegründet und waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Februar 2011

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