VwGH 2009/08/0094

VwGH2009/08/009412.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der T GmbH in Wien, vertreten durch Jirovec & Partner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. März 2009, Zl. GS5-A-948/079-2008, betreffend Beitragsnachverrechung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §36 Abs1;
VwGG §38 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §38 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 14. Mai 2008 wurde ausgesprochen, dass die in einer beiliegenden "Aufstellung über nicht oder unrichtig gemeldete Beitragsgrundlagen" für den darin angeführten Dienstnehmer K.S. ausgewiesenen "Differenzbeitragsgrundlagen (Differenz zwischen dem bezahlten und dem gebührenden Entgelt)" als zutreffend festgestellt würden. Die beschwerdeführende Partei sei auf Grund dieser Feststellung in ihrer Eigenschaft als Dienstgeberin zur Beitragszahlung in Höhe von EUR 17.322,78 zuzüglich der Verzugszinsen von EUR 2.228,68 verpflichtet.

Bei der beschwerdeführenden Partei sei für den Prüfungszeitraum 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2005 eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben durchgeführt worden. Hierbei sei vom Prüfer festgestellt worden, dass K.S. im Prüfzeitraum Rechnungen an die beschwerdeführende Partei ausgestellt habe. In diesen Rechnungen seien überwiegend Lohnarbeiten und Montagearbeiten ausgewiesen worden. Die erbrachten Leistungen seien zu EUR 15,-- pro Stunde abgerechnet worden. Nach Ansicht des Prüfers stellten diese Leistungen keine selbständige Tätigkeit dar, sondern seien als unselbständige Beschäftigung zu qualifizieren. Für K.S. seien daher die entsprechenden Lohnabgaben nachverrechnet und eine Pflichtversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG festgestellt worden.

Auf Befragung des Prüfers habe K.S. zu seiner Tätigkeit für die beschwerdeführende Partei angegeben, zur persönlichen Leistung verpflichtet gewesen zu sein. Er habe der beschwerdeführenden Partei stets melden müssen, wenn er krank bzw. arbeitsunfähig gewesen sei. Auch seine Arbeitszeit habe er sich nicht frei einteilen können. Hinsichtlich seiner im Gewerberegister eingetragenen Gewerbeberechtigung "Fällen von Bäumen und Weiterverarbeitung der Bäume zu Schnittholz mittels mobiler Einrichtung" habe K.S. angegeben, diese Tätigkeit für seinen Auftraggeber nie ausgeübt zu haben. Als Leistungen habe er vielmehr Montage- und Reparaturarbeiten auf verschiedenen Baustellen der beschwerdeführenden Partei erbracht. Seitens dieses Auftraggebers erhalte er auch Weisungen in Bezug auf seine Tätigkeit und den genauen Arbeitsort. Kontrollen erfolgten jedoch erst nach Feststellung seiner Leistung. Befragt zur Haftungs- und Risikoübernahme habe K.S. angegeben, selbst zu keiner Zeit ein Haftungs- und Gewährleistungsrisiko übernommen zu haben. K.S. habe weiters angegeben, bis zum Zeitpunkt seiner Befragung durch den Prüfer mit keinem Auftraggeber schriftliche Vereinbarungen getroffen zu haben.

In ihrem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch vom 12. Juni 2008 bestritt die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen die Dienstnehmereigenschaft des K.S. Es sei nur eine selbständige Tätigkeit des K.S. vorgelegen. Dazu verwies die beschwerdeführende Partei auf eine bereits erstattete Stellungnahme ihres Steuerberaters, in der "bereits mit ausführlicher Begründung" dargelegt worden sei, warum keine Dienstnehmereigenschaft vorliege. Unter einem wurde auf das "gesamte bisherige Vorbringen samt Beweisanbot" verwiesen und die Einvernahme des K.S. und eines weiteren Zeugen (B.) beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch der beschwerdeführenden Partei ab. Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, dass die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Feststellung des Ausspruches der Verpflichtung zur Beitragszahlung den Gegenstand und damit die Hauptfrage des Einspruchsverfahrens darstelle. Als Vorfrage des Verfahrens müsse geklärt werden, ob K.S. im verfahrensrelevanten Zeitraum nach den Bestimmungen des ASVG überhaupt die Qualifikation eines Dienstnehmers eingenommen habe und damit der Vollversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG unterlegen sei.

Die beschwerdeführende Partei behaupte, dass zwischen ihr und K.S. ein Werkvertragsverhältnis bestanden habe. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass es seitens der beschwerdeführenden Partei im Verfahren bei einem einzigen Hinweis auf einen angeblich bestehenden schriftlichen Werkvertrag geblieben sei. Dieser Umstand erscheine im Hinblick auf die Beweiswürdigung erwähnenswert, wenngleich es für das Verfahren nebensächlich sei, ob tatsächlich ein schriftlicher Werkvertrag zwischen der beschwerdeführenden Partei und K.S. abgeschlossen worden sei. Denn ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit bestehe, sei nicht nach dem Vertrag zu beurteilen, auf Grund dessen die Beschäftigung ausgeübt werde, sondern es seien vielmehr die faktischen Verhältnisse - der "wahre wirtschaftliche Sachverhalt" - und nicht die "zivilrechtliche Hülle" entscheidend.

K.S. habe - dies entspreche auch dem Einspruchsvorbringen - für die beschwerdeführende Partei Montagearbeiten zu erbringen gehabt. Er habe ausgeführt, dass es zwischen ihm und der beschwerdeführenden Partei keinen schriftlichen Werkvertrag gegeben habe und die Leistungen von der Auftraggeberin festgelegt worden seien. Diese habe auch bestimmt, auf welcher Baustelle und wie er zu arbeiten habe, und die erbrachte Leistung nach deren Fertigstellung kontrolliert. Den Baustellenschlüssel, den er vor Baubeginn vom Auftraggeber ausgehändigt bekommen habe, habe er nach Fertigstellung der Arbeit retourniert. K.S. habe Montagearbeiten für Produkte eines Tischlereibetriebes zu erbringen gehabt. Zweifelsohne sei das jeweilige Erzeugnis des Tischlereibetriebes als "Werk" im werkvertraglichen Sinn zu beurteilen. Hingegen stelle die von K.S. zu leistende Montage von Erzeugnissen von Tischlereibetrieben kein eigenständiges Werk dar. Es handle sich dabei vielmehr lediglich um einen einzelnen manuellen Beitrag, eine Teilleistung zu eben diesem Werk, der keinesfalls als in sich geschlossene Einheit im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verstanden werden könne. Mangels Erkennbarkeit einer in sich geschlossenen Einheit der von K.S. zu erbringenden Leistungen, für die K.S. als Erbringer dieses manuellen Beitrages auch nicht das wirtschaftliche Wagnis zu tragen gehabt habe, komme seinen Leistungen im verfahrensrelevanten Zeitraum zweifellos der Charakter von Dienstleistungen, nicht aber jener eigenständig beurteilbarer Werke zu.

Es liege in der Natur der Tätigkeit eines Monteurs, dass er nicht an einen bestimmten Arbeitsplatz gebunden sei. Für den Gesamteindruck des Vorliegens persönlicher Abhängigkeit sprächen im konkreten Fall folgende Argumente:

Laut Akteninhalt sei von der beschwerdeführenden Partei als Auftraggeberin des K.S. festgelegt worden, welche Leistungen er zu erbringen gehabt habe. Diese habe auch den Ort der Baustelle bestimmt und die erbrachte Leistung nach deren Fertigstellung kontrolliert. Der von der beschwerdeführenden Partei an K.S. vor Baubeginn ausgehändigte Baustellenschlüssel sei dieser nach Fertigstellung der Arbeit zu retournieren gewesen. K.S. habe die Arbeiten zügig zu erledigen und Krankheiten und Urlaub der beschwerdeführenden Partei zu melden gehabt. Die Leistungen habe er persönlich zu erbringen gehabt, es habe kein Vertretungsrecht gegeben. Für ihn habe kein Haftungs- und Gewährleistungsrisiko bestanden. Durch die Zuteilung der anstehenden Montagearbeiten habe K.S. seine Leistungen in Abhängigkeit von der beschwerdeführenden Partei erbracht. Er sei bei der Gestaltung seiner Arbeit in seinem arbeitsbezogenen Verhalten an die beschwerdeführende Partei gebunden gewesen und habe deren Vorschriften über die Gestaltung des Arbeitsablaufes, der Arbeitsfolge und der damit im Zusammenhang stehenden organisatorischen Maßnahmen einzuhalten gehabt. Er habe sich seine Arbeitszeit anhand des ihm zugeteilten Arbeitspensums entsprechend einteilen müssen und habe die Prioritätenreihung bei der Erledigung der Arbeiten an diesen Vorgaben zu orientieren gehabt. Es sei damit für K.S. praktisch auch nicht möglich gewesen, zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht jederzeit und nach Gutdünken, d. h. ohne bestimmten Grund, irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen. Es müsse daher von einer persönlichen Arbeitspflicht des K.S. ausgegangen werden.

Infolge der nach Durchführung der Montageleistung erfolgten Kontrolle durch einen Vertreter der beschwerdeführenden Partei sei K.S. auch zwangsläufig deren Weisungs- und Kontrollrecht und einer Berichterstattungspflicht unterlegen. Dass die beschwerdeführende Partei davon ausgegangen sei, dass K.S. (vermutlich auf Grund seiner Praxis, Erfahrung und Verlässlichkeit) von sich aus wissen habe können, wie er sich bei seiner Arbeit zu verhalten habe, und K.S. bei der Ausübung seiner Tätigkeit weitgehend weisungsfrei agieren gelassen habe, spreche nicht gegen das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit. Die Ungebundenheit des K.S. habe ihre Grenze in der unterschiedlichen Dringlichkeit der zu besorgenden Angelegenheiten und den vorgegebenen Terminen und Montageorten gehabt, sodass die Arbeitserbringung letztlich doch im Kern an den Bedürfnissen des Dienstgebers habe orientiert sein müssen. Durch diese Determinierung sei K.S. der "stillen Autorität" seiner Dienstgeberin unterlegen gewesen. Schon die Möglichkeit, Weisungen zu erteilen, sei aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht für die Annahme persönlicher Abhängigkeit ausreichend.

Nach Ansicht der belangten Behörde würde im vorliegenden Fall das Gesamtbild ein Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit des K.S. vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit ergeben und es sei eine persönliche Abhängigkeit des K.S. von der beschwerdeführenden Partei im Sinne des § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG anzunehmen. K.S. habe darüber hinaus nicht über eine eigene Betriebstätte oder - abgesehen von seinem eigenen PKW - eigene Betriebsmittel verfügt und sei damit zweifellos vom "Verein" (gemeint offensichtlich: von der beschwerdeführenden Partei) auch wirtschaftlich abhängig gewesen. Mangels Übernahme eines Haftungsrisikos oder eines Einstehenmüssens im Gewährleistungsfall könne die belangte Behörde auch kein wirtschaftliches Risiko des K.S. erkennen.

Das Bestehen der von der beschwerdeführenden Partei eingewendeten Gewerbeberechtigung des K.S. bzw. einer Pflichtversicherung nach dem GSVG spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle. Entscheidungsrelevant sei lediglich, ob die gegenständlichen Dienstleistungen des K.S. für die beschwerdeführende Partei im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 4 Abs. 2 ASVG erbracht worden seien. Zum Einspruchsvorbringen hinsichtlich der rechtlichen Unmöglichkeit, ein und dieselbe Tätigkeit sowohl einer ASVG- als auch einer GSVG-Pflichtversicherung zu unterstellen werde ausgeführt, dass eine bestimmte Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich nur einer Pflichtversicherung unterliegen könne. Eine Mehrfachversicherung sei jedoch auch in der gegenständlichen Rechtssache möglich. Die beschwerdeführende Partei übersehe, dass bei einer Doppelversicherung nicht eine Tätigkeit doppelt versichert sei, sondern ein Versicherter. Auf Grund seiner Gewerbeberechtigung bzw. der damit verbundenen Mitgliedschaft bei der Kammer der gewerblichen Wirtschaft - und nicht auf Grund einer allenfalls ausgeübten selbständigen Tätigkeit - unterliege K.S. einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG. Infolge seiner in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit für die beschwerdeführende Partei unterliege K.S. als Dienstnehmer einer Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG. Die unselbständige Tätigkeit unterliege daher nur einer Pflichtversicherung, nämlich der nach dem ASVG.

Dem Einspruchsvorbringen der angeblich einseitigen Beweiswürdigung sei entgegenzuhalten, dass "seitens des Prüfers bzw. in Folge der Kasse" sehr wohl auch das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei gehört worden sei, zumal das Prüfungsergebnis in der Beschlussbesprechung der Prüfung erörtert und diskutiert worden sei. Eine einseitige Beweisaufnahme seitens der erstinstanzlichen Behörde sei daher nicht zu erkennen. Für den Umstand, dass bei der Entscheidungsfindung dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei nicht gefolgt worden sei, liege die Begründung darin, dass den Angaben des K. S. im Vergleich zu jenen der beschwerdeführenden Partei von der Kasse ein erhöhtes Maß an Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit zugebilligt worden sei. Im Einspruch seien zur Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit des K.S. keine im Vergleich zum erstinstanzlichen Verfahren ergänzenden Argumente vorgebracht worden.

Infolge der für die belangte Behörde einerseits auf Grund der Aktenlage, andererseits auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens im Zusammenhang mit der Art von Tätigkeiten, wie sie K.S. zu erbringen gehabt habe, als erwiesen anzunehmenden persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit des K.S. von der beschwerdeführenden Partei sei die Durchführung der im Einspruch beantragten Beweise für entbehrlich gehalten worden. Nachdem im vorliegenden Fall die Weisungsgebundenheit des K.S. schlüssig belegt worden sei, habe die Einvernahme von Zeugen unterbleiben und die Entscheidung auf Grund des Akteninhalts getroffen werden können.

Die Beitragsberechnungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse seien von der belangten Behörde anhand der gesetzlichen Bestimmung überprüft und für schlüssig und nachvollziehbar befunden worden. Angemerkt sei, dass diese Berechnungen von der beschwerdeführenden Partei weder im erstinstanzlichen Verfahren noch vor der belangten Behörde "angefochten" worden seien. Vielmehr sei von dieser die Dienstnehmereigenschaft des K.S. bestritten worden. Auf Grund der erwiesenen Dienstnehmereigenschaft des K.S. seien die bescheidgemäßen Feststellungen bzw. Verpflichtungen zur Beitragszahlung zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift und beantragte ebenfalls, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ist in Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Beitragsnachverrechnung zunächst als Vorfrage zu prüfen, ob es sich bei K.S. um einen Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG handelt.

Dienstnehmer im Sinne des ASVG ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A).

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der zitierten Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2010, Zl. 2007/08/0145).

2. Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die - der Annahme der Dienstnehmereigenschaft zugrunde liegenden - Feststellungen der belangten Behörde. K.S. habe nicht nur seinen eigenen PKW, sondern bei seiner Arbeitsleistung auch das eigene Werkzeug und teilweise sein Material verwendet. Unrichtig sei auch die Annahme, dass kein Haftungsrisiko im Gewährleistungsfall vorgelegen sei. Genau das Gegenteil sei vereinbart gewesen und K.S. sei auch zur Haftung herangezogen worden. Auch hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenem Verhalten seien unrichtige Annahmen getroffen worden. Aus dem Beweisverfahren ergebe sich ganz eindeutig, dass K.S. an verschiedenen Arbeitsorten tätig gewesen sei und sogar für andere Auftraggeber Leistungen erbracht habe. Die vermeintlichen Schlussfolgerungen, welche die Dienstnehmereigenschaft stützen sollten, seien sohin unter Außerachtlassung der vorliegenden Beweisergebnisse erfolgt, jedenfalls lägen keine ausreichenden Beweisergebnisse vor, die diese "Feststellungen" ausreichend begründen könnten. Auch lägen überhaupt keine Beweisergebnisse über die tatsächlichen "Dienstzeiten" des K.S. vor und es sei jedenfalls auch keine Vollzeittätigkeit festgestellt. Ohne derartige Feststellungen zu treffen, werde in der Begründung zur Berechnung des angeblich zustehenden Entgelts offensichtlich davon ausgegangen, dass ein "Vollzeitlohn" zustehe.

Die belangte Behörde habe die Durchführung der von der beschwerdeführenden Partei angebotenen Beweise für entbehrlich gehalten. Die Argumente der beschwerdeführenden Partei seien völlig übergangen worden und die belangte Behörde habe sich bei ihrer Entscheidung mit dem zufrieden gegeben, was der Prüfer der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse aus einer Befragung des K.S. ermittelt habe, ohne dass die beschwerdeführende Partei Gelegenheit zu einer ergänzenden Befragung des Zeugen gehabt hätte, bei welcher Gelegenheit Unklarheiten und missverständliche Antworten hätten hinterfragt werden können, wobei sich solche Missverständnisse ganz eindeutig schon rein aus sprachlichen Gründen ergeben hätten. Die belangte Behörde habe auf eigene Beweisaufnahmen verzichtet und sich auf eine allgemein als "Akteninhalt" bezeichnete Tatsachengrundlage gestützt, aus der apodiktisch etwa abgeleitet werde, wie das Vertragsverhältnis zwischen der beschwerdeführenden Partei und dem K.S. beschaffen gewesen sei. Bei antragsgemäßer Aufnahme der "durch die Beschwerdeführerin aufgenommenen (gemeint offensichtlich: angebotenen) Beweise" wäre etwa durch eine exakte Befragung der Zeugen K.S. und auch des B. hervorgekommen, dass K.S. selbständig über seine "bei weitem nicht volle" Arbeitszeit habe verfügen können und insbesondere auch das Gewährleistungsrisiko zu tragen gehabt habe.

3. Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid führte diese selbst kein Ermittlungsverfahren durch und sah von den beantragten Beweisaufnahmen ab, da "einerseits aufgrund der Aktenlage, andererseits aber auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens" die wirtschaftliche Abhängigkeit des K.S. als erwiesen anzunehmen sei. Die Weisungsgebundenheit des K.S. habe "schlüssig belegt" werden können, weshalb die Einvernahme von Zeugen unterbleiben und die Entscheidung aufgrund des Akteninhalts getroffen habe werden können.

Im Lichte des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakts erweist sich diese Vorgangsweise als nicht nachvollziehbar:

In ihrem Einspruch vom 12. Juni 2008 verwies die beschwerdeführende Partei hinsichtlich ihres Sachverhaltsvorbringens und hinsichtlich gestellter Beweisanträge auf eine Stellungnahme ihrer Steuerberatung und auf einen "Antrag auf Bescheidausstellung". Die belangte Behörde verweist selbst im angefochtenen Bescheid auf ein "Schreiben vom 22.8.2007 an die Kasse". Im vorgelegten Verwaltungsakt findet sich dieses Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 22. August 2007 (laut erstinstanzlichem Bescheid mit einem "Antrag auf Bescheidausstellung") nicht.

Nach § 38 Abs. 2 VwGG hat die belangte Behörde nach Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 36 Abs. 1 letzter Satz VwGG) die Akten vorzulegen. Unterlässt sie dies, so kann der Verwaltungsgerichtshof, wenn er die belangte Behörde auf diese Säumnisfolge vorher ausdrücklich hingewiesen hat, auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen. Dies gilt insoweit auch bei nur teilweiser Aktenvorlage (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Juni 2010, Zl. 2009/16/0126, mwN).

Angesichts des Fehlens von Aktenteilen, auf die auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid rekurriert, ist - dem Beschwerdevorbringen folgend - davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei bereits im Verwaltungsverfahren den Angaben des K.S. widersprochen hat.

Mit der formlosen Befragung einer Auskunftsperson kann sich die Behörde nur in Fällen begnügen, die nicht weiter strittig sind. Wo aber widersprechende Beweisergebnisse vorliegen und der Beweiswürdigung besondere Bedeutung zukommt, ist es im Interesse der Erforschung der materiellen Wahrheit nicht zulässig, sich mit solchen Befragungen zu begnügen. Diesfalls hat die Behörde entsprechend dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens jene Personen, die zunächst nur formlos befragt wurden, als Zeugen niederschriftlich zu vernehmen, insbesondere dann, wenn die Einvernahme dieser Personen als Zeugen von der Partei ausdrücklich beantragt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 2008, Zl. 2005/08/0017, uva).

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Einvernahme des K.S. (bzw. des B.) die belangte Behörde zu anderen Feststellungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Tätigkeit des K.S. führen hätte können, ist ein wesentlicher Verfahrensmangel anzunehmen. Hätte sich nämlich im Ermittlungsverfahren herausgestellt, dass - wie die Beschwerde behauptet - K.S. tatsächlich überwiegend eigene Betriebsmittel verwendete, er selbständig über seine Arbeitszeit verfügen konnte und ihn das volle Gewährleistungs- bzw. Haftungsrisiko traf, wäre in der Gesamtbetrachtung - je nach dem sich dann bietenden Sachverhalt - möglicherweise nicht mehr von einer unselbständigen Beschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen.

4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das die Pauschalgebühr betreffende Kostenmehrbegehren war im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen; das den Ersatz der Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Wien, am 12. September 2012

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