VwGH 2009/07/0127

VwGH2009/07/012719.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über den Antrag 1. der R R und 2. des K R, beide in R, beide vertreten durch Mag. Bernhard Scharmüller, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Kroatengasse 7, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 20. Mai 2009, Zl. 2009/07/0030, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §69 Abs1 Z1 impl;
VwGG §45 Abs1 Z1;
VwGG §45 Abs1 Z4;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2009:2009070127.X00

 

Spruch:

Gemäß § 45 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (im Folgenden: LH) vom 17. Dezember 2008 wurde der Antrag der nunmehrigen Antragsteller (Wiederaufnahmewerber) vom 30. März 2008, die Wasserrechtsbehörde möge den wasserpolizeilichen Auftrag erteilen, alle Maßnahmen zu treffen, damit die Quelle (der Antragsteller) auf einem (näher bezeichneten) Grundstück wie zum Zeitpunkt vor der Errichtung der Senkgrube (H.) wieder Trinkwasser liefere, gemäß § 138 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 als unbegründet abgewiesen. Die dagegen von den Antragstellern an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, Zl. 2009/07/0030, als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis wurde dem Rechtsvertreter der Antragsteller nach Ausweis des vorliegenden Rückscheines am 1. August 2009 zugestellt.

In diesem Erkenntnis wurde unter Hinweis auf die ständige hg. Judikatur ausgeführt, dass die Bewilligungspflicht gemäß § 32 WRG 1959 immer dann gegeben sei, wenn nach den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens und nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer (auch des Grundwassers) zu rechnen sei, und auch Senkgruben im Hinblick darauf, dass mit ihnen keine Einwirkungen auf Gewässer verbunden seien, mit Ausnahme von allfälligen Bewilligungspflichten in Schutz- und Schongebieten wasserrechtlich nicht bewilligungspflichtig seien und demnach - abgesehen von der Gewässeraufsicht - einer wasserbehördlichen Einflussnahme auch in Bezug auf die Überprüfung ihres Zustandes (ihrer Dichtheit) entzogen seien. Würden nicht bewilligungspflichtige Anlagen, wie etwa flüssigkeitsdichte Senkgruben, mangelhaft gewartet oder trete ein sonstiges Baugebrechen an einer bestehenden Senkgrube auf und komme es dadurch zu einer Gewässergefährdung, so sei nach § 31 leg. cit. vorzugehen. Nur wenn die Anlage von vornherein so angelegt sei, dass mit einer Gewässerbeeinträchtigung zu rechnen sei, oder wenn Undichtheiten (Überläufe) vorsätzlich geschaffen würden, sei eine derartige Anlange bewilligungspflichtig und nach den §§ 32 und 138 leg. cit. zu behandeln. In diesem Erkenntnis wurde begründend weiters (u.a.) ausgeführt, es sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass bei Dichtheit der gegenständlichen Senkgrube oder durch den Druckausgleichsschacht bei ordnungsgemäßem Betrieb und Instandhaltung der Anlage nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Beeinträchtigung von Rechten der Antragsteller zu rechnen sei, und es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständliche Anlage von vornherein so angelegt (und baubehördlich bewilligt) worden sei, dass nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Gewässerbeschaffenheit zu rechnen gewesen sei, sodass bereits aus diesem Grund die Erteilung eines Auftrages nach § 138 leg. cit. nicht in Frage komme. Ferner hätten die Amtssachverständigen in einer (weiteren) Stellungnahme vom 11. Juli 2008 ausgeführt, dass im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Sanierung des Druckausgleichsschachtes von einer Dichtheit auszugehen und ein Eindringen von Tagwasser nicht mehr zu erwarten sei.

Die Antragsteller stützen ihren am 14. August 2009 zur Post gegebenen Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem zitierten Erkenntnis abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens auf den Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG, in eventu auf jenen des Z. 4 leg. cit. und bringen dazu im Wesentlichen vor, dass ihnen die Stellungnahme der Amtssachverständigen vom 11. Juli 2008 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei und davon ausgegangen werde, dass gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof die Zustellung dieser Stellungnahme an die Antragsteller vorgetäuscht worden sei, dieses Schriftstück vom 11. Juli 2008 bei der Einsichtnahme der Antragsteller in die Verwaltungsakten am 8. September 2008 nicht vorgefunden worden sei und es "erst an den Verwaltungsgerichtshof" vorgelegt worden sei, sodass sie keine Möglichkeit gehabt hätten, dem auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Im Sachverständigengutachten des DI W. vom 17. Jänner 2007 sei festgestellt worden, dass das Wasser aus dem Senkgrubenbauwerk in die Quelle der Antragsteller gelange, und es seien die fäkale Beeinträchtigung und "die Beeinträchtigung im Senkgrubenbauwerk (Senkgrube, Ringdrainage mit sohloffenem Druckausgleichsschacht) selbst" nachgewiesen worden. Bei dem Druckausgleichsschacht handle es sich vergleichsweise um einen Kübel, der verkehrt (Boden oben) in einen See gestülpt sei, und in diesem See stehe die Senkgrube. Allein durch die Manipulation (An- und Abkoppeln) gelangten jedes Mal Fäkalien in das die Senkgrube umschließende und in Folge in die Quelle der Antragsteller gelangende Wasser. Darüber hinaus gelangten beim Entleeren die an den Transportfahrzeugen haftenden Ausbringungsrückstände, insbesondere bei Regenwetter, auf kürzestem Weg in das Quellwasser. Im Schreiben vom 8. Oktober 2008 an den LH hätten die Antragsteller ausgeführt, dass ein Betrieb einer Senkgrube nach dem natürlichen Lauf der Dinge ohne Einwirkung auf das im konkreten Fall die Senkgrube umschließende Quellwasser keinesfalls möglich sei. Dem Vorbringen (der Antragsteller) sei der LH im Schreiben vom 2. April 2009 insofern gefolgt, als er festgehalten habe, dass durch die Ringdrainage "(ist kommunizierendes Wasser im Druckausgleichsschacht)" oberflächennahes Grundwasser oder in der Nähe der Senkgrube versickerndes Niederschlagswasser erfasst und unterhalb der Senkgrube wieder zur Versickerung gebracht werde. Es sei - so der LH weiter in diesem Schreiben - allerdings nachvollziehbar, dass sich die damit bewirkte Veränderung der Wasserwegigkeit nachteilig auf die Quelle der Antragsteller auswirken könne.

§ 45 VwGG lautet (auszugsweise):

"§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

(...)

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder

(...)

(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.

(3) Über den Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zu entscheiden.

(...)"

Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen im Wiederaufnahmeantrag wird kein Sachverhalt behauptet, der unter einen der in § 45 Abs. 1 Z. 1 und 4 VwGG normierten Gründe für die Wiederaufnahme des obgenannten Beschwerdeverfahrens subsumiert werden könnte.

Der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG liegt nur dann vor, wenn die gerichtlich strafbare Handlung oder die Erschleichungshandlung während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens begangen wurde, wobei es sich um ein Vorbringen falscher Angaben oder auch um ein Verschweigen wesentlicher Umstände handeln kann (vgl. dazu etwa die in Mayer, B-VG4, zu § 45 VwGG II. zitierte hg. Judikatur). Von einem "Erschleichen" der Entscheidung kann nur dann gesprochen werden, wenn diese seitens der Partei durch eine verpönte Einflussnahme auf die Entscheidungsunterlagen veranlasst wird, wenn also die Entscheidung in der Art zu Stande gekommen ist, dass von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht und diese Angaben dann der Entscheidung zugrunde gelegt worden sind, wobei das Verschweigen wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist (vgl. dazu etwa die in Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren6, zu § 69 Abs. 1 AVG E 8a und 8d zitierte, auch in Bezug auf § 45 VwGG maßgebliche hg. Judikatur). Der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist nur dann erfüllt, wenn der Verwaltungsgerichtshof die von ihm zu beachtenden Vorschriften über das Parteiengehör verletzt hat und darüber hinaus bei Wahrung des Parteiengehörs die verwaltungsgerichtliche Entscheidung anders gelautet hätte, was bereits im Antrag darzutun ist (vgl. dazu etwa die in Mayer, aaO, zu § 45 VwGG V. zitierte hg. Rechtsprechung).

Die Antragsteller werfen dem LH vor, dass er die Stellungnahme der Amtssachverständigen vom 11. Juli 2008 nicht bereits im Zeitpunkt ihrer Akteneinsicht am 8. September 2008, sondern "erst" im Zusammenhang mit der Vorlage der Verwaltungsakten an den Verwaltungsgerichtshof zum Bestandteil seiner Akten gemacht habe, um eine für ihn günstige verwaltungsgerichtliche Entscheidung zu erlangen, wobei sie davon ausgegangen seien, dass die Zustellung dieser Stellungnahme an sie gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof vorgetäuscht worden sei.

Dazu ist zu erwidern:

Die im genannten Erkenntnis vom 20. Mai 2009 (vgl. dort auf Seite 10) wiedergegebenen Ausführungen der Amtssachverständigen in deren Stellungnahme vom 11. Juli 2008, dass im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Sanierung des Druckausgleichsschachtes von einer Dichtheit auszugehen und ein Eindringen von Tagwasser nicht mehr zu erwarten sei, finden sich in ihren wesentlichen Passagen bereits in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25. August 2008 (vgl. deren Wiedergabe auf Seite 4 des genannten Erkenntnisses vom 20. Mai 2009, wonach Dipl.Ing. W. und Ing. T. ergänzend befragt ausgeführt hätten, dass die Senkgrube als dicht anzusehen sei und ein Eindringen von Tagwasser auf Grund der nunmehrigen Sanierung nicht mehr zu erwarten sei). So wurde dazu im erstinstanzlichen Bescheid (vgl. dort auf Seite 6) festgestellt:

"In der Stellungnahme vom 11.7.2008 äußerten sich die Amtssachverständigen Ing. (T.) und DI (W.) zur mittlerweile erfolgten Sanierung des Druckausgleichsschachtes und hielten nochmals fest, dass fachlich nicht ausgesagt werden kann, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Verunreinigung der Quelle der Familie (der Antragsteller) durch den Druckausgleichsschacht/die Senkgrube des (H.) erfolgt. Vielmehr ist betreffend die Senkgrube davon auszugehen, dass diese aufgrund der beim Lokalaugenschein festgestellten und gemessenen Wasserstände als dicht anzusehen ist. Der Druckausgleichsschacht wurde rund 30-50 cm über Gelände gezogen und abgedichtet. Dies entspricht dem heutigen Stand der Technik bei der Ausführung von Schachtbauwerken zum Grundwasseraufschluss. Ein Eindringen von Tagwasser ist nicht zu erwarten."

Da die genannte Beurteilung der Dichtheit durch die beiden Sachverständigen bereits auf Grund des erstinstanzlichen Bescheides in den Verwaltungsakten Eingang gefunden hatte und dieser Bescheid den Antragstellern zugestellt worden war, kann von einem Verschweigen wesentlicher Umstände durch den LH und einer Irreführung auf Grund unrichtiger Angaben von wesentlicher Bedeutung keine Rede sein, weshalb der behauptete Wiederaufnahmegrund gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht erfüllt ist.

Der eventualiter geltend gemachte Wiederaufnahmegrund gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist bereits deshalb nicht verwirklicht, weil den Antragstellern im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu der genannten, ihnen jedenfalls mit dem erstinstanzlichen Bescheid zur Kenntnis gebrachten Beurteilung der beiden Amtssachverständigen kein Parteiengehör eingeräumt zu werden brauchte. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass ein allfälliger, insoweit im erstinstanzlichen Verfahren aufgrund einer Verletzung des Rechtes der Antragsteller auf Parteiengehör unterlaufener Verfahrensmangel durch die Möglichkeit, dazu in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid alles Sachdienliche vorzubringen, saniert wäre (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 17. September 2009, Zl. 2008/07/0015, mwN).

Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens konnte daher nicht stattgegeben werden.

Wien, am 19. November 2009

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