VwGH 2009/05/0187

VwGH2009/05/018725.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. des

F P und 2. der M P, beide in Mischendorf, beide vertreten durch Dr. Christian Strobl, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Ferdinand-Leihs-Straße 9, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 6. Mai 2009, Zl. OW-02-04-66-2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

  1. 1. Gemeinde Mischendorf in 7511Mischendorf, Hauptplatz1, 2.E B,
  2. 3. J B, beide in 7511Mischendorf), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §42;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs1 Z3;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21;
BauG Bgld 1997 §3;
BauRallg;
VwGG §28 Abs1 Z4;
AVG §42 Abs1;
AVG §42;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs1 Z3;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21;
BauG Bgld 1997 §3;
BauRallg;
VwGG §28 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien (in der Folge: Bauwerber) beantragten mit Bauansuchen vom 18. September 2008 die "Errichtung eines Hofnebengebäudes (PKW-Unterstellplatz)" auf ihrem Grundstück Nr. 318/1 Höhenstraße 9 der Liegenschaft EZ 173, Grundbuch 34036 Kleinbachselten. Der 53,91 m2 große Bau soll in einer Länge von über 10 m entlang der südlichen Grundstücksgrenze an das bestehende Gebäude mit einer Höhe von bis zu ca. 2,50 m mit einem Pultdach (Neigung Richtung Süd-Westen) errichtet werden.

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des im Süden an das Baugrundstück grenzenden Grundstückes Nr. 320/1 der Liegenschaft EZ. 180 desselben Grundbuchs. Sie erhoben u.a. folgende Einwendungen:

"1) Bei meiner Einfriedungsmauer muss eine Isolierung und eine Trennfuge errichtet werden. Nicht nur im Bereich der geplanten Mauer sondern auch dort wo Aufschüttungen geplant sind.

...

3) Die Familie B. (Bauwerber) hat ihre gesamten Oberflächenwässer auf dem eigenen Grund in den Kanal abzuleiten, damit dem Anrainer Franz P. (Beschwerdeführer) keine Schäden entstehen.

...

5) Der Bauwerber hat vom bestehenden alten Terrain auszugehen und nicht aufzuschütten. Vorne wurden 40 cm aufgeschüttet.

...

8) Die Errichtung der neuen Mauer ist erst nach Vorlage eines statischen Gutachtens zu ermöglichen.

9) Mit den Baumaßnahmen darf erst begonnen werden, wenn der Bescheid rechtskräftig ist."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Oktober 2008 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Insbesondere wurde in bautechnischer Hinsicht vorgeschrieben, dass die "OIB-Richtlinien" einzuhalten sind.

In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, dass sich die Baubehörde erster Instanz mit ihren Einwendungen im Baubewilligungsbescheid nicht auseinandergesetzt habe.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. April 2009 wurde diese Berufung abgewiesen.

In der dagegen erhobenen Vorstellung wurde die mangelhafte Begründung im Berufungsbescheid gerügt. Es seien keine Feststellungen darüber getroffen worden, ob die für die Beschwerdeführer schadlose Ableitung der Niederschlags- und Oberflächenwässer "durch das eingereichte Bauvorhaben selbst oder durch den Baubewilligungsbescheid im Wege der Erteilung von konkreten Auflagen erreicht werden soll". Gleiches gelte für die geforderte Isolierung und Trennfuge (Punkt 1 der Einwendung). "Die Zurückweisung der Punkte 2, 4, 6, 7, der Einwendungen ... wird zur Kenntnis genommen".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dieser Vorstellung keine Folge gegeben. Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides aus, das in den Einwendungen Punkt 3, 8 und 9 erstattete Vorbringen lasse nicht erkennen, welche Verletzung ihrer Rechtssphäre die Beschwerdeführer behaupteten. Bei diesem Vorbringen handle es sich nicht um eine Einwendung im Rechtssinne. Mit der Forderung, eine Isolierung und eine Trennfuge im Bereich der geplanten Mauer und der Anschüttung zu errichten (Punkt 1 der Einwendungen), werde offenbar die Einhaltung der Bestimmungen des § 15 Bgld. Bauverordnung 2008 (Schutz vor Feuchtigkeit) geltend gemacht. Diese Vorschrift diene jedoch nicht dem Interesse der Nachbarschaft. Auch mit dem Vorbringen, der Bauwerber habe vom bestehenden alten Terrain auszugehen und dürfe nicht aufschütten (Punkt 5 der Einwendungen), werde keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt. Gemäß § 5 Bgld. BauG dürften in den seitlichen und hinteren Abstandsflächen Nebengebäude und andere untergeordnete Bauten bis zu einer Außenwandhöhe von 3 m, bezogen auf das verglichene Gelände, errichtet werden. Der gegenständliche Zubau sei ein untergeordneter Bau im Sinne des § 5 Abs. 2 leg. cit., der die in dieser Gesetzesstelle normierte Höhe nicht überschreite.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des an das Baugrundstück der Bauwerber angrenzenden Grundstückes. Das bewilligte Bauvorhaben grenzt unmittelbar an das Grundstück der Beschwerdeführer. Diese sind daher Nachbarn gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 Burgenländisches Baugesetz (Bgld. BauG).

Gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit. kann ein Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (z.B. Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen (öffentlichrechtliche Einwendungen), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen. Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen (§ 21 Abs. 4 und 5 Bgld. BauG).

Gegenstand öffentlichrechtlicher Einwendungen der Nachbarn sind jene im § 21 Abs. 4 Bgld. BauG aufgezählten Vorschriften; das sind die von den Baubehörden im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens zu beachtenden, im § 3 Bgld. BauG aufgezählten baupolizeilichen Interessen, die auch dem Interesse der Nachbarn dienen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom am 23. Juni 2006, Zl. 2007/05/0295).

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 Bgld. BauG haben folgenden Wortlaut:

"Zulässigkeit von Bauvorhaben (Baupolizeiliche Interessen)

§ 3. Bauvorhaben sind nur auf für die Bebauung geeigneten Grundstücken zulässig, wenn sie

1. dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan/Teilbebauungsplan oder den Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen,

2. den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen,

3. nach Maßgabe des Verwendungszwecks dem Stand der Technik, insbesondere bezüglich

  1. a) Mechanische Festigkeit und Standsicherheit,
  2. b) Brandschutz,
  3. c) Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz,
  4. d) Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit,
  5. e) Schallschutz,
  6. f) Energieeinsparung und Wärmeschutz

    entsprechen.

    4. das Orts- oder Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigen,

    5. durch ihre bestimmungsgemäße Benützung eine Gefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn nicht erwarten lassen sowie

    6. verkehrsmäßig erschlossen sind und ihre Ver- und Entsorgung gewährleistet ist."

    Die Beschwerdeführer führen aus, die belangte Behörde habe es unterlassen, von Amts wegen den Sachverhalt zu erheben und die notwendigen Beweise aufzunehmen. Es lägen Begründungsmängel vor. Der Bescheid werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Die belangte Behörde habe keinerlei Feststellungen über das Ausmaß und den Umfang der geplanten Anschüttungen auf dem Baugrundstück getroffen und nur ausgeführt, die Anschüttungen seien "im Burgenländischen Baugesetz 'abgedeckt'". Die belangte Behörde behaupte, dass die Beschwerdeführer in ihren subjektiven Rechten nicht verletzt würden, ohne dies jedoch näher zu begründen. Es seien auch keine Feststellungen dahingehend getroffen worden, ob eine für die Beschwerdeführer schadlose Ableitung der Niederschlags- und Oberflächenwässer durch das bewilligte Bauvorhaben erfolge. Ebenso fehlten Feststellungen betreffend Punkt 1 der Einwendungen (Isolierung und Trennfuge). Diesbezüglich fehlten entsprechende Vorschreibungen.

    Die Prüfungsbefugnis der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Falle von Rechtsmitteln einer Partei mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf den Beschwerdeführer als Nachbarn gemäß § 21 Bgld. BauG zutrifft, auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer das Mitspracherecht als ein subjektivöffentliches Recht im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung besteht. Wegen dieser Einschränkung des Mitspracherechts können Nachbarn auch Verfahrensmängel nur soweit geltend machen, als sie dadurch in der Verfolgung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte beeinträchtigt werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2009, Zl. 2008/05/0139).

    Bei öffentlichrechtlichen Einwendungen handelt es sich - wie in § 21 Abs. 4 Bgld. BauG klargestellt wird - um solche Einwendungen, die sich auf baurechtliche Bestimmungen beziehen, die (neben dem öffentlichen Interesse) auch den Interessen des Nachbarn dienen (vgl. Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht, Seite 291, sowie das bereits erwähnt hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2009).

    Im Bgld. BauG fehlt eine beispielhafte Aufzählung der Vorschriften, auf welche öffentlichrechtliche Einwendungen sich die Anrainer (Nachbarn) stützen können. Es ist daher vorweg zu prüfen, ob es sich bei den Einwendungen der Anrainer um öffentlichrechtliche Einwendungen im Sinne des § 21 Abs. 4 Bgld. BauG handelt, insbesondere ob die behauptete Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil dem Anrainer im Hinblick auf seine im § 21 Abs. 4 Bgld. BauG normierte beschränkte Parteistellung nur ein Mitspracherecht hinsichtlich derjenigen materiellen Rechte zukommt, bezüglich deren öffentlichrechtliche Einwendungen erhoben werden können, und er diese Parteistellung gemäß § 42 AVG verliert, soweit er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung solche Einwendungen erhebt (das Vorliegen der übrigen im § 42 Abs. 1 AVG genannten Voraussetzungen wird unterstellt). Zum Verlust der Parteistellung kommt es auch, wenn nur unzulässige Einwendungen erhoben werden, worunter vor allem solche Einwendungen zu verstehen sind, mit welchen Rechte geltend gemacht werden, für welche der Partei (hier: dem Anrainer) kein Nachbarrecht im Sinne obiger Ausführungen zuerkannt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2001, Zl. 2000/05/0063, VwSlg Nr. 15637/A).

    Mit ihrem Vorbringen, an ihrer Einfriedungsmauer müsse eine Isolierung und eine Trennfuge errichtet werden, erhoben die Beschwerdeführer keine Einwendung im Sinne des § 21 Abs. 4 Bgld. BauG. Eine Einwendung im Rechtssinne liegt nämlich nur dann vor, wenn das Vorbringen die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Gefordert wird, dass wenigstens erkennbar ist, welche Rechtsverletzung behauptet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0272).

    Es gibt auch keinen Anhaltspunkt, dass die vom bewilligten Bauvorhaben der Bauwerber ausgehenden Oberflächenwässer und Niederschlagswässer auf das Grundstück der Beschwerdeführer abgeleitet werden sollen. Vielmehr ist aus den dem Baubewilligungsbescheid zu Grunde liegenden Plänen ersichtlich, dass auf Grund der Ausgestaltung des Daches diese Wässer auf das Grundstück der Bauwerber abgeleitet werden.

    Dem Einreichplan zufolge ist der asphaltierte Untergrund des bewilligten Zubaus (PKW-Unterstellplatzes) mit 0,00 kotiert. Die Einfriedungsmauer der Beschwerdeführer weist die Kote +0,25, die Höhe des Nachbargrundstückes der Beschwerdeführer die Kote -0,25 auf. Aus den erwähnten Plänen ergibt sich auch zweifelsfrei, dass der bewilligte Zubau in einer Ebene mit dem auf dem Grundstück der Bauwerber bereits errichteten (Haupt-)Gebäude errichtet werden soll. Es ist mit der Errichtung des bewilligten Zubaus keine Rechte der Beschwerdeführer beeinträchtigende Anschüttung verbunden.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 25. März 2010

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