VwGH 2009/05/0161

VwGH2009/05/016111.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des HR in Wien, vertreten durch Mag. Wolfgang Gartner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salzgries 17/DG/11A, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. April 2009, Zl. BOB - 112/09, betreffend einen Bauauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §1 Abs2;
KlGG Wr 1996 §1;
KlGG Wr 1996 §8;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §1 Abs2;
KlGG Wr 1996 §1;
KlGG Wr 1996 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. April 2009 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer einer auf dem Grundstück Nr. 1825/1, EZ 1418 der Kat. Gem. L, errichteten Baulichkeit (Kleingartenwohnhaus) gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) aufgetragen, binnen vier Monaten den "ohne baubehördliche Bewilligung errichteten ca. 4,60 m x 3,40 m großen Zubau" zu beseitigen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer am 10. Dezember 2008 an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlung sei festgestellt worden, dass im genannten Kleingarten (des Beschwerdeführers) ein 4,60 m x 3,40 m großer Zubau in Alu-Glas-Konstruktion ohne vorher erwirkte baubehördliche Bewilligung errichtet worden sei. Nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei für die verfahrensgegenständliche Kleingartenanlage die Widmung "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" festgesetzt.

Nach Hinweis auf einschlägige Bestimmungen des Wiener Kleingartengesetzes 1996 (WKlG) und der BO führte die belangte Behörde weiter aus, dass die genannte Bauführung als Zubau gemäß § 8 Abs. 1 WKlG iVm § 60 Abs. 1 lit. a BO anzusehen und somit bewilligungspflichtig sei. Entsprechend den Feststellungen des bautechnischen Amtssachverständigen sei ein Anbau in Alu-Glas-Konstruktion in den Ausmaßen von 4,60 m x 3,40 m (bebaute Fläche ca. 15,64 m2) errichtet worden. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass die Glasschiebewände nur dem Schutz vor Wind und Regen dienten, durch sie kein fix umschlossener Raum gegeben sei und dieser Bereich für die Nutzung als Wohnraum ungeeignet sei, sei dem entgegenzuhalten, dass die Nutzung der geschaffenen Räumlichkeit für die Qualifikation als Zubau und eine Berücksichtigung der bebauten Fläche gemäß § 80 Abs. 1 BO irrelevant sei. Auf Grund der im Akt erliegenden Fotos sei klar ersichtlich, dass es sich bei der gegenständlichen Baulichkeit um einen nach allen Seiten umschlossenen und von einer Deckfläche abgeschlossenen Zubau aus einer Alu-Glas-Konstruktion handle, der ohne Genehmigung errichtet worden sei und eine zusätzliche Fläche von 15,64 m2 aufweise. Dass die Glaselemente der Baulichkeit verschiebbar, somit leicht zu öffnen seien und diese nicht luftdicht verschlössen, könne an der Qualifikation als Zubau nichts ändern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

1. Das Grundstück des Beschwerdeführers ist als "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" gewidmet.

Auf Flächen mit dieser Widmung ist gemäß § 1 WKlG dieses Gesetz anzuwenden. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. gilt dann, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die BO. Insbesondere finden daher auf die gegenständliche Fläche auch die Bestimmungen der BO über die Behandlung vorschriftswidriger Bauten (§ 129 Abs. 10 BO) Anwendung (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2006, Zl. 2005/05/0307, mwN).

§ 8 Abs. 1 WKlG ordnet an, dass (u.a.) für Zubauten von Kleingartenhäusern oder Kleingartenwohnhäusern eine Baubewilligung erforderlich ist.

Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO fallen unter Zubauten alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter und lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben. Ein Gebäude ist nach dieser Bestimmung ein raumbildendes Bauwerk; ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist.

Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6 leg. cit.) erstattet wurde, ist zu beseitigen.

Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 leg. cit. ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt. Bei Abweichungen von Bauvorschriften können nach dieser Gesetzesbestimmung Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden. Der Grund für die Abweichung von der Bewilligung ist unerheblich (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 6. September 2011, Zl. 2011/05/0105, mwN).

2.1. Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde irre, wenn sie die Aluminium-Glas-Konstruktion, bei der die Glaselemente verschiebbar und somit leicht zu öffnen seien bzw. nicht luftdicht abschlössen, als Zubau qualifiziere. Im gegenständlichen Fall fehle nämlich die bauliche Umschließung an zwei Seiten bzw. sei diese Konstruktion im Regelfall nicht baulich fest umschlossen, was sich aus dem Zweck dieser Konstruktion als Windfang ergebe. Diese sei auch nicht in Massivbauweise ausgeführt. Selbst wenn in Ausnahmefällen bei entsprechender Wetterkonstellation die Glaswände vorgezogen würden, böten sie zwar Schutz gegen Regen und Wind, nicht jedoch gegen die Temperatur. Die Glaselemente seien nicht luftdicht verschlossen, sondern wiesen bei den Überlappungen rund 1 cm Luft auf. Darüber hinaus sei ersichtlich, dass bei im Regelfall geöffneten Glaswänden weniger als die Hälfte der Seitenflächen der Konstruktion umschlossen seien und die genannte Konstruktion kein integrierter Bestandteil des Gebäudes sei, zumal dieser nach dem Kleingartenwohnhaus errichtet worden sei und die Elemente auch nicht für Außenwände oder die Dachkonstruktion des Kleingartenwohnhauses genützt würden. Das Vorliegen eines allseits umschlossenen Raumes und damit eines Zubaues sei daher mehr als zweifelhaft. Allenthalben hätten die Baubehörden einen Sachverständigen beiziehen müssen, um zu überprüfen, ob ein Zubau im Sinn der genannten Bestimmungen vorliege.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Dass durch die Umschließung einer Terrasse mittels einer Holz-Glas-Konstruktion (etwa in der Form eines Wintergartens) die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Zubau erfüllt sind, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl. 2004/05/0118, mwN; ferner etwa das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2011/05/0105, mwN). Auch eine Konstruktion, bei der anstelle des Baustoffes Holz ein anderer, wie etwa Aluminium, verwendet wird, stellt einen Zubau dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. September 1998, Zl. 98/05/0080). Der Umstand, dass - wie die Beschwerde vorbringt -

die Aluminium-Glas-Konstruktion nicht in Massivbauweise ausgeführt und an zwei Seiten nicht baulich fest umschlossen sei, weil dort verschiebbare Glaswände bestünden, die nur bei entsprechender Wetterkonstellation "vorgezogen", somit geschlossen, würden, führt ebenso zu keiner anderen Beurteilung (vgl. dazu etwa das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2005/05/0307). Ob diese Aluminium-Glas-Konstruktion auch Schutz "gegen die Temperatur" biete, somit eine Wärmedämmung aufweise, ist für die Beurteilung als Zubau im Sinn des § 60 Abs. 1 lit. a BO nicht wesentlich.

Zutreffend hat die belangte Behörde ausgeführt, dass die Frage, ob die Voraussetzungen dieses Tatbestandes erfüllt sind, eine Rechtsfrage darstellt, die nicht von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Die Tatsachengrundlagen, auf Grund derer eine solche rechtliche Beurteilung zu treffen war, sind indes im Beschwerdefall nicht strittig. Im Hinblick darauf kommt der in der Beschwerde erhobenen, oben wiedergegebenen Verfahrensrüge keine Berechtigung zu.

3. Ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde hat die belangte Behörde somit die beschriebene Aluminium-Glas-Konstruktion in rechtlich einwandfreier Weise als bewilligungspflichtigen Zubau beurteilt. Die erforderliche Baubewilligung lag bei Erlassung des angefochtenen Bescheides unstrittig nicht vor, sodass sich der baubehördliche Auftrag als rechtmäßig erweist.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. Oktober 2011

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte