VwGH 2011/05/0105

VwGH2011/05/01056.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde von 1. W B und 2. R B, beide in Wien und vertreten durch Dr. Hans Kulka, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 13/Tür 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Mai 2011, Zl. BOB-17/11, betreffend einen Bauauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §1 Abs2;
KlGG Wr 1996 §8;
VwRallg;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §1 Abs2;
KlGG Wr 1996 §8;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde den beschwerdeführenden Parteien als Eigentümern eines auf dem Grundstück Nr. 2254/14, EZ. 6589 der KG L befindlichen Kleingartenwohnhauses gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) aufgetragen, innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die "ohne baubehördliche Bewilligung errichteten Zubauten in der Größe von ca. 1,75m x 1,00m und ca. 4,10m x 3,20m" zu beseitigen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlung am 10. Dezember 2010 sei vom bautechnischen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 37 festgestellt worden, dass im Bereich des Hauseinganges des bestehenden Kleingartenwohnhauses der beschwerdeführenden Parteien ein ca. 1,75 m x 1,00 m großer Zubau in Holz-Glas-Konstruktion und im Terrassenbereich ein ca. 4,10 m x 3,20 m großer Zubau in Alu-Kunststoff-Glas-Konstruktion ohne die hierfür erforderliche baubehördliche Bewilligung errichtet worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Nach dem vorliegend anzuwendenden § 1 Abs. 2 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 gilt die BO, soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt. Für Neu-, Zu- und Umbauten u.a. von Kleingartenwohnhäusern ist nach dem vorliegend ebenfalls anzuwendenden § 8 Abs. 1 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 eine Baubewilligung erforderlich.

Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt. Bei Abweichungen von Bauvorschriften können nach § 129 Abs. 10 BO Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden. Der Grund für die Abweichung von der Bewilligung ist unerheblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2007/05/0095, mwN). Das Wr KlGG 1996 ist eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 Wr BauO; eine Abweichung von Bestimmungen des Wr KlGG 1996 kann daher Grundlage für einen Bauauftrag nach § 129 Abs. 10 BO bilden (hg. Erkenntnis vom 13. April 2010, Zl. 2008/05/0133 mwN).

Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO fallen unter Zubauten alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter und lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben. Ein Gebäude ist nach dieser Bestimmung ein raumbildendes Bauwerk; ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist.

2. Die Beschwerde zeigt keinen Widerspruch des angefochtenen Bescheides zu § 129 Abs. 10 BO auf und ist daher nicht begründet:

2.1. Dass das bestehende Gebäude durch die Ausgestaltung des Hauseingangs in Form eines Windfangs durch eine Holz-Glas-Konstruktion bzw. durch die Umgestaltung der Terrasse als "Pawlatsche" durch eine Alu-Kunststoff-Glas-Konstruktion vergrößert wird, haben die beschwerdeführenden Parteien zwar nicht ausdrücklich bestritten, jedoch wandten sie sich insofern gegen die Qualifikation der genannten Konstruktionen als Zubauten, als sie "eine gewisse Qualität" der Vergrößerung des Gebäudes sowie die Wohnraumnutzung als Voraussetzung fordern.

Die in der Beschwerde bestrittene Gebäudequalität eines Windfangs ergibt sich jedoch schon aus § 83 Abs. 2 lit. d BO, wo dieser als Gebäudeteil genannt ist. Aus dem Argument, ein "Glashaus" (gemeint sind die genannten Konstruktionen) wäre, läge es "nur 10 cm von der Hauswand entfernt, … zweifellos kein Zubau", ist für die beschwerdeführenden Parteien nichts zu gewinnen, da in diesem (bloß hypothetischen) Fall ein - ebenfalls bewilligungspflichtiger - Neubau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit a BO vorläge. Dass eine "Markise mit Seitenteilen" vorliege, behaupten die Beschwerdeführer nicht. Auch dass durch die genannten Konstruktionen "kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen" wird, ändert entgegen der Beschwerdeansicht nichts am Vorliegen bewilligungspflichtiger Zubauten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl. 2004/05/0118).

Ausgehend von den in § 60 Abs. 1 lit a BO enthaltenen Begriffsbestimmungen für ein Gebäude und für einen Raum hat die belangte Behörde den nunmehr durch eine Holz-Glas-Konstruktion umschlossenen, in Form eines Windfangs ausgestalteten Hauseingang und die durch eine Alu-Kunststoff-Glas-Konstruktion in Form einer "Pawlatsche" ausgestaltete Terrasse somit zutreffend als bewilligungspflichtige Zubauten beurteilt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2005, Zl. 2004/05/0118 und vom 31. Juli 2006, Zl. 2005/05/0307, mwN).

Da die erforderlichen Baubewilligungen im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung unstrittig nicht vorlagen, erweist sich auch der baubehördliche Auftrag als rechtmäßig. Zu Recht hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass, sollte eine Baubewilligung für die getroffenen Maßnahmen erwirkt werden, der Bauauftrag gegenstandslos wäre.

2.2. Wenn in der Beschwerde gerügt wird, der baupolizeiliche Auftrag sei zu unbestimmt, so ist ihr zu entgegnen, dass ein solcher bereits dann konkret genug ist, wenn für einen Fachmann die zu ergreifenden Maßnahmen erkennbar sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Juli 2005, Zl. 2004/05/0023, vom 18. Dezember 2006, Zl. 2006/05/0056, und vom 6. Juli 2010, Zl. 2007/05/0210, mwN). Abgesehen davon, dass sich schon aus den Beschwerdeausführungen selbst ergibt, dass die beschwerdeführenden Parteien eindeutig erkannten, welche Gebäudeteile der Auftrag umfasst, kann aufgrund der genauen Bezeichnung der Baulichkeiten und ihrer Lage im angefochtenen Bescheid auch nicht angenommen werden, dass die nach dem Bauauftrag zu ergreifenden Maßnahmen für einen Fachmann nicht erkennbar wären.

2.3. Dem weiteren Beschwerdevorbringen, die Frist zur Beseitigung sei zu kurz bemessen worden, ist zu entgegnen, dass die Frist dann angemessen ist, wenn in ihr die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können (vgl. Moritz, BauO für Wien4 (2009) S. 312, sowie die hg. Erkenntnisse vom 23. Juli 2009, Zl. 2008/05/0241, und vom 11. Mai 2010, Zlen. 2009/05/0252, 0276, mwN). Warum die beauftragten Arbeiten nicht in der festgesetzten Frist von sechs Monaten durchführbar sein sollten, ist angesichts des Umfangs der angeordneten Maßnahmen nicht ersichtlich. Auch wird in der Beschwerde nicht dargelegt, warum die vorgebrachten Krankheiten der beschwerdeführenden Parteien diese daran hindern würden, die Durchführung der für die Erfüllung des behördlichen Auftrags notwendigen Arbeiten durch einen Dritten zu veranlassen.

3. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 6. September 2011

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