VwGH 2009/04/0080

VwGH2009/04/008017.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. des X und 2. der Y, beide in G, beide vertreten durch Friedl & Holler Rechtsanwalt-Partnerschaft in 8462 Gamlitz, Marktplatz 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 16. Jänner 2009, Zl. BMWA-67.150/0108-IV/10/2007, betreffend Gewinnungsbetriebsplan (mitbeteiligte Partei: T AG in G, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte in 8010 Graz, Schlögelgasse 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
GewO 1994 §77 Abs3;
IG-L 1997 §2 Abs14;
IG-L 1997 §2 Abs4;
MinroG 1999 §116 Abs1;
MinroG 1999 §116 Abs2 Z2 lita;
MinroG 1999 §116 Abs2;
MinroG 1999 §116 Abs3;
MinroG 1999 §119 Abs3;
VwRallg;
AVG §8;
GewO 1994 §77 Abs3;
IG-L 1997 §2 Abs14;
IG-L 1997 §2 Abs4;
MinroG 1999 §116 Abs1;
MinroG 1999 §116 Abs2 Z2 lita;
MinroG 1999 §116 Abs2;
MinroG 1999 §116 Abs3;
MinroG 1999 §119 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 16. Jänner 2009 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (jetzt: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) der mitbeteiligten Partei den Gewinnungsbetriebsplan für den "Tonabbau Graschach" innerhalb der Überschar "Graschach 23" auf bestimmt bezeichneten Grundstücken für den Zeitraum von fünf Jahren genehmigt, wobei ausgesprochen wurde, dass der Abbau nach Maßgabe der vorgelegten Abbauplanung zum Gewinnungsbetriebsplan vom 25. Jänner 2007, erstellt von einem bestimmt bezeichneten technischen Büro für Markscheidewesen, zu erfolgen habe. Dabei wurden u.a. folgende Auflagen vorgeschrieben:

"...

2. Die Einhaltung des geplanten Abbausohlenniveaus von SH 334 m ist durch markscheiderische Beobachtungseinrichtungen sicherzustellen.

3. An der westlichen Überschargrenze ist ein mindestens 170 m langer und 3 m hoher Erdwall zu errichten.

...

6. Zur besseren Nachvollziehbarkeit von Wasserspiegelschwankungen sind alle zwei Monate Stichtagsmessungen beim Brunnen des Anwesens Reiterer durchzuführen und darüber Aufzeichnungen zu führen.

...

8. Die Oberflächenfeuchte des mit Ziegelbruch befestigten Transportweges im Bereich des geplanten Abbaues ist bei Wind aus NE bis SE durch entsprechende Beregnung auf mindestens 6 % M zu halten.

9. Die Frutiger Schürfkübelraupe SR 2001 ist mit einem Partikelfilter mit einem Abscheidegrad über 90 % auszustatten. Hierüber ist ein Attest einer hiezu befugten Fachperson oder Institution vorzulegen."

Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, die Mitbeteiligte habe mit Schreiben vom 29. Jänner 2007 den Gewinnungsbetriebsplan für die Erweiterung des bestehenden Tonabbaues Graschach innerhalb der Überschar Graschach 23 für den Aufschluss und Abbau von bergfreien mineralischen Rohstoffen (Ton) auf bestimmt bezeichneten Grundstücken vorgelegt.

Diesem Gewinnungsbetriebsplan sei u.a. Folgendes zu entnehmen:

"Allgemeine Informationen

Der derzeitige Tonabbau befindet sich im Bereich der Überschar 30. Die Grubenerweiterung soll nun in südwestlicher Richtung weitergeführt werden. Die betroffene Überschar 'Graschach 23' befindet sich genau im Anschluss an die bereits teilweise ausgetonte Überschar 'Graschach 30'. Dabei setzt sich der Schichtverlauf des abzubauenden Tones in Richtung Westen mit zunehmender Mächtigkeit fort.

Planungszeitraum

Die vorgesehenen Arbeiten werden nach Rechtskraft des bezüglichen Bescheides begonnen und laufen mit unterschiedlicher Intensität bis zur Erreichung des geplanten Abbauendstandes bzw. der abgeschlossenen Wiedernutzbarmachung. Nach Abtrag der Humusschicht beträgt die gewinnbare Menge an Dachziegelton ca. 300.000 m3 (die Menge resultiert aus dem Abzug der Böschungen und Randbereiche).

Bei einer geplanten jährlichen Gewinnung von ca. 80.000 m3 (ca. 350 m3/Tag) Dachziegelton ergibt sich eine Abbaudauer von ca. vier Jahren.

Im Anschluss an die Austonung des Dachziegeltones kann mit der Gewinnung des Mauerziegeltones begonnen werden - es wird mit einer gewinnbaren Menge von ca. 300.000 m3 bis 400.000 m3 gerechnet. Bei einer geplanten jährlichen Gewinnung von ca. 80.000 m3 (ca. 350 m3/Tag) Mauerziegelton ergibt sich eine Abbaudauer von weiteren ca. vier bis fünf Jahren.

Beschreibung des vorgesehenen Abbaues inkl. Abtransport

...

Tonabbau Dachziegelton (obere Schichtung, durchschnittliche Mächtigkeit ca. 6 bis 7 m) Lösen des Tons mittels Schürfkübelraupe oder Bagger, das gelöste Material wird vor Ort auf Halde gelegt, ...

Erst im Anschluss an die Austonung des Dachziegeltons inklusive Abtransport erfolgt der Abbau des Mauerziegeltons (untere Schichtung) Mächtigkeit ca. 6 m und mehr) ...

Betriebszeiten:

Montag bis Freitag: 05:00 bis 22:00 für Muldenfahrzeuge

Montag bis Freitag: 05:00 bis 13:30 für Raupenfahrzeuge

Der Abtransport des Tons erfolgt innerhalb des Abbaubereiches mit betriebseigenen Muldenfahrzeugen. Dabei wird die bestehende Verbindung vom derzeitigen Abbau weiter genutzt. Wege innerhalb der Grube werden mit Ziegelsplitt befestigt, um einerseits durch das Saugvermögen der Ziegel Schlammpfützenbildungen zu vermeiden und andererseits die Gefahr von Verunreinigungen des Rohstoffes durch Fremdmaterial (z.B. Kalkeintrag) zu vermeiden. ...

Emissionsprognose

Durch die besondere Lage der Grube/Grubenerweiterung ist keine Emissionsbelästigung zu erwarten! Eine Staubentwicklung beim Abbau ist durch die natürliche Feuchtigkeit des Materials nicht gegeben. Eine eventuelle Staubentwicklung beim Transport wird durch Besprühung mit einem Wasserpumpwagen verhindert.

... Anhand der durchgeführten Bohrproben zur Untersuchung der

Mächtigkeit des Tons konnte kein Grundwasser aufgefunden werden. Weiters ist eine Beeinträchtigung von Grundwässern durch den dichten Untergrund nicht gegeben. Die Abgase werden durch den modernen Gerätepark auf ein Minimum reduziert. Die Planierraupe sowie die Muldenfahrzeuge sind mit Niederemissionsmotoren und schallgedämpften Kabinen ausgestattet.

Auflistung der Grubenfahrzeuge - Angabe über die Lärmemissionen

Bezeichnung

Anzahl

Schallwerte (dB)

Frutiger Schürfkübelraupe SR 2001

1

100

...

  

Volvo-Mulden (Dumper) A 40C

1

72

Maßnahmen zum Schutz der Oberfläche

Einhaltung eines Mindestabstandes zu den Nachbargrundstücken:

Im Normalfall ca. 3 bis 5 m

..."

Bei der Verhandlung vom 16. Oktober 2007 sei im Zuge von Besprechungen eine einvernehmliche Regelung getroffen worden, wonach der Beginn des Abbaues, d.h. der Einsatz der Abbaugeräte mit 6.00 Uhr festgelegt werde. In der Zeit zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr werde es lediglich zu Vorlauftätigkeiten (Warmlaufen der Arbeitsgeräte) kommen. Dazu sei vom medizinischen Sachverständigen ausgeführt worden, dass bei diesen Tätigkeiten die Nachtruhe gewährleistet sei.

Zum Abbauablauf sei von der Mitbeteiligten festgehalten worden, dass die Hereingewinnung des Dachziegeltones bis in eine Tiefe von etwa 7 bis 8 m über die gesamte Fläche des Abbaugebietes erfolgen werde. Dieser Abbau sei auf etwa vier bis fünf Jahre ausgerichtet, was der Dauer des Gewinnungsbetriebsplanes entspreche.

Die Mitbeteiligte habe präzisiert, dass das Abbaufeld auf einer durchschnittlichen Seehöhe von 342 m liege. Während der Laufzeit des beantragten Gewinnungsbetriebsplanes sei eine Austonung mit einer Mächtigkeit von bis zu 8 m vorgesehen.

Der Sachverständige für Emissions- und Immissionstechnik habe zu den Einwendungen der Beschwerdeführer ausgeführt, dass die Messdaten der meterologischen Messstation D. umfassender und detaillierter seien als die Daten möglicherweise vor Ort bestehender Stationen. Darüber hinaus seien die übergeordneten Windsysteme für die Verteilung der Schadstoffe maßgeblicher, weil diese die kleinräumigen Windsysteme überlagern würden. Zur Befeuchtung der Transportstraßen könne der Sprühwagen vorne und hinten je mit einer Sprüheinheit ausgestattet werden, sodass bereits eine befeuchtete Straße befahren werde. Die häufigste Windgeschwindigkeit betrage 2 m pro Sekunde und entspreche damit einer Worst-Case-Betrachtung. Die Bagatellgrenze für die Zulässigkeit von zusätzlichen Feinstaubemissionen PM 10 in einem Gebiet, das - wie das gegenständliche - Grenzwertüberschreitungen nach dem Emissionsschutzgesetz - Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 (IG-L) aufweise, betrage 1 % des Grenzwertes für den Jahresmittelwert von 40 µg/m3 und 3 % des Grenzwertes für den Tagesmittelwert von 50 µg/m3. Dies entspreche den Vorgaben des Umweltbundesamtes und sei als Stand der Technik zu bezeichnen. Die Emissionsminderung von 83 % auf Grund der Befeuchtung auf mindestens 6 % Masse ergebe sich aus entsprechenden technischen Grundlagen. Der Spitzenlärmpegel der Ist-Situation von 59,1 dB bis 59,4 dB sei ein berechneter Wert und beinhalte auch die Emissionen des bestehenden Abbaues. Durch die Errichtung des Lärmschutzwalles werde dieser rechnerische Spitzenpegel auf 51,3 bis 57,0 dB gesenkt. Der tatsächlich gemessene mittlere Spitzenpegel für den Ist-Zustand betrage 58,6 dB. Es sei davon auszugehen, dass die Absenkung des tatsächlichen Pegels in gleichem Maß erfolge wie die Absenkung des berechneten Spitzenpegels. Damit sei sichergestellt, dass die Ist-Situation durch die Errichtung des Lärmschutzwalls mit dem gegenständlichen Projekt eine Verbesserung erfahre. Weiters sei dieser Sachverständige zum Ergebnis gekommen, dass aus dem Vorgang der Befeuchtung der Wege keine zusätzliche PM 10 Emissionen resultiere. Durch die Fahrten mit dem Sprühwagen komme es zwar zu einer zusätzlichen NOx-Emission, die jedoch zu keiner Immissionsgrenzwertüberschreitung führe.

Die zusätzliche Lärmbelastung durch die Fahrten mit dem Sprühwagen sei vernachlässigbar.

Der berechnete PM 10-Zuwachs als Jahresmittelwert betrage 0.3 µg/m3

Zur Frage, ob der Brunnen der Beschwerdeführer durch den gegenständlichen Abbau beeinträchtigt werde, sei ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Geologie und Hydrogeologie eingeholt worden. Dieser Sachverständige sei zum Ergebnis gekommen, dass Auswirkungen auf den Brunnen der Beschwerdeführer auszuschließen seien, sofern die Abbautätigkeit auf ein Sohlenniveau von SH 334 beschränkt bleibe.

Nach einer Präzisierung des Projekts durch die Mitbeteiligte hinsichtlich der eingesetzten Arbeitsgeräte habe der Sachverständige für Emissions- und Immissionstechnik ausgeführt, dass alle Arbeits- und Transportmaschinen mit Ausnahme der Schürfkübelraupe der Stufe 2 gemäß Richtlinie 97/68/EG entsprächen. Nach einem bereits erfolgten Motortausch entspreche auch die Schürfkübelraupe im Bereich der NOx-Emissionen der Stufe 2. Der Nachweis einer Partikelemission entsprechend der Stufe 2 sei nicht erbracht worden, sei aber mit Partikelfilter erreichbar. Dieser Sachverständige habe daher die in den Spruch aufgenommene Auflage 9 vorgeschlagen, wonach die Schürfkübelraupe mit einem Partikelfilter mit einem Abscheidegrad über 90 % auszustatten sei.

Das Ermittlungsverfahren habe somit Folgendes ergeben:

Nach dem Gutachten des Sachverständigen für Emissions- und Immissionstechnik werde auch bei Worst-Case-Annahme der Grenzwert für die Staubbelastung bei den nächst gelegenen Nachbarn eingehalten bzw. erheblich unterschritten.

Die Schallrichtwerte an den in Betracht gezogenen Immissionspunkten würden nicht überschritten.

Die Abgas-Richtwerte an den Immissionspunkten würden eingehalten.

Angesichts des bestehenden Sanierungsgebietes werde den Anforderungen des IG-L unter der Voraussetzung der vorgeschriebenen Befeuchtung der Transportwege entsprochen.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen für Medizin und Umwelthygiene sei nach dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit bzw. keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen für Geologie und Hydrogeologie sei eine Beeinträchtigung des Grundwasserhaushaltes mit Auswirkungen auf den Brunnen der Beschwerdeführer auszuschließen, sofern die Abbautätigkeit auf ein Sohlenniveau SH 334 m beschränkt bleibe. Der Gewinnungsbetriebsplan sehe Abbautätigkeiten unter diesem Niveau nicht vor. Eine Gefährdung von der Projektwerberin nicht zur Benützung überlassenen Sachen und eine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern sei daher nicht zu erwarten.

Angesichts der guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitbeteiligten und der bisherigen Erfahrungen mit diesem Unternehmen könne davon ausgegangen werden, dass die dem Abbau unmittelbar nachfolgende Gestaltung und Rekultivierung des Geländes ordnungsgemäß veranlasst werde und die Kosten hiefür aufgebracht werden könnten. Von der Vorschreibung einer Sicherheitsleistung sei daher Abstand genommen worden.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, dass hinsichtlich der meteorologischen Verhältnisse die Messdaten der Stationen in G. und W. heranzuziehen gewesen wäre, sei über die Ausführungen des Sachverständigen hinaus auszuführen, dass an den genannten Orten keine amtlichen Messstellen bestünden, die für eine Immissionsberechnung herangezogen werden könnten.

Nach den dargestellten Sachverständigengutachten komme es bei den für die Beschwerdeführer maßgeblichen Immissionspunkten zu keinen gesundheitsschädlichen oder unzumutbar belästigenden Auswirkungen. Die Beschwerdeführer seien diesen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

Mineralrohstoffgesetz - MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999:

"§ 116. (1) Gewinnungsbetriebspläne sind, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu genehmigen, wenn

...

5. im konkreten Fall nach dem besten Stand der Technik vermeidbare Emissionen unterbleiben,

6. nach dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten ist,

7. keine Gefährdung von dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (§ 119 Abs. 5) zu erwarten ist,

...

(2) Soweit es sich nicht um den Aufschluss, den Abbau, das Speichern in geologischen Strukturen oder um untertägige Arbeiten handelt, gilt zusätzlich zu Abs. 1 Folgendes:

1. Die für den zu genehmigenden Gewinnungsbetriebsplan in Betracht kommenden Bestimmungen einer auf Grund des § 10 IG-L erlassenen Verordnung sind anzuwenden.

2. Sofern die vom Gewinnungsbetriebsplan oder einer emissionserhöhenden Änderung eines Gewinnungsbetriebsplanes erfasste Fläche in einem Gebiet liegt, in dem bereits eine Überschreitung eines Grenzwertes gemäß Anlage 1, 2 oder 5b IG-L oder einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 3 IG-L vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn

a) die Emissionen durch die im Gewinnungsbetriebsplan vorgesehenen Arbeiten keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder

b) der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a IG-L oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes - Luft in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, sodass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Grenzwertüberschreitungen anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.

(3) Parteien im Genehmigungsverfahren sind:

...

3. Nachbarn: das sind im Sinne dieser Bestimmung alle Personen, die durch die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. ...

..."

Immissionsschutzgesetz - Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 (IG-L):

"§ 2. ...

(4) Immissionsgrenzwerte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind, sofern Abs. 5 nicht anderes bestimmt, höchstzulässige, wirkungsbezogene Immissionsgrenzkonzentrationen, bei deren Unterschreitung nach den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen keine schädigenden Wirkungen zu erwarten sind.

...

(14) Zielwert gemäß Anlage 5a, 5b oder einer Verordnung nach § 3 Abs. 3 ist die nach Möglichkeit in einem bestimmten Zeitraum zu erreichende Immissionskonzentration, die mit dem Ziel festgelegt wird, die schädlichen Einflüsse auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern.

...

§ 3. (1) Zum Schutz der menschlichen Gesundheit im gesamten Bundesgebiet gelten die unter Bedachtnahme auf die einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse festgelegten Immissionsgrenzwerte der Anlagen 1 (Konzentration) und 2 (Deposition).

...

2b) Für PM10 und Stickstoffdioxid werden zusätzlich Zielwerte in der Anlage 5a und für Arsen, Kadmium, Nickel und Benzo(a)pyren in der Anlage 5b festgelegt.

...

Anlage 1: Konzentration

zu § 3 Abs. 1

Als Immissionsgrenzwert der Konzentration zum dauerhaften Schutz der menschlichen Gesundheit in ganz Österreich gelten die Werte in nachfolgender Tabelle:

Konzentrationswerte in µg/m3 (ausgenommen CO: angegeben in mg/m3)

Luftschadstoff

HMW

MW8

TMW

JMW

...

...

...

...

...

PM tief 10

  

50*3)

40

...

...

...

...

...

*3) Pro Kalenderjahr ist die folgende Zahl von

Überschreitungen zulässig: ab In-Kraft-Treten des Gesetzes bis

2004: 35; von 2005 bis 2009: 30; ab 2010: 25.

Anlage 5: Zielwerte

zu § 3 Abs. 2b

Anlage 5a

1. Als Zielwert der Konzentration von PM10 gilt der Wert von 50 µg/m3 als Tagesmittelwert, der nicht öfter als siebenmal im Jahr überschritten werden darf, und der Wert von 20 µg/m3 als Mittelwert während eines Kalenderjahres.

..."

Aus § 116 Abs. 3 MinroG folgt ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes (bzw. einer wesentlichen Änderung dieses Betriebsplanes), dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn - trotz Vorschreibung von Bedingungen oder Auflagen - eine Gefährdung seines Lebens oder seiner Gesundheit, seines - dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen - Eigentums oder seiner sonstigen dinglichen Rechte zu erwarten ist, sowie wenn eine unzumutbare Belästigung seiner Person zu erwarten ist. Hingegen besteht kein subjektives Recht des Nachbarn, dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn andere - im öffentlichen Interesse normierte - Genehmigungsvoraussetzungen (nach seiner Auffassung) nicht erfüllt sind. Sein Mitspracherecht im Genehmigungsverfahren ist vielmehr auf die Geltendmachung der ihm nach dem MinroG gewährleisteten Nachbarrechte beschränkt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2010, Zl. 2009/04/0297).

Die Beschwerdeführer bringen vor, die projektierte Abbautiefe liege - unter Berücksichtigung des Mauerziegelabbaues - unter dem vorgeschriebenen Niveau von 334 m Seehöhe. Der angefochtene Bescheid, der dieses Projekt genehmige, aber die Einhaltung eines Niveaus von 334 m vorschreibe, sei daher in sich widersprüchlich. Tatsächliche liege bereits derzeit das Abbauniveau auf Seehöhe 332,69 m. Dazu berufen sich die Beschwerdeführer auf eine der Beschwerde beigelegte fachkundige Stellungnahme von Dipl. Ing. S., in der u.a. ausgeführt wird, dass das vorhandene Sohlenniveau "zwischen" der Überschar Graschach 30 und der Überschar Graschach 23 derzeit auf 332,69 m liege. Der projektgemäße Dachziegelabbau erfordere eine Abbautiefe von 5 bis 7 m, der ebenfalls projektgegenständliche weitere Abbau von Mauerziegelton erfordere weitere 6 bis 7 m. Unter Berücksichtigung dieses Mauerziegeltonabbaues sei die Einhaltung der vorgeschriebenen Seehöhe von 334 m nicht möglich.

Dem ist zu entgegnen, dass sich aus den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Projektunterlagen ergibt, dass für den Dachziegelabbau eine Dauer von etwa vier Jahren berechnet werde. Dies hat die Mitbeteiligte dahin präzisiert, dass der Abbau von Dachziegelton auf vier bis fünf Jahre ausgerichtet sei, was der Dauer des mit dem angefochtenen Bescheid auf fünf Jahre bewilligten Gewinnungsbetriebsplanes entspreche. Weiters hat die Mitbeteiligte vorgebracht, dass während der Dauer des gegenständlichen Gewinnungsbetriebsplanes die Austonung mit einer Mächtigkeit von bis zu 8 m ausgehend von einer durchschnittlichen Seehöhe von etwa 342 m vorgesehen sei.

Von daher kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass die belangte Behörde davon ausgegangen ist, der für fünf Jahre bewilligte Gewinnungsbetriebsplan sehe ein Abbausohlenniveau von Seehöhe 334 m vor. Die Beschwerdeführer stellen nicht in Abrede, dass bei Einhaltung dieses Sohlenniveaus ihr Brunnen nicht gefährdet wird. Durch die Vorschreibung der Auflage 2, wonach das Abbausohlenniveau von Seehöhe 334 m sicherzustellen sei, hat die belangte Behörde auf die Rechte der Beschwerdeführer ausreichend Bedacht genommen. Eine tiefere Abbausohle ist damit nicht zulässig.

Dass die belangte Behörde zusätzlich markscheiderische Beobachtungseinrichtungen angeordnet hat, dient der - amtlichen - Überprüfung der vorgeschriebenen maximalen Sohlentiefe. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, es sei nicht ausreichend bestimmt, welche markscheiderischen Beobachtungseinrichtungen gemeint seien, machen sie keine Verletzung ihrer subjektiven Rechte geltend. Im Übrigen sind mit markscheiderischen Beobachtungseinrichtungen jedenfalls solche gemeint, die dem Stand der Technik auf dem Gebiet des Vermessungswesens beim Bergbau entsprechen (siehe dazu die Markscheideverordnung, BGBl. II Nr. 69/2001).

Mit dem Vorbringen, dass derzeitige Abbauniveau "zwischen" der (nicht verfahrensgegenständlichen) Überschar Graschach 30 und der verfahrensgegenständlichen Überschar Graschach 23 liege auf Seehöhe 332,69 m behaupten die Beschwerdeführer nicht konkret, dass dieses Sohlenniveau im gegenständlichen Abbaufeld bestehe. Im Übrigen könnte die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Sohlentiefe nicht mit einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid geltend gemacht werden.

Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als Verfahrensmangel rügen, sie seien der Befundaufnahme durch den hydrogeologischen Sachverständigen nicht beigezogen worden und es sei ihnen zum Gutachten dieses Sachverständigen kein Parteiengehör eingeräumt worden, tun sie mit dem dargestellten Vorbringen die Relevanz nicht dar.

Entgegen dem nicht weiter konkretisierten Beschwerdevorbringen sind die Auflagen 3, wonach an der westlichen Überschargrenze ein mindestens 170 m langer und 3 m hoher Erdwall zu errichten ist, und 6, wonach zur besseren Nachvollziehbarkeit von Wasserspiegelschwankungen alle zwei Monate Stichtagsmessungen beim Brunnen des Anwesens der Beschwerdeführer durchzuführen und darüber Aufzeichnungen zu führen sind, ausreichend bestimmt.

Weiters bringen die Beschwerdeführer vor, zur Feststellung der relevanten Windgeschwindigkeit und der Ausbreitungsbedingungen hätte ein meteorologisches Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, in dem auch die Messwerte der Stationen in G. und W. einzubeziehen gewesen wären. Ohne ein solches Gutachten wäre der Worst-Case-Betrachtung eine hundertprozentige direkte Zuwehung bei schlechtesten Ausbreitungsbedingungen (ohne Querverwehungen) zugrunde zu legen gewesen.

Mit diesem Vorbringen bestreitet der Beschwerdeführer einerseits nicht, dass in W. und G. keine amtlichen Messstellen bestehen. Andererseits hat der Sachverständige für Emissions- und Immissionstechnik ausgeführt, dass die Werte der Messstelle in D. eine ausreichende Grundlage für die Immissionsberechnung böten. Diesen Ausführungen sind die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es muss einem Sachverständigen für Emissions- und Immissionstechnik zugestanden werden, beurteilen zu können, ob die Werte einer meteorologischen Station seiner Berechnung zugrunde gelegt werden können, oder ob dafür ein zusätzliches meteorologisches Gutachten erforderlich ist.

Weiters bringen die Beschwerdeführer vor, dass zur Überprüfung der Abgaswerte ein maschinentechnisches Sachverständigengutachten eingeholt hätte werden müssen. Ein solcher Sachverständiger hätte insbesondere dazu befragt werden müssen, ob der Einbau eines Partikelfilters mit einem Abscheidegrad über 90 % in die Schürfkübelraupe möglich sei. Bei Einräumung von Parteiengehör zur Stellungnahme des emissions- und immissionstechnischen Sachverständigen hätten die Beschwerdeführer auch dazu die Einholung eines maschinentechnischen Gutachtens beantragt, dass die Geräte nicht den aktuellen - ständig verbesserten - Abgasvorschriften entsprechen würden.

Diesem Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, dass die Beschwerdeführer damit nicht konkret vorbringen, aus welchen Gründen die vom Sachverständigen angenommenen Abgaswerte der Maschinen unrichtig seien bzw. nicht den geltenden Vorschriften entsprechen sollten. Mit Auflage 9 wurde der Einbau eines Partikelfilters mit einem Abscheidegrad über 90% in die Schürfkübelraupe vorgeschrieben. Dies bedeutet, dass dieses Gerät ohne Einbau eines derartigen Partikelfilters nicht verwendet werden darf. Sollte der Einbau eines solchen Filters tatsächlich nicht möglich sein, wären die Beschwerdeführer dadurch nicht beschwert.

Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, dass der vorgeschriebene 3 m hohe Erdwall eine Breite von 6 m aufweisen müsse und dies im Widerspruch zum Projekt stehe, wonach die Entfernung zwischen dem Abbau und der Grundgrenze lediglich 3 bis 5 m betrage, ist zunächst auszuführen, dass nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid der projektgemäße Abstand zu den Nachbargrundstücken nur "im Normalfall" 3 bis 5 m beträgt und es sich hiebei um einen "Mindestabstand" handelt (der auch überschritten werden kann). Im Übrigen wird die mitbeteiligte Partei mit der Auflage 3 jedenfalls zur Errichtung des 3 m hohen Lärmschutzwalls verpflichtet. Daraus ergibt sich eindeutig, dass sie den Abbau so einrichten muss, dass der Lärmschutzwall während des gesamten Abbauvorganges bestehen kann.

Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, die mit Auflage 8 vorgeschriebene Befeuchtung des Transportweges bei bestimmten Windrichtungen sei bei Frost unmöglich, ist ihnen zunächst entgegenzuhalten, dass ein Betrieb nur mit dieser Auflage genehmigt wurde und daher bei Nichteinhaltung der Auflage - aus welchen Gründen immer - nicht statthaft ist. Im Übrigen verpflichtet diese Auflage zu einer Beregnung nur für den Fall, dass der Feuchtigkeitsgehalt unter 6 % Masse liegt. Nach dem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift wird dieser Fall bei Frost nicht eintreten, weil bei tiefen Temperaturen die im Material enthaltene Feuchtigkeit nicht verdunstet.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es nicht rechtswidrig, dass der Lärm des bestehenden Abbaus bei der Ist-Situation berücksichtigt wurde. Im Übrigen ist der Sachverständige zum Ergebnis gekommen, dass sich die Lärmsituation gegenüber dem Ist-Zustand wegen des vorgeschriebenen Walls sogar verbessern wird. Dem sind die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Soweit die Beschwerdeführer in der Sachverhaltsdarstellung vermuten, die Mitbeteiligte werde sich nicht an die Verpflichtung zur Befeuchtung des Fahrweges halten, behaupten sie keine mit Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid geltend zu machende Rechtsverletzung.

Beim Vorbringen der Beschwerdeführer in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde, die Mitbeteiligte werde sich infolge Unbestimmtheit nicht daran halten, dass ab 5.00 Uhr nur Vorbereitungsarbeiten durchgeführt werden dürften, und mit dem Abbaubetrieb um diese Uhrzeit beginnen, handelt es sich ebenfalls um eine bloße Vermutung. Im Übrigen ergibt sich aus der festgestellten Änderung des Projekts bei der Verhandlung vom 16. Oktober 2007 (Beginn des Abbaues mit Einsatz der Abbaugeräte um 6.00 Uhr; zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr lediglich Vorlauftätigkeiten - Warmlaufen der Arbeitsgeräte) eindeutig, dass mit der Abbautätigkeit erst ab 6.00 Uhr begonnen werden darf. Dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen, dass bei Beginn der eigentlichen Abbautätigkeit um 6.00 Uhr die Nachtruhe gewährleistet ist, sind die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Weiters bringen die Beschwerdeführer vor, dass der vom Sachverständigen ermittelte Immissionszuwachs von 0,30 µg/m3 die Relevanzgrenze von 1 % des IG-L-Zielwertes von 20 µg/m3 übersteige und daher im gegenständlichen belasteten Gebiet unzulässig sei.

Gemäß § 116 Abs. 2 Z. 2 MinroG darf die Bewilligung für einen Gewinnungsbetriebsplan in einem Gebiet mit bereits vorliegender Grenzwertüberschreitung nur erteilt werden, wenn (lit. a) die Emissionen durch die im Gewinnungsbetriebsplan vorgesehenen Arbeiten keinen relevanten Beitrag zur Emissionsbelastung leisten.

In den Gesetzesmaterialien zur Anlagenrechtsnovelle 2006, mit der diese Bestimmung eingeführt worden ist (RV 1367 Blg.NR XXII. GP) wird dazu ausgeführt:

"Zu Art. II Z. 2 und 3 (§ 116 Abs. 2 und 119 Abs. 3 MinroG):

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll der geplanten Änderung des § 20 Abs. 3 des Emissionsschutzgesetzes - Luft (IG-L) Rechnung getragen werden. Dem bisherigen Konzept des IG-L folgend soll der § 20 Abs. 3 IG-L unter anderem nicht für Anlagen gelten, die dem Mineralrohstoffgesetz unterliegen. Für Gewinnungsbetriebspläne und Bergbauanlagen hat sich schon bisher in §§ 116 Abs. 2 und 119 Abs. 3 MinroG eine eigene mit dem Immissionsschutzgesetz -Luft abgestimmte Regelung gefunden. Zur leichteren Lesbarkeit wurden diese Bestimmungen teilweise neu gegliedert und geringfügig sprachlich neu gefasst.

Der übrige Text entspricht beinahe wörtlich dem § 20 Abs. 3 IG-L in der in der Regierungsvorlage betreffend ein Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005, 1147 Blg. NR XXII. GP, vorgeschlagenen Fassung.

...

Zu dieser Regelung wird in der Regierungsvorlage betreffend ein Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005 Folgendes ausgeführt:

Im Zuge der Genehmigung von Anlagen ist sicherzustellen, dass die zusätzlichen Emissionen keine Grenzwertüberschreitungen verursachen werden bzw. diese Anlagen keinen nennenswerten Beitrag zu Überschreitungen leisten, die die Erstellung von Statuserhebungen bedingen würden. Die Neuformulierung dient der Klarstellung, da das bisher verwendete Wort 'anstreben' unterschiedlich interpretiert wurde. Die Grenz- bzw. Zielwerte sind gemäß Richtlinie 1996/62/EG einzuhalten, nicht anzustreben. An diesem Ziel hat sich auch die Genehmigungspraxis zu orientieren. Mit dem Terminus 'anstreben' sollte lediglich ausgedrückt werden, dass es weder einem Anlageninhaber noch einem Sachverständigen oder einer Behörde möglich ist, zu garantieren, dass eine bestimmte Anlage niemals zu einer Grenz- bzw. Zielwertüberschreitung einen Beitrag leisten wird. Die Behörde soll allerdings die Genehmigung für eine neue Anlage, die zusätzliche Emissionen verursacht, in einem bereits erheblich belasteten Gebiet nur dann erteilen, wenn entweder keine erhebliche Zusatzbelastung durch die neue Anlage entsteht oder durch Maßnahmen bei anderen Emittenten sichergestellt ist, dass 'Platz' für die Emissionen der neuen Anlage geschaffen wird. Von der Fachwelt sowie in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs und des Umweltsenats wird ein so genanntes 'Schwellenwertkonzept' akzeptiert, dh. es muss eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten werden, um überhaupt einen Einfluss auf die Immissionssituation anzunehmen. 'Solche Schwellenwerte werden ua. mit Hilfe von Messbarkeitsgrenzen definiert. Dabei werden Immissionen als unerheblich betrachtet, die nach dem Stand der Messtechnik nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand überhaupt messbar sind oder die, weil sie im Verhältnis zum Grenzwert eine sehr geringe Quantität aufweisen, nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit Umweltauswirkungen nach sich ziehen können…' (auszugsweises Zitat aus dem Bescheid des Umweltsenats vom 3.12.2004, US 5B/2004/11-18, S 28). Der Bescheid des Umweltsenats betreffend das Motorsportzentrum Spielberg verweist auch auf den UVE-Leitfaden des Umweltbundesamts, der eine Schwelle für die Festlegung des Untersuchungsraumes für das Schutzgut Luft von 3% eines Kurzzeitwertes und 1% eines Langzeitwertes festlegt, und die neue deutsche TA - Luft, die teilweise Prozentsätze für eine zulässige Zusatzbelastung vorsieht. Weiters wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im Leitfaden UVP und IG-L (UBA 2005, BE 274) verwiesen. Diese Werte sind jedoch lediglich beispielhaft zu verstehen und es wird der Behörde im Einzelfall obliegen, einen angemessenen Schwellenwert festzulegen. Das Wort 'langfristig' im letzten Satz soll verdeutlichen, dass unter normalen Umständen keine Grenzwertüberschreitungen mehr vorkommen dürfen, sobald die Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen wirksam geworden sind. Bei der Prognose ist nicht von einem 'worst case scenario' auszugehen. Überschreitungen auf Grund von ungewöhnlichen Wetterbedingungen oder sonstigen unvorhersehbaren Ereignissen können in einem realistischen Szenario nicht gänzlich ausgeschlossen werden, stellen aber kein Hindernis für die Genehmigung dar. Allerdings ist festzuhalten, dass das Wort 'langfristig' keinesfalls bedeutet, dass die Einhaltung der Grenzwerte erst in ferner Zukunft sicherzustellen ist.' Die Wortfolge 'Überschreitung eines Grenzwertes', umfasst auch die in der Anlage 1 zum IG-L zu den angeführten Immissionskonzentrationen zugehörige zulässige Anzahl von Überschreitungen oder zugehörigen Toleranzmargen. ..."

Die von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vertretene Auffassung, dass die Relevanzgrenze gemäß § 116 Abs. 2 Z. 2 lit. a MinroG 1 % des Jahresmittelwertes beträgt, ist im Hinblick auf die zitierten Materialien unbedenklich (vgl. zum Ganzen auch das zu § 77 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994 idF vor der Anlagenrechtsnovelle 2006 ergangene, aber auch auf die Rechtslage nach dieser Novelle Bezug nehmende hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2005/04/0182, mit ausführlicher Begründung).

Strittig ist lediglich, ob es sich beim demnach maßgeblichen Jahresmittelwert um den Grenzwert oder um den Zielwert handelt. Bei einem Immissionsgrenzwert handelt es sich gemäß § 2 Abs. 4 IG-L um die höchstzulässige, wirkungsbezogene Immissionsgrenzkonzentration, bei deren Unterschreitung nach den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen keine schädigenden Wirkungen zu erwarten sind. Er beträgt für den Jahresmittelwert der PM 10-Konzentration gemäß der Anlage 1 zum IG-L 40 µg/m3. Dem gegenüber ist der Zielwert gemäß § 2 Abs. 14 IG-L die nach Möglichkeit in einem bestimmten Zeitraum zu erreichende Immissionskonzentration, die mit dem Ziel festgelegt wird, die schädlichen Einflüsse auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern. Der Zielwert für den Jahresmittelwert der PM 10-Konzentration beträgt gemäß Anlage 5a zum IG-L 20 µg/m3.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Grenzwert maßgeblich: so nennt zunächst § 116 Abs. 2 Z. 2 MinroG nur den Grenzwert und spricht von dessen Überschreitung. Aber auch die (obzitierten) Materialien weisen in diese Richtung: nach diesen soll die Behörde die Genehmigung für eine neue Anlage, die zusätzliche Emissionen verursacht, in einem bereits erheblich belasteten Gebiet nur dann erteilen, wenn entweder keine erhebliche Zusatzbelastung durch die neue Anlage entsteht oder durch Maßnahmen bei anderen Emittenten sichergestellt ist, dass (so die Materialien) "Platz" für die Emissionen der neuen Anlage geschaffen wird. Dabei sprechen die Materialien von einem "Schwellenwertkonzept", nach dem Immissionen dann als unerheblich betrachtet werden, wenn sie (unter anderem) im Verhältnis zum Grenzwert eine sehr geringe Quantität aufweisen und damit nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit Umweltauswirkungen nach sich ziehen können. Daher ist die Ansicht der belangten Behörde unbedenklich, dass ein im Sinn von § 116 Abs. 2 Z. 2 lit. a relevanter Beitrag zur Immissionsbelastung dann nicht vorliegt, wenn lediglich eine Zusatzbelastung von 1 % des Grenzwertes für den Jahresmittelwert vorliegt.

Da die unstrittig feststehende zusätzliche Belastung von 0,3 µg/m3 PM 10 unter 1 % des Grenzwertes für den Jahresmittelwert von 40 µg/m3 liegt, steht § 116 Abs. 2 - ungeachtet der Frage, ob den Nachbarn daraus ein subjektives Recht zukommt - der Bewilligung nicht entgegen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 17. September 2010

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