VwGH 2008/23/1004

VwGH2008/23/100423.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke und die Hofräte Dr. Hofbauer und Dr. Fasching, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des P C, geboren 1974, vertreten durch Dr. Christa-Maria Scheimpflug, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Erdberger Lände 6/27, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Jänner 2007, Zl. 237.221/5-IX/27/06, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),

Normen

AsylG 1997 §8 Abs2;
AVG §58 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AVG §58 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers nach Georgien) bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Georgien, stellte am 15. Juli 2002 einen Asylantrag. Er werde (u.a.) wegen der Tätigkeit in einem Verein für Jugendliche, die "Anhänger des echten und richtigen georgischen Präsidenten Swiad Gamsachurdia" seien, von den georgischen Behörden verfolgt.

Zu seinem Familienleben gab er in einer (ergänzenden) Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17. Oktober 2006 an, er lebe mit seiner Lebensgefährtin, die ebenfalls aus Georgien stamme und Asylwerberin sei, im gemeinsamen Haushalt an einer näher genannten Adresse in Wien.

Mit im zweiten Rechtsgang ergangenem Bescheid vom 28. November 2006 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien aus (Spruchpunkt III.).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. Jänner 2007 wies die belangte Behörde die dagegen gerichtete Berufung gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG ab.

Das Vorbringen führe aus näher dargelegten Gründen nicht zur Gewährung von Asyl oder Refoulementschutz, die Ausweisung des Beschwerdeführers verstoße nicht gegen Art. 8 EMRK. Selbst wenn die Ausweisung im Hinblick auf das Zusammenleben des Beschwerdeführers mit seiner Lebensgefährtin - obwohl diese ebenfalls nicht dauerhaft zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei - einen Eingriff in Art. 8 Abs. 1 EMRK darstelle, sei dieser Eingriff nicht von einer solchen Intensität, dass er nicht im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK aus öffentlichen Interessen gerechtfertigt wäre.

Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Zu I.:

Dem angefochtenen Bescheid lässt sich nicht entnehmen, dass die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Lebensgemeinschaft nicht vom Begriff des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst sei (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 2010, Zl. 2007/01/0388, und vom 26. April 2010, Zl. 2006/01/0354, mwN). Aufgrund der asylrechtlichen Ausweisung erscheint es möglich, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet ohne seine Lebensgefährtin zu verlassen hat. Die Ausweisung stellt somit einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Lebensgefährtin dar, welcher einer Rechtfertigung bedarf (vgl. dazu etwa das genannte hg. Erkenntnis vom 26. April 2010).

Durch den bloßen Hinweis auf öffentliche Interessen an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde allerdings nicht hinreichend begründet, aus welchen Gründen es notwendig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK sei, dass der Beschwerdeführer Österreich schon vor einer allfälligen Entscheidung über den Asylantrag seiner Lebensgefährtin verlassen muss (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2010, Zl. 2007/01/0327, mwN).

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Ausspruch betreffend die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Georgien (Bestätigung des Spruchpunktes III. des erstinstanzlichen Bescheides) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf die Bestätigung der Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers sowie die Refoulemententscheidung bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang abzulehnen.

Wien, am 23. Februar 2011

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