Normen
FremdenG 1997;
NAG 2005 §19 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
FremdenG 1997;
NAG 2005 §19 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, vom 31. März 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 19 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag am 31. März 2005 durch seinen Bruder beim Amt der Wiener Landesregierung gestellt habe. Der Antrag sei somit im Inland eingebracht worden. Der Beschwerdeführer sei noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich gewesen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 82 Abs. 1, 81 Abs. 1, 19 Abs. 1 sowie 21 Abs. 1 und 2 NAG - im Wesentlichen aus, dass das vorliegende Verfahren gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sei.
Der Beschwerdeführer habe entgegen der Bestimmung des § 19 Abs. 1 NAG seinen Antrag am 31. März 2005 durch Einbringung durch seinen Bruder und nicht - wie zwingend erforderlich sei - persönlich bei der Behörde gestellt. Da dieser Antrag als Erstantrag zu werten sei, hätte ihn der Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einbringen und die Entscheidung im Ausland abwarten müssen, weil er keine der für die Inlandsantragstellung genannten Voraussetzungen gemäß § 21 Abs. 2 NAG erfülle.
Besonders berücksichtigungswürdige humanitäre Gründe gemäß § 72 Abs. 1 NAG lägen nicht vor, weshalb die Inlandsantragstellung auch nicht gemäß § 74 NAG zugelassen werde. Aus der Richtlinie 2004/38/EG könne der Beschwerdeführer mangels Vorliegens der dort festgelegten Voraussetzungen keine Ansprüche ableiten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag durch seinen Bruder (und daher nicht persönlich) beim Landeshauptmann von Wien gestellt hat.
Sie bringt dazu vor, dass dies nach dem (bis zum 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetz 1997 (FrG) zulässig gewesen sei, sich der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt nicht in Österreich aufgehalten und das Verfahren im Ausland abgewartet habe.
Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:
Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung einerseits auf § 21 Abs. 1 NAG, wonach Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen sind und die Entscheidung im Ausland abzuwarten ist. Der angefochtene Bescheid enthält allerdings gar keine Feststellungen dahingehend, dass sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung oder während des daran anschließenden Verfahrens im Bundesgebiet aufgehalten hätte.
Die belangte Behörde begründete ihre Auffassung, dass eine unzulässige Inlandsantragstellung vorliege, letztlich damit, dass der gegenständliche Antrag durch den Bruder des Beschwerdeführers im Inland überreicht worden sei, und stützt ihre Entscheidung in diesem Zusammenhang auch auf § 19 Abs. 1 NAG.
Nach dieser Bestimmung sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels persönlich bei der Behörde zu stellen; soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
Dem im Zeitpunkt der Antragstellung am 31. März 2005 geltenden FrG war das Erfordernis der persönlichen Antragstellung fremd. Eine solche Verpflichtung wurde erst durch § 19 Abs. 1 NAG als eine vom AVG abweichende Verfahrensbestimmung eingeführt.
§ 81 Abs. 1 NAG sieht vor, dass Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (am 1. Jänner 2006) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sind. Nach den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung dürfen aber von der nunmehr zuständigen Behörde jedenfalls "zusätzliche Formalvoraussetzungen, deren Erfüllung im Fall eines Antrages nach den Bestimmungen des NAG erforderlich wäre, die aber zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 für dessen Gültigkeit nicht vorgesehen waren, nicht zu Ungunsten des Antragstellers zu einer Zurückweisung seines Antrages aus diesen formalen Gründen führen" (zitiert nach Bichl/Schmid/Szymanski, Das neue Recht der Arbeitsmigration 564).
Daraus folgt, dass der Mangel des Formalerfordernisses gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz NAG im Fall eines vor In-Kraft-Treten des NAG gestellten Antrages nicht zu dessen Zurückweisung führen darf (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Oktober 2007, 2007/21/0040, sowie vom 14. Oktober 2008, 2008/22/0118 und 2008/22/0790).
Die belangte Behörde durfte ihre abweisende Entscheidung daher weder - in Hinblick auf die insofern unterlassenen Feststellungen - auf § 21 Abs. 1 NAG noch - aus den dargelegten Gründen - auf § 19 Abs. 1 NAG stützen.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Fall der Abtretung einer Beschwerde gemäß § 144 Abs. 3 B-VG dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Gebühren gebührt, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten musste (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 2001, 99/03/0003).
Wien, am 10. Dezember 2008
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