VwGH 99/03/0003

VwGH99/03/000314.11.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der G in Mühlbach am Hochkönig, vertreten durch Ferner Hornung & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie) vom 29. Juni 1998, Zl. 239177/1- II/C/13-1998, betreffend Einstellung des öffentlichen Verkehrs auf einem Sessellift, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
B-VG Art144 Abs3 idF 1984/296;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs1 Z1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art144 Abs3 idF 1984/296;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des Abspruches über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich dessen Spruchteil 1 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und hinsichtlich dessen Spruchteile 2 und 3 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 27.1.1998 wurde gemäß § 29 Abs. 1 Eisenbahngesetz 1957 die gänzliche dauernde Einstellung des öffentlichen Verkehrs auf dem Einsessellift B in M bewilligt. Gleichzeitig wurde gemäß § 29 Abs. 2 leg. cit. die eisenbahnrechtliche Konzession zum Bau und Betrieb des Einsesselliftes für erloschen erklärt (Spruchteil 1).

Gemäß § 29 Abs. 3 leg. cit wurde entschieden, daß alle nicht mehr benötigten Anlagenteile des Einsesselliftes B - ausgenommen das Berg- und Talstationsobjekt - nach Maßgabe von (im Einzelnen genannten) Auflagen zu beseitigen bzw. bauliche Maßnahmen zur Herstellung des Zustandes zu treffen sind, der im wesentlichen dem vor dem Bau der Seilbahn bestandenen entspricht (Spruchteil 2).

Gemäß TP 243 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung, BGBl. Nr. 24/1983, wurde weiters für die Bewilligung der Einstellung des öffentlichen Verkehrs die Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von S 1.500,-- innerhalb von zwei Wochen ab Bescheidzustellung vorgeschrieben (Spruchteil 3).

Dieser Bescheid erging nach seiner Zustellverfügung u.a. an die Beschwerdeführerin als Liquidatorin der M GmbH und ebenso an den damaligen Vertreter der Beschwerdeführerin, RA Dr. L., an diesen "unter Anschluss eines Zahlscheines".

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerin und Dr. L. Berufung. Der Bescheid werde - so heißt es in der Berufung der Beschwerdeführerin (ebenso wie in der Dris. L.) - "insoweit angefochten, als mir darin, insbesondere durch die Spruchpunkte 2 und 3 Leistungsverpflichtungen auferlegt werden". Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen vor, dass Konzessionsträgerin und Betreiberin des Einsesselliftes B zuletzt die M Gesellschaft m.b.H. gewesen sei. Diese sei amtswegig gelöscht worden, habe daher zu existieren aufgehört und könne nicht mehr Trägerin von Rechten und Pflichten sein. Mit der Eintragung der Löschung am 27. September 1997 sei auch die passive Vertretungsmacht der Beschwerdeführerin als Liquidatorin der genannten Gesellschaft beendet worden. Diese Gesellschaft verfüge über kein Aktivvermögen mehr. Sollte die Beschwerdeführerin persönlich als Bescheidadressatin gemeint sein, seien die in den Spruchteilen 2 und 3 aufgetragenen Leistungsverpflichtungen begründungslos geblieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass den Berufungen teilweise Berechtigung zukomme. Die Spruchteile 2 und 3 des erstinstanzlichen Bescheides würden gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Ermittlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Salzburg verwiesen. Der Spruchteil 1 werde bestätigt.

In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Spruchteil 1 des erstinstanzlichen Bescheides enthalte keine Leistungsverpflichtung, sodass sich die Berufungswerber (die Beschwerdeführerin und Dr. L.) diesbezüglich nicht beschwert erachten könnten, dieser Spruchteil sei daher zu bestätigen. Die Spruchpunkte 2 und 3 des erstinstanzlichen Bescheides seien rechtswidrig, weil es die Erstbehörde unterlassen habe, zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides nachvollziehbar zu prüfen, ob der Mühlbacher Sesselliftgesellschaft m.b.H. die erforderliche Parteifähigkeit zukomme. Der Landeshauptmann von Salzburg habe das Ermittlungsverfahren durch die Prüfung fortzuführen, ob der genannten Gesellschaft die für die Vornahme der im Spruchteil 2 angeordneten Maßnahmen erforderliche Rechtsfähigkeit zukomme und ihr zutreffendenfalls die Abtragungsmaßnahmen vorzuschreiben. Im Spruch des neu zu erlassenden Bescheides sei der zu den Maßnahmen Verpflichtete ausdrücklich zu benennen. Gleiches gelte für die Vorschreibung der Entrichtung der Abgabe für die gänzliche und dauernde Einstellung des Verkehrs des Liftes.

Mit Beschluss vom 7. Oktober 1998, B 1509/98, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von der Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Gegen den oben angeführten Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin den erstinstanzlichen Bescheid nur insoweit angefochten hat, als ihr "darin Leistungspflichten, insbesondere solche nach Spruchteil 2 und 3 auferlegt werden". Da der Beschwerdeführerin im Spruchteil 1 des erstinstanzlichen Bescheides keine "Leistungspflichten" auferlegt wurden, richtete sich die Berufung nicht gegen diesen - vom übrigen Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides trennbaren - Spruchteil. Aufgrund der solcherart eingeschränkten Berufung fehlte es der belangten Behörde aber hinsichtlich der Bestätigung dieses Spruchteiles an der Zuständigkeit zur Entscheidung, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Punkt wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 97/02/0019, sowie das im Verfahren über die Beschwerde des seinerzeitigen Vertreters der Beschwerdeführerin ergangene hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 99/03/0004).

Bei der hinsichtlich der Spruchteile 2 und 3 des erstinstanzlichen Bescheides vorgenommenen Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid, der mit Verwaltungsgerichtshofbeschwerde angefochten werden kann. Eine Verletzung von Rechten des Berufungswerbers durch einen solchen Aufhebungsbescheid kann darin gelegen sein, dass die Berufungsbehörde von dieser Regelung mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung erlassen hat, aber auch darin, dass die Berufungsbehörde von einer für den Berufungswerber nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist. Ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG ist nur dann rechtmäßig, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Für die Anwendung des §§ 66 Abs. 2 AVG ist somit die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung entscheidend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/02/0118). Eine derartige Notwendigkeit hat die belangte Behörde jedoch in der Begründung ihres Bescheides nicht dargetan, sie ist im Übrigen für den Verwaltungsgerichtshof auch in Ansehung der Beschwerde nicht erkennbar (vgl erneut das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 21. April 1999).

Der angefochtene Bescheid war somit in Ansehung des Abspruches über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich dessen Spruchteile 2 und 3 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren gebührt, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten musste (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0128).

Wien, am 14. November 2001

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