VwGH 2008/21/0508

VwGH2008/21/050818.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. Mai 2008, Zl. St 104/08, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL Art30;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art31;
62002CJ0467 Cetinkaya VORAB;
62003CJ0373 Aydinli VORAB;
ARB1/80 Art14;
ARB1/80 Art7 Abs1;
ARB1/80 Art7;
AVG §1;
EURallg;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art30;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art31;
62002CJ0467 Cetinkaya VORAB;
62003CJ0373 Aydinli VORAB;
ARB1/80 Art14;
ARB1/80 Art7 Abs1;
ARB1/80 Art7;
AVG §1;
EURallg;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und lebt seit seiner Geburt (1978) in Österreich. Im Hinblick auf drei rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen - zuletzt durch das Landesgericht Linz vom 3. März 2006 wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB, des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach den §§ 15, 169 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB sowie der Vergehen nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren, aus der der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2007 bedingt entlassen wurde - erließ die belangte Behörde (die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich) mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 19. Mai 2008 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z 1 sowie §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die belangte Behörde hat u.a. festgestellt, dass sich die Eltern des Beschwerdeführers seit über 30 Jahren in Österreich befinden. Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass jedenfalls der Vater einer Beschäftigung nachging, weshalb - gegenteilige Anhaltspunkte existieren nicht - davon auszugehen ist, dass er bei Geburt des Beschwerdeführers dem "regulären" österreichischen Arbeitsmarkt angehörte. Damit kommt dem, nach seiner Haftentlassung wieder berufstätigen Beschwerdeführer die Rechtsstellung nach Art. 7 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) zu, und zwar ungeachtet der von ihm verbüßten Haftstrafen (vgl. die Urteile des EuGH vom 11. November 2004, C-467/02 , Cetinkaya, sowie vom 7. Juli 2005, C-373/03 , Aydinli). Der Rechtsstellung nach Art. 7 ARB konnte der Beschwerdeführer nämlich nur durch eine Maßnahme nach Art. 14 ARB oder durch eine Abwesenheit über einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlustig gehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 2007, Zl. 2004/21/0282, mwN). Eine Maßnahme nach Art. 14 ARB war jedoch gegen den Beschwerdeführer bis zur Erlassung des hier bekämpften Bescheides noch nicht getroffen worden, Österreich hat er nach dem Inhalt der Verwaltungsakten nie länger verlassen.

Ist mithin davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Berechtigung nach Art. 7 ARB innehat, so hätte nicht die belangte Behörde, sondern der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsinstanz tätig zu werden gehabt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0378). Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Februar 2009

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