VwGH 2008/21/0386

VwGH2008/21/038617.7.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Jürgen Payer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 2, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. April 2008, Zl. III-1237382/FrB/08, betreffend Ladung in einer Angelegenheit nach dem FPG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §19 Abs1;
AVG §19;
FrPolG 2005 §74 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §77 Abs4;
AVG §19 Abs1;
AVG §19;
FrPolG 2005 §74 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §77 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Ladungsbescheid vom 21. April 2008 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am 12. Juni 2008, um 9.00 Uhr, zum Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien zu kommen und in der Angelegenheit "durchsetzbare Ausweisung, Identitätsfeststellung" als Partei mitzuwirken, wobei näher genannte Unterlagen (Reisepass, alle Identitätsdokumente) mitzubringen seien. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung wurde die Erlassung eines "Festnahmeauftrages gemäß § 74 Abs. 2 Z 1 FPG" angedroht. Als weitere Rechtsgrundlagen für den Ladungsbescheid wurden § 19 AVG sowie § 74 Abs. 1 Z 1 und § 77 Abs. 4 FPG angeführt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer verweist in der Beschwerde darauf, dass er (nach wie vor) Asylwerber im Sinne des AsylG 2005 sei. Er habe nämlich gegen den Ausweisungsbescheid des Bundesasylamtes vom 27. Februar 2008 fristgerecht Berufung erhoben und demnach sei das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Der Beschwerdeführer halte sich seit zweieinhalb Jahren in Österreich auf und sei ordnungsgemäß an einer Adresse in Wien gemeldet, wo ihm auch der bekämpfte Ladungsbescheid zugestellt worden sei. Die Identität und die Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers seien den Behörden seit Einleitung des Asylverfahrens bekannt. Die Ladung des Beschwerdeführers und sein persönliches Erscheinen zur Feststellung seiner Identität sei daher nicht nötig im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG und diene offenbar nur seiner Festnahme.

Der angesprochene § 19 AVG lautet:

"Ladungen

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sind auch Ladungen von Personen, die ihren Aufenthalt (Sitz) außerhalb des Amtsbereiches des unabhängigen Verwaltungssenates haben, zulässig.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."

Das Erscheinen der geladenen Person ist nicht "nötig" iSd § 19 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde den mit der Ladung verfolgten Zweck auch auf andere Weise (etwa schriftlich oder fernmündlich) erreichen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zl. 97/19/0592). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe beispielsweise das Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0348) obliegt aber die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge seit Anfang 2005 in Österreich aufhält und nach einem Aufgriff Anfang Juni 2006 einen im Wesentlichen nur mit wirtschaftlichen Motiven begründeten Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. Februar 2008 abgewiesen und seine Ausweisung nach Ägypten verfügt. Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 38 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 - somit wegen des Versuchs, die Asylbehörde über seine wahre Identität und Herkunft zu täuschen - die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Aktenlage zufolge hat der unabhängige Bundesasylsenat nicht von der Möglichkeit nach § 38 Abs. 2 AsylG 2005 Gebrauch gemacht, der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung binnen sieben Tagen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Nach dem Inhalt des erwähnten Bescheides des Bundesasylamtes und der dort wörtlich wiedergegebenen Niederschriften hat der Beschwerdeführer im Asylverfahren zunächst eine andere Identität und Herkunft (palästinensischer Araber aus dem Flüchtlingslager Rafah) behauptet, die er erst bei einer weiteren Vernehmung unter Berichtigung von Namen und Geburtsdatum dahin korrigierte, dass er ein ägyptischer Staatsangehöriger sei. Auf die Frage, ob er diese Angaben durch "irgendwelche ägyptischen Dokumente" belegen könne, stellte der Beschwerdeführer in Aussicht, er werde es versuchen. Den Verwaltungsakten ist schließlich auch zu entnehmen, dass gegen den Beschwerdeführer bereits Anfang Juni 2006 (unter einer dritten Identität mit israelischer Herkunft) vor Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war.

Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde aber nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Ladung des Beschwerdeführers und dessen persönliches Erscheinen zur Klärung seiner Identität und zur Erörterung der Frage, wie der vom Bundesasylamt angeordneten Ausreiseverpflichtung entsprochen werde und welche Maßnahmen allenfalls zu ihrer Sicherung erforderlich seien, für "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 erster Satz AVG erachtete. Einerseits geht nämlich die Beschwerdebehauptung, die Identität des Beschwerdeführers sei seit Einleitung des Asylverfahrens bekannt, an der dargestellten Aktenlage vorbei. Andererseits ist aus dem Hinweis auf die Stellung des Beschwerdeführers als Asylwerber nichts zu gewinnen, weil die vom Bundesasylamt verfügte Ausweisung - auch nach dem Inhalt der Beschwerde - unbestritten durchsetzbar ist und dem Beschwerdeführer somit nach § 12 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 kein faktischer Abschiebeschutz mehr zukam. Es kann der Fremdenpolizeibehörde aber - entgegen der Meinung in der Beschwerde - auch nicht von vornherein unterstellt werden, sie werde aus Anlass des persönlichen Erscheinens des Beschwerdeführer gegen diesen Zwangsmaßnahmen ergreifen, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorlägen.

Die Beschwerde vermag somit nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Ladungsbescheides aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der in der Beschwerde beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 17. Juli 2008

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