VwGH 2008/21/0354

VwGH2008/21/035424.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. April 2008, Zl. 316.735/5-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1972 geborene Beschwerdeführer, ein aus Mazedonien stammender - nach eigenen Angaben - serbischer Staatsangehöriger, stellte am 12. Juli 2006 im Weg der Österreichischen Botschaft Skopje einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für Angehörige. Zusammenführender war sein Vater, ein österreichischer Staatsbürger, der am 28. Juni 2006 eine Haftungserklärung abgegeben hatte.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 8. April 2008 wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 47 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG ab.

Begründend führte sie aus, die iSd § 2 Abs. 1 Z. 15 NAG abgegebene Haftungserklärung des Vaters erweise sich als nicht tragfähig. Er beziehe nämlich lediglich ein monatliches Einkommen von EUR 1.587,40. Das Einkommen der Mutter des Beschwerdeführers (EUR 332,-- netto monatlich) liege weit unter dem Existenzminimum, sodass der Zusammenführende auch für sie sorgepflichtig sei. Die Mutter des Beschwerdeführers sei im Übrigen mazedonische Staatsangehörige und würde daher als Zusammenführende iSd § 47 Abs. 3 NAG gar nicht in Frage kommen.

Das pfändungsfreie Existenzminimum (§ 291a EO) des Zusammenführenden, mit dem er sich dem Beschwerdeführer gegenüber verpflichten könne, betrage im Hinblick auf die erwähnte Sorgepflicht für seine Mutter EUR 1.169,60 monatlich. Ihm verblieben somit lediglich rund EUR 417,18 im Monat, die er als Unterhalt für den Beschwerdeführer aufwenden könnte. Die Unterhaltsmittel, die gemäß dem heranzuziehenden Richtsatz nach § 293 ASVG erforderlich wären, betrügen jedoch EUR 747,-- im Monat. Da demnach keine tragfähige Haftungserklärung vorliege, mangle es an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung nach § 47 Abs. 3 NAG.

Daran ändere auch ein (in Kopie) im Verfahren vorgelegtes, auf den Zusammenführenden identifiziertes Sparbuch mit einem Guthabensstand von EUR 25.103,60 nichts. In welchem Bezug das Sparbuch zur Person des Beschwerdeführers stehe bzw. ob dieser darüber verfügungsberechtigt sei, könne daraus nämlich nicht ersehen werden. Es bestehe kein Hinweis darauf, dass dieser Geldbetrag tatsächlich zur Bestreitung des für den Beschwerdeführer erforderlichen Unterhaltes zur Verfügung stehe. Darüber hinaus handle es sich dabei weder um feste noch um regelmäßige Einkünfte, die bereits in der Vergangenheit bestanden haben und daher auch künftig zu erwarten seien und die daher für eine entsprechende Prognosebeurteilung herangezogen werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Vorweg ist festzuhalten, dass der gemäß § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG gestellte Antrag unter Berücksichtigung des Zeitpunktes der Bescheiderlassung nach der Rechtslage des NAG idF des BGBl. I Nr. 99/2006 (also idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009) zu beurteilen ist.

Die belangte Behörde hat verkannt, dass sie hinsichtlich der Deckung des Bedarfs für den Vater des Beschwerdeführers und für seine, mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Ehefrau auf den Ausgleichszulagenrichtsatz abzustellen gehabt hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2010, Zl. 2008/21/0012). Demnach wäre in Bezug auf den Bedarf des Vaters des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau vom Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG auszugehen gewesen. Dieser hatte nach der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2007 bei Erlassung des bekämpften Bescheides EUR 1.120,-- betragen. Zur Deckung des Lebensbedarfs des Beschwerdeführers selbst hätte - insoweit ist die belangte Behörde im Recht - ein dem Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG entsprechender Betrag von (damals) EUR 747,-- zur Verfügung stehen müssen. Auf Basis der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage hätte damit zur Aufbringung der notwendigen Mittel ein monatliches Einkommen des Vaters des Beschwerdeführers von EUR 1.867,-- ausgereicht.

Es trifft aber auch nicht zu, dass das Einkommen der Mutter des Beschwerdeführers nicht zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0637, insbesondere Punkt 6.3. der Entscheidungsgründe).

Weiters kommt - entgegen der wiedergegebenen Ansicht der belangten Behörde - der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Spareinlagen des Zusammenführenden in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. April 2010, Zl. 2008/22/0835, mwN).

Der beantragte Aufenthaltstitel wäre gemäß § 20 Abs. 1 NAG für die Dauer von 12 Monaten auszustellen. Wenn nun nach der behördlichen Ansicht einem (von der Beschwerde zudem der Höhe nach bestrittenen) monatlichen Durchschnittseinkommen von EUR 1.587,40 ein Bedarf von EUR 1.867,-- gegenübersteht, so ist diese Differenz, hochgerechnet auf ein Jahr, durch das erwähnte Sparguthaben bei weitem gedeckt. Somit hätte die belangte Behörde schon ausgehend davon (selbst auf Basis ihrer eigenen Berechnung) das Vorliegen ausreichender Unterhaltsmittel nicht verneinen dürfen (vgl. zum Ganzen weiters das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2010, Zl. 2008/21/0040).

Schließlich ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie keine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen hat. Dazu wäre sie nämlich im Hinblick darauf verpflichtet gewesen, dass sie die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers - ungeachtet der Bezugnahme allein auf das in § 47 Abs. 3 NAG normierte Erfordernis des Vorliegens einer Haftungserklärung - der Sache nach auf § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG - danach bestimmt sich nämlich die Tragfähigkeit der Haftungserklärung - gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0558).

Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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