VwGH 2008/21/0281

VwGH2008/21/028129.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des R, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Salzburg vom 4. April 2008, Zl. Fr-615/3/07, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, reiste nach Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin im September 1999 nach Österreich ein, wo ihm ab 4. Oktober 1999 (zuletzt bis 30. Oktober 2007) Niederlassungsbewilligungen erteilt wurden.

Seit 13. März 2003 ist der Beschwerdeführer rechtskräftig geschieden.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 31. Oktober 2006 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 vierter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer - in dieser Höhe vom Oberlandesgericht Linz im Berufungswege festgesetzten - unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt. Im Hinblick auf diese Verurteilung erließ die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Angesichts der unbestrittenen Verurteilung des Beschwerdeführers steht fest, dass der von der belangten Behörde herangezogene Aufenthaltsverbotstatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG verwirklicht ist. Gemäß den gleichfalls nicht bestrittenen Bescheidfeststellungen lag der Verurteilung zugrunde, dass der Beschwerdeführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei Mittätern am 13. August 2006 Suchtgift in einer großen Menge (750 g Heroin) durch Verkauf an einen verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres in Verkehr setzte. Wie die belangte Behörde weiter festhielt - auch dagegen wendet sich die Beschwerde nicht - hatte der Beschwerdeführer bereits "während des Krieges in Bosnien" erste Kontakte mit Drogen (Haschisch und "Gras"). Heroin konsumierte er vor ca. vier Jahren und seit etwa Anfang 2006 bezog er von einem Mitangeklagten insbesondere Kokain. Er hatte bereits (erkennbar gemeint: vor dem 13. August 2006) wiederholt geringere Mengen an Suchtgift gewerbsmäßig verkauft. (Auch) die auf den verdeckten Ermittler zurückzuführende Suchtgifteinfuhr beschränkte sich nicht auf die von diesem bestellte Menge, sondern umfasste "fast die Hälfte mehr", welche für den Weiterverkauf bestimmt war.

Im Hinblick auf das beschriebene, zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers führende Fehlverhalten und angesichts seiner "Vorgeschichte" kann der Auffassung der belangten Behörde, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Zu Recht wies die belangte Behörde auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität hin, wobei fallbezogen zu betonen ist, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf eine "Übermenge" - siehe seine Bestrafung nach § 28 Abs. 4 Z 3 SMG - in Erscheinung getreten ist. Von einer bloß formelhaften "Zukunftsprognose" kann entgegen den Beschwerdeausführungen keine Rede sein, zumal die belangte Behörde im Zusammenhang mit der von ihr zutreffend konstatierten Wiederholungs- und Rückfallsgefahr bei Suchtgiftdelikten ergänzend auf die angespannte finanzielle Situation des Beschwerdeführers und auf jederzeit aktualisierbare Kontakte zur Suchtgiftszene hingewiesen hat. Es ist aber angesichts der Nahebeziehung des Beschwerdeführers zum Suchtgiftmilieu - in der Beschwerde wird vorgebracht, es sei davon auszugehen, dass die strafbaren Handlungen unter dem Einfluss einer eigenen Suchtmittelabhängigkeit begangen worden seien - nicht zu sehen, dass der Beschwerdeführer - wie an anderer Stelle der Beschwerde behauptet - ohne Verleitung durch den verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres nie strafbar geworden wäre. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf die Rüge des Beschwerdeführers, er habe im Verwaltungsverfahren ein forensisch-psychiatrisches oder psychologisches Gutachten zum Beweis dafür beantragt, dass er sich in Zukunft wohlverhalten werde, darauf hinzuweisen, dass die Unterlassung der Einholung eines derartigen Gutachtens keinen Verfahrensmangel darstellt (vgl. das noch zu § 36 Fremdengesetz 1997 ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2000, Zl. 2000/21/0031, sowie aus jüngerer Zeit - schon zum FPG - das hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2007/18/0460). Auch in der Unterlassung der beantragten Einvernahme einer die Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers kennenden Person kann keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt werden.

Was die Beurteilung nach § 66 FPG anlangt, so ging die belangte Behörde ohnehin davon aus, dass mit dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Dabei berücksichtigte sie insbesondere, dass sich der Beschwerdeführer seit September 1999 im Bundesgebiet aufhält und ein "regelmäßiges Einkommen" hatte. Die Beschwerde fügt dem präzisierend hinzu, dass der Beschwerdeführer mindestens fünf Jahre beschäftigt gewesen sei und dass er über sehr gute Deutschkenntnisse verfüge. Das ist indes nicht ausreichend, um die Beurteilung der belangten Behörde, der Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers sei angesichts seines Fehlverhaltens zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (insbesondere Schutz der Gesundheit anderer) dringend erforderlich, als verfehlt erscheinen zu lassen. Aber auch die Abwägung nach § 66 Abs. 2 FPG ist frei von Rechtsirrtum. Die in der Beschwerde aufgezeigten Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Situation des Beschwerdeführers (einerseits Konsequenzen im Hinblick auf Artikel 96 des Schengener-Durchführungs-Übereinkommens, andererseits erzwungener Aufenthalt in einem Land, zu dem keine Lebensbeziehungen mehr existierten) müssen angesichts der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit in Kauf genommen werden. Was den letztgenannten Gesichtspunkt bzw. die behauptete Entwurzelung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland anlangt, so ist im Übrigen ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Behauptungen umfangreiche Kredite aufgenommen hat, um damit das Elternhaus in seinem Geburtsort, wo seine Mutter lebe, zu renovieren. Dass der Beschwerdeführer zu Bosnien-Herzegowina, wie gleichfalls behauptet, keine "Lebensbeziehungen" mehr habe, ist daher nicht ersichtlich.

Auch gegen die unbefristete Verhängung des Aufenthaltsverbotes bestehen keine Bedenken. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, dass der Zeitpunkt des Wegfalls der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände nicht vorhergesehen werden könne. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die "positive pädagogische Wirkung" eines befristeten Aufenthaltsverbots verweist, so ist ihm zu erwidern, dass diese Wirkung gegebenenfalls auch einem unbefristeten Aufenthaltsverbot zukommt, zumal ein solches bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 FPG auch wieder aufgehoben werden kann.

Die abschließende Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen müssen, erweist sich ebenfalls als nicht zielführend. Im fremdenrechtlichen Administrativverfahren besteht nämlich kein Recht auf eine Berufungsverhandlung oder darauf, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0334). Insgesamt ergibt sich damit, dass schon der Beschwerdeinhalt keine Rechtsverletzung erkennen lässt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. April 2008

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