VwGH 2008/21/0249

VwGH2008/21/024927.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der F, vertreten durch Mag. Dr. Martin Enthofer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 16/II, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. November 2007, Zl. 146.620/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §13 Abs2;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs4 Z1;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs1 Z11;
NAG 2005 §2 Abs1 Z12;
NAG 2005 §24 Abs4 idF 2005/I/157;
NAG 2005 §25 Abs1;
NAG 2005 §25;
NAG 2005 §48 Abs1;
NAG 2005 §8 Abs2 Z4;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §81 Abs2;
NAGDV 2005 §11 Abs1 AbschnA;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den am 20. April 2005, also noch während der Geltung des Fremdengesetzes 1997 - FrG gestellten, Antrag der Beschwerdeführerin, einer chinesischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 2000 und neuerlich im Jahr 2003 verschiedene Alias-Identitäten verwendet. Unter der zweiten Alias-Identität sei ihr, nachdem sie schon im Besitz humanitärer Aufenthaltsberechtigungen gewesen sei, erstmals am 8. Oktober 2003 eine - zuletzt bis zum 20. September 2005 verlängerte - Niederlassungsbewilligung "jeglicher Aufenthaltszweck" gemäß § 13 Abs. 2 FrG ausgestellt worden. Am 24. März 2005 habe die - richtig im Jahr 1981 geborene -

Beschwerdeführerin den 1945 geborenen österreichischen Staatsbürger R. geheiratet. Hierauf gegründet habe sie am 20. April 2005 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung 'Familienangehörige'" gestellt. Da die erwähnten, auf Alias-Identitäten ausgestellten Aufenthaltstitel gutgläubig unrichtig beurkundet worden seien, sei dieser Antrag als Erstantrag zu werten. Die Beschwerdeführerin habe unter Verwendung von Alias-Daten versucht, ihren illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren. Dabei handle es sich um schwerwiegende Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Normen, die eine geordnete Einwanderung zum Ziel hätten. Die belangte Behörde müsse daher davon ausgehen, dass ein weiterer Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung führe. Durch die Täuschung betreffend ihre wahre Identität zeige die Beschwerdeführerin, nicht gewillt zu sein, sich an die in Österreich geltende Rechtsordnung zu halten. Damit widerstreite ihr Aufenthalt dem öffentlichen Interesse gemäß § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG. Sie erfülle die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG für die Erteilung eines Aufenthaltstitels somit nicht.

Darüber hinaus - so argumentierte die belangte Behörde weiter - liege bereits der Versagungsgrund unzulässiger Inlandsantragstellung vor. Nach § 21 Abs. 2 Z. 1 NAG seien nämlich u. a. Familienangehörige von Österreichern, die in Österreich dauernd wohnhaft seien und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukomme, lediglich nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes zur Antragstellung im Inland berechtigt. Die Beschwerdeführerin sei hingegen unter ihrer wahren Identität noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen und habe sich somit im Zeitpunkt ihrer Antragstellung nicht rechtmäßig im Inland aufgehalten. § 21 Abs. 1 NAG stehe daher einer Bewilligung des gegenständlichen Antrages entgegen.

Die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK habe ergeben, dass auf Grund der erwähnten Eheschließung mit einem Österreicher private Interessen an einem Aufenthalt im Bundesgebiet bestünden. Den öffentlichen Interessen müsse jedoch gegenüber diesen privaten Interessen "absolute Priorität" eingeräumt werden. Auf Grund des unrechtmäßigen Aufenthaltes sei nämlich keine Bereitschaft der Beschwerdeführerin zu erkennen, die Rechtsordnung des Aufenthaltsstaates - insbesondere seine fremdenrechtlichen Bestimmungen - zu respektieren. Darüber hinaus bestehe kein unbedingtes Recht auf ein gemeinsames Familienleben in einem Vertragsstaat. Art. 8 EMRK umfasse nicht die generelle Verpflichtung eines Vertragsstaates, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die verschiedenen Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben. Ebenso wenig enthalte die genannte Norm das Recht, den geeignetsten Ort für die Entwicklung des Familienlebens zu wählen. Jeder Vertragsstaat habe vielmehr das Recht, die Einreise von Nichtstaatsangehörigen einer Kontrolle zu unterwerfen. Anzumerken sei schließlich, dass die Beschwerdeführerin auch aus der Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) nichts gewinnen könne. Es sei nämlich nicht ersichtlich, dass ihr österreichischer Ehemann sein Recht auf (gemeinschaftsrechtliche) Freizügigkeit in Anspruch genommen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 5. März 2008, B 2309/07-4, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

 

Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass das gegenständliche Verfahren auf Grund des Zeitpunktes der Erlassung des angefochtenen Bescheides (am 21. November 2007) nach dem NAG idF des BGBl. I Nr. 99/2006 zu beurteilen ist.

§ 2 Abs. 1 Z 11 bis Z 13, § 23 Abs. 1 sowie die §§ 24, 25 und 26 NAG (samt Überschriften) in dieser Fassung lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

....

11. Verlängerungsantrag: der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24);

12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);

13. Erstantrag: der Antrag, der nicht Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag (Z 11 und 12) ist;

....

Verfahren zur erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels

bei Inlandsbehörden

§ 23. (1) Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Fremde einen anderen als den beantragten Aufenthaltstitel für seinen beabsichtigten Zweck benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

...

Verlängerungsverfahren

§ 24. (1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels (Verlängerungsanträge) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(2) Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt wurde. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

(3) Fremden, die sich nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres befristeten Aufenthaltstitels weiter im Bundesgebiet aufhalten, ist auf Antrag, soweit die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen. Ihnen darf - außer im Fall eines Verzichts gemäß § 14 Abs. 3 - wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zulässt, ein weiterer Aufenthaltstitel für den gleichen Aufenthaltszweck nicht versagt werden. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde den Aufenthaltstitel zu erteilen.

(4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann die Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder die Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden, wenn der beantragte andere Aufenthaltstitel nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes im Anschluss an den bisherigen Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Sind die Voraussetzungen für den anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, so ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen. Der bisherige Aufenthaltstitel ist mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen.

Verfahren im Fall des Fehlens von Erteilungsvoraussetzungen für die Verlängerung eines Aufenthaltstitels

§ 25. (1) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthalts- oder Niederlassungsrechts Erteilungsvoraussetzungen (§ 11 Abs. 1 und 2), so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme - den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 66 FPG) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde die zur Aufenthaltsbeendigung zuständige Fremdenpolizeibehörde - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 73 AVG gehemmt.

(2) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.

(3) Abweichend von Abs. 1 und 2 gilt § 24 Abs. 3, wenn

1. kein Fall des § 11 Abs. 2 Z 6 vorliegt und er bereits vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes niedergelassen war oder

2. der Fremde einen Verlängerungsantrag mit einem Zweckänderungsantrag verbindet.

Zweckänderungsverfahren

§ 26. Wenn der Fremde den Aufenthaltszweck während seines Aufenthalts in Österreich ändern will, hat er dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung ist nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt und ein gegebenenfalls erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung steht. Sind alle Voraussetzungen gegeben, hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzuweisen; die Abweisung hat keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht."

Die mit der Novelle BGBl. I Nr. 157/2005, die gemeinsam mit dem Stammgesetz am 1. Jänner 2006 in Kraft getreten ist, eingefügte Regelung des § 24 Abs. 4 NAG trägt nach dem Ausschussbericht (1154 BlgNR 22. GP) dem Umstand Rechnung, dass das NAG in mehreren Bestimmungen die Möglichkeit vorsieht, im Anschluss an den bisher innegehabten Aufenthaltstitel einen anderen Aufenthaltstitel oder den gleichen Aufenthaltstitel mit einem anderen Aufenthaltszweck zu erteilen. So könne etwa Inhabern eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" erteilt werden (§ 48 Abs. 1 NAG). § 24 Abs. 4 NAG diene der Klarstellung der bisher nicht eindeutig geregelten Frage, welches Verfahren in diesen Fällen anzuwenden sei. Durch diese Norm solle ermöglicht werden, im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens einerseits auf einen anderen Aufenthaltszweck des bereits innegehabten Aufenthaltstitels und andererseits auf einen anderen Aufenthaltstitel zu wechseln. In formaler Hinsicht habe der betroffene Fremde einen Verlängerungsantrag (auf Verlängerung des bisherigen Aufenthaltstitels) zu stellen, mit dem er aber gleichzeitig einen Antrag auf Wechsel oder Umstieg auf einen anderen Aufenthaltszweck bzw. Aufenthaltstitel verbinde. Damit werde eine sachlich gerechtfertigte und im Hinblick auf eine verfahrensökonomische Vorgehensweise geeignete Ausnahme vom grundsätzlich normierten Doppelantragsverbot nach § 19 Abs. 2 NAG getroffen. Seien die Voraussetzungen für die Erteilung des anderen Aufenthaltszwecks oder Aufenthaltstitels nicht oder nicht zur Gänze erfüllt, dann habe die zuständige Behörde darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen. In diesem Fall habe sie den bisher erteilten Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür auch weiterhin vorliegen. Im Übrigen gelte § 25 NAG.

Soweit die Beschwerdeführerin auf die im Zeitpunkt ihrer Antragstellung (am 20. April 2005), also nach der Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006, geltenden Normen des FrG verweist, ist ihr mit der ständigen hg. Rechtsprechung zu erwidern, dass dem NAG weder ein Rückwirkungsverbot noch eine Regelung zu entnehmen ist, der zufolge auf vor dessen Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte etwa Bestimmungen des FrG weiter anzuwenden wären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2010, Zl. 2008/22/0476, mwN).

Allerdings ging die belangte Behörde davon aus, es handle sich beim Antrag der Beschwerdeführerin um einen - nach § 21 Abs. 1 NAG im Ausland zu stellenden - Erstantrag. Ein solcher Erstantrag würde gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 NAG aber nur dann vorliegen, wenn der Antrag nicht als Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 oder Z 12 NAG zu beurteilen wäre.

Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zufolge verfügte die Beschwerdeführerin - woran auch ihre frühere Verwendung von Alias-Identitäten nichts ändern kann - im Zeitpunkt der Antragstellung über eine bis zum 20. September 2005 geltende Niederlassungsbewilligung "jeglicher Aufenthaltszweck" gemäß § 13 Abs. 2 FrG, also über einen Aufenthaltstitel. Dieser wäre - würde sein zeitlicher Geltungsbereich auch Zeiten nach dem Inkrafttreten des NAG (1. Jänner 2006) erfassen - gemäß § 81 Abs. 2 NAG iVm § 11 Abs. 1 Abschnitt A.1. Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) als Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" im Sinne des § 8 Abs. 2 Z 4 NAG anzusehen. Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel bereits vor Inkrafttreten des NAG abgelaufen war, vermag mit Blick auf § 81 Abs. 1 NAG, wonach Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (am 1. Jänner 2006) anhängig sind, nach dessen Bestimmungen zu Ende zu führen sind, die Eigenschaft als Aufenthaltstitel, der grundsätzlich einer Verlängerung oder Zweckänderung zugänglich ist, nicht zu beseitigen. § 81 Abs. 1 NAG gilt nämlich für am 1. Jänner 2006 bereits anhängige Verfahren unabhängig davon, ob es sich um ein Erstantrags-, Verlängerungs- oder Zweckänderungsverfahren handelt. Ob das betreffende Verfahren ab Inkrafttreten des NAG als Erstantrags-, Verlängerungs- oder Zweckänderungsverfahren (weiter) zu führen ist, richtet sich gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen des NAG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. November 2008, Zl. 2008/22/0058 mwN).

Abgesehen davon, dass der gegenständliche Antrag vom 20. April 2005 - entgegen der nicht näher begründeten behördlichen Annahme, der österreichische Ehemann der Beschwerdeführerin habe sein Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen, - nach der Aktenlage zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, als jener in Italien (Verona) ein Einzelunternehmen führte, konnte er lediglich ein Verfahren im Sinn der wiedergegebenen (und vom historischen Gesetzgeber wie dargestellt klarstellend erläuterten) Bestimmung des § 24 Abs. 4 NAG einleiten. Es ist daher ausgeschlossen, diesen Antrag als Erstantrag nach § 2 Abs. 1 Z 13 NAG zu werten.

Inhaltlich strebte die über einen aufrechten, noch fünf Monate geltenden Aufenthaltstitel verfügende Beschwerdeführerin mit dem gegenständlichen Antrag primär eine Änderung des Aufenthaltszwecks unter Berufung auf ihre nunmehrige Eigenschaft als Familienangehörige, aber auch - im Hinblick auf das bevorstehende Ende des bisherigen Titels - eine Verlängerung ihres Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet an. Ein Zweckänderungsantrag kann gemäß § 2 Abs. 1 Z. 12 NAG nur "während der Geltung eines Aufenthaltstitels" vorliegen. Daraus ist abzuleiten, dass ab dem Ende der bisherigen Aufenthaltsberechtigung (am 20. September 2005) und damit auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (am 21. November 2007) ein als - eine Zweckänderung anstrebender - Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 11 iVm § 24 Abs. 4 NAG) zu wertendes Anbringen zu beurteilen war (vgl. in diesem Sinn schon das erwähnte hg. Erkenntnis vom 4. November 2008, Zl. 2008/22/0058).

Sind - wie die belangte Behörde in den Feststellungen des angefochtenen Bescheides annimmt - allgemeine Erteilungsvoraussetzungen (hier nach § 11 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 Z. 1 NAG) nicht erfüllt, so kommt zunächst weder eine Verlängerung des Aufenthaltstitels für den bisherigen Zweck noch für den geänderten Zweck in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0376).

Die Behörde hat dann aber nach § 25 Abs. 1 NAG vorzugehen und nicht etwa den an sie gerichteten Antrag meritorisch durch Abweisung zu erledigen (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0376, und vom 27. Mai 2010, Zl. 2008/21/0630, mwN). Bei Fehlen allgemeiner Erteilungsvoraussetzungen ist nämlich bei Verlängerungsanträgen vorrangig eine Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde, die allenfalls aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu erlassen hat, vorgesehen (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2009, Zl. 2009/22/0149). Für dieses Ergebnis spricht auch der zitierte AB zur Bestimmung des § 24 Abs. 4 NAG (1154 BlgNR 22. GP aE), der von der Anwendbarkeit des § 25 NAG ausgeht.

Da die - das Vorliegen eines zu Unrecht im Bundesgebiet erhobenen Erstantrages unterstellende - belangte Behörde diese Umstände ebenso wie die Erstbehörde übersehen und jene somit die gegen deren Bescheid erhobene Berufung zu Unrecht gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 27. Jänner 2011

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