VwGH 2008/22/0058

VwGH2008/22/00584.11.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des PJ in S, geboren am 26. April 1973, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 13. Juli 2006, Zl. 314.993/2- III/4/05, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §7 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1;
NAG 2005 §2 Abs1 Z12;
NAG 2005 §2 Abs1 Z13;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs4;
NAG 2005 §26;
NAG 2005 §8 Abs1 Z5;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §81 Abs2;
NAGDV 2005 §11 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
FrG 1997 §7 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1;
NAG 2005 §2 Abs1 Z12;
NAG 2005 §2 Abs1 Z13;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs4;
NAG 2005 §26;
NAG 2005 §8 Abs1 Z5;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §81 Abs2;
NAGDV 2005 §11 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde einen Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das Verfahren über den am 10. Februar 2004 (noch während der Geltung des am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 - FrG) vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung sei gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Auf Grund dessen sei der Antrag, der vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebracht worden sei, als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu werten. Der Beschwerdeführer, der zuletzt über eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z 1 FrG" mit Gültigkeit vom 6. Dezember 2003 bis 30. April 2004 verfügt habe, sei zwar im Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Inland aufhältig gewesen, jedoch habe er sich lediglich für 16 Tage von 6. Februar 2004 bis 22. Februar 2004 in seinem Heimatland aufgehalten. Er habe aber seinen Niederlassungswillen - erkennbar durch die Wiedereinreise am 22. Februar 2004 - nie aufgegeben und die Entscheidung über seinen Antrag nicht im Ausland abgewartet. Außerdem habe der Beschwerdeführer am 22. April 2004 einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis gestellt. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten. Der Beschwerdeführer erfülle keine für die Inlandsantragstellung "genannten Voraussetzungen". Da kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt gegeben sei, sei die Inlandsantragstellung auch nicht von Amts wegen zugelassen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde macht (u.a.) geltend, der Beschwerdeführer habe keinen Erstantrag gestellt, sondern gemäß § 26 NAG die Änderung seines Aufenthaltszwecks bekannt gegeben. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

§ 2 Abs. 1 Z 11 bis Z 13 und § 26 NAG (samt Überschrift) lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

....

11. Verlängerungsantrag: der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24);

12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);

13. Erstantrag: der Antrag, der nicht Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag (Z 11 und 12) ist;

....

Zweckänderungsverfahren

§ 26. Wenn der Fremde den Aufenthaltszweck während seines Aufenthalts in Österreich ändern will, hat er dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung ist nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfüllt und ein gegebenenfalls erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung steht. Sind alle Voraussetzungen gegeben, hat der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag abzuweisen; die Abweisung hat keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht."

Im gegenständlichen Fall ging die belangte Behörde davon aus, es handle sich beim vom Beschwerdeführer gestellten Antrag um einen - nach § 21 Abs. 1 NAG im Ausland zu stellenden - Erstantrag. Ein solcher würde gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 NAG aber nur dann vorliegen, wenn der Antrag nicht als Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 oder Z 12 NAG zu beurteilen wäre.

Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zufolge verfügte der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung über eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z 1 FrG", sohin über einen Aufenthaltstitel nach § 7 Abs. 1 FrG. Eine solche Aufenthaltserlaubnis wäre - würde ihr zeitlicher Geltungsbereich auch Zeiten nach dem Inkrafttreten des NAG (1. Jänner 2006) erfassen - gemäß § 81 Abs. 2 NAG iVm § 11 Abs. 1 Tabelle B Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) als Aufenthaltstitel (nämlich "Aufenthaltsbewilligung - Schüler" bzw. "Aufenthaltsbewilligung - Student") im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 5 NAG anzusehen. Der Umstand, dass eine solche Aufenthaltserlaubnis bereits vor Inkrafttreten des NAG abgelaufen ist, vermag aber nun mit Blick auf § 81 Abs. 1 NAG, wonach Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (1. Jänner 2006) anhängig sind, nach dessen Bestimmungen zu Ende zu führen sind, deren Eigenschaft als Aufenthaltstitel, der grundsätzlich einer Verlängerung oder Zweckänderung zugänglich ist, nicht zu beseitigen. § 81 Abs. 1 NAG gilt nämlich für am 1. Jänner 2006 bereits anhängige Verfahren unabhängig davon, ob es sich um ein Erstantrags-, Verlängerungs- oder Zweckänderungsverfahren handelt. Ob das betreffende Verfahren aber ab In-Kraft-Treten des NAG nun als Erstantrags-, Verlängerungs- oder Zweckänderungsverfahren (weiter) zu führen ist, richtet sich gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen des NAG (vgl. zum Verlängerungsverfahren das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2008, 2008/22/0055).

Der hier gegenständliche Antrag wurde von der belangten Behörde als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gewertet. In der Beschwerde wird die Beurteilung der belangten Behörde zu diesem Aufenthaltszweck nicht in Frage gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hegt diesbezüglich - ausgehend von der vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Familiengemeinschaft mit seiner serbischen Ehefrau - auch keine Bedenken.

Nach dem Gesagten liegt aber ein während der Geltung des bisher innegehabten Aufenthaltstitels gestellter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang und somit ein Zweckänderungsantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 12 NAG vor. Dies wiederum schließt aus, diesen Antrag als Erstantrag nach § 2 Abs. 1 Z 13 NAG werten zu können (vgl. in diesem Zusammenhang betreffend Verlängerungsanträge nochmals das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2008).

Der vom Beschwerdeführer während der Gültigkeit seiner Aufenthaltserlaubnis eingebrachte Zweckänderungsantrag durfte gemäß § 26 NAG im Inland gestellt werden. Der belangten Behörde war es dementsprechend verwehrt, § 21 Abs. 1 NAG zur Anwendung zu bringen und den gegenständlichen Antrag wegen Inlandsantragstellung abzuweisen.

Vielmehr wäre das in § 26 NAG bzw. nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis das in § 24 Abs. 4 NAG vorgesehene Zweckänderungsverfahren durchzuführen gewesen.

Da die belangte Behörde hingegen in Verkennung der Rechtslage von einem § 21 Abs. 1 NAG unterliegenden Erstantrag ausging, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 4. November 2008

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