VwGH 2008/18/0323

VwGH2008/18/032322.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des D S, (geboren am 20. September 1986), vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. Februar 2008, Zl. E1/69.302/2008, betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. Februar 2008 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 iVm Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Rückkehrverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben am 27. Juli 2004 nach Österreich eingereist und habe am folgenden Tag einen Asylantrag eingebracht, der vom Bundesasylamt als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Der unabhängige Bundesasylsenat habe eine Berufung am 23. Jänner 2007 rechtskräftig abgewiesen. Einer gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Der Beschwerdeführer habe während seines Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt.

Am 6. Juni 2007 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß §§ 127, 129 Z. 1, 12 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er am 4. Februar 2007 vor einer Eingangstür Aufpasserdienste geleistet hätte, um im Fall drohender Entdeckung Mittäter mittels eines Handyanrufs zu warnen, während diese Mittäter nach Aufbrechen mehrerer Türen einen Tresor gestohlen hätten.

Es könne kein Zweifel bestehen, dass der im § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG normierte Tatbestand verwirklicht sei. Das dargestellte Fehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit (hier: das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität) in erheblichem Ausmaß, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung des Rückkehrverbots vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 FPG (auch) im Grund des § 60 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.

Der Beschwerdeführer sei seit ca. dreieinhalb Jahren im Bundesgebiet aufhältig und verfüge im Inland über familiäre Bindungen zu seinen Eltern, die ebenfalls als Asylwerber in Österreich aufhältig seien. Es sei daher von einem mit der vorliegenden Maßnahme verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dessen ungeachtet sei die Erlassung des Rückkehrverbots zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) dringend geboten und sohin im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche, dass er nicht gewillt sei, die für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten. Von daher gesehen könne eine Verhaltensprognose keinesfalls zugunsten des Beschwerdeführers gestellt werden.

Im Rahmen der nach § 66 Abs. 2 FPG vorzunehmenden Interessensabwägung sei darauf Bedacht zu nehmen, dass sich der Beschwerdeführer seit ca. dreieinhalb Jahren im Bundesgebiet aufhalte. Dessen ungeachtet könne er sich aber nicht mit Erfolg auf eine daraus ableitbare relevante Integration berufen. Diese erfahre bereits durch den Umstand, dass die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich gemindert werde, eine wesentliche Relativierung. Ferner seien die familiären Bindungen des Beschwerdeführers insofern zu relativieren, als sich seine Eltern ebenfalls nur auf Grund eines Asylantrags im Bundesgebiet aufhielten.

Diesen (solcherart geschmälerten) privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stünden die genannten hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Einhaltung der strafrechtlichen Normen und der fremdenrechtlichen Vorschriften gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt, dass die Auswirkungen des Rückkehrverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers (und seiner Familie) keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Auch im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens habe angesichts des dargestellten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers auch unter Berücksichtigung seiner familiären Situation von der Erlassung des Rückkehrverbots nicht Abstand genommen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die (nicht bekämpfte) Auffassung der belangten Behörde, dass der (gemäß § 62 Abs. 2 FPG) heranziehbare Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 (dritter Fall) leg. cit. erfüllt sei, begegnet in Anbetracht der im angefochtenen Bescheid genannten rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers vom 6. Juni 2007 keinen Bedenken.

1.2. Der Beschwerdeführer wurde unstrittig wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt. Die Beschwerde bestreitet die oben wiedergegebenen Feststellungen betreffend das dieser Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht. Durch dieses Fehlverhalten hat er dem großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität gravierend zuwider gehandelt. Der seit dem Tatzeitpunkt (4. Februar 2007) verstrichene Zeitraum ist zu kurz, um einen Wegfall oder eine wesentliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Mit seinem Hinweis, er habe "lediglich als Fahrer an einer strafbaren Handlung teilgenommen", und es sei ihm erst im Zug dieser strafbaren Handlung bewusst geworden, worauf er sich eingelassen hätte, vermag der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, zumal sein Fehlverhalten mit der besagten strafgerichtlichen Verurteilung bindend feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0133). Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, das Gericht habe über ihn lediglich eine achtmonatige bedingte Freiheitsstrafe verhängt (woraus ersichtlich sei, dass er an der besagten Straftat nur untergeordnet beteiligt gewesen sei und dass ferner der Vollzug der Freiheitsstrafe weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen notwendig erschienen sei), so ist dieses Vorbringen bereits deshalb nicht zielführend, weil die Fremdenpolizeibehörde ihre Beurteilung eigenständig aus dem Blickwinkel des FPG und unabhängig von strafgerichtlichen Erwägungen zur Strafbemessung zu treffen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2006, Zl. 2006/18/0438, mwH).

3. Bei ihrer nach § 66 iVm § 62 Abs. 3 FPG vorgenommenen Prüfung hat die belangte Behörde zutreffend einen mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich angenommen. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers hat sie aber ebenso zutreffend die Auffassung vertreten, dass das gegen ihn erlassene Rückkehrverbot gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, ist es doch zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von (weiteren) strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten. Vor diesem Hintergrund kann auch das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grund des § 66 Abs. 2 FPG getroffenen Beurteilung, dass die Auswirkungen dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und die seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Durch sein gravierendes Fehlverhalten hat der Beschwerdeführer das Gewicht seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich in der für sie maßgeblichen sozialen Komponente relativiert. Zudem kommen ihm auf dem Boden der insoweit unstrittigen Feststellungen keine aus einer Berufstätigkeit ableitbaren persönlichen Interessen zu. Mit seinem Vorbringen, er verfüge über eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und werde von der Caritas unterstützt, macht er keine Umstände geltend, die seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich maßgeblich verstärken würden. Gleiches gilt für das nicht weiter substantiierte Vorbringen, "in Österreich integriert" zu sein. Auch der Umstand, dass die Eltern des Beschwerdeführers in Österreich leben, vermag eine entscheidende Verstärkung seiner persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich nicht zu bewirken, zumal dieser zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf dem Boden der unstrittigen Feststellungen das 21. Lebensjahr überschritten hatte und sich weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er auf eine unmittelbare Unterstützung durch seine Eltern unbedingt angewiesen wäre.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 22. April 2008

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