VwGH 2008/15/0265

VwGH2008/15/026522.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des GK in I, vertreten durch Dr. Mario Mandl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 7/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 9. Juli 2008, Zl. RV/0324-I/07, betreffend Einkommensteuer 2002 bis 2004, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §114;
BAO §115 Abs1;
BAO §162;
BAO §167 Abs2;
BAO §21;
BAO §22;
BAO §23 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
BAO §114;
BAO §115 Abs1;
BAO §162;
BAO §167 Abs2;
BAO §21;
BAO §22;
BAO §23 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Universitätsprofessor an einer österreichischen Universität.

Mit Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2002 bis 2004 wurden "Zahlungen an Mitarbeiter" in Höhe von 21.434,40 EUR (2002), 35.450 EUR (2003) und 33.357 EUR (2004) nicht als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt. Begründend vertrat das Finanzamt dazu die Ansicht, dass die (gesamten) Fremdleistungen nicht mit den Dienstbezügen des Beschwerdeführers zusammenhingen, sondern im Rahmen seiner selbständigen schriftstellerischen Tätigkeit angefallen seien. Die (bisher in Deutschland erklärten) schriftstellerischen Einkünfte seien auf Grund der unbeschränkten Steuerpflicht des Beschwerdeführers grundsätzlich der österreichischen Einkommensteuer zu unterziehen. Da der Beschwerdeführer trotz entsprechenden Vorhaltes keine diesbezüglichen Einnahmen-Ausgaben Rechnungen vorgelegt habe, sei jedoch davon auszugehen, dass insoweit Liebhaberei vorliege und keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit anzusetzen seien.

Weiters ließ das Finanzamt u.a. Zahlungen an die Tochter des Beschwerdeführers in Höhe von 4.500 EUR (2003) und

6.500 EUR (2004) gemäß § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 nicht zum Abzug zu.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer zunächst vor, dass er in sämtlichen Einkommensteuererklärungen bekannt gegeben habe, seine selbständigen Einkünfte in Deutschland zu versteuern. Die Abgabenbehörde habe sich in der Vergangenheit nicht gegen diese Vorgangsweise ausgesprochen, sodass Österreich das Welteinkommen mit allen Auswirkungen allenfalls zukünftig, nicht jedoch in den Streitjahren versteuern dürfe.

Zudem rügte der Beschwerdeführer, dass Mitarbeiter des Beschwerdeführers ohne sein Wissen befragt worden seien und das Finanzamt deren Angaben gefolgt sei, wonach sie im Rahmen seiner schriftstellerischen Tätigkeit beschäftigt worden seien. Tatsächlich habe er stets nur Verträge zur Unterstützung bei der Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse geschlossen. Alle Befragten hätten für den wissenschaftlichen Fortschritt gearbeitet. Die Zahlungen seien nicht den (deutschen) Einkünften aus selbständiger Arbeit, sondern der nichtselbständigen Tätigkeit als Universitätsprofessor zuzuordnen. Schriftliche Verträge seien nicht vonnöten. In jedem Fall habe es sich um wissenschaftliche Zuarbeit zur Grundlagenforschung gehandelt, welche vom Lösen praktischer EDV-Probleme über das Scannen bis zum Eingeben von Wissen in Rechner gereicht habe. Die Höhe der Leistung sei von den Fähigkeiten des jeweiligen Bearbeiters abhängig gewesen. Umfang, Art und Höhe der Bezahlung ergebe sich ohne weiteres aus den Belegen. Die Bezahlung sei in bar erfolgt, was auch in vollständigen Überwachungsstaaten nicht verboten sei. Entgegen erteilter Zusagen habe der Dienstgeber dem Beschwerdeführer nicht die notwendigen personellen Mittel zur Verfügung gestellt, sodass die Personalkosten der wissenschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen seien, bei der sie infolge "Vertragsbruches der Gegenseite" von Anfang an notwendig geworden wären.

Auch andere "Einzelposten" (Bücher, Abo TV) habe das Finanzamt zu Unrecht nicht als Werbungskosen anerkannt. Insgesamt sei der Beschwerdeführer seit Beginn seiner Tätigkeit als Universitätsprofessor an einer österreichischen Hochschule im Jahr 1986 stets in völlig gleicher Weise vorgegangen. Bis zum Jahr 2005 habe es keinerlei Beanstandung seitens des Finanzamtes gegeben, weshalb die nunmehr geänderte Vorgangsweise den Beschwerdeführer in seinem Vertrauen auf Beibehaltung der langjährigen Verwaltungspraxis verletze und daher rechtswidrig sei.

Über Vorhalt der belangten Behörde wurde auf eine am 9. November 1992 mit einem Finanzbeamten erfolgte Besprechung verwiesen, bei der dem Beschwerdeführer die Auskunft erteilt worden sei, dass seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Deutschland zu versteuern seien. An diese Auskunft habe sich der Beschwerdeführer bis heute gehalten. Auch habe die Abgabenbehörde bis dato nie datierte Zahlungsbestätigungen verlangt, sondern die vorgelegten Zahlungsbelege ohne Beanstandung oder Einschränkung anerkannt.

Zum Ersuchen um Empfängernennung nach § 162 BAO teilte der Beschwerdeführer mit, dass ihm die Anschriften (eines Teiles) seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter nicht "bewusst" seien. Das diesbezügliche Verlangen der belangten Behörde sei "unvorhersehbar und überraschend". Die nachträgliche Nichtanerkennung verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil die eindeutige Identifizierbarkeit bei seltenen Namen auch ohne Angabe der Adresse gewährleistet sei. Bei einem chinesischen Familiennamen sei dem Erfordernis der genauen Bezeichnung des Empfängers im Sinne des § 162 BAO allein durch die Verbindung mit der Tatsache des Aufenthaltes in einem bestimmten Bundesland entsprochen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers bestünde keine Verpflichtung des Steuerpflichtigen, die Adresse eines ihm Leistungen erbringenden freien Unternehmers festzuhalten.

Mit seiner Tochter habe der Beschwerdeführer ihrer Qualifikation entsprechend "parallele Vereinbarungen über die von ihr zu erbringenden Leistungen (Inhalt, Umfang)" sowie über die "Ermittlung und Berechnung der Höhe der Bezahlungen (Abrechnung auf Stundenbasis oder ähnlich) getroffen". Inhaltlich habe die Vereinbarung "wissenschaftliche Hilfsleistungen nach Bedarf und Fähigkeiten" wie bei allen anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern auch umfasst.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge. Unter dem Titel der Aufwendungen für "wissenschaftliche Mitarbeiter" wurden Beträge von 16.437,50 EUR (2002), 17.877,25 EUR (2003) und 12.544,10 EUR (2004) von den erklärten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug gebracht. Darüber hinaus geltend gemachte Beträge wurden zum Teil mangels Nachweises entsprechender Zahlungsabflüsse, zum Teil mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 162 BAO nicht berücksichtigt. Der Beschwerdeführer habe trotz entsprechender Aufforderung, die Honorarempfänger nicht bestimmt bezeichnet. Weiters ordnete die belangte Behörde einen Teil der nachgewiesenen Honorarzahlungen den Einkünften aus selbständiger Arbeit mit der Begründung zu, dass im Einzelnen genannte Leistungen ausschließlich im Zusammenhang mit vom Beschwerdeführer publizierten Fachwerken in Anspruch genommen worden seien.

Hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit änderte die belangte Behörde die Einkommensteuerbescheide insoweit zum Nachteil des Beschwerdeführers ab, als sie - anders als das Finanzamt - positive Einkünfte aus selbständiger Arbeit zum Ansatz brachte. Der Beschwerdeführer habe trotz entsprechender Vorhalte keine Umstände dargelegt, die für ein Besteuerungsrecht Deutschlands an den strittigen Einkünften aus selbständiger Arbeit sprächen. Das österreichische Besteuerungsrecht könne auch nicht durch eine etwaige rechtswidrige Besteuerung derselben Einkünfte in Deutschland verwirkt werden. Trotz mehrmaligen Ersuchens habe der Beschwerdeführer die strittigen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht durch die Vorlage von Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen 2002 bis 2004 belegt. Die übermittelten deutschen Einkommensteuerbescheide wiesen lediglich für die (hier nicht streitgegenständlichen) Jahre 1995 bis 1998 und 2001 explizit Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus, während die vom Beschwerdeführer behaupteten Verluste der Jahre 2002 und 2004 ebenso unbelegt geblieben seien wie der für 2003 angeführte Gewinn. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit seien daher gemäß § 184 BAO auf Basis der für die Vorjahre in Deutschland erklärten - dem Beschwerdeführer vergeblich zur Stellungnahme vorgehaltenen - Beträge zu schätzen.

Erfolglos blieb die Berufung u.a. in der Frage der Berücksichtigung von Zahlungen an die Tochter des Beschwerdeführers als Werbungskosten. Der Beschwerdeführer habe Zahlungsbestätigungen vom 31. Dezember 2003 (über 4.500 EUR) und vom 30. Dezember 2004 (über 6.500 EUR) für "wissenschaftliche Hilfsarbeiten" bzw. "selbständige Recherchetätigkeiten" vorgelegt. Zum Ersuchen der belangten Behörde auf detaillierte Darlegung der mit der Tochter getroffenen Vereinbarung über die zu erbringenden Leistungen und die Bezahlung habe der Beschwerdeführer auf seine Unterhaltspflicht hingewiesen und ausgeführt, dass er den Unterhalt durch eine Gesamtsumme garantiert habe, wofür die Tochter im Gegenzug Werkleistungen betreffend seine nichtselbständige Arbeit "im angemessenen Umfang" zugesagt habe. Die Vereinbarung habe "wissenschaftliche Hilfsleistungen nach Bedarf und Fähigkeiten" betroffen, wie bei allen anderen Mitarbeitern auch. Die dafür gezahlte Vergütung entspräche den "jederzeit nachweisbaren Marktpreisen am Ort". Mit diesen Ausführungen sei der Beschwerdeführer dem Ersuchen um detaillierte Darlegung und Konkretisierung der Leistungsbeziehung nicht nachgekommen. Insbesondere habe der Beschwerdeführer die Art der Honorarberechnung ("Stundenbasis oder ähnlich") nicht mitgeteilt. Offensichtlich sei dem Beschwerdeführer selbst nicht (mehr) bekannt, nach welchen Kriterien die Entlohnung erfolgt sei. Den vorliegenden Zahlungsbestätigungen könnten die fehlenden Angaben ebenso nicht entnommen werden, bestätige die Tochter hierin doch lediglich den Empfang eines Gesamtbetrages, ohne dass konkrete Angaben über die erbrachten Arbeitsleistungen und deren Ausmaß oder über die Berechnung der Höhe des Honorars daraus hervorgingen. Den strittigen Zahlungen läge daher keine Vereinbarung mit einem eindeutigen, klaren, jeden Zweifel ausschließenden Inhalt - wie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefordert - zugrunde. Wegen des unbestimmten Vertragsinhaltes sei es der belangten Behörde auch verwehrt, die Fremdüblichkeit der Zahlungen an die Tochter zu überprüfen. Im Unterschied zu den übrigen wissenschaftlichen Mitarbeitern, welche offensichtlich unmittelbar nach Leistungserbringung eine "Sofortzahlung" oder bei längerer Vertragsbeziehung zumindest monatliche Teilzahlungen erhalten hätten, habe der Beschwerdeführer seine Tochter mit einer Einmalzahlung am Jahresende entlohnt. Diese Vorgangsweise erscheine nicht fremdüblich, weil fremde Personen einen derartigen Zahlungsaufschub nicht geduldet hätten.

Abschließend merkte die belangte Behörde an, dass es dahingestellt bleiben könne, auf Grund welcher Umstände die Abgabenbehörde abweichend von den Vorjahren eine Überprüfung der Steuererklärungen der Jahre 2002 bis 2004 für zweckmäßig und erforderlich erachtet hat. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben läge - wie näher ausgeführt - nicht vor.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in folgenden ausdrücklich bezeichneten Beschwerdepunkten verletzt:

"… weil die belangte Behörde den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 39 AVG) verletzt hat, zumal die Zahlungsempfänger der gegenständlichen Aufwendungen für wissenschaftliche Mitarbeiter genügend individualisiert waren.

Weiters wurde dieser Grundsatz bei der Beurteilung der Aufwendungen des Beschwerdeführers für seine Tochter (…) missachtet. Diese Aufwendungen wurden unter dem Gesichtspunkt des Angehörigenverhältnisses Vater-Kind detailliert sowohl hinsichtlich Zeitaufwand als auch Arbeitsleistung der Abgabenbehörde bekannt gegeben. Somit hat die belangte Behörde zu Unrecht eine Angemessenheitsprüfung und ein Fremdvergleich von vornherein abgelehnt und die Aufwendungen nicht anerkannt.

… die Bestimmung des § 162 BAO entgegen dem Wortlaut und dem Willen des Gesetzgebers sowie dem Sinn und der Zweckmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung ausgelegt und angewendet wurde; zu Unrecht nimmt die belangte Behörde an, dass der Beschwerdeführer aus eigenem Verschulden weitergehende Angaben über Zahlungsempfänger nicht machen kann. …

Weiters hat die belangte Behörde das allgemeine Rechtsprinzip des Treu und Glaubens verletzt, zumal sie nach jahrelanger Übung der Erstattung der Einkommensteuererklärungen samt Erläuterungen und Beilagen überraschend Auskünfte und Angaben vom Beschwerdeführer verlangt hat, welche dieser nach vielen Jahren (ohne Mithilfe der Abgabenbehörde) aus eigenem nicht mehr beischaffen konnte. Die belangte Behörde hat somit nicht nur den im § 39 AVG allgemein verankerten Grundsatz der materiellen Wahrheit außer Acht gelassen, sondern auch die konkret im § 115 BAO formulierte Verpflichtung, von Amtswegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, verletzt."

Durch die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommene Bezeichnung des Beschwerdepunktes wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2012, 2008/13/0117 und 0118).

Mit den in Ausführung des Beschwerdepunktes geltend gemachten Rechten "auf Erforschung der materiellen Wahrheit" und "dem allgemeinen Rechtsprinzip des Treu und Glaubens" werden subjektive Rechte nicht bestimmt bezeichnet.

Die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 115 BAO) als solche stellt keinen Beschwerdepunkt dar, sondern zählt zu den Beschwerdegründen. In welchem konkreten, aus einer Rechtsnorm ableitbaren subjektiven Recht der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid verletzt sein soll, wird durch die Behauptung der Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht dargestellt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 23. Februar 2011, 2008/13/0123, und vom 17. November 2010, 2007/13/0081, jeweils mwN).

Somit verbleiben als taugliche Beschwerdepunkte das Recht auf Anerkennung von "Aufwendungen des Beschwerdeführers für seine Tochter" (als Werbungskosten) und von "Aufwendungen für wissenschaftliche Mitarbeiter" (keine Anwendung des § 162 BAO).

1. Zahlungen an die Tochter

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen erforderlich, dass die Vereinbarungen nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0107).

Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom Verwaltungsgerichtshof nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden - Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen.

Der Grund für diese Anforderungen liegt zum einen darin, dass das zwischen Familienangehörigen typischerweise unterstellte Fehlen eines solchen Interessengegensatzes, wie er zwischen Fremden besteht, die Gefahr einer auf diesem Wege bewirkten willkürlichen Herbeiführung steuerlicher Folgen mit sich bringt, der im Interesse der durch § 114 BAO gebotenen gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen begegnet werden muss; zum anderen steht hinter den beschriebenen Kriterien für die Anerkennung vertraglicher Beziehungen zwischen nahen Angehörigen auch die Erforderlichkeit einer sauberen Trennung der Sphären von Einkommenserzielung einerseits und Einkommensverwendung andererseits (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 2008, 2006/15/0119).

Auch im Beschwerdefall war zu unterscheiden, ob der Beschwerdeführer mit den Zahlungen an seine Tochter durch seinen Beruf veranlassten schuldrechtlichen (Einkommenserzielung) oder unterhaltsrechtlichen (Einkommensverwendung) Verpflichtungen nachgekommen ist.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass den strittigen Aufwendungen keine klaren Vereinbarungen zu Grunde liegen. Der Beschwerdeführer hat die Zahlungen in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 26. Juli 2006 mit Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Tochter in Verbindung gebracht. Er habe ihren Unterhalt in einer Gesamtsumme garantiert, wofür die Tochter "im Gegenzug Werkleistungen im angemessenen Umfang zugesagt" habe. Dabei habe "überflüssige Bürokratie" vermieden werden sollen.

Wenngleich bereits diese Aussage darauf schließen ließ, dass weder klare schuldrechtliche Vereinbarungen noch nachvollziehbare Abrechnungen die geltend gemachten Aufwendungen zu belegen vermögen, hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit weiterem Vorhalt vom 28. August 2007 neuerlich Gelegenheit geboten, die mit der Tochter getroffenen Vereinbarungen über die von ihr zu erbringenden Leistungen und die Berechnung der Leistungsentlohnung ("Abrechnung auf Stundenbasis oder ähnlich") unter Beilage zweckdienlicher Unterlagen darzustellen.

Mit der Wiederholung der Fragestellung in der Eingabe vom 14. Februar 2008 - die Abrechnung sei auf Stundenbasis oder ähnlich erfolgt - blieb der Beschwerdeführer letztlich eine Antwort hinsichtlich der konkreten Abrechnungsmodalitäten auch im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens schuldig. Ob mit dem Hinweis auf "wissenschaftliche Hilfsleistungen" und "Recherchetätigkeiten" die tatsächlich von der Tochter erbrachten Leistungen hinreichend umschrieben wurden, kann entgegen dem Beschwerdeeinwand dahingestellt bleiben, weil deren Umfang jedenfalls im Dunkeln blieb. Das Vorbringen, die "dafür gezahlte Vergütung (habe) den jederzeit nachweisbaren Marktpreisen am Ort" entsprochen, ging schon mangels Quantifizierung der tatsächlich erbrachten Leistungen nicht über eine bloße Behauptung hinaus. Die nunmehrigen (konkretisierenden) Ausführungen in der Beschwerde und der Stellungnahme zur Gegenschrift der belangten Behörde gehen weit über das hinaus, was im Verwaltungsverfahren vorgebracht wurde. Auf dem Boden des verwaltungsbehördlichen Vorbringens konnte die belangte Behörde das Vorliegen schuldrechtlich exakt nachvollziehbarer beruflich veranlasster Leistungsbeziehungen im Sinne der eingangs genannten Anforderungen ohne Rechtsirrtum verneinen und die Zahlungen als familienhaft veranlasst beurteilen.

2. Empfängernennung gemäß § 162 BAO

Nach § 162 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nach § 162 Abs. 2 leg. cit. nicht anzuerkennen.

§ 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben (Werbungskosten) trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu besteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat. Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. "Offenbar unerfüllbar" sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf jedoch nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden sein, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 2005, 2002/13/0236).

Die Beschwerde rügt, dass die Aufforderung nach § 162 Abs. 1 BAO nicht schon zu Beginn der Prüfung der Abgabenerklärungen erfolgt sei. Es liege in der Natur der Sache, dass Ergänzungen und Auskünfte umso schwieriger erteilt werden könnten, je länger der maßgebliche Zeitpunkt zurückliege. Im Beschwerdefall sei die Aufforderung erst "nach Abführung eines Verfahrens", das zunächst zur Erlassung vorläufiger Bescheide geführt habe, ergangen. Da die Umstände dritte Personen beträfen ("damals beschäftigte Dritte als wissenschaftliche Mitarbeiter"), könne dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden, dass ihm die abverlangte Auskunft "nun nicht mehr möglich ist, schon gar nicht ohne fremde Hilfe."

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine besonderen Umstände auf, die die Aufforderung zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO gerade im Beschwerdefall als rechtswidrig erkennen ließen. Auf § 162 BAO gestützte Aufträge beziehen sich stets auf "dritte Personen", nämlich die Vertragspartner des Steuerpflichtigen. Zu Recht weist die belangte Behörde darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar war, sich (schon) anlässlich der Auftragsvergabe und Leistungsentgegennahme über die Identität seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter zu informieren und deren Vor- und Familienname samt Anschrift (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 2. März 1993, 91/14/0144) festzuhalten.

Unberechtigt ist auch der Einwand, die Abgabenbehörde habe "diese Form der Einkommensteuererklärung (gemeint von Zahlungsbestätigungen, welchen die Identität der Zahlungsempfänger nicht zu entnehmen war) Jahr für Jahr als in Ordnung befunden", sodass der Beschwerdeführer im Sinne des Grundsatzes von Treu und Glauben auf die weitere Anerkennung dieser Vorgangsweise habe vertrauen dürfen.

Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (vgl. die bei Ritz, BAO4, § 114 Tz. 6, angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Das Unterlassen von Handlungen kann keine Grundlage für Treu und Glauben bilden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2002, 99/14/0021, zur abweichenden Beurteilung eines Sachverhaltes im Rahmen einer Wiederholungsprüfung).

Mit dem Unterbleiben einer Aufforderung gemäß § 162 BAO setzt das Finanzamt kein Verhalten, auf das der Abgabepflichtige ein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt gründen könnte, dass auch in Zukunft keine Aufforderung zur Empfängernennung erfolgen werde. Eine Vertrauenslage entsteht auch nicht dadurch, dass der Abgabepflichtige seinen Steuererklärungen Zahlungsbestätigungen anschließt, denen der vollständige Name und die Anschrift des Zahlungsempfängers (Leistungserbringers) nicht entnommen werden kann, zumal derartige Beilagen keineswegs ausschließen, dass der Steuerpflichtige über weitergehende Unterlagen oder Kenntnisse der Person des Leistungserbringers verfügt.

Die Beschwerde erweist sich daher im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. November 2012

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