VwGH 2008/15/0003

VwGH2008/15/00034.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der Gemeinde G, vertreten durch die WKG Korp-Grünbart Rechtsanwälte GmbH in 4910 Ried i.I., Bahnhofstraße 35a, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 15. November 2007, GZ. RV/0965-L/05, betreffend Zerlegung und Zuteilung der kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlage (mitbeteiligte Parteien: Mgemeinde M, Mgemeinde B, beide Gemeinden vertreten durch Dr. Ernst Grubeck und Mag. Christoph Danner, Rechtsanwälte in 4780 Schärding, Lamprechtstraße 2, B GmbH i.L. in 4786), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80;
KO §1 Abs1;
KO §3 Abs1;
KommStG 1993 §10 Abs5;
KommStG 1993 §10 Abs6;
VwRallg;
BAO §80;
KO §1 Abs1;
KO §3 Abs1;
KommStG 1993 §10 Abs5;
KommStG 1993 §10 Abs6;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde betreffend die Zuteilung der kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlage der G. GmbH abgewiesen.

Begründend führt die belangte Behörde aus, das Finanzamt habe über Antrag der Gemeinden M. und B., die im Gefolge einer abgabenbehördlichen Prüfung Kenntnis davon erlangt hätten, dass die G. GmbH in den Jahren 1998 bis 2003 Kommunalsteuer an die beschwerdeführende Gemeinde abgeführt habe, einen "Zuteilungsbescheid ab 1.1.1998 bis laufend" erlassen und folgende "Bemessungsgrundlagen bzw. Anteile daran" zugeteilt:

"Beschwerdeführende Gemeinde

ab 1.1.1998 bis laufend

0%

M.

1.1.1998 bis 31.12.1998

100%

B.

ab 1.1.1999 bis laufend

100%"

Das Finanzamt habe den mit 7. Juli 2005 datierten Zuteilungsbescheid den genannten drei Gemeinden und der G. GmbH zugestellt und seine Entscheidung damit begründet, dass im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin keine Betriebsstätte der G. GmbH bestehe.

Dagegen habe die beschwerdeführende Gemeinde Berufung erhoben und darin die Ansicht vertreten, dass die G. GmbH in ihrem Gemeindegebiet auf dem Betriebsgelände der B. Molkerei sehr wohl eine Betriebsstätte unterhalte. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass sich besagte Molkerei zur Durchführung von Milchsammelfahrten privater Fuhrunternehmen bediene. In den Jahren 1998 bis Juli 2005 habe sie auch die G. GmbH mit derartigen Fahrten beauftragt. Die von der G. GmbH dafür verwendeten LKWs seien über Nacht am Gelände der Molkerei abgestellt worden. Am Betriebsgelände der Molkerei seien durch die LKW-Fahrer täglich - wie nach dem Lebensmittelgesetz vorgeschrieben - chemische Reinigungen und gelegentlich auch Wartungsarbeiten an den LKWs durchgeführt worden. Da die G. GmbH das Betriebsgelände der Molkerei ohne rechtlich oder vertraglich abgesicherte Position benutzt habe und die Molkerei diese Nutzung jederzeit ohne Angabe von Gründen hätte untersagen können, seien die in Rede stehenden Örtlichkeiten nicht als Betriebsstätte der G. GmbH anzusehen.

Der mit 15. November 2007 datierte nunmehr angefochtene Bescheid erging nach der Zustellungsverfügung der belangten Behörde an die drei schon erwähnten Gemeinden sowie an die G. GmbH. Der für die G. GmbH bestimmte Bescheid wurde am 22. November 2007 zu Handen einer Wirtschaftstreuhandkanzlei zugestellt.

Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich die beschwerdeführende Gemeinde u.a. in ihrem Recht auf "angemessene Zuteilung der Bemessungsgrundlage im Sinne des Kommunalsteuergesetzes" verletzt. Sie beantragt der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und begründet diesen Antrag insbesondere mit dem durch die Vorlage entsprechender Beweismittel bestätigten Umstand, dass über das Vermögen der G. GmbH am 17. Juli 2007 das Konkursverfahren beim Landesgericht Ried i.I. eröffnet und zugleich Rechtsanwalt Dr. D. zum Masseverwalter bestellt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Kommunalsteuer unterliegen nach § 1 KommStG 1993 die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Nach § 10 Abs. 5 KommStG 1993 hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerschuldners oder einer beteiligten Gemeinde die Bemessungsgrundlage zuzuteilen, wenn zwei oder mehrere Gemeinden die auf einen Dienstnehmer entfallende Bemessungsgrundlage ganz oder teilweise für sich in Anspruch nehmen und ein berechtigtes Interesse an der Zuteilung dargetan wird. Der Antrag kann nur bis zum Ablauf von fünfzehn Jahren ab Entstehung der Steuerschuld (§ 11 Abs. 1) gestellt werden. Der Zuteilungsbescheid hat an den Steuerschuldner und die beteiligten Gemeinden zu ergehen. Auf die Zuteilung finden die für die Festsetzung der Abgaben geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung.

Durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs. 1 Konkursordnung). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Oktober 2001, 95/14/0099, und vom 2. Juli 2002, 2002/14/0053). Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. für viele die hg. Beschlüsse vom 18. September 2003, 2003/15/0061, und vom 2. März 2006, 2006/15/0087). Nichts anderes gilt für einen Bescheid, der wie der gegenständliche Zuteilungsbescheid der Abgabenfestsetzung durch die Gemeinde (zwingend) zu Grunde zu legen ist (vgl. § 10 Abs. 6 KommStG 1993). Auch ein solcher Bescheid betrifft die Konkursmasse und hat daher an den Masseverwalter als den gesetzlichen Vertreter des Gemeinschuldners zu ergehen.

Der angefochtene Bescheid wurde der "G. GmbH z. H. U. WTH u. Stb. GmbH" am 22. November 2007, somit nach Konkurseröffnung, zugestellt und konnte daher gegenüber dem Gemeinschuldner, dem in den die Masse betreffenden Angelegenheiten gemäß § 1 Abs. 1 KO die Verfügungsfähigkeit entzogen ist, nicht wirksam erlassen werden. Der angefochtene Bescheid wäre an den Masseverwalter und nicht an den Gemeinschuldner zu richten und dem Masseverwalter zuzustellen gewesen.

Damit liegt kein der Rechtslage entsprechender Zuteilungsbescheid im Sinne des § 10 Abs. 5 KommStG 1993 vor, weil er nur an die beteiligten Gemeinden, nicht aber auch an den Abgabenpflichtigen ergangen ist.

Davon abgesehen erweist sich der angefochtene Bescheid auch aus einem anderen Grund als rechtswidrig:

Die Zuteilung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 KommStG 1993 hat mit einer mit Rechtskraftwirkung ausgestatteten Feststellung der Bemessungsgrundlage und somit auch der sachlichen Abgabepflicht einherzugehen (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, 2003/13/0059). Schon aus diesem Grund kommt eine Zuteilung "pro futuro" nicht in Betracht. Der Bescheid des Finanzamtes, der keine Bemessungsgrundlage feststellte und eine Zuteilung "bis laufend 100%" aussprach, entsprach diesen Anforderungen nicht. Indem die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde als unbegründet abwies, hat sie den unzulänglichen Spruch des Finanzamtes übernommen und damit ihren Bescheid auch dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 455/2008. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die geltend gemachte Eingabengebühr, zu deren Entrichtung die beschwerdeführende Gemeinde nicht verpflichtet war. Wien, am 4. Februar 2009

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