VwGH 2003/13/0059

VwGH2003/13/005929.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde der Marktgemeinde F bei G, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 27. Februar 2003, Zl. RV/2737-W/02, betreffend Zuteilung der kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlage für 1994 bis 1999 (mitbeteiligte Partei: I GmbH in W), zu Recht erkannt:

Normen

KommStG 1993 §10 Abs5;
VwRallg;
KommStG 1993 §10 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei, die ein Reinigungsunternehmen betreibt, stellte mit Schriftsatz vom 27. November 1998 an das (damalige) Finanzamt für Körperschaften einen Antrag auf Zuteilung der Bemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 5 KommStG 1993. In diesem Antrag führte sie aus, sie habe ihrer Rechtsauffassung gemäß bisher Kommunalsteuer an die Gemeinde Graz bezahlt. Nach einer Prüfung durch den Steiermärkischen Gemeindebund sei jedoch der Betriebsstättenbegriff anders ausgelegt und ihr (von der beschwerdeführenden Gemeinde) für die Jahre 1993 bis 1997 Kommunalsteuer in Höhe von 258.373 S vorgeschrieben worden. Die mitbeteiligte Partei habe diesen Betrag von der Gemeinde Graz zurückverlangt, die ihr jedoch bescheidmäßig im Rahmen einer "Bemessungsgrundlagenvorschreibung" erklärt habe, dass "unser Reinigungsobjekt in (beschwerdeführende Gemeinde) nach dem Betriebsstättenbegriff des KommStG der Grazer Gemeinde zuzurechnen ist". Da die mitbeteiligte Partei "nicht weiter Spielball zweier Gemeinden" sein wolle, werde um Zuteilung der Bemessungsgrundlagen u. a. für die Kommunalsteuer der Jahre 1994 bis 1997 ersucht.

Aktenkundig ist die Durchschrift eines mit 20. Oktober 2000 datierten Zuteilungsbescheides des Finanzamtes für die Kalenderjahre 1994 bis 1999. Im Adressfeld dieser Bescheiddurchschrift ist handschriftlich vermerkt "Original an Firma + 5 Gemeinden versendet". Unter Betreff "Unternehmerin/Unternehmer" ist im Formblatt des Bescheides die mitbeteiligte Partei angeführt. Sodann wird ausgeführt, gemäß § 10 Abs. 5 KommStG 1993 "wird (werden) der (den) nachstehend angeführten Gemeinde(n) folgende Bemessungsgrundlage bzw. Anteile daran zugeteilt:". In der diesbezüglichen Rubrik werden die Gemeinden Seiersberg, Gratwein, Gratkorn, (Beschwerdeführerin) und Kremsmünster angeführt, wobei jeweils in der Spalte "(Anteil an der) Bemessungsgrundlage" der Vermerk "KEIN S" enthalten ist. Die Begründung enthält den Satz, in Ermangelung des Vorliegens von Betriebsstätten des Unternehmens in den o.a. Gemeinden könne diesen Gemeinden kein Anteil aus der Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer zugeteilt werden.

In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich ein Berufungsschriftsatz der Beschwerdeführerin vom 15. November 2000 betreffend den Zuteilungsbescheid vom 20. Oktober 2000. Darin wird festgehalten, das Finanzamt habe mit Zuteilungsbescheid vom 20. Oktober 2000 für die Beschwerdeführerin keinen Anteil an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage für die Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei am Flughafen G.-T. im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin festgesetzt. Dagegen werde mit der Begründung berufen, dass im Zuge einer von der Beschwerdeführerin veranlassten Überprüfung der Kommunalsteuer 1994 bis 1997 sowie einer Erhebung an Ort und Stelle vom 14. November 2000 durch ein Organ des Steiermärkischen Gemeindebundes festgestellt worden sei, dass die mitbeteiligte Partei im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin eine Betriebsstätte (Gebäudereinigung) im Sinne des § 4 Abs. 1 KommStG 1993 unterhalte. Da der auf die Beschwerdeführerin entfallende Anteil an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage mit Null festgesetzt worden sei, werde die Zuteilung entsprechend den Berufungsausführungen beantragt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Jänner 2001 gab das Finanzamt der Berufung der Beschwerdeführerin vom 15. November 2000 gegen den Zuteilungsbescheid vom 20. Oktober 2000 keine Folge. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass die mitbeteiligte Partei im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin keine Betriebsstätte unterhalten habe, in der Reinigungspersonal beschäftigt worden sei (insbesondere sei das Erfordernis der Verfügungsmacht über Räumlichkeiten im Zusammenhang mit der durchgeführten Reinigungstätigkeit nicht erfüllt).

Die beschwerdeführende Partei stellte am 9. Februar 2001 einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Angefochten werde die Abweisung der Berufung als unbegründet und die damit erfolgte Bestätigung der "Zuteilung" "keines" Anteiles an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage bzw. die dahinter stehende Abweisung oder Zurückweisung des Antrages auf Zuteilung eines Anteiles an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage im verfahrensgegenständlichen Zeitraum. Beantragt werde die Zuteilung eines Anteiles an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage 1994 bis 1999, wobei die ständig in der Gemeinde der Beschwerdeführerin tätigen Dienstnehmer der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien.

Der Bescheid vom 20. Oktober 2000 enthalte keinen als "Spruch" bezeichneten Teil, sodass auch dem Gebot, im Spruch den Bescheidadressaten zu nennen, nicht entsprochen worden sei (dieser Mangel sei auch in der Berufungsvorentscheidung nicht nur nicht aufgegriffen worden, sondern leide die Berufungsvorentscheidung selbst an diesem Mangel). Weiters liege eine Verstoß gegen § 93 Abs. 3 lit. a iVm § 92 BAO vor, weil über den Antrag auf Zuteilung eines Anteiles an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage nicht bescheidmäßig inhaltlich (etwa mit S 0,00) abgesprochen worden sei und "das Nichtabsprechen nicht begründet wurde". Nach § 10 Abs. 5 KommStG 1993 müssten allen am Verfahren beteiligten Gemeinden, sofern auch nur eine Gemeinde ihr berechtigtes Interesse an der Zuteilung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage dartue, Bescheide über die festgesetzten Anteile an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage zugehen. Dies sei offenbar "in der entsprechenden Vollständigkeit" unterblieben und ein verfahrensrechtlich nicht vorgesehener "Zuteilungsbescheid" über "keine Bemessungsgrundlage" erlassen worden, womit die Antragserledigung jedenfalls inhaltlich rechtswidrig sei. "Nichtzuteilungsbescheide" seien im Gesetz nicht vorgesehen.

Abgesehen von der verfahrensrechtlichen Lösung sei die Zuteilung "keiner" Kommunalsteuerbemessungsgrundlage unrichtig, weil entgegen der Ansicht der Behörde - nach im Vorlageantrag näher ausgeführter Begründung - eine Betriebsstätte in der beschwerdeführenden Gemeinde vorhanden sei.

In der Folge richtete das Finanzamt sowohl an die Beschwerdeführerin als auch an die mitbeteiligte Partei Vorhalte zur Klärung der Frage, ob vom Sachverhalt her das Bestehen einer Betriebsstätte in der beschwerdeführenden Gemeinde und (lt. dem Vorhalt an die mitbeteiligte Partei vom 21. August 2001) auch in der Gemeinde Seiersberg vorlägen. Im Vorhalt an die mitbeteiligte Partei wurde diese auch gemäß § 259 Abs. 2 BAO dahingehend informiert, dass die beschwerdeführende Gemeinde und die Gemeinde Seiersberg gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 20. Oktober 2000 Berufung erhoben hätten. Es werde darauf hingewiesen, dass nach der zitierten Gesetzesstelle die Möglichkeit eines Beitritts zur Berufung bestehe.

In den Verwaltungsakten liegt ein Schreiben des Finanzamtes vom 21. August 2001 an den Magistrat der Stadt Graz ein, in dem dieser informiert wurde, dass auf Grund eines Antrages der mitbeteiligten Partei auf Zuteilung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage am 20. Oktober 2000 ein Bescheid erlassen worden sei, in dem den Ausführungen des Antrages gefolgt und den Gemeinden Seiersberg bzw. der beschwerdeführenden Gemeinde mangels Vorhandenseins einer Betriebsstätte im Sinne des § 4 KommStG 1993 keine Kommunalsteuerbemessungsgrundlage zugeteilt worden sei. Gemäß § 259 Abs. 2 BAO werde die Stadt Graz davon in Kenntnis gesetzt, dass die beiden Gemeinden gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung einen Vorlageantrag gestellt hätten.

Das Antwortschreiben des Magistrates Graz vom 31. Oktober 2001 enthält die Mitteilung, "dass die Gemeinde Graz gemäß § 259 Abs. 2 BAO der Berufung der beiden Gemeinden Seiersberg und (Beschwerdeführerin) beitritt".

Mit dem an die Beschwerdeführerin gerichteten angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 20. Oktober 2000 dahingehend, dass der Berufung teilweise Folge gegeben werde. Die Anteile der Beschwerdeführerin an den kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlagen der mitbeteiligten Partei betreffend die Jahre 1994 bis 1999 "werden mit jeweils 0 EUR (0 S) festgesetzt".

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, warum ihrer Meinung nach das Vorliegen einer Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei in der beschwerdeführenden Gemeinde im Sinne des § 4 Abs. 1 erster Satz KommStG 1993 zu verneinen sei, weshalb die strittigen Anteile der Beschwerdeführerin an den kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlagen der mitbeteiligten Partei jeweils mit "0 S zu bemessen waren". Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Den Steuergegenstand der Kommunalsteuer bilden nach § 1 KommStG 1993 die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalenderjahr an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind.

Gemäß § 10 Abs. 5 KommStG 1993 hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerschuldners oder einer beteiligten Gemeinde die Bemessungsgrundlage zuzuteilen, wenn zwei oder mehrere Gemeinden die auf einen Dienstnehmer entfallende Bemessungsgrundlage ganz oder teilweise für sich in Anspruch nehmen und ein berechtigtes Interesse an der Zuteilung dargetan wird. Nach dem vorletzten Satz des § 10 Abs. 5 leg. cit. hat der Zuteilungsbescheid an den Steuerschuldner und die beteiligten Gemeinden zu ergehen. Auf die Zuteilung finden die für die Festsetzung der Abgaben geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung (§ 10 Abs. 5 letzter Satz leg. cit.).

Die Zuteilung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 KommStG 1993 hat mit einer mit Rechtskraftwirkung ausgestatteten Feststellung der Bemessungsgrundlage und somit auch der sachlichen Abgabepflicht einherzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, 2000/13/0001, 0002, Slg. Nr. 7585/F).

Schon vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet:

Nach der gesetzlichen Anordnung des § 10 Abs. 5 KommStG 1993 muss der vom Finanzamt zu erlassende Zuteilungsbescheid an den Steuerschuldner und die beteiligten Gemeinden ergehen. Abgesehen von den im Vorlageantrag angesprochenen Mängeln in der Bescheidadressierung (tatsächlich lässt der handschriftliche Vermerk auf der Bescheiddurchschrift vom 20. Oktober 2000 die konkrete Adressierung nicht erkennen), entspricht der Zuteilungsbescheid vom 20. Oktober 2000 jedenfalls deshalb nicht der Rechtslage, weil dieser nicht auch an die Stadtgemeinde Graz ergangen ist. Dass es sich bei dieser Gemeinde um eine beteiligte Gemeinde im Sinne des § 10 Abs. 5 KommStG 1993 handelte, ergibt sich schon aus dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuteilung der Bemessungsgrundlage vom 27. November 1998, aus dem hervorgeht, dass bisher die Stadtgemeinde Graz von der strittigen Bemessungsgrundlage Kommunalsteuer erhoben hat (vgl. dazu auch den aktenkundigen Beitritt der Stadtgemeinde Graz zur Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 259 Abs. 2 BAO vom 31. Oktober 2001).

Lag damit bereits aber kein der Rechtslage entsprechender Zuteilungsbescheid im Sinne des § 10 Abs. 5 KommStG 1993 vor, hätte ihn die belangte Behörde schon deshalb beheben müssen. Darüber hinaus hat - wie erwähnt - die Zuteilung mit einer Feststellung der im Sinne des § 10 Abs. 5 erster Satz KommStG 1993 hinsichtlich der Zuteilung strittigen Bemessungsgrundlage einherzugehen, wobei auch dies sowohl im erstinstanzlichen als auch im angefochtenen Bescheid unterblieb.

Der angefochtene Bescheid war somit aus den angeführten Gründen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Auf die Frage des Vorliegens einer Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei in der Gemeinde der Beschwerdeführerin nach § 4 Abs. 1 KommStG 1993 war solcherart nicht mehr einzugehen. Im fortzusetzenden Verfahren wird zu beachten sein, dass auch eine Berufungsentscheidung entsprechend dem vorletzten Satz des § 10 Abs. 5 KommStG 1993 an den Steuerschuldner und die beteiligten Gemeinden zu ergehen haben wird.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. November 2006

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