Normen
BAO §201 Abs2 Z3 idF 2002/I/097;
VwRallg;
BAO §201 Abs2 Z3 idF 2002/I/097;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der beschwerdeführenden GmbH wurden im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung Bescheide des Finanzamts vom 20. Juli 2007 zugestellt, mit denen für die Streitjahre 2002 und 2003 Dienstgeberbeiträge hinsichtlich der Bezüge ihres geschäftsführenden Alleingesellschafters und Zuschläge dazu festgesetzt wurden. Über die dagegen erhobene Berufung vom 24. Juli 2007 entschied das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007. Der Spruch dieser Entscheidung lautete, der Berufung gegen die "Haftungs- und Abgabenbescheide 2002 und 2003 vom 20.7.2007" werde stattgegeben, die Bescheide würden aufgehoben und die vorgeschriebenen Abgaben würden wieder gutgeschrieben. In der Begründung kam freilich zum Ausdruck, dass die Aufhebung nur erfolgt sei, weil die Bescheide vom 20. Juli 2007 nicht die gesamten im Bemessungszeitraum zu entrichtenden Abgaben enthalten hätten. Am 12. September 2007 erließ das Finanzamt neue, entsprechend geänderte Bescheide, wogegen die beschwerdeführende GmbH mit Schriftsatz vom 25. September 2007 Berufung erhob.
Im Hinblick auf die Bescheide vom 12. September 2007 stellte die beschwerdeführende GmbH mit einem weiteren Schriftsatz vom 25. September 2007 aber auch den Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung gegen die mit der Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007 aufgehobenen Bescheide vom 20. Juli 2007.
Mit Bescheid vom 11. August 2008 traf das Finanzamt folgende Entscheidung:
"Der Bescheid vom 12.7.2007 betreffend Berufungsvorentscheidung bezüglich der Haftungs- und Abgabenbescheide 2002 und 2003 vom 20.7.2007 wird gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben."
Begründend wurde ausgeführt, die "Berufungsvorentscheidung vom 12.7.2007" habe sich als nicht richtig erwiesen und dem Prinzip der Rechtmäßigkeit komme der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. August 2008 gab das Finanzamt der Berufung vom 25. September 2007 gegen die Bescheide vom 12. September 2007 statt. Zur Begründung führte es aus, diese Bescheide hätten im Hinblick auf die Bescheide vom 20. Juli 2007 nicht ergehen dürfen.
Mit Schriftsatz vom 26. August 2008 zog die beschwerdeführende GmbH die "Berufung vom 25.09.2007 gegen die Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007" (gemeint: den Antrag auf Vorlage der Berufung gegen die Bescheide vom 20. Juli 2007) zurück. Durch die Berufungsvorentscheidung vom 21. August 2008 sei "das Verfahren gegenstandslos".
Mit Schriftsatz vom 11. September 2008 erhob die beschwerdeführende GmbH Berufung gegen den Bescheid vom 11. August 2008, worin sie nur geltend machte, in ihren Unterlagen finde sich weder ein Bescheid vom 12. Juli 2007 noch eine "Berufungsvorentscheidung vom 20.07.2007". Der Aufhebungsbescheid betreffe "einen nichtvorhandenen Bescheid vom 12.07.2007 und eine nichtvorhandene Berufungsvorentscheidung vom 20.07.2007" und sei daher rechtswidrig.
Mit Bescheid vom 30. September 2008 berichtigte das Finanzamt den Bescheid vom 11. August 2008 dahingehend, dass das Datum der Berufungsvorentscheidung statt "12.7.2007" richtig "31. August 2007" zu lauten habe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 6. Oktober 2008 wies das Finanzamt die Berufung vom 11. September 2008 gegen den Aufhebungsbescheid vom 11. August 2008 als unbegründet ab, wozu es auf den Berichtigungsbescheid und auch darauf hinwies, dass sich das Datum 20. Juli 2007 nicht auf die Berufungsvorentscheidung, sondern auf die "Haftungs- und Abgabenbescheide 2002 und 2003" bezogen habe.
Die belangte Behörde erklärte mit Bescheid vom 14. Oktober 2008 den Vorlageantrag vom 25. September 2007 als gegenstandslos und wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom selben Tag die Berufung gegen die Bescheide vom 20. Juli 2007 als unbegründet ab.
Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2008 erhob die beschwerdeführende GmbH Berufung gegen den Berichtigungsbescheid vom 30. September 2008. Zugleich beantragte sie die Vorlage der Berufung gegen den damit berichtigten Aufhebungsbescheid vom 11. August 2008. Diese Berufungen wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 12. Februar 2009 als unbegründet ab (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2009/13/0213).
Über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2008, mit dem die Berufung gegen die Bescheide vom 20. Juli 2007 abgewiesen wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die beschwerdeführende GmbH erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in den Rechten darauf verletzt, dass erstens auf Grund der Zurückziehung des Vorlageantrages vom 25. September 2007 nicht mehr über ihre Berufung vom 24. Juli 2007 entschieden werden dürfe und sie zweitens für den Streitzeitraum keine Dienstgeberbeiträge für die Geschäftsführervergütung ihres Geschäftsführers entrichten müsse.
In der Begründung der Beschwerde vertritt die beschwerdeführende GmbH dazu den Standpunkt, durch die Zurückziehung des Vorlageantrages gelte "die Berufung wieder als durch die Berufungsvorentscheidung erledigt", und die angefochtene Entscheidung habe "die Berufungsvorentscheidung (...) außer Kraft gesetzt". Dabei kommt zwar an zwei Stellen der Beschwerde auch die (mit Bescheid des Finanzamts vom 11. August 2008 erfolgte) Aufhebung der Berufungsvorentscheidung gemäß § 299 Abs. 1 BAO vor, aber deren Datum bleibt jeweils unerwähnt. Berücksichtigt man es, so könnte sich die Unzulässigkeit einer Entscheidung über die Berufung vom 24. Juli 2007 auf Grund der Zurückziehung des Vorlageantrages mit Schriftsatz vom 26. August 2008 selbst ohne Rückwirkung der Aufhebung (vgl. Ritz, BAO4, § 299 Tz 43) nur daraus ergeben, dass der Schriftsatz auch als Zurückziehung der Berufung zu verstehen gewesen sei. Das macht die beschwerdeführende GmbH allerdings nicht geltend, sodass nicht darauf eingegangen werden muss, ob sie durch die Abweisung der Berufung in einem solchen Fall in Rechten verletzt wäre.
In der Sache selbst meint die beschwerdeführende GmbH, erst das im Jänner 2005 bekannt gewordene hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, VwSlg 7979/F, habe die Frage der Einbeziehung von Geschäftsführervergütungen geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter einer GmbH in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe endgültig geklärt. Erst im Jänner 2005 sei auch die Aufhebung des § 117 BAO durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Dezember 2004, G 95/04 u.a., VfSlg 17.394, kundgemacht worden. Die Selbstbemessung der Dienstgeberbeiträge der beschwerdeführenden GmbH für die Jahre 2002 und 2003 sei davor erfolgt. Seit dem Bekanntwerden der Entscheidung des verstärkten Senates vom 10. November 2004 beziehe die beschwerdeführende GmbH die Geschäftsführervergütungen ihres geschäftsführenden Gesellschafters "selbstverständlich" in die Bemessungsgrundlage für die Dienstgeberbeiträge ein, aber für den Streitzeitraum könne sie mit Rücksicht "auf den im § 117 BAO verankerten Grundsatz von Treu und Glauben" nicht nachträglich dazu verpflichtet werden, entsprechend höhere Beiträge zu leisten. Der Grundsatz von Treu und Glauben sei auch nach der Aufhebung des § 117 BAO anerkannt. Eine "Rückwirkung der Judikatur" sei "verfassungsrechtlich problematisch", und der erwähnte Grundsatz stehe der nachträglichen Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen in Bezug auf die Geschäftsführervergütungen entgegen.
Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die beschwerdeführende GmbH bestreitet nicht, dass die Bezüge ihres Geschäftsführers nach dem erwähnten Erkenntnis eines verstärkten Senates in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen waren, sie tritt den Ausführungen im angefochtenen Bescheid über das Vorliegen der zwingenden Voraussetzungen des § 201 BAO in den zwei für die Streitjahre maßgeblichen Fassungen nicht entgegen und sie stützt sich - angesichts der diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid - auch nicht mehr darauf, dass § 117 BAO im vorliegenden Fall noch anzuwenden gewesen wäre. Vorgebracht wird, die von der Selbstbemessung abweichende Festsetzung der Beiträge hätte angesichts des Standes der hg. Judikatur, bei dem die Selbstbemessung erfolgt war, in Anwendung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. dazu Ritz, BAO4, § 114 Tz 6ff) unterbleiben müssen. Die Geltendmachung eines solchen Standpunkts findet für das zweite der betroffenen Streitjahre im Gesetz insofern einen Ansatzpunkt, als die von der Selbstbemessung abweichende Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO in der für dieses Jahr bereits maßgeblichen Fassung des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes, BGBl. I Nr. 97/2002, nur erfolgen "kann" (und nicht zu erfolgen "hat"), wenn - wie im vorliegenden Fall - bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme von Amts wegen vorliegen würden. Die Festsetzung liegt in einem solchen Fall im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. dazu Ritz, a.a.O., § 201 Tz 30).
Die Beschwerde konkretisiert aber nicht die ihr in diesem Punkt zugrundeliegende Behauptung, die Selbstbemessung ohne Einbeziehung der Geschäftsführervergütungen sei nach dem Maßstab der damaligen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes richtig gewesen, und tritt der - im Zusammenhang mit § 117 BAO - ausdrücklich gegenteiligen Argumentation der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht entgegen. Stattdessen werden nur sechs Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes aus den Jahren 2001 bis 2003 angeführt, ohne auf deren Sachverhalte und fallbezogene Argumente einzugehen und sie zum vorliegenden Fall in Beziehung zu setzen. Es handelt sich dabei um sechs der acht in Punkt 4.3.1. des Erkenntnisses des verstärkten Senates dargestellten Erkenntnisse, mit denen nicht, wie die Beschwerde pauschal behauptet, beitragspflichtige Einkünfte verneint, sondern Bescheide - mit Ausnahme eines besonders gelagerten Falles jeweils wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - aufgehoben worden waren, weil die ihnen zugrunde liegende, nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates nicht mehr in gleicher Weise maßgebliche Verneinung eines Unternehmerrisikos des Geschäftsführers nicht ausreichend begründet war. Dass und weshalb ein solches Unternehmerrisiko im vorliegenden Fall bestanden habe, wurde in der Berufung nicht geltend gemacht und versucht auch die Beschwerde trotz der gegenteiligen Behauptung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht darzulegen, sodass die Behauptung eines Verstoßes gegen Treu und Glauben schon aus diesem Grund nicht nachvollziehbar ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 25. September 2012
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