VwGH 2009/13/0213

VwGH2009/13/021325.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der C Gesellschaft m.b.H. in P, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 12. Februar 2009, Zl. RV/3448-W/08, RV/3449-W/08, betreffend Aufhebung einer Berufungsvorentscheidung (Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag) gemäß § 299 BAO und Berichtigung des Aufhebungsbescheides gemäß § 293 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §276;
BAO §299 Abs1;
BAO §299 Abs2;
BAO §276;
BAO §299 Abs1;
BAO §299 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführenden GmbH wurden im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung Bescheide des Finanzamts vom 20. Juli 2007 zugestellt, mit denen für die Streitjahre 2002 und 2003 Dienstgeberbeiträge und Zuschläge dazu festgesetzt wurden. Über die dagegen erhobene Berufung vom 24. Juli 2007 entschied das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007. Der Spruch dieser Entscheidung lautete, der Berufung gegen die "Haftungs- und Abgabenbescheide 2002 und 2003 vom 20.7.2007" werde stattgegeben, die Bescheide würden aufgehoben und die vorgeschriebenen Abgaben würden wieder gutgeschrieben. In der Begründung kam freilich zum Ausdruck, dass die Aufhebung nur erfolgt sei, weil die Bescheide vom 20. Juli 2007 nicht die gesamten im Bemessungszeitraum zu entrichtenden Abgaben enthalten hätten. Am 12. September 2007 erließ das Finanzamt neue, entsprechend geänderte Bescheide, wogegen die beschwerdeführende GmbH mit Schriftsatz vom 25. September 2007 (wegen "zweifach" ergangener Bescheide) Berufung erhob.

Im Hinblick auf die Bescheide vom 12. September 2007 stellte die beschwerdeführende GmbH mit einem weiteren Schriftsatz vom 25. September 2007 aber auch den Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung gegen die mit der Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007 aufgehobenen Bescheide vom 20. Juli 2007.

Mit Bescheid vom 11. August 2008 traf das Finanzamt folgende Entscheidung:

"Der Bescheid vom 12.7.2007 betreffend Berufungsvorentscheidung bezüglich der Haftungs- und Abgabenbescheide 2002 und 2003 vom 20.7.2007 wird gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben."

Begründend wurde ausgeführt, die "Berufungsvorentscheidung vom 12.7.2007" habe sich als nicht richtig erwiesen und dem Prinzip der Rechtmäßigkeit komme der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. August 2008 gab das Finanzamt der Berufung vom 25. September 2007 gegen die Bescheide vom 12. September 2007 statt. Zur Begründung führte es aus, diese Bescheide hätten im Hinblick auf die Bescheide vom 20. Juli 2007 nicht ergehen dürfen.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2008 zog die beschwerdeführende GmbH die "Berufung vom 25.09.2007 gegen die Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007" (gemeint: den Antrag auf Vorlage der Berufung gegen die Bescheide vom 20. Juli 2007) zurück. Durch die Berufungsvorentscheidung vom 21. August 2008 sei "das Verfahren gegenstandslos".

Mit Schriftsatz vom 11. September 2008 erhob die beschwerdeführende GmbH Berufung gegen den Bescheid vom 11. August 2008, worin sie nur geltend machte, in ihren Unterlagen finde sich weder ein Bescheid vom 12. Juli 2007 noch eine "Berufungsvorentscheidung vom 20.07.2007". Der Aufhebungsbescheid betreffe "einen nichtvorhandenen Bescheid vom 12.07.2007 und eine nichtvorhandene Berufungsvorentscheidung vom 20.07.2007" und sei daher rechtswidrig.

Mit Bescheid vom 30. September 2008 berichtigte das Finanzamt den Bescheid vom 11. August 2008 dahingehend, dass das Datum der Berufungsvorentscheidung statt "12.7.2007" richtig "31. August 2007" zu lauten habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 6. Oktober 2008 wies das Finanzamt die Berufung vom 11. September 2008 gegen den Aufhebungsbescheid vom 11. August 2008 als unbegründet ab, wozu es auf den Berichtigungsbescheid und auch darauf hinwies, dass sich das Datum 20. Juli 2007 nicht auf die Berufungsvorentscheidung, sondern auf die "Haftungs- und Abgabenbescheide 2002 und 2003" bezogen habe.

Die belangte Behörde erklärte mit Bescheid vom 14. Oktober 2008 den Vorlageantrag vom 25. September 2007 als gegenstandslos und entschied mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag über die Berufung gegen die Bescheide vom 20. Juli 2007 (vgl. dazu das Erkenntnis vom heutigen Tag, 2008/13/0232).

Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2008 erhob die beschwerdeführende GmbH Berufung gegen den Berichtigungsbescheid vom 30. September 2008. Zugleich beantragte sie die Vorlage der Berufung gegen den damit berichtigten Aufhebungsbescheid vom 11. August 2008.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen den Berichtigungsbescheid und gegen den berichtigten Aufhebungsbescheid als unbegründet ab.

Dagegen richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 21. September 2009, B 396/09-03, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene und für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Zum Berichtigungsbescheid:

Die beschwerdeführende GmbH bekämpft die Bestätigung des Berichtigungsbescheides vom 30. September 2008 mit dem Argument, die Berichtigung eines Aufhebungsbescheides gemäß § 299 BAO sei nicht mehr zulässig, wenn die in § 302 Abs. 1 letzter Satzteil BAO für den Aufhebungsbescheid selbst festgesetzte Jahresfrist (hier: ab Zustellung des Bescheides vom 31. August 2007) verstrichen sei. Dieser Rechtsstandpunkt widerspricht § 302 Abs. 2 lit. a BAO, wonach "darüber" - nämlich über die Vorschriften des § 302 Abs. 1 BAO - "hinaus" Berichtigungen nach § 293 BAO innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des zu berichtigenden Bescheides (hier: vom 11. August 2008) und auf Grund eines innerhalb dieses Jahres gestellten Antrages auch noch danach zulässig sind.

In der Beschwerde wird weiters der Standpunkt vertreten, bei der Angabe eines falschen Datums habe es sich um einen nicht berichtigungsfähigen "Fehler in der Willensbildung" gehandelt. Was nach Ansicht der beschwerdeführenden GmbH der im unberichtigten Bescheid zum Ausdruck gekommene Wille gewesen sei, wird nicht dargelegt. Im Besonderen wird nicht behauptet und ist auch nicht aktenkundig, dass sich der Aufhebungsbescheid in seiner ursprünglichen Form auf eine andere als die im berichtigten Bescheid mit dem Datum 31. August 2007 versehene Berufungsvorentscheidung beziehen konnte. Auch diesem Beschwerdeargument ist daher nicht zu folgen.

2. Zum berichtigten Aufhebungsbescheid:

Die Beschwerde enthält lange Ausführungen zu der im Schrifttum (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 299 Anm. 10) verneinten, in der Beschwerde jedoch bejahten Frage, ob § 299 Abs. 1 BAO nur auf rechtskräftige Bescheide anwendbar sei. Das Gesetz sieht das nicht vor, und auch die Überlegungen in der Beschwerde geben nicht Anlass, eine solche Einschränkung anzunehmen. Dies gilt vor allem für das fallbezogene Argument, dem Steuerpflichtigen dürfe nicht die Möglichkeit genommen werden, eine unrichtige Berufungsvorentscheidung durch Zurückziehung des Vorlageantrages in Rechtskraft erwachsen zu lassen (gemeint offenbar: zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Aufhebungsbescheid nicht mehr möglich sei). Auch der Ansicht, bei Aufhebung einer falschen Berufungsvorentscheidung gemäß § 299 Abs. 1 BAO müsse zwingend eine neue Berufungsvorentscheidung erlassen werden, weil § 299 Abs. 2 BAO dies vorsehe, ist nicht zu folgen, womit sich ein Eingehen auf die damit - zur Untermauerung der These, § 299 Abs. 1 BAO sei erst nach Rechtskraft anwendbar - verbundenen Beschwerdeausführungen zu § 276 BAO erübrigt. Der angefochtene Bescheid ist aus demselben Grund auch nicht, wie für den Fall der Zulässigkeit der Aufhebung noch nicht rechtskräftiger Bescheide behauptet wird, deshalb rechtswidrig, weil eine neue Berufungsvorentscheidung unterblieben war.

Das schließlich noch ins Treffen geführte Argument, die Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2007 sei zwar "infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig", aber nicht, wie in § 299 Abs. 1 BAO vorausgesetzt, inhaltlich unrichtig gewesen, wird in der Beschwerde bloß auf die nicht näher begründete Behauptung gestützt, es ergebe sich "auch aus den Ausführungen der belangten Behörde selbst". Es genügt daher der Hinweis, dass Dienstgeberbeiträge festzusetzen waren, wozu auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, 2008/13/0232, verwiesen werden kann.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 25. September 2012

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