VwGH 2008/09/0226

VwGH2008/09/022618.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der V R in W, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-1/2, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 19. Oktober 2007, Zl. LGSW/Abt.3/08115/2007, betreffend Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §1 Abs2 litm idF 2005/I/157;
NAG 2005 §47 Abs3;
NAG 2005 §8 Abs2 Z5;
NAG 2005;
VwRallg;
AuslBG §1 Abs2 litm idF 2005/I/157;
NAG 2005 §47 Abs3;
NAG 2005 §8 Abs2 Z5;
NAG 2005;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 11. September 2007 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. August 2007 auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG mit der Begründung abgewiesen, dass die Beschwerdeführerin über keinen aufrechten Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) verfüge, welcher Voraussetzung für die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG sei.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. Oktober 2007 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 Abs. 2 lit. m und § 3 Abs. 8 AuslBG keine Folge gegeben.

In der Begründung ihrer Entscheidung verwies die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von "Jugoslawien", die seit 4. Jänner 1993 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet ist, nur unter der Voraussetzung die begehrte Bestätigung, nämlich die Ausnahme vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach dessen § 1 Abs. 2 lit. m, ausgestellt hätte werden können, dass sie als Ehegattin eines österreichischen Staatsbürgers zur Niederlassung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, berechtigt wäre. Die Beschwerdeführerin habe sich nach ihrem Berufungsvorbringen zunächst bis 1995 mit einem Aufenthaltstitel für den Zweck "Familiengemeinschaft" legal in Österreich aufgehalten und sei dann mit ihrem Ehegatten zurück nach Serbien gegangen; dieser sei in der Folge immer wieder nach Wien zurückgekehrt, bis die Beziehung auseinandergegangen sei. Die Beschwerdeführerin habe sich scheiden lassen wollen, dies aber mangels Auffindbarkeit ihres Gatten nicht können. Die belangte Behörde führte im Weiteren aus, dass die Beschwerdeführerin, die seit Jänner 2005 ihren Hauptwohnsitz in Wien habe, vom 13. Juli 2004 bis 20. Juli 2005 auf Grund der österreichischen Staatsbürgerschaft ihres (nach dem unbestrittenen Akteninhalt 1977 geborenen) Sohnes den Aufenthaltstitel "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö" erhalten habe, welcher vom 23. Juni 2005 bis 23. Juni 2006 verlängert worden sei; vor Ablauf des Aufenthaltstitels habe sie am 31. Mai 2006 wieder einen Antrag (gemeint wohl: auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG) gestellt. Nach dem ab 1. Jänner 2006 gültigen NAG sei der erteilte Aufenthaltstitel ab 1. Jänner 2006 als Aufenthaltstitel "Angehöriger" zu werten, mit welchem die Aufnahme einer Beschäftigung aber nicht möglich sei. Hinsichtlich des Gatten der Beschwerdeführerin, der nach der Eheschließung von 1993 bis 1994 mit Unterbrechungen in Österreich beschäftigt und zuletzt 2002 um Pension angesucht habe, liegen laut Zentralmeldeamtsbestätigung vom 15. September 2005 sowie einer am 26. September 2007 durchgeführten Abfrage der Versicherungsdaten beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger keine Daten vor, welche noch auf einen Aufenthalt in Österreich schließen lassen würden. Die Beschwerdeführerin könne sich nach dem von ihr bekannt gegebenen Sachverhalt nicht auf eine Familienzusammenführung mit ihrem Gatten in Österreich berufen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof und Abtretung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 16. Juni 2008, B 2341/07- 11, für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 2 lit. m des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 157/2005, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht anzuwenden auf EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehmen, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) sowie die drittstaatsangehörigen Ehegatten und Kinder österreichischer Staatsbürger, soferne der Ehegatte bzw. das Kind zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt ist.

Nach § 3 Abs. 8 AuslBG, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 99/2006, ist Familienangehörigen gemäß § 1 Abs. 2 lit. m leg. cit. auf deren Antrag von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Bestätigung auszustellen, dass sie vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sind.

In ihrer Rechtsrüge zur behaupteten unrichtigen Anwendung von § 3 Abs. 8 AuslBG stützt sich die Beschwerdeführerin ausschließlich darauf, dass ihre Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger - ungeachtet des Umstandes, dass kein gemeinsamer Haushalt bestehe - nach wie vor aufrecht sei, und vermeint "zur Niederlassung nach dem NAG" berechtigt zu sein.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Hinsichtlich der Behauptung, "zur Niederlassung nach dem NAG" berechtigt zu sein, verkennt die Beschwerdeführerin, dass § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG infolge des ausdrücklichen Verweises auf das NAG im systematischen Zusammenhang mit diesem, insbesondere hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Bestimmungen des § 8 Abs. 2 Z. 5 und § 47 Abs. 3 NAG, dahingehend auszulegen ist, dass Ausnahmen vom Geltungsbereich des AuslBG nur unter der Voraussetzung angenommen werden können, dass dem drittstaatsangehörigen Angehörigen ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt wurde, der zur Niederlassung im Bundesgebiet und zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2008/09/0242).

Das Vorliegen eines solchen Aufenthaltstitels wurde von der Beschwerdeführerin aber nicht behauptet. Daran ändert auch nichts, dass die Beschwerdeführein zuletzt über den (von ihrem Sohn abgeleiteten) Aufenthaltstitel "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö" verfügt hat. Bis zu der (nach dem unbestrittenen Akteninhalt noch ausständigen) Entscheidung über den Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin vom 31. Mai 2006 gilt dieser Aufenthaltstitel gemäß §§ 24 und 81 NAG iVm § 11 lit. A Z. 3 lit. d der NAG-DV als Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" zwar weiter (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2009, Zl. 2007/18/0651), berechtigt jedoch - wie die belangte Behörde zu Recht aufgezeigt hat - (noch) nicht zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit (§ 8 Abs. 2 Z. 5 NAG).

Des Weiteren hat die Beschwerdeführerin weder vorgebracht, noch ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass ihr Gatte von seinem Recht auf Freizügigkeit im Sinne der Art. 18 und 39 ff EGV Gebrauch gemacht habe. Schon deshalb scheidet auch - ungeachtet des Umstandes, dass die eheliche Gemeinschaft schon seit Jahren nicht mehr besteht (die Beschwerdeführerin hat nach ihren Angaben seit 1997 und somit bereits lange vor ihrer Rückkehr nach Österreich keinen Kontakt mehr zu ihrem Gatten als möglicher "Ankerperson" im Sinne des § 3 Abs. 8 AuslBG) - das Vorliegen eines allenfalls gemeinschaftsrechtlich relevanten (Freizügigkeits-)Sachverhalt aus (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. März 2010, Zl. 2007/09/0096).

Die Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG erweist sich damit als zutreffend.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 18. Mai 2010

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