VwGH 2008/09/0208

VwGH2008/09/020820.11.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde der BG, vertreten durch Bruckmüller Zeitler Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Eisenhandstraße 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 25. April 2008, Zl. UVS- 07/A/57/384/2008-3, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §21 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §21 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 2008 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG der P GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber mit ehemaligem Sitz in W am 23. November 2005, um 2.30 Uhr, der A GmbH in H den Staatsangehörigen von Ghana KA zum Verladen von diversen Gütern vom Förderband auf verschiedene LKW und Kleintransporter überlassen habe, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Hingegen wurde das Verwaltungsstrafverfahren wegen der Beschäftigung eines weiteren Ausländers eingestellt.

Gegen den verurteilenden Teil dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Staatsangehörige von Ghana KA von der P GmbH als Arbeitgeberin beschäftigt worden ist.

Die Beschwerdeführerin rügt als Spruchmangel im Sinne des § 44a VStG, es sei ihr lediglich vorgeworfen worden, "sie habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 23. November 2005 den Ausländer KA zum Verladen von diversen Gütern überlassen" habe. Das wesentliche Tatbestandselement sei aber die Beschäftigung, welche aus dem Spruch nicht zu entnehmen sei. Dem Spruch sei auch nicht zu entnehmen, "ob ein Arbeitsverhältnis oder die bloße Verwendung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG angenommen" werde.

Die Beschwerdeführerin zitiert aber den Spruch unvollständig, sie übersieht die wesentliche Wortfolge "... der P GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber ... (den) Ausländer KA ... der A GmbH ... zum Verladen ... überlassen hat ...".

Dem im Ausländerbeschäftigungsgesetz geregelten Beschäftigungsbegriff (§ 2 Abs. 2) in Verbindung mit der nachfolgenden Regelung des Arbeitgeberbegriffs (§ 2 Abs. 3) ist eindeutig zu entnehmen, dass im Falle einer Arbeitskräfteüberlassung (im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes) neben dem als Arbeitgeber der überlassenen Arbeitskräfte zu behandelnden Überlasser auch der Beschäftiger einem Arbeitgeber gleichzuhalten ist. Demnach können sowohl der Beschäftiger als auch der Überlasser (von überlassenen Arbeitskräften) Täter einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0029).

Aus der vollständigen Wortfolge des Spruches des angefochtenen Bescheides ist eindeutig klar, dass die Beschwerdeführerin als Verantwortliche der Arbeitgeberin P GmbH gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG als Beschäftigerin des KA (in Form der Beschäftigung als Verwendung in einem Arbeitsverhältnis gemäß § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG), welche diesen Ausländer der A GmbH zur Arbeitsleistung überlassen habe, bestraft wurde. Der Spruch ist daher nicht mangelhaft.

Des Weiteren rügt die Beschwerdeführerin, es sei zu Unrecht § 21 Abs. 1 VStG nicht angewendet worden.

Die belangte Behörde begründete das Verschulden der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid folgendermaßen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Soweit die Berufungswerberin" (das ist die Beschwerdeführerin) "darauf hinweist, dass der Niederlassungsleiter, Herr TM, darauf vertraut habe, dass der Ausländer KA bei ihm arbeiten dürfe, weil dieser angegeben habe, mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet zu sein, ist dem entgegen zu halten, dass solche Behauptungen vor Arbeitsbeginn vom Arbeitgeber zu verifizieren sind. Herr TM hat bei seiner Einvernahme angegeben, dass er den Ausländer KA aufgefordert habe, die Heiratsurkunde und den Reisepass seiner Ehefrau nachzureichen. Allerdings hat er den Ausländer KA sofort (ab 27.10.2005) beschäftigt und auch zur Sozialversicherung angemeldet. Nachdem die Kontrolle erst am 23.11.2005 erfolgt ist und Herr TM ausgeführt hat, wöchentlich jeweils zwei Mal mit den überlassenen Arbeitskräften telefoniert zu haben, hätte es ihm auffallen müssen, dass diese Unterlagen nach wie vor nicht vorgelegt wurden."

Die Beschwerdeführerin habe kein wirksames Kontrollsystem dargetan. Das Verschulden sei nicht als gering einzustufen.

Dem tritt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde mit der allgemeinen Behauptung gegenüber, sie habe dargelegt, dass ihr "ansonsten lückenlos funktionierendes Kontrollsystem geschickt durch Herrn KA unterlaufen" worden sei. Sie und ihr Niederlassungsleiter TM seien "begründet davon ausgegangen, dass KA kein Ausländer iSd AuslBG" sei. Dieses Vorbringen geht an der Sache vorbei, denn es lässt unbestritten, dass der Niederlassungsleiter TM Herrn KA bereits zu einem Zeitpunkt beschäftigt hat, als dieser noch keine Unterlagen für seine Behauptung, er sei mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet, vorgelegt hatte und TM nicht für die Nachbringung der Unterlagen innerhalb eines Zeitraumes von immerhin nahezu vier Wochen gesorgt hat.

Die sofortige Beschäftigung eines Ausländers bloß auf Grund seiner unbelegten Behauptungen samt nachfolgender Unterlassung der Kontrolle seiner Angaben durch Dokumente über einen Zeitraum von nahezu vier Wochen durch den Niederlassungsleiter der P GmbH, für dessen wirksame Kontrolle nicht gesorgt wurde (die Weisung, welche Dokumente zu kontrollieren sind, reicht nicht, weil nicht für eine Kontrolle der Einhaltung der Weisung gesorgt wurde), ist eine derart grobe Sorglosigkeit, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, es könne nicht von keinem "geringfügigen Verschulden" im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG gesprochen werden. Dabei fällt es nicht mehr ins Gewicht, dass der Name der Ehegattin GK des Ausländers keinesfalls als gebräuchlicher "deutscher Name" anzusehen ist, weshalb - wie die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorbrachte - darauf vertraut hätte werden können, dass der Ausländer tatsächlich mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet gewesen sei.

Abschließend rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte "Herrn KA einzuvernehmen gehabt, um ermitteln zu können, wie das Kontrollsystem der Beschwerdeführerin in seinem Fall ausgestaltet war und angewandt wurde".

Die Beschwerdeführerin hat Kontrollmaßnahmen, die die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch von ihr beauftragte Personen hätten gewährleisten sollen, in keinem Stadium des Verwaltungsstrafverfahrens konkret dargetan. Im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG ist im Falle von Ungehorsamsdelikten - und die Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gilt als solches - aber die Beschuldigte gehalten, initiativ alles vorzubringen, was zu ihrer Entlastung dienlich sein könnte. Es ist nicht Sache der Behörde, die Beschwerdeführerin zu einem solchen Vorbringen anzuleiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2007, Zl. 2006/09/0196) oder durch Erkundungsbeweise das Kontrollsystem der Beschwerdeführerin zu ermitteln.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. November 2008

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