Normen
BVergG §320 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BVergG §320 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 1. und 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat die Lieferung von vier Arthroskopietürmen als offenes Verfahren im Unterschwellenbereich ausgeschrieben. Die Bekanntmachung erfolgte am 18. April 2007; die Angebotsöffnung fand am 5. Juni 2007 statt.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2008 hat der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol über Antrag der mitbeteiligten Partei die Zuschlagsentscheidung der Beschwerdeführerin zugunsten der S. GmbH vom 6. Dezember 2007 für nichtig erklärt (Spruchpunkt 1.), die Beschwerdeführerin zum Ersatz der Pauschalgebühren verpflichtet (Spruchpunkt 2.) und die einstweilige Verfügung vom 20. Dezember 2007 aufgehoben (Spruchpunkt 3.).
Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, dass die Mitbeteiligte ihren Nachprüfungsantrag damit begründet habe, dass ihr Angebot unter Berücksichtigung der niedrigeren laufenden Kosten besser zu bewerten gewesen wäre als jenes der S. GmbH.
Die Beschwerdeführerin habe dazu (u.a.) vorgebracht, dass in der Ausschreibung zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit eine KSV (Kreditschutzverband) - Auskunft mit einer Mindestbewertung von 100 bis 350 gefordert worden sei. Die Mitbeteiligte weise nach der vorgelegten Auskunft ein Gesamtrating von 354 auf und wäre daher auszuscheiden gewesen. Dieser Umstand sei von der Beschwerdeführerin bei Überprüfung des Angebots der Mitbeteiligten übersehen worden. Der Antrag der Mitbeteiligten sei daher nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig.
Die Mitbeteiligte habe dazu ausgeführt, dass in der Ausschreibung eine bestimmte KSV-Bewertung nicht als Musskriterium definiert worden sei. Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Bieters dürfe nicht allein unter Hinweis auf eine KSV-Bewertung verneint werden. Überdies könne ein vom geforderten Wert von 100 bis 350 nur marginal abweichendes Rating von 354 nicht zur Verneinung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führen. Zu bedenken sei weiters, dass der KSV in der vorgelegten Auskunft ausdrücklich empfehle, auf Grund des geringen Risikos Geschäfts- und Kreditverbindungen mit der Mitbeteiligten aufzunehmen.
Bei der mündlichen Verhandlung vom 15. Jänner 2008 sei u.a. der bei der Beschwerdeführerin für die gegenständliche Ausschreibung zuständige Zeuge R. vernommen worden. Dieser habe u. a. ausgesagt, dass die Mitbeteiligte rechtzeitig ein vollständiges Angebot gelegt habe. Wegen der KSV-Auskunft sei die Mitbeteiligte nicht ausgeschieden worden, "zumal dies unserer Ansicht nach sehr grenzwertig gewesen wäre und daher wurde sie bzw. das Angebot zugelassen".
Zur rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass die Mitbeteiligte rechtzeitig ein vollständiges Angebot gelegt habe, das von der Beschwerdeführerin "anerkannt" worden sei, weshalb die Mitbeteiligte "zum Verfahren zuzulassen" gewesen sei.
Der Sache nach nur gegen die Spruchpunkte 1. und 2. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab. Die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig sei, weil das KSV-Rating der antragstellenden Mitbeteiligten bei 354 liege und somit den von der - bestandfest gewordenen - Ausschreibung als Mindestkriterium für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geforderten Wert von 100 bis 350 nicht erfülle. Die Mitbeteiligte hat zugestanden, den von der Ausschreibung - allerdings ihrer Ansicht nach nicht als "Musskriterium" - geforderten Wert knapp zu übersteigen.
Die belangte Behörde traf dazu keine Feststellungen und führte aus, dass die Mitbeteiligte "zum Verfahren zuzulassen" gewesen sei, weil sie rechtzeitig ein vollständiges Angebot gelegt habe, dass von der Beschwerdeführerin als Auftraggeberin "anerkannt" worden sei.
Damit vertrat sie im Ergebnis die Ansicht, dass ein vom Auftraggeber nicht herangezogener Grund für das Ausscheiden des Angebots des Antragstellers nicht zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages führen könne. Diese Ansicht widerspricht jedoch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Nachprüfungsbehörde befugt ist, bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages zu beurteilen, ob das Angebot des Antragstellers auszuscheiden gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2009, Zl. 2007/04/0095, mit Verweis auf Vorjudikatur, insbesondere zum BVergG 2006 das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zlen. 2007/04/0232 und 0233, mwN, und zum BVergG 2002 das hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2005/04/0200, mwN, und Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Juni 2003 in der Rechtssache C-249/01 , Hackermüller, Slg. 2003, Seite I-6319). Im zitierten Erkenntnis vom 18. März 2009 hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass die Nachprüfungsbehörde gerade bei hinreichend konkreten Einwänden einer Verfahrenspartei - auch des Auftraggebers, der den Bieter selber nicht ausgeschieden hat - zu einer solchen Prüfung verpflichtet ist und diese Verpflichtung darin besteht, bei Prüfung der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages einen von ihr auf Grund der Akten des Vergabeverfahrens erkannten und vom Auftraggeber nicht aufgegriffenen Ausschließungsgrund heranzuziehen.
Schon auf Grund dieser Verkennung der Rechtslage belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde entsprechende Feststellungen insbesondere über den Inhalt der (bestandfesten) Ausschreibungsunterlagen und die von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Nachweise zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu treffen haben. Auf deren Grundlage wird sie unter Beachtung der dargestellten hg. Judikatur die Antragslegitimation der Mitbeteiligten zu beurteilen haben.
Zum Vorbringen der Mitbeteiligten in der Gegenschrift ist auszuführen, dass es sich zwar bei der Unterlassung der Vorlage einer - in der bestandfesten Ausschreibung geforderten - KSV-Auskunft um einen behebbaren, beim Vorliegen eines nicht entsprechenden KSV-Ratings im gemäß § 69 Z. 1 Bundesvergabegesetz 2006 maßgeblichen Zeitpunkt der Angebotsöffnung jedoch um einen unbehebbaren Mangel handelt (vgl. zur Behebbarkeit von Mängeln etwa das hg. Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl. 2007/04/0017).
Der angefochtene Bescheid war schon deshalb, weil er auf der oben dargestellten Verkennung der Rechtslage beruht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 27. Mai 2009
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