Normen
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §12 Abs1;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §12 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über den Beschwerdeführer ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheids gibt die belangte Behörde zunächst den wesentlichen Inhalt der Begründung des erstinstanzlichen Bescheids wieder. Demnach habe die erstinstanzliche Behörde durch eine Meldung der Polizeiinspektion S. davon Kenntnis erlangt, dass es am 28. Juli 2007 gegen
21.15 Uhr zu einer gefährlichen Drohung bzw einer Sachbeschädigung gekommen sei. Der Beschwerdeführer sei verdächtigt worden, seine Freundin B.M. (im Zuge einer gemeinsamen Autofahrt) mit den Worten "Ich hänge dich auf einen Baum auf! Ich bringe dich um! Ich schlage dich solange bis du nichts mehr sagen kannst!" gefährlich bedroht zu haben. Weiters sei er verdächtig, im Zuge dieser Autofahrt den PKW (seiner Freundin B.M.) durch einen Faustschlag gegen die Windschutzscheibe beschädigt zu haben, wobei ein Sachschaden in Höhe von EUR 525,70 entstanden sei.
Im Zuge der Ermittlungen sei R.K. als Zeugin befragt worden. Aus deren Aussage sei zu entnehmen gewesen, dass der Beschwerdeführer am nächsten Tag (29. Juli 2007) gegen 6.00 Uhr früh zum Wohnsitz von B.M. gekommen sei. Er habe gesagt, "dass beide schnell ins Krankenhaus fahren werden und dort angeben werden, dass sie gegen die Windschutzscheibe gefallen war." R.K. habe ausgesagt, dass B.M. ihr sehr aufgewühlt und verzweifelt den ganzen Vorfall am Telefon geschildert und gewollt habe, dass R.K. bei ihr übernachte (aus den Verwaltungsakten ergibt sich, dass das Telefonat am 28. Juli 2007 erfolgte, mit dem "Vorfall" die Drohung und Beschädigung der Windschutzscheibe gemeint ist und dass R.K. die Nacht vom 28. zum 29. Juli 2007 in der Wohnung von B.M. verbrachte, sodass sie anwesend war, als der Beschwerdeführer am 29. Juli 2007 in der Früh zum Wohnsitz von B.M. kam).
Der Beschwerdeführer habe gegenüber der erstinstanzlichen Behörde Stellung genommen und dabei eine eidesstattliche Erklärung von B.M. vorgelegt, in der diese ihre Aussage bei der Polizei am 29. Juli 2007 widerrufen habe. Der Beschwerdeführer habe die Vorwürfe, er habe B.M. am 28. Juli 2007 bedroht und die Windschutzscheibe ihres Autos beschädigt, als unrichtig zurückgewiesen. B.M. habe sich keineswegs vor dem Beschwerdeführer gefürchtet, was wohl der Fall gewesen wäre, wenn er sie tatsächlich bedroht hätte. Die Beschädigung der Windschutzscheibe resultiere daraus, dass B.M. mit dem PKW stark abgebremst habe und der Beschwerdeführer daher mit der Hand gegen die Windschutzscheibe geprallt sei.
Die erstinstanzliche Behörde merkte dazu an, dass der Sachschaden durch die angefertigten Lichtbilder klar ersichtlich gewesen sei. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er wäre durch einen Bremsvorgang gegen die Windschutzscheibe gefallen und dabei sei der Sprung entstanden, klinge unglaubwürdig, zumal B.M. nicht mit einer hohen Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei und der Beschwerdeführer, sofern er den Gurt verwendet habe, zuerst gegen das Armaturenbrett gefallen wäre. Wie die Faust des Beschwerdeführers durch den Bremsvorgang in der Windschutzscheibe habe landen können, sei unverständlich und konstruiert, zumal die typische Abwehrbewegung die geöffnete Handfläche mit gespreizten Fingern sei. Die Schilderung des Beschwerdeführers sei somit mit der Wahrheit nicht in Einklang zu bringen. Wenn B.M. den Beschwerdeführer nicht gefürchtet habe, stehe die Frage im Raum, warum sie dann ihre Freundin R.K. gebeten habe, bei ihr zu übernachten. Die erstinstanzliche Behörde sei daher zum Schluss gekommen, dass die Erstaussage von B.M. bei der Polizei der Wahrheit entspreche. In dieser Aussage sei von B.M. auch angegeben worden, dass sie mehrmals vom Beschwerdeführer in den Würgegriff genommen worden sei, wenn dieser aggressiv geworden sei.
In der Folge gibt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Inhalt der Berufung des Beschwerdeführers wörtlich wieder. In dieser Berufung rügte der Beschwerdeführer - auf das Wesentliche zusammengefasst - vor allem, dass die erstinstanzliche Behörde nicht darauf eingegangen sei, dass B.M. ihre Aussage widerrufen habe, dass die von ihm zum Beweis für die weiteren Vorkommnisse am 28. Juli 2007 (aus denen sich nach Ansicht des Beschwerdeführers die Unglaubwürdigkeit der ersten Aussage von B.M. ergeben würde) beantragten Zeugen nicht vernommen worden seien, dass die "Feststellungen" zur Beschädigung der Windschutzscheibe nicht nachvollziehbar begründet seien und dass ganz allgemein kein konkreter Sachverhalt festgestellt worden sei, auf den die Behörde die Prognoseentscheidung betreffend die Verhängung des Waffenverbots hätte stützen können.
Im Anschluss an die Wiedergabe der Berufungsausführungen zitiert die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid § 12 Abs 1 bis 4 WaffG und führt sodann wörtlich aus:
"Seitens der Berufungsbehörde wird darauf hingewiesen, dass (zu ergänzen: der Umstand, ob) der (Beschwerdeführer) wegen einer Tatsache strafgerichtlich verfolgt oder verurteilt worden ist, im waffenrechtlichen Verfahren gleichgültig ist, zumal § 12 Abs. 1 Waffengesetz ohnehin keine strafbaren Verhaltensweisen verlangt.
Die Waffenbehörde ist bei ihrer Entscheidung weder an die Zurücklegung der Anzeige gemäß § 90 StPO durch die Staatsanwaltschaft an sich noch an die Gründe hiefür gebunden. Dasselbe gilt auch im Fall einer Diversion.
Wenn die Voraussetzungen des § 12 Waffengesetz vorliegen, wie im gegenständlichen Fall, muss die Behörde zwingend - bei sonst drohender Amtshaftung - ein Waffenverbot verhängen. Hier ist kein Ermessen, in diesem Rahmen etwa ein bisher untadeliges Vorleben berücksichtigt werden könnte, eingeräumt, weshalb die Waffenbehörden auch nicht verhalten sind, Erhebungen über das Vorleben des (Beschwerdeführers) anzustellen.
Daher kann auch ein Waffenverbot bei einer Situation familiärer Gewalt - auch unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen Gewaltexzesses - gerechtfertigt sein. Gemessen an den beim (Beschwerdeführer) festgestellten Verhaltensweisen, kann daher die Verhängung des Waffenverbotes durch die erkennende Behörde nicht rechtswidrig erscheinen, zumal hier noch dazu kommt, dass nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten der (Beschwerdeführer) als Jäger Langwaffen besitzt. Unter diesen Umständen ist bei bereits gezeigten Aggressionshandlungen der vorliegenden Art der nach den Intentionen des Waffengesetzes anzulegende strenge Maßstab aber besonders zu beachten.
Die erkennende Behörde hat in ihrer umfangreichen Begründung ausführlich dargestellt, weshalb über den (Beschwerdeführer) ein Waffenverbot verhängt werden musste.
Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes ist nicht das Vorliegen einer rechtskräftigen (gerichtlichen) Verurteilung. Maßgeblich ist vielmehr, welches Verhalten der (Beschwerdeführer) nach den Feststellungen der erkennenden Behörde im (erstinstanzlichen) Bescheid gesetzt hat und ob dies eine Prognose im Sinne des § 12 Abs. 1 Waffengesetz zu rechtfertigen vermag, was im vorliegenden Fall bejaht werden kann.
Aus diesem Grunde war der Berufung der Erfolg zu versagen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 12 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0012).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl das hg Erkenntnis vom 6. September 2005, Zl 2005/03/0039, mwN) stellt die Bedrohung eines Menschen mit dem Erschießen eine "konkrete Tatsache" im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG dar, die ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbotes relevantes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen vermitteln kann und wegen des damit zu Tage getretenen Aggressionspotenzials ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag.
2. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Der angefochtene Bescheid besteht im Wesentlichen aus der (wörtlichen) Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie aus einer rechtlichen Würdigung, die einen Bezug zum konkreten Fall nur insoweit erkennen lässt, als darin einerseits postuliert wird, dass "im gegenständlichen Fall" die Voraussetzungen des § 12 Abs 1 WaffG vorliegen, und andererseits von "festgestellten Verhaltensweisen" des Beschwerdeführers sowie "bereits gezeigten Aggressionshandlungen der vorliegenden Art" die Rede ist.
Dem angefochtenen Bescheid lässt sich in keiner Weise entnehmen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers erfolgt ist. Da der Beschwerdeführer aber in seiner Berufung die - auch im erstinstanzlichen Bescheid bloß implizit getroffenen - Feststellungen substantiiert in Zweifel gezogen und weitere Beweismittel angeboten hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei der gebotenen Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 23. September 2009
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