VwGH 2007/21/0414

VwGH2007/21/041423.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des M K in K, geboren 1977, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 31. August 2007, Zl. Fr-4250a-71/07, betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen georgischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf zehn Jahre befristetes Rückkehrverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 14. Juni 2005 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15 und 127 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt worden sei. Er habe am 9. Juni 2004 dem Verfügungsberechtigten eines Kaufhauses eine Flasche Parfum im Wert von EUR 42,90 zu stehlen versucht.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28. Juni 2006 sei er wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt worden. Mit weiterem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 16. November 2006 sei er wegen Diebstahls durch Einbruch unter Bedachtnahme auf das vorgenannte Urteil zu einer bedingt nachgesehenen Zusatzfreiheitsstrafe von drei Monaten sowie zu einer Zusatzgeldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt worden. Er habe zwischen 18. und 21. November 2005 Verfügungsberechtigten eines Unternehmens nach Aufbrechen des versperrten Tankdeckels eines abgestellten Baggers rund 250 l Dieseltreibstoff im Wert EUR 188,75 und am 21. November 2005 Verfügungsberechtigten eines weiteren Unternehmens - nach Öffnen eines unversperrten Tankverschlusses - rund 8 Liter Dieseltreibstoff gestohlen.

Letztlich sei der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 13. Juni 2007 wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 15, 127 und 130 1. Fall StGB zu einer 9-monatigen Freiheitsstrafe (davon sechs Monate bedingt nachgesehen) verurteilt worden. Er habe am 30. März 2007 nach Verabredung mit vier Mittätern Verfügungsberechtigten eines Großmarktes 16 Flaschen Whisky im Gesamtwert von EUR 343,-- sowie 17 Flaschen Champagner im Gesamtwert von EUR 2.038,38 zu stehlen versucht.

Unter Hinweis auf die Anzahl der Verurteilungen und die Höhe der verhängten Strafen sowie das diesen Verurteilungen zu Grunde liegende Gesamtfehlverhalten erachtete die belangte Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 Abs. 2 (iVm § 60 Abs. 2 Z. 1) FPG als erfüllt und die Annahme nach § 62 Abs. 1 FPG als gerechtfertigt, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde und anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen, insbesondere an der Verhinderung strafbarer Handlungen und am Schutz fremden Eigentums, zuwiderlaufe. Der Beschwerdeführer weise eine große kriminelle Energie auf, welche sich insbesondere dadurch gezeigt habe, dass er trotz mehrfacher Verurteilungen innerhalb kurzer Zeit wieder einschlägig rückfällig geworden sei.

Der Beschwerdeführer habe laut eigenen Angaben bis zum Frühjahr 2004 in Georgien gelebt, wo er aufgewachsen sei. Nach seiner illegalen Einreise am 23. April 2004 habe er einen Asylantrag gestellt, der mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. Juni 2007 - verbunden mit einem (negativen) Ausspruch nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (AsylG) - abgewiesen worden sei. Einer dagegen erhobenen (hg. zur Zl. 2008/23/0333, davor Zl. 2007/19/0435, protokollierten) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei mit Beschluss vom 25. Juni 2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. In Österreich lebten noch die Mutter und eine Schwester des Beschwerdeführers, bezüglich derer ebenfalls ein Asylverfahren behänge. Der Beschwerdeführer sei jedoch alleine in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht, sein Vater lebe nach wie vor in Georgien.

Auf Grund dieser Umstände stelle das Rückkehrverbot einen "gewissen relevanten Eingriff" in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar. Dieser sei jedoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen dringend erforderlich. Der Beschwerdeführer, der - wie erwähnt - von seiner Mutter und Schwester getrennt lebe und sich in einem Alter befinde, in dem er nicht mehr auf den direkten Kontakt zu diesen Bezugspersonen angewiesen sei, sei in keiner Weise in Österreich relevant integriert. Das in hohem Maß bestehende Interesse an der Erlassung des Rückkehrverbotes dränge das persönliche und familiäre Interesse des Beschwerdeführers in den Hintergrund. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Rückkehrverbotes wögen schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) zuwiderläuft (Z. 2).

Gemäß § 62 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinn des Abs. 1 u.a. jene des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG. Nach dessen zweitem und viertem Fall liegen solche Tatsachen vor, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Wie im Fall eines Aufenthaltsverbotes ist auch bei der Erstellung der für jedes Rückkehrverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Rückkehrverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Rückkehrverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2008/21/0076, mwN).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die festgestellten gerichtlichen Verurteilungen und das diesen Verurteilungen zu Grunde liegende Fehlverhalten. Es bestehen somit - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - auch keine Bedenken gegen die von der Behörde daraus gezogene Schlussfolgerung, dass der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 (zweiter und vierter Fall) FPG erfüllt sei. Das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers zeugt von einer groben Missachtung fremden Eigentums. Angesichts der einschlägigen Tatwiederholungen und der zuletzt erwiesenen Gewerbsmäßigkeit begegnet unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens die Ansicht der Behörde, dass auch die im § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand (vgl. weiters etwa das hg. Erkenntnis vom 6. September 2007, Zl. 2007/18/0496).

Gemäß § 62 Abs. 3 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist, würde durch ein Rückkehrverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, dieses nur zulässig, wenn es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Nach § 66 Abs. 2 FPG ist diese Maßnahme unzulässig, wenn deren Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die belangte Behörde hat ohnedies einen mit dem Rückkehrverbot verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Sie hat aber auch zu Recht diesen Eingriff als dringend geboten und nach Durchführung einer Interessenabwägung als zulässig gewertet, steht doch dem großen öffentlichen Interesse an der Unterbindung der Eigentumskriminalität keine maßgebliche inländische Integration gegenüber. Selbst diese ist überdies durch die Straftaten und dadurch als gemindert anzusehen, dass der Beschwerdeführer nur auf Grund einer vorläufigen asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet verweilt.

Weiters rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte ihre Sachverhaltsfeststellungen auf Grund unzureichender Ermittlungen vorgenommen. Insoweit legt die Beschwerde jedoch nicht dar, zu welchen abweichenden Feststellungen ergänzende Erhebungen geführt hätten, sodass eine Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt wird.

Schließlich bestand - entgegen der Beschwerdeansicht - auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, im Rahmen des ihr gemäß § 62 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Rückkehrverbotes Abstand zu nehmen, sind doch keine besonderen Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Eine Kostenentscheidung hatte gemäß § 59 Abs. 1 VwGG mangels Verzeichnung von Kosten durch die belangte Behörde zu unterbleiben.

Wien, am 23. Oktober 2008

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