VwGH 2007/21/0313

VwGH2007/21/03138.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Dr. Günther Fornara, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Radetzkystraße 16, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 3. April 2007, Zl. 2Fr-50/07, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach § 51 Abs. 1 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;
AsylG 2005 §8;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
VwRallg;
AsylG 1997 §8;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;
AsylG 2005 §8;
AVG §68 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §51 Abs1;
FrPolG 2005 §51 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. April 2007 wies die belangte Behörde den am 21. Februar 2007 gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines (seit 4. Jänner 2006) mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheirateten Staatsangehörigen von Nigeria, auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria gemäß § 51 Abs. 1 und 2 iVm § 50 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG als unzulässig zurück.

Begründend führte sie aus, das Bundesasylamt habe mit Bescheid vom 16. Februar 2005 den ersten Asylantrag des Beschwerdeführers (vom 17. August 2004) gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen und gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria als zulässig erachtet. Dieser Bescheid sei infolge seiner (nach der Eheschließung erfolgten) Berufungszurückziehung "mit 10.01.2006 in Rechtskraft erwachsen".

Am 2. Februar 2007 habe der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser sei mit Bescheid vom 22. Februar 2007 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen worden. (Infolge Erhebung einer Berufung durch den Beschwerdeführer ist dieser Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen. Nach seiner Aufhebung durch den unabhängigen Bundesasylsenat wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten am 21. Juni 2007 zugelassen.)

Die Unzulässigkeit des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages folge aus dem Fehlen einer von der Fremdenpolizeibehörde getroffenen Entscheidung nach § 51 Abs. 1 FPG, die abgeändert werden könnte. Es liege daher kein Anwendungsfall des § 51 Abs. 5 FPG vor. Auch sei kein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes iSd § 51 Abs. 2 FPG anhängig, das Voraussetzung für die Stellung des vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrages sei.

Dazu komme, dass das Bundesasylamt im erwähnten Bescheid vom 22. Februar 2007 festgestellt habe, dass sich die den Beschwerdeführer betreffende "allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsland nicht geändert habe" und "im neuerlichen Asylverfahren kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden könne". Von einer wesentlichen Änderung iSd § 68 AVG seit rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens könne daher nicht die Rede sein, zumal der Beschwerdeführer lediglich eine allgemeine Beschreibung der Sicherheitslage in Nigeria abgegeben habe und keine stichhaltigen Gründe für eine Bedrohung seiner Person habe schildern können. Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 50 Abs. 1 und 2 FPG lauten:

"Refoulementverbot

Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung

§ 50. (1) Die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005)."

§ 51 Abs. 1 FPG lautet:

"Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung

in einen bestimmten Staat

§ 51. (1) Auf Antrag eines Fremden hat die Fremdenpolizeibehörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 50 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht."

Der belangten Behörde ist zunächst zuzustimmen, dass ein bei der Fremdenpolizeibehörde eingebrachter Antrag auf Feststellung gemäß § 51 Abs. 1 FPG nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn insoweit bereits eine rechtskräftige Entscheidung der Asylbehörden nach § 8 Asylgesetz 1997 vorliegt. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass den Fremdenpolizeibehörden die Kompetenz zur Abänderung eines "negativen" Ausspruches der Asylbehörde nach § 8 Asylgesetz 1997 zusteht, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 2007, Zl. 2006/18/0377, und vom 13. November 2007, Zl. 2006/18/0494, jeweils mwN).

Dabei folgte der Verwaltungsgerichtshof der zum Fremdengesetz 1997 - FrG entwickelten Judikatur, die im Wesentlichen auf das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/01/0256, zurückgeht. In diesem Erkenntnis wurde die besagte Kompetenz der Fremdenpolizeibehörde aus einer analogen Anwendung des § 75 Abs. 5 FrG abgeleitet, weil keine ausdrückliche Regelung bestand, wie vorzugehen sei, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt nach einer "negativen" Entscheidung der Asylbehörden nach § 8 Asylgesetz 1997 wesentlich geändert hat.

Es fehlt jedoch an der für die genannte Analogie wesentlichen vergleichbaren Ausgangssituation und Interessenlage, wenn der Beschwerdeführer bereits davor - wie im vorliegenden Fall mit Eingabe vom 2. Februar 2007 - neuerlich einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gestellt hatte, über den im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht rechtskräftig entschieden worden war. Wie im hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/01/0344, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher dargestellt wurde, sind im Fall der Stellung von Folgeanträgen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 Asylgesetz 2005 die Asylbehörden auch dafür zuständig, Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den - fallbezogen wesentlichen - subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen, zumal nur sie in der Lage sind, Asylwerbern den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen und ihnen damit eine weiter gehende Position einzuräumen als das durch eine bloße Feststellungsentscheidung nach § 51 Abs. 1 FPG erfolgen könnte. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 sieht die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vor, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur (genannten) Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Daraus folgt, dass in Konstellationen wie der vorliegenden auch kein Bedürfnis mehr besteht, im Wege der Analogie eine Kompetenz der Fremdenpolizeibehörden zur Abänderung eines Ausspruches der Asylbehörde über die Zulässigkeit der Abschiebung zu begründen.

Nach dem Gesagten ist daher die zurückweisende Entscheidung durch die belangte Behörde im Ergebnis nicht zu beanstanden, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 8. Juli 2009

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