Normen
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §27 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §27 Abs4;
AsylG 2005 §28 Abs3;
AsylG 2005 §29 Abs3 Z4;
AsylG 2005 §29 Abs3 Z5;
AsylG 2005 §3;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §27 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §27 Abs4;
AsylG 2005 §28 Abs3;
AsylG 2005 §29 Abs3 Z4;
AsylG 2005 §29 Abs3 Z5;
AsylG 2005 §3;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine vom Beschwerdeführer, einem mongolischen Staatsangehörigen, eingebrachte Schubhaftbeschwerde gemäß § 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) kostenpflichtig ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 30. Juni 2006 im Bereich der Grenzpolizeiinspektion Gmünd nach unrechtmäßigem Grenzübertritt festgenommen worden. "Nach Prüfung des Sachverhaltes" habe die Bezirkshauptmannschaft Gmünd die Schubhaft verhängt. Die Fremdenpolizeibehörde habe dabei "die Tatsache" herangezogen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung nach unrechtmäßigem Grenzübertritt unerlaubt im Bundesgebiet aufhältig sei, über kein gültiges Reisedokument und über keine Barmittel verfügt habe. Weiters sei von der Bezirkshauptmannschaft ein "möglicher sog. Dublinbezug zur Republik Polen" berücksichtigt worden. Das nach Asylantragstellung in Gang gesetzte "Dublinkonsultationsverfahren" sei zwar negativ verlaufen. Jedoch habe das Bundesasylamt in weiterer Folge einen "negativen Bescheid gemäß § 10 AsylG samt Ausweisung" erlassen. Ein Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Bundesasylsenat sei anhängig.
Es genüge - so die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung -, dass die Behörde auf Grund der ihr bis zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung bekannten Umstände berechtigten Grund zur Annahme haben könne, dass fremdenpolizeiliche Maßnahmen, Verfahrensschritte oder Vollzugshandlungen möglich sein würden. Der Beschwerdeführer sei unrechtmäßig eingereist, verfüge über kein gültiges Reisedokument und keine ausreichenden Mittel "zur Bestreitung seines Aufenthalts". Sein Asylantrag sei in erster Instanz "negativ beschieden worden". Die "diesbezügliche Sach- und Rechtslage" habe auch "in Bezug auf das laufende Berufungsverfahren keine Änderung erfahren". Inlandskontakte, die dem Beschwerdeführer einen gesicherten Aufenthalt möglich machen würden, habe er nicht. Da es dem Beschwerdeführer an einer beruflichen oder sozialen Verankerung im Inland mangle, sei die Befürchtung, er werde bei Anwendung eines gelinderen Mittels im Sinne des § 77 FPG im Bundesgebiet untertauchen, als schlüssig anzusehen. Somit sei die Schubhaft das einzig taugliche Sicherungsmittel.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde im einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass weder dem angefochtenen Bescheid noch dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd, mit dem die Schubhaft verhängt wurde, mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, auf welche Rechtsgrundlage die Schubhaft gestützt wurde. Sowohl die Bezirkshauptmannschaft Gmünd als auch die belangte Behörde gaben den Wortlaut sowohl des Abs. 1 als auch des Abs. 2 des § 76 FPG wieder, ohne jedoch eine Subsumtion unter einen der dort angeführten Tatbestände vorzunehmen.
Soweit dem angefochtenen Bescheid anhand seiner (lediglich kursorischen) Sachverhaltsfeststellungen entnommen werden kann, dass offenbar bei der Beurteilung - je nach Verfahrensstadium im Asylverfahren - die Tatbestände der Z 1, 2 und 4 des § 76 Abs. 2 FPG die Grundlage für die Schubhaft darstellen sollten, ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie bei Prüfung des Schubhaftgrundes nicht ausreichend berücksichtigt hat, dass ungeachtet des Vorliegens dieser Tatbestände nach § 76 Abs. 2 FPG die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. ausführlich das hg. Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0043, sowie aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2009, Zl. 2006/21/0341).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach betont, dass die Verhängung der Schubhaft in "Dublinfällen" nicht zu einer "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber werden darf. Besondere Gesichtspunkte, die erkennen ließen, es handle sich hier um eine von den typischen "Dublinfällen" abweichende Konstellation, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den Beschwerdeführer geschlossen hätte werden können, sind dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde weist in diesem Zusammenhang auf die unrechtmäßige Einreise sowie das Fehlen eines Reisedokuments und das Fehlen von Barmittel hin. Dabei handelt es sich allerdings um keine Umstände, die den gegenständlichen Fall gegenüber sonstigen typischen "Dublinfällen" auszeichnen würden und die Notwendigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft darlegen könnten.
Soweit die belangte Behörde auf die fehlende soziale und berufliche Integration des Beschwerdeführers abstellt, handelt es sich dabei in Bezug auf (wie der Beschwerdeführer noch nicht lange in Österreich aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, um kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes. Die Heranziehung des Gesichtspunktes, der Fremde sei in Österreich nicht ausreichend integriert, ist vielmehr bei Asylwerbern in der Situation des Beschwerdeführers verfehlt. Der Frage der Integration kommt primär im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG Bedeutung zu (vgl. zum Gesamten etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2007/21/0233, mwH).
Darüber hinaus unterliegt die belangte Behörde auch insofern einem Rechtsirrtum, als sie davon ausging, dass sich die für den Beschwerdeführer maßgebliche Rechtslage trotz der im Asylverfahren eingebrachten Berufung nicht geändert hätte. Der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde im Zulassungsverfahren gemäß § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen und diese Entscheidung mit einer Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 verbunden. Der dagegen eingebrachten Berufung wurde vom Bundesasylamt allerdings die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, was der Bezirkshauptmannschaft Gmünd auch mitgeteilt wurde.
Gemäß § 28 Abs. 3 AsylG 2005 ersetzt eine Stattgebung oder Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Zulassungsverfahren die Zulassungsentscheidung. Wird der Antrag im Zulassungsverfahren abgewiesen, gilt dieser Antrag als zugelassen, wenn oder sobald der Berufung gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung zukommt. Nach § 27 Abs. 4 AsylG 2005 ist ein nach § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 (infolge Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 oder Z 5 AsylG 2005) eingeleitetes Ausweisungsverfahren einzustellen, wenn das Verfahren zugelassen wird. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass es eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Konsequenz einer solchen verfahrensrechtlichen Konstellation ist, dass die Schubhaft nicht weiter aufrecht erhalten werden darf (vgl. Pkt. 6.2.2. des hg. Erkenntnisses vom 18. Dezember 2008, Zl. 2008/21/0582, mit zahlreichen Nachweisen).
Letztlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die nach § 83 Abs. 4 erster Satz FPG im Falle andauernder Anhaltung der Schubhaft vorgesehene Feststellung im Spruch des Bescheides zu erfolgen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2007/21/0512).
Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 27. Mai 2009
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