VwGH 2007/09/0298

VwGH2007/09/029816.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der IK in W, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 8/1/1-3, gegen den Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 21. September 2007, Zl. DS-D - 497/2007, betreffend Suspendierung, zu Recht erkannt:

Normen

DO Wr 1994 §94 Abs2 idF 2006/042;
DO Wr 1994 §94 Abs8;
DO Wr 1994 §94 Abs9;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;
DO Wr 1994 §94 Abs2 idF 2006/042;
DO Wr 1994 §94 Abs8;
DO Wr 1994 §94 Abs9;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Jahr 1952 geborene Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien und war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als Oberamtsrätin Leiterin eines Personalreferates im Bereich der Stadtverwaltung.

Mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 20. Juli 2007 wurde die Suspendierung der Beschwerdeführerin - nachdem sie mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Juni 2007 vorläufig vom Dienst suspendiert worden war - gemäß § 94 Abs. 1 und 2 der Wiener Dienstordnung, LGBl. für Wien Nr. 56 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 42/2006, vom Dienst wegen des Verdachtes, folgende Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, verfügt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"1. (Die Beschwerdeführerin) hat es als Leiterin des (näher beschriebenen Referats) unterlassen, im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die ihrer Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, sowie dem Verbot, sich Geschenke, die mit ihrer dienstlichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, zuwenden zu lassen, zuwidergehandelt, indem sie sich zumindest von 2005 bis 2007 jährlich von der Firma R., einer Kontrahentenfirma (der Organisationseinheit, dem das von ihr geleitete Referat angehört), Jahreskarten für das Fitnessstudio M. in B. zuwenden hat lassen.

2. Sie hat als Leiterin des (näher beschriebenen Referats) ihrer Verpflichtung zur Verschwiegenheit über alle ihr ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder zur Vorbereitung einer Entscheidung geboten ist, zuwidergehandelt, indem sie ihrem Lebensgefährten, Herrn R. B. zwischen Juni 2004 und 14. Juni 2007 laufend über ihr ausschließlich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Referatsleiterin des (näher beschriebenen Referats) bekannt gewordene vertrauliche Schreiben der Magistratsdirektion, Personalangelegenheiten, seines Vorgesetzten, Herrn R. S. sowie weiterer MitarbeiterInnen (der Organisationseinheit, dem das von ihr geleitete Referat angehört) und Informationen über bevorstehende Revisionen unbefugt weiter gegeben hat sowie Herrn R. B. Empfehlungen gegeben hat, wie er sich bei Revisionen verhalten solle."

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. September 2007 als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass in Spruchpunkt 1. die Wortfolge "unterlassen, im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die ihrer Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte sowie" zu entfallen habe.

Die belangte Behörde führte nach Zitierung der Bestimmung des § 94 DO 1994 und Darlegung der von ihr als im vorliegenden Fall relevant erachteten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründend Folgendes aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der Verdacht gründet sich vor allem auf die Aussage der Zeugin M. M., die bei ihrer Einvernahme am 12. Juni 2007 angab, dass die Firma R. Herrn R. B. und der (Beschwerdeführerin) jährlich die M. Fitnesskarte bezahle, sie könne aber nicht sagen, ob die Firma dies auf ihren Namen mache oder den beiden das Geld dafür gebe. Sie bekräftigte diese Aussage noch einmal unter Wahrheitserinnerung und Belehrung über den strafrechtlichen Tatbestand der Verleumdung am 13. Juni 2007 vor dem Landespolizeikommando W., Kriminaldirektion 1, Referat 3.

Die (Beschwerdeführerin) legte zwar nachvollziehbar dar, dass ihr im Zeitraum bis Juli 2006 ein körperliches Training auf Grund ihrer schweren Erkrankung nicht möglich war. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass ihr auch für diese Zeit eine Mitgliedschaft zugewendet wurde, auch wenn sie das Fitness-Studio tatsächlich nicht besuchte. In diesem Sinn sagte die (Beschwerdeführerin) auch bei ihrer Einvernahme am 14. Juni 2007 vor der MA 2 aus, dass sie seit ca. sechs Jahren das Fitnesscenter besuche. Für den auf ihre Erkrankung folgenden Zeitraum legte die (Beschwerdeführerin) auf ihren Namen lautende (Einzahlungs-)Bestätigungen des Fitnessclubs M. vor. Diese im Disziplinarverfahren zu würdigenden Beweise vermögen im Rahmen des Suspendierungsverfahrens den Verdacht, dass sich die (Beschwerdeführerin) Zuwendungen hinsichtlich der Mitgliedschaft im Fitnesscenter machen ließ, nicht völlig zu entkräften, da es durchaus im Rahmen der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, dass in Bestechungsfällen die Rechnungen auf den Namen der oder des Begünstigten ausgestellt werden und der entsprechende Geldbetrag bar übergeben wird. So hat auch die Belastungszeugin am 12. Juni 2007 zur Bezahlung des Fitnesscenters folgendes ausgesagt: 'Ob die Firma das persönlich macht oder auf ihren Namen oder den beiden das Geld gibt, ist mir nicht bekannt. Ich weiß es nur deshalb, weil er wollte, dass ich auch dorthin gehe'.

Auch der Verdacht der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gründet sich auf die Aussage der Zeugin M. M., die bei ihrer Einvernahme am 12. Juni 2007 angab, dass ihr R.B. persönlich erzählt habe, dass ihn die (Beschwerdeführerin) hinsichtlich jeglicher möglicher Revisionen vorwarne und Empfehlungen abgebe, wie er sich zu verhalten habe. R. B. habe weiters sämtliche Schreiben der Magistratsdirektion und seines Vorgesetzten R. S. sofort von der (Beschwerdeführerin) erhalten. Der Rechtfertigung der (Beschwerdeführerin) in ihrer Berufung vom 16. August 2007, es habe zwischen ihr und Herrn R. B. von November 2006 bis Mai 2007 aufgrund ihrer Trennung keinerlei Informationsfluss gegeben, ist zu entgegnen, dass es aufgrund der Tatsache, dass die beiden nach wie vor Kollegen gewesen sind und die (Beschwerdeführerin) als Leiterin des (näher beschriebenen Referats) für sämtliche (...) Angelegenheiten des R. B. zuständig war, unglaubwürdig erscheint, dass sie keinerlei Kontakt mehr pflegten. Auch ist dabei zu berücksichtigen, dass die (Beschwerdeführerin) und R. B. ab Juni 2007 eine neuerliche Lebensgemeinschaft eingingen. Selbst wenn jedoch der Zeitraum November 2006 bis Mai 2007 aus dem unter Spruchpunkt 2. genannten Tatvorwurf herausfallen sollte, änderte dies nichts an den Voraussetzungen für eine Suspendierung, da nach wie vor ein Tatzeitraum von etwa zwei Jahren und vier Monaten verbliebe.

Die Zeugin M. M. hat ihre äußerst detaillierten Aussagen auf Grund eigener Wahrnehmung gemacht, die von ihr vorgebrachten Vorwürfe basieren somit nicht auf Gerüchten, sondern auf ihren Einblicken in die von R. B. gepflegten Kontakte mit den Kontrahentenfirmen, welche mit dem gegen die (Beschwerdeführerin) unter Spruchpunkt 1. erhobenen Vorwurf in engem Zusammenhang stehen, sowie auf ihren Wahrnehmungen als Kollegin der (Beschwerdeführerin) und des R. B. Die Zeugin wurde von Frau K., Referatsleiterin Controlling und interne Revision von (der Organisationseinheit, dem das von der Beschwerdeführerin geleitete Referat angehört), nach ihrer Darstellung des Sachverhaltes ausführlich und ganz gezielt zu einzelnen Details befragt. Dabei verstrickte sich die Zeugin ebenso wenig in Widersprüche wie bei der nachfolgenden Einvernahme nach ausdrücklicher Wahrheitserinnerung und Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage vor dem Landespolizeikommando W. am 13. Juni 2007. Es ist dabei auch zu berücksichtigen, dass sich die Zeugin M. M. durch Aufdeckung des zwischen der (Beschwerdeführerin), dem R. B. und ihr selbst verwobenen Sachverhalts selbst der Gefahr einer disziplinären Verfolgung aussetzte, da sie von den Zuwendungen an R. B. auch profitierte. Auf Grund all dieser Überlegungen erachtet der erkennende Senat die Aussagen der Zeugin M. M. als glaubwürdig, sodass die von der (Beschwerdeführerin) vorgelegten Gegenbeweise in diesem Stadium des Verfahrens den Verdacht nicht auszuräumen vermochten. Es liegen somit ausreichend konkrete Anhaltspunkte vor, die die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der im Spruch genannten Umstände rechtfertigen. Der endgültige Beweis der Begehung der Dienstpflichtverletzungen bleibt - wie erwähnt - dem Disziplinarverfahren vorbehalten.

Zu den Tatbestandselementen (Gefährdung wesentlicher Interessen des Dienstes und Schädigung des Ansehens des Amtes) ist darauf hinzuweisen, dass eine Suspendierung bereits bei Vorliegen auch nur eines dieser beiden Elemente zu verfügen ist.

Hinsichtlich der Gefährdung wesentlicher Interessen des Dienstes können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 29. November 2002, Zl. 95/09/0039, u.v.a.) nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. Dienstpflichtverletzungen, die den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllen, sind jedenfalls als besonders relevant einzustufen, was auf die in Spruchpunkt 1. angelastete Dienstpflichtverletzung, welche den Verdacht der Geschenkannahme durch Beamte gemäß § 304 Strafgesetzbuch begründet, zutrifft. Das Vertrauen des Magistrates der Stadt Wien in die dienstliche Tätigkeit der (Beschwerdeführerin) wurde durch die ihr vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen jedenfalls massiv erschüttert. Es liegt im Interesse des Dienstes, dass sich Mitarbeiter der Stadt Wien keine Geschenke oder sonstigen Vorteile im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit zuwenden lassen, da eine solche Geschenkzuwendung eines Dritten in der Regel nicht ohne Erwartung einer entsprechenden 'Gegenleistung' erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch eine Verletzung wesentlicher dienstlicher Interessen angenommen, wenn bei weiterer Dienstausübung eine besondere Gefahr von Beispielsfolgen und einer Disziplinunterhöhlung unter den anderen Bediensteten gegeben und das Betriebsklima gefährdet wäre (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, S. 386). Würde die (Beschwerdeführerin) weiterhin im Dienst belassen, könnte dies eine negative Beispielswirkung auf alle anderen Kollegen dahingehend haben, dass die Annahme von Geschenken lediglich als 'Kavaliersdelikt' angesehen wird, obgleich gerade solche Verhaltensweisen zum Kernbereich disziplinärer Verfehlungen gehören.

Auch ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung (Spruchpunkt 2.) gefährdet wesentliche Interessen des Dienstes, zumal die (Beschwerdeführerin) als Leiterin des (näher beschriebenen Referats) in einem höchst sensiblen Bereich tätig war, in welchem die Verschwiegenheit über alle ihr in dieser Funktion zukommenden Informationen zu den Grundvoraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit gehört. In dieser Position hat sie nicht nur Zugang zu höchstpersönlichen und vertraulichen Daten über sämtliche MitarbeiterInnen, sondern wird sie auch von der Dienstgeberin in vertrauliche dienstrechtliche und disziplinarrechtliche Angelegenheiten eingebunden. Bei Bediensteten im Personalbereich muss sich die Dienstgeberin besonders auf deren Integrität verlassen können und billigt diesen einen besonders großen Vertrauensvorschuss zu. Allein durch den Verdacht, dass die (Beschwerdeführerin) dieser Verantwortung nicht gerecht wurde, wird dieses Vertrauen in eine sorgfältige, redliche und gewissenhafte Aufgabenerfüllung gefährdet. Daran mag auch die bisher ausgezeichnete Dienstleistung der (Beschwerdeführerin) nichts zu ändern. Der (Beschwerdeführerin) kam in ihrer Funktion als Vorgesetzte eine Vorbildwirkung zu, der sie durch die gegen sie gehegten Verdachtsmomente in keiner Weise gerecht werden konnte. Es kann dem Magistrat der Stadt Wien nicht zugemutet werden, eine Bedienstete, die im Verdacht steht, vertrauliche Informationen weitergegeben zu haben, weiter im Dienst zu belassen.

Auch das Ansehen des Amtes und das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße Verwaltung und deren Mitarbeiter wird gefährdet, wenn eine Beamtin des Verwaltungsdienstes, die im Verdacht steht, sich im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit Geschenke zuwenden oder zusichern zu lassen und vertrauliche Informationen weitergegeben zu haben, bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens weiter als Leiterin der (näher beschriebenen Abteilung) tätig wäre. Von den Mitarbeitern des Verwaltungsdienstes wird im allgemeinen erwartet, dass sie ihre Tätigkeit mit Sorgfalt, Fleiß und vor allem uneigennützig und unparteiisch ausüben und so für einen reibungslosen Ablauf sämtlicher Amtsgeschäfte sorgen. Durch ein Verhalten wie jenes, das der (Beschwerdeführerin) vorgeworfen wird, wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität und Zuverlässigkeit der öffentlichen Verwaltung massiv erschüttert.

Da sowohl wesentliche Interessen des Dienstes als auch das Ansehen des Amtes durch die der (Beschwerdeführerin) angelasteten Taten gefährdet wurden, war der Berufung der (Beschwerdeführerin) der Erfolg zu versagen und die Suspendierung zu bestätigen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994, LGBl. Nr. 56 i.d.F. LGBl. Nr. 42/2006) lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 18. (1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.

(3) Dem Beamten ist es verboten, sich, seinen Angehörigen oder sonstigen Dritten Geschenke oder sonstige Vorteile, die mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, zuwenden oder zusichern zu lassen. Zuwendungen von geringem Wert, wie sie insbesondere aus Anlass von Festen üblich sind, dürfen angenommen werden.

...

Dienstliche Verschwiegenheit

§ 21. (1) Der Beamte ist zur Verschwiegenheit über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. Die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit besteht nicht gegenüber dem Vorgesetzten, den Organen, gegenüber denen eine gesetzliche Mitteilungspflicht besteht, für den Beschuldigten und den Disziplinaranwalt im Disziplinarverfahren und in den Fällen, in denen der Beamte vom Magistrat von der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entbunden wurde.

(2) Die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit besteht auch für Beamte des Ruhestandes.

(3) Die Pflicht der dienstlichen Verschwiegenheit besteht auch nach Auflösung des Dienstverhältnisses fort.

...

Suspendierung

§ 94. (1) Würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung(en) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, hat der Magistrat die vorläufige Suspendierung zu verfügen. Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.

(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unter Anschluss einer Sachverhaltsdarstellung unverzüglich der Disziplinarkommission im Wege des Vorsitzenden der Disziplinarkommission und dem Disziplinaranwalt schriftlich mitzuteilen. Bis zur Entscheidung der Disziplinarkommission kann der Magistrat die vorläufige Suspendierung wegen Wegfalls der Umstände, durch die sie veranlasst worden ist, aufheben. Gegen diese Aufhebung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wurde die vorläufige Suspendierung nicht bereits vom Magistrat aufgehoben, hat die Disziplinarkommission zu entscheiden, ob sie aufzuheben oder ob die Suspendierung zu verfügen ist. ... Mit der Suspendierung endet die vorläufige Suspendierung."

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Suspendierung im Disziplinarrecht der Beamten ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Es braucht dabei nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten (objektiv) ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte auf das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung hindeuten. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die sachliche Rechtfertigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung dürfen an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss etwa nach § 123 BDG 1979 muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. zum Ganzen mit ausführlichen Verweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das hg. Erkenntnis vom 29. November 2002, Zl. 95/09/0039).

Jene Behörde, welche über die Suspendierung entscheidet, hat zu beurteilen, ob dem Beamten/der Beamtin ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn/sie vorläufig an der Ausübung seines/ihres weiteren Dienstes hindern zu dürfen. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen ihrer "Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z. B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0163, und vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0093). Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die zur Disziplinarstrafe der Entlassung führen. Denn darin kommen eine so erhebliche Unzuverlässigkeit und ein so schwerer Vertrauensbruch zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Es ist eine Suspendierung anderseits insbesondere dann unzulässig, wenn etwa bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 94/09/0105). Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die für eine Suspendierung geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. April 2004, Zl. 2001/09/0089, und vom 24. April 2006, Zl. 2003/09/0002, jeweils mit weiteren Nachweisen, zu dem mit § 94 DO 1994 weitgehend gleich lautendem § 112 Abs. 1 BDG 1979 und zu § 94 DO 1994 die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0006, vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0226, und vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0133).

3. Im Beschwerdefall wurde von der Behörde erster Instanz nach zwei Einvernahmen der Zeugin M. M. (am 12. und 13. Juni 2007) und Vernehmung der Beschwerdeführerin zu den daraus resultierenden Vorwürfen (am 14. Juni 2007) sowie im Anschluss an deren vorläufige Suspendierung (am 14. Juni 2007) mit Bescheid vom 20. Juli 2007 die Suspendierung der Beschwerdeführerin vom Dienst verfügt. Die belangte Behörde hat in Entsprechung von § 94 Abs. 7 DO 1994 ohne mündliche Verhandlung binnen einem Monat ab Einlangen der gegen den Suspendierungsbescheid erster Instanz erhobenen Berufung den (nunmehr) angefochtenen Bescheid erlassen.

Mit den Beschwerdeausführungen, die sich im Wesentlichen dahingehend zusammenfassen lassen, die belangte Behörde habe sich auf unzureichende Beweisergebnisse gestützt, die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unterlassen und ihren Bescheid mangelhaft begründet, kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt werden:

Soweit die Beschwerde auf eine unterlaufene Aktenwidrigkeit hinweist, indem sie auf Seite 3 des angefochtenen Bescheides eine Aussage der Beschwerdeführerin mit "Sie könne sich zwar vorstellen, welche vertrauliche Schreiben des Herrn Dipl. S... gemeint sein könnten, sie habe aber keine diesbezüglichen Informationen weitergegeben" zitiert, obwohl diese vor der Magistratsabteilung 2 wörtlich ausgesagt hat: "Ich kann mir nicht vorstellen, welche vertrauliche Schreiben des Herrn Dipl. S... betreffend gemeint sein könnten. Ich gebe jedenfalls in keinem Fall Informationen weiter", vermag sie deren Relevanz für das Verfahrensergebnis nicht darzutun (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 S. 593 in Abs. 5 und 6 referierte hg. Judikatur). Die belangte Behörde hat zwar bei der zusammenfassenden Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges diese Angabe der Beschwerdeführerin unrichtig zitiert, jedoch ihre Argumentation zur Annahme eines begründeten Verdachtes für die Begehung der gegenständlichen Dienstpflichtverletzungen nicht darauf, sondern auf die detaillierten Angaben der Zeugin M. M. gestützt.

Die belangte Behörde hat sich im Weiteren - entgegen der Behauptung in der Beschwerde - mit den Erhebungsergebnissen ausreichend auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, warum sie auf Grund der vorliegenden Aussagen der Zeugin M. M., die die Beschwerdeführerin massiv belastete und sich dadurch auch selbst der Gefahr einer disziplinären Verfolgung aussetzte, einen konkreten und fundierten Verdacht für die Begehung von Handlungen, die Dienstpflichtverletzungen gemäß § 18 Abs. 3 und § 21 Abs. 1 DO 1994 darstellen, durch die Beschwerdeführerin als gegeben erachtete und deren im Zuge der Bestreitung der Vorwürfe vorgebrachten Gegenargumenten nicht folgte.

Dabei wurde auch bereits dem nunmehr wiederholten Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe hinsichtlich des Spruchpunktes 1. die ihr angelastete Geschenkannahme durch die Einbezahlung der Mitgliedsbeiträge widerlegen können, schlüssig entgegengehalten, dass die Vorlage der auf den Namen der Beschwerdeführerin lautenden Einzahlungsbestätigungen des genannten Fitnessclubs den Verdacht, dass sie sich Zuwendungen hinsichtlich der Mitgliedschaft im Fitnesscenter machen ließ, nicht ausreichend zu entkräften vermag.

Wenn die belangte Behörde darüber hinaus angesichts dessen von der von der Beschwerdeführerin (erstmalig in der Berufung begehrten) Einvernahme des R. B. sowie eines informierten Vertreters Abstand nimmt, stellt dies keine relevante Mangelhaftigkeit des Suspendierungsverfahrens dar. Diese auch in der Beschwerde geforderten weiteren Erhebungen sind im Disziplinarverfahren zu führen, in dem es um den Nachweis geht, ob die Beschwerdeführerin die vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen in dieser Form tatsächlich begangen hat (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 6. September 2007, Zl. 2007/09/0108).

Geht man davon aus, dass somit ein begründeter Verdacht der Begehung der der Beschwerdeführerin im Einzelnen konkret vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen vorgelegen ist, dann war es ebenso nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde daraus gemäß § 94 Abs. 1 DO 1994 die Konsequenz der Bestätigung der von der Behörde erster Instanz verfügten Suspendierung der Beschwerdeführerin gezogen hat. Denn dass bei einem Belassen der Beschwerdeführerin im Dienst (während des laufenden Disziplinarverfahrens) angesichts der gegen sie erhobenen Vorwürfe und der ihr auf Grund ihrer Vorgesetztenfunktion zukommenden Vorbildwirkung das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden, ist im gegebenen Zusammenhang offenkundig.

4. Insgesamt hält somit der angefochtene Bescheid den oben (unter Punkt 2.) dargelegten Anforderungen für den Ausspruch einer Suspendierung stand, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

5. Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 EMRK steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Suspendierung nur um eine einen Teil des Disziplinarverfahrens darstellende, bloß vorläufige, auf die Dauer des Disziplinarverfahrens beschränkte Maßnahme handelt, mit der nicht abschließend über eine "Streitigkeit" über ein Recht entschieden wird; ob die Suspendierung dauernde Rechtsfolgen nach sich zieht, hängt vom Ausgang der Disziplinarsache ab (vgl. § 94 Abs. 8 und 9 DO 1994). Demnach kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK im Verfahren über die Suspendierung schon deshalb nicht zur Anwendung, wobei dahingestellt bleiben kann, ob das Disziplinarverfahren gegen die Beschwerdeführerin überhaupt in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fällt (vgl. die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR im Fall Rabus vom 9. Februar 2006, Appl. 43.371/02).

Wien, am 16. Oktober 2008

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