Normen
BetriebsO 1994 §13 Abs2;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
BetriebsO 1994 §13 Abs2;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 iVm § 6 Abs 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) der Taxilenkerausweis wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit für die Dauer von vier Monaten entzogen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer am 1. November 2006 einen Personenkraftwagen auf der Landecker Straße in Fahrtrichtung Landeck gelenkt habe. Im Ortsgebiet von Urgen sei von Beamten der Polizeiinspektion Landeck um 21.27 Uhr eine Geschwindigkeitskontrolle durchgeführt worden; der Beschwerdeführer habe dabei die in diesem Bereich kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 41 km/h (nach Abzug der Messtoleranz) überschritten. Die Übertretung sei im Rahmen einer Fahrt im nichtlinienmäßigen Personenverkehr gesetzt worden, da der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben einen Fahrgast, welcher sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befunden habe, ins Krankenhaus habe bringen müssen. Der Name dieses Fahrgastes sei vom Beschwerdeführer trotz mehrfacher Ankündigungen nicht genannt worden.
Dem Beschwerdeführer sei auf Grund dieser Übertretung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen worden. Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 setze die Ausstellung eines Taxilenkerausweises ua voraus, dass der Bewerber vertrauenswürdig sei. Diese Vertrauenswürdigkeit müsse zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen einer Taxifahrt im Ortsgebiet die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 41 km/h überschritten, wobei diese Übertretung bei Dunkelheit und nasser Fahrbahn gesetzt worden sei. Auf Grund der erheblichen Überschreitung der Geschwindigkeit, insbesondere im Ortsgebiet, sei davon auszugehen, dass durch das Verhalten des Beschwerdeführers eine Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern zu erwarten sei. Die Tatsache, dass die Übertretung bei Dunkelheit und nasser Fahrbahn gesetzt worden sei, erhöhe das gegenständliche Gefährdungspotenzial für die anderen Verkehrsteilnehmer. Durch die Dunkelheit erhöhe sich die Dauer der Reaktionszeit, da das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer (zB Überqueren der Fahrbahn durch einen Fußgänger, Ausscheren eines Radfahrers am rechten Fahrbahnrand, Einfahren aus einer Seitenstraße in die Landstraße durch einen anderen Verkehrsteilnehmer etc) schlechter und später ersichtlich sei. Durch die Fahrbahnnässe verlängere sich auch ein etwaiger Bremsweg.
Dadurch, dass der Beschwerdeführer die Höchstgeschwindigkeit in dem erwiesenen erheblichen Ausmaß überschritten habe, habe er eine charakterliche Eigenschaft an den Tag gelegt, die darauf schließen lasse, dass er bestehende Verkehrsregeln in einem erheblichen Ausmaß überschreite und dabei die Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern in Kauf nehme. Der Beschwerdeführer habe damit gezeigt, dass er nicht jene Sorgfalt eines Taxilenkers an den Tag lege, die in diesem Gewerbe geboten sei, da sich ihm andere Personen zur sicheren Beförderung anvertrauten. Auch die Tatsache, dass eine Übertretung der Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von mehr als 40 km/h nach dem Führerscheingesetz die Verkehrszuverlässigkeit eines Fahrzeuglenkers in Frage stelle und zum Entzug der Lenkberechtigung führe, weise darauf hin, dass es sich dabei um eine schwere Übertretung handle. Bei einem berufsmäßigen Fahrzeuglenker, der für die Sicherheit der mitzubefördernden Personen verantwortlich sei, wiege dies besonders schwer, da die in der BO 1994 geforderte Vertrauenswürdigkeit vom Sorgfaltsmaßstab noch höher einzustufen sei, als die Verkehrszuverlässigkeit nach dem Führerscheingesetz.
Auch wenn es sich nur um eine einmalige Übertretung gehandelt habe, seien doch die Umstände (Dunkelheit und nasse Fahrbahn) sowie die Schwere der Tat (Übertretung der Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von mehr als 40 km/h) so zu bewerten, dass der Beschwerdeführer nicht mehr als vertrauenswürdig einzustufen sei. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Notsituation habe in keiner Weise bewiesen werden können. Auch wenn es sich aber um eine Notsituation gehandelt hätte, wäre es fraglich, ob eine solche Geschwindigkeitsübertretung vom Beschwerdeführer gerechtfertigt hätte werden können.
Auf Grund der bisherigen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers erscheine eine Entzugsdauer von vier Monaten ausreichend. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass nach diesem Zeitraum die Wiederherstellung der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers zu erwarten sein werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 13 Abs 1 und 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) lauten:
"§ 13. (1) Der Ausweis wird ungültig und muss bei der Behörde abgeliefert werden, wenn
1. die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den führerscheinrechtlichen Vorschriften erlischt oder
2. eine der sonstigen in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.
Kommt der Inhaber dieser Verpflichtung nicht nach, so ist der Ausweis von der Behörde abzunehmen.
(2) Der Ausweis ist von der Behörde nur für einen angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs. 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zu entziehen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, jedoch angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird. Der Ausweis ist nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Verlangen wieder auszufolgen, wenn die vorübergehend weggefallene Voraussetzung wieder gegeben ist."
Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 setzt die Ausstellung eines Taxilenkerausweises ua voraus, dass der Bewerber vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muss zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein. Die BO 1994 enthält keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs ist davon auszugehen, dass dem Begriff der Vertrauenswürdigkeit inhaltlich die Bedeutung von "Sich verlassen können" zukommt. Durch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten - wobei das Gesamtverhalten zu würdigen ist - auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes obliegt. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens dieser Person zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht. Im Falle der Begehung einer Straftat oder einer Verwaltungsübertretung ist maßgeblich für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 das dem Urteil bzw dem Bescheid, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zu Grunde liegende Verhalten (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 25. Juni 2003, Zl 2000/03/0228, und Zl 2002/03/0112).
Aus einem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann nicht in jedem Fall auf einen Mangel an Vertrauenswürdigkeit des Taxilenkers geschlossen werden. Aus einer einzigen Geschwindigkeitsüberschreitung kann der Mangel an Vertrauenswürdigkeit nur unter besonderen Umständen, beispielsweise auf Grund der dadurch hervorgerufenen konkreten Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder auf Grund des (absoluten und relativen) Ausmaßes der Überschreitung, abgeleitet werden (vgl die hg Erkenntnisse vom 14. Dezember 1994, Zl 94/03/0151, und vom 20. März 1996, Zl 96/03/0042).
Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf Grund einer einmaligen, wenn auch erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung auf das Nichtvorliegen der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit geschlossen. Sie hat dabei einerseits das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung von 41 km/h (im Verhältnis zu einer im relevanten Straßenabschnitt geltenden Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h) sowie andererseits den Umstand, dass die Übertretung bei Dunkelheit und nasser Fahrbahn erfolgt ist, berücksichtigt.
Dazu ist zum Einen festzuhalten, dass die belangte Behörde dabei nicht auf das konkrete Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung eingegangen ist, in dem hervorgehoben wurde, dass die Messung erst eine gewisse Strecke nach den letzten Häusern bei der Ortsausfahrt erfolgt und eine ausreichende Beleuchtung dieses Straßenabschnitts durch Straßenlaternen gegeben gewesen sei, sondern sich auf allgemeine Ausführungen zum Gefährdungspotenzial einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung bei Dunkelheit und Nässe beschränkt hat. Zum Anderen hat sie auch keine weiteren Feststellungen getroffen, aus denen sich nachvollziehen ließe, dass - unter Berücksichtigung der festgestellten sonstigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, der bereits erfolgten Entziehung der Lenkberechtigung für zwei Wochen und der seit dem Vorfall bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides vergangenen Zeit - ein Gesamtverhalten des Beschwerdeführers vorgelegen hätte, das auf eine Neigung zur Nichtbeachtung von im Interesse der Verkehrssicherheit gelegenen Verwaltungsvorschriften schließen hätte lassen. Die festgestellte einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung allein vermag daher die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Entziehung des Taxilenkerausweises nicht zu begründen (vgl zu einer im Hinblick auf das relative und absolute Ausmaß vergleichbaren erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet das hg Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl 2004/03/0219).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 15. November 2007
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)