VwGH 2007/02/0191

VwGH2007/02/01917.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde der CL in R, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. Februar 2007, Zl. uvs- 2006/14/3235-2, betreffend Übertretung nach dem Führerscheingesetz, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
FSG 1997 §29 Abs3;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VVG §5 Abs2;
VwRallg;
ABGB §6;
FSG 1997 §29 Abs3;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VVG §5 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid steht angesichts der vom Verfassungsgerichtshof anlässlich der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten folgender Sachverhalt fest:

Mit dem ersten Spruchpunkt des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 22. August 2006, zugestellt am 30. August 2006, wurde der Beschwerdeführerin die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für einen Zeitraum von vier Monaten gerechnet ab dem Tag der Zustellung dieses Bescheides entzogen. Sie wurde darauf hingewiesen, dass sie ihren Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft oder der zuständigen Polizeiinspektion abzugeben habe und dass die Nichtbefolgung unter Strafsanktion stehe. Die Beschwerdeführerin gab den Führerschein jedenfalls bis 3. Oktober 2006 nicht ab.

Mit Strafverfügung vom 4. Oktober 2006 wurde die Beschwerdeführerin folgendermaßen schuldig erkannt:

"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, zugestellt am 30. August 2006 wurde Ihnen die Lenkerberechtigung" (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: richtig Lenkberechtigung) "entzogen. Sie wurden verpflichtet, den Führerschein sofort nach Zustellung dieses Bescheides beim zuständigen Gendarmerieposten oder bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck abzuliefern. Dieser Verpflichtung sind Sie jedenfalls bis 3. Oktober 2006 nicht nachgekommen."

Sie habe dadurch eine Übertretung gemäß § 29 Abs. 3 FSG begangen, es wurde gemäß § 37 Abs. 1 FSG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 365,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe vom 96 Stunden) verhängt.

Nach einem dagegen erhobenen Einspruch erließ die Behörde erster Instanz ein im Spruch gleichlautendes Straferkenntnis. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Februar 2007 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und ergänzte den Spruch, als nach den Worten "Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck" die Worte "vom 22. August 2006, Zl. ..." und nach dem Wort "Lenkerberechtigung" die Worte "für die Klassen A und B" eingefügt wurden.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 27. Juni 2007, B 602/07-10, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Die Beschwerdeführerin lässt unbekämpft, dass sie den Führerschein bis zum 3. Oktober 2006 nicht abgeliefert hat.

Insoweit die Beschwerdeführerin Unzuständigkeit der belangten Behörde rügt, weil das zur Entscheidung berufene Mitglied nicht unabhängig und unparteilich sei, genügt es, auf dieses - im Hinblick auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im genannten Beschluss vom 27. Juni 2007 bereits geradezu als mutwillig zu bezeichnende - Vorbringen (so wie der Verfassungsgerichtshof), auf die unbefristete Ernennung des zur Entscheidung berufenen Mitgliedes der belangten Behörde und die im genannten Beschluss vom 27. Juni 2007 zitierte Judikatur hinzuweisen. Insofern die Beschwerdeführerin dieses Vorbringen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung "in ihrem Recht auf ein faires Verfahren" gemäß Art. 6 MRK erstattet, wird damit die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes geltend gemacht. Da aber der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung, ob die Beschwerdeführerin in einem solchen Recht verletzt wurde, nicht berufen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2006, Zl. 2005/02/0245), ist darauf nicht einzugehen.

Sodann behauptet die Beschwerdeführerin Verfolgungsverjährung, weil im Spruch der rechtzeitigen Verfolgungshandlungen der Entziehungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck nicht nach Zahl und Datum umschrieben gewesen sei und die Klassen der Lenkberechtigung, welche entzogen worden seien, nicht genannt gewesen seien; die Einfügung im angefochtenen Bescheid sei einerseits nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt und stelle eine Auswechslung der Tat dar.

Dem ist zu entgegnen, dass es zur Umschreibung der Tat gemäß § 29 Abs. 3 FSG im Spruch ausreicht, das Datum des Eintrittes der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides sowie das Ende des strafbaren Verhaltens (als Dauerdelikt - vgl. zur Vorgängerbestimmung des § 75 Abs. 4 KFG das hg. Erkenntnis vom 10. Juli 1998, Zl. 97/02/0528) anzuführen. Einer näheren Präzisierung dieses Bescheides im Spruch (etwa nach Zahl oder Datum) oder der Nennung der Klassen, welche entzogen worden sind, bedarf es nicht. Deshalb liegt weder Verfolgungsverjährung noch eine Auswechslung der Tat vor. Im Übrigen ist sogar die Wortfolge "Sie wurden verpflichtet" überflüssig, weil sich die Verpflichtung zur Ablieferung des über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerscheines unmittelbar aus § 29 Abs. 3 FSG ergibt und die diesbezügliche Wortfolge im Entziehungsbescheid daher auch nur im Sinne einer Belehrung über diese Verpflichtung anzusehen ist, aber nicht die Ablieferungspflicht begründen konnte.

Sodann behauptet die Beschwerdeführerin, das Wort "unverzüglich" setzte lediglich eine "unbestimmte Leistungsfrist" in Gange und beruft sich auf Rechtsprechung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Damit spielt sie zunächst offenbar auf die oben behandelte Belehrung über die Ablieferungspflicht im Entziehungsbescheid und die sprachlich verunglückte Wortfolge "Sie wurden verpflichtet" im Strafbescheid an. Sie übersieht, dass durch diesen Bescheid keine Leistungsfrist in Gang gesetzt, sondern - wie ausgeführt - lediglich auf die gesetzlich normierte Ablieferungspflicht hingewiesen wurde. Daher kommt es auf die Bedeutung des Wortes "unverzüglich" in § 29 Abs. 3 FSG an.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1984, Zl. 84/11/0129, 0184, und vom 26. Juni 1985, Zl. 85/11/0063, geht fehl, weil diese Erkenntnisse jeweils die Verhängung einer Zwangsstrafe betrafen, bei der es gemäß § 5 Abs. 2 VVG 1950 der Setzung einer datumsmäßig zu bestimmenden Leistungsfrist (also dem Zeitpunkt, bis zu der die Handlung vorzunehmen ist, wobei bei deren unbeachtetem Verstreichen strengere Zwangsmaßnahmen verhängt werden dürfen) bedarf, nicht aber den - gegenständlich in § 29 Abs. 3 FSG normierten - Zeitpunkt, ab dem eine bestimmten Unterlassung unter Strafe steht.

Eine Norm ist zuvorderst nach dem Wortlaut auszulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2004, Zl. 2003/02/0234).

Unverzüglich bedeutet "ohne Verzug". Damit ist der Beginn der Ablieferungspflicht klar.

Insofern die Beschwerdeführerin dieses Vorbringen aber im Hinblick auf eine behauptete Verletzung des "Gleichheitssatzes" erstattet, ist sie auch hier darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung, ob die Beschwerdeführerin in einem verfassungsgesetzlich geschützten Recht verletzt wurde, nicht berufen ist (vgl. das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2006, Zl. 2005/02/0245).

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war. Wien, am 7. September 2007

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